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Wie der kleine Bruder geboren wurde – Alleingeburt beim zweiten Kind

Ich darf euch wieder an einem wunderschönen Geburtsbericht teilhaben lassen. Es ist nicht mein eigener, sondern der einer Frau, die bereit ist, ihn mit euch zu teilen. Viel Spaß beim Lesen! 🙂

„Ach, vor dem 1. Juli wird das eh nichts, vorher passt es mir nicht.“ Diesen Satz habe ich gefühlte Hundertmal zu allen möglichen Leuten gesagt. Insbesondere, als sich mein Kindchen getraute, über den Termin(!) zu bummeln. Hätte ich mir echt aufs T-Shirt drucken können …
Der Donnerstag passte mir tatsächlich gar nicht ins Konzept. Der Mann hatte von acht Uhr an bis open end Prüfungsbeisitz an der Uni und ich hatte mir meinen Tag mit allerlei Erledigungen vollgepackt. Außerdem hatte ich meinem Körper befohlen, dass mir Anfang Juli zum Gebären besser passt als Ende Juni. Ich hätte es ahnen sollen, schon die Nacht war irgendwie komisch. Der Bauch wurde ständig hart und nervte mich, weil ich weder bequem liegen, geschweige denn schlafen konnte. Zudem grübelte ich mal wieder über unangenehm Aufgeschobenes nach. Da konnte ich doch froh sein, dass mich meine Tochter um fünf in der Früh mit dem Schlachtruf „Mama, mein Bauch tut weh, ich glaub ich muss kotzen.“ aus dem Bett riss. Na prima. Pullern, trinken und eine Banane später, schlief das Kind wieder. Keine Stunde danach kam alles wieder raus und in 30 weiteren Minuten folgte der Rest. Das war es heute also mit Kindergarten. Ob das Nervosität war oder eine Vorahnung – man weiß es nicht! Sie war danach wieder ganz die Alte. Aber das Szenario: Kind-ist-während-des-Tages-daheim, hatte keiner von uns eingeplant. Naja, ist sie eben dabei. Vormittags hummelte ich wie ein aufgescheuchtes Huhn in der Wohnung umher und bemerkte blutigen Ausfluss. War das jetzt der Schleimpfropf?! Egal, heute gebäre ich ja eh nicht und bei E. kam er auch einige Tage vorher. Trotzdem befand ich mich in einer Art nervöser Unruhe. Ich beschloss, doch mal lieber einkaufen zu gehen, so hatte ich wenigstens alles da. Noch schnell Wäsche ansetzen und los. Da war es gegen 10 Uhr. Ich radelte mit E. zum Konsum, ließ mich von der Tochter zu Pommes bequatschen und ging noch schnell in die Apotheke. Mein Geburtsöl traf gerade rechtzeitig ein, prima! Beim Bezahlen merkte ich einen Druck nach unten und ich drückte – warum auch immer – mit.
PLATSCH! Och nee.
Ich kam mir vor wie in so einem billigen Ami-Kitschfilm, wo die Frauen an den ungelegensten Orten sofort nach Blasensprung ihre Kinder unter lauten Schmerzensschreien (und genug Panik) in drei Wehen zur Welt brachten. Ich tat Wahrheit kund: „Ähm, mir ist gerade die Fruchtblase geplatzt.“ Stille. Danach rannten und riefen alle durcheinander. „BrauchenSieetwas?EineToilette?HabenSieSchmerzen?Sollenwirjemandenrufen?“ Es war kein weiterer Kunde da, aber bestimmt sechs Mitarbeiter. Ich: „Eine Toilette und Vorlagen sind gut und bleiben Sie doch bitte ruhig, mir geht es gut!“ Auf dem Klo bemerkte ich dreckige grüne Brühe. Mist, ist das jetzt ok oder gefährlich? Aber wie soll das Kind Mekonium einatmen, wenn es doch noch gar nicht atmen kann?! Ich beruhigte mich und versuchte mich so gut wie möglich abzuputzen. Der meiste Schladder wurde durch meine schwarze Leggings und meinen Rock aufgefangen. Man sah gar nicht mal so viel von außen, obwohl es im Rinnsal lief. Draußen ging die Panik indes weiter. Ich konnte die Damen und den Herr beruhigen, ja, ich rufe gleich meinen Mann und die Hebamme an, ich habe keine Schmerzen und mir geht es wirklich und echt gut! Selbstverständlich lag mein Handy zuhause. Ich zahlte und eilte unter Glückwunschbekundungen, mit Kind und Fahrradkörbchen im Schlepptau, zum Rad. Also doch heute ein Kind! Jetzt war ich sogar ein bisschen aufgeregt. Es war kurz vor halb zwölf mittags.
„Mama beeile dich, es läuft!“ „Ich kann nicht schneller.“ Schon am Fahrradschuppen fingen leichte Wehen an. Ich wuchtete mich mit dem schweren Korb ins dritte Obergeschoss und hinterließ eine verräterische Tröpfelspur auf der Treppe. Auf dem Klo reinigte ich mich ausgiebig und zog so einen sexy Netzschlüpfer mit Surfbrett an. Es lief und lief und lief. Die Wehen wurden stärker und kamen schneller hintereinander. Der Mann war nicht gleich zu erreichen, rief mich aber zurück. „Es geht los, halt dich bereit!“ Die Amme war auf keinem Kanal zu empfangen, so hinterließ ich SMS und WhatsApp-Nachrichten. Ich wollte sie zumindest informieren, dass die Blase gesprungen war. Brauchen konnte ich sie noch nicht. Die Wehen wurden intensiver und ich konnte mich kaum auf meine Hausarbeit konzentrieren. Die Große malte, spielte und tönte mit.
Ich orderte den Ehemann heim. Kurz nach zwölf Uhr war er dann da und ließ gleich Wasser in den Pool und fotodokumentierte mein Leiden. Die Amme meldete sich auf unsere zahlreichen Anrufe nicht. „Warum zahl ich der eigentlich 450 Euro Rufbereitschaft, wenn die nicht ans Telefon geht?!“ Aber noch brauchte ich sie ja nicht.
Das Warmwasser war schnell alle. Kacke, ich will doch in diesen Pool rein! Also haben wir alle großen Töpfe mit Wasser befüllt und auf dem Herd kochen lassen. Wie im Film! Um meine Würde wenigstens etwas zu wahren, zog ich mir ein Shirt und einen Rock über den Netzschlüppi, hängte mein Tragetuch in die Klimmstange und räumte in der Wohnung umher. Die Hebamme rief endlich zurück und entschuldigte sich vielmals. Wir hatten nicht die Rufbereitschaftsnummer angerufen, sondern Privathandy. Alles gut. Wehen aller 5-7 Minuten. Brauchst noch nicht zu kommen. Ah, diese blöden Wehen kamen aber verdammt schnell und schmerzhaft hintereinander. Das waren doch keine fünf Minuten mehr?! Sie waren intensiv aber sehr kurz. Ich stöhnte und röhrte wie ein Tier. Ich schaffte es aber noch, die Pommes mit den Nuggets in den Ofen zu schieben, denn das große Kind war hungrig.
Beim Saugen des Schlafzimmers gab ich aber auf. Das ging nicht mehr, ohne viele Wehen dazwischen. Ich hechtete immer wieder zum Tuch und hing mich rein. „Hör auf mit dem blöden Geknipse, das nervt mich jetzt.“ Zwischenzeitlich überredete ich den Mann dazu, dass Ding aus der Hand zu legen und das Schlafzimmer zu Ende zu saugen, weil mich die Wollmaus unterm Schrank störte. In der Stube stand alles bereit, der Pool war zu einem Drittel voll und wunderbar temperiert. Gut! Schnell noch das Öl in die Duftlampe, das Kind will bald raus. Ich hinterließ eine Nachricht im Forum und die Amme rief nochmal an. Ach, das ist noch gut auszuhalten, Wehen aller 2-3 Minuten. „Was stinkt und raucht denn hier so?!“ „Hast du das Duftöl mit Wasser vermischt?“ „Nö.“ „Das musst du doch mit Wasser vermischen!!!“ „Weiß ich doch nicht! Mach das aus, das stinkt ja furchtbar!“ Ich stieg in mein neues Luxusbadebecken. Herrlich!!! Aber nur ganz kurz, denn jetzt ging es Schlag auf Schlag. Die Wehen (und ja, ich sage nicht Wellen, weil es einfach scheiße weh tat) kamen ohne Pause hintereinander. Ich konnte nicht in einer Position bleiben und bewegte mich in einem fort, um diesen furchtbaren Schmerz zu umgehen. Ich ließ mich völlig gehen, war animalisch, laut, scham- und hemmungslos. Mann und Tochter standen fasziniert am Beckenrand und beobachteten eine Frau, die sie so noch nicht kannten.
13.25 Uhr. Es drückte. Ich drückte mit und sofort setzten die Presswehen ein. Was?! Jetzt schon? Bin ich denn überhaupt soweit? „Ruf die an, ruf K. an, das Kind kommt jetzt!!!“ Ich wühlte in mir rum und alles war matschig. Ei verbibbsch! Keine Ahnung wie sich ein völlig geöffneter Muttermund anfühlt. A. brachte mir auf mein Verlangen einen Handspiegel. Haare! Dunkle nasse Haare. Ich kann weitermachen! Die Amme war mir eigentlich völlig schnurz, die brauchte ich nicht. Und sie würde es jetzt auch nicht mehr schaffen. Mein Körper stellte auf Automatik und funktionierte einfach von selbst. Ich war laut und mein Mann schloss schnell die Stubenfenster. Was sollen denn sonst die Leute denken?! Ich schob mein jüngstes Kind mit aller Kraft zum Ausgang und nutzte die zwei Sekunden Pause zum Jammern. Das Wasser war in der Zwischenzeit recht unappetitlich geworden. Der Kopf war nun von außen sichtbar und wurde von der Fankurve freudig kommentiert. „Mama, da ist der Kopf, ich seh‘ den Kopf!“ „Die Schädelplatten überlappen sich!!!“ Es brannte, ich merkte wie ich innen reiße und es tat so weh. Mit einer Hand versuchte ich, meine Scheide zu retten, mit der anderen Hand meinen Hintern. Den Kopf drückte ich händisch nach oben und er kam nach einem kraftvollen Schub heraus. Pause. Erleichterung. Die knochigen Schultern wollten hinterher und ich gebar mein Kind in meine Hände. 13.40 Uhr am 26. Juni 2014.
Oh mein Gott, ein Junge, ich habe einen Sohn!!! Ich war ganz und gar überwältigt. Ein Junge. Mein Junge. Mein Ruben. Ich hab geheult und war froh, dass diese Geburt vorbei war. Es war so viel schmerzhafter als bei E. damals. Er schrie, als ich ihn aus dem Wasser hob und wurde langsam rosig. A. hatte etwas Angst, weil er so lila-grau aussah. Ich wusste, dass es ihm gut ging. Spürte seine Mimik und sah seinen ersten Atemzug. Die Schnur hing ihm locker über eine Schulter. Ihn an mich drückend machte ich es mir im Becken bequem und konnte wieder lachen. Jetzt klingelte auch meine liebe Amme. E. war furchtbar aufgedreht! 20 Minuten später zog ich die gelöste Plazenta aus mir raus und wandelte den Pool in ein wunderbares Prinzessinnen-Pink um. Wir bestaunten uns noch eine Weile und der Mutterkuchen schwamm in seinem Tupper-Boot umher. Langsam zogen wir ins Schlafzimmer um. Ich duschte mich fix. Im Bett wurde mein Riss in der Schamlippe bestätigt. Jetzt ist sie also vorbei, meine Schwangerschaft, meine Geburt und an deren Stelle ein ganz wunderbar duftendes brandneues Menschlein und eine ganz neue Familie.
Zusammen banden wir die Nabelschnur mit einem dunkelgrünen Satinbändchen ab, die die große Schwester mit der Schere durchschneiden durfte. Wireless wie er nun war, hat sich der kleine Kerl das Wiegen und Messen anstandslos gefallen lassen, danach gab es auch ausgiebigste Kuscheleinheiten von Papa und Schwester. Mutters Busen fand er aber doch am besten. Erst sehr viel später haben wir ihn angezogen. Zur Krönung des Tages saßen wir alle im Bett und haben ein ganz wunderbares Vanilleeis mit frischen Erdbeeren genossen, dazu eine Tasse Haselnusscappuccino. Lecker! Der Tag hat sich doch gelohnt, so schnell kommt man zu einem zweiten Kind. Und die gewünschten Himalaya-Gesänge, die ich mir so schön als Geburtsmusik ausmalte, wurden – wie so viele andere Kleinigkeiten – auf einmal ganz unwichtig.
„Kleiner Bruder“, sagt E., Ruben „Rübchen“ sagen wir.
13.40 Uhr
3430g
50cm und ein bisschen
36cm Kopfumfang
Perfekt.

Eine geplante Alleingeburt im Pool

Ich darf wieder einen ganz unspektakulären, dennoch oder gerade deswegen sehr schönen Geburtsbericht mit euch teilen. Die Geburt fand dieses Jahr im April statt. Es ist nicht meine Geburt, sondern die einer Frau, die dieses Erlebnis gern mit euch teilen möchte. Viel Spaß beim Lesen! 🙂

Die Schwangerschaft dauerte länger als erwartet. Die jeweils 4 Geburten meiner Mutter und Großmutter und
auch die Geburt meiner ersten Tochter fanden allesamt vor dem errechneten Termin statt. Eine
Terminüberschreitung kam mir völlig seltsam vor und ich rechnete ca. eine Woche vor dem offiziellen Termin
mit der Geburt.
Doch der Termin kam und ging vorüber und ich wurde allmählich immer ungeduldiger und gereizter. Auch fing
ich schon bei ET+6 an mir ernsthaft Gedanken über die weitere Vorsorge und mögliche Einleitungsversuche zu
machen. Ich hatte mich doch nicht die ganze Schwangerschaft von allem medizinischen fern gehalten, um die Geburt
hinterher mit Einleitung oder gar Sectio im KH zu beenden?
Selbst einer sehr zurückhaltenden Hebamme hatte ich mich nur zögerlich geöffnet, um sie für den Notfall in
Rufbereitschaft zu haben. Das war auch meinem Mann R sehr wichtig. Ansonsten hatte er sich schon lange
immer mehr mit dem Gedanken an eine Haus- und Alleingeburt angefreundet.
Die Hebamme kam bei ET+7 und wir besprachen die Möglichkeiten für die nächsten Tage. Sie hätte gerne
spätestens bei ET+14 einen Ultraschall gehabt und vorher noch 2 mal selbst Herztöne gehört und den Bauch
abgetastet. Auch hatte sie verschiedene Möglichkeiten im Angebot mit Akupunktur, Homöopathie oder Tee
nochmal selbst einen Anstoß für die Geburt zu geben.
Das klang für mich alles sehr vernünftig und nach einem echten Minimalprogramm.
Am nächsten Morgen wachte ich auf, meine große Kleine wollte Aufwach-Stillen und ich spürte dabei mal
wieder ein leicht schmerzhaftes Ziehen im Bauch. Soweit nichts Ungewöhnliches oder war es diesmal doch
unangenehmer als sonst? Schon seit Wochen hatte ich beim Stillen immer mal wieder ein paar Wehchen
gehabt. Auf der Toilette wieder ein nettes aber uneindeutiges Zeichen: Etwas Schleim mit braunem Blut drin.
Aber Schleim hatte ich auch schon vor einer Woche ein wenig gesehen und zum Glück niemandem etwas
verraten.
Als aber beim Frühstück um 9:30 Uhr gleich 3 Wehen in 15 Minuten Abständen zu spüren waren, da war ich mir
sicher: Jetzt kommt die Geburt wirklich in Gang. Ich freute mich heimlich ein bisschen und weihte dann sehr
bald Mann R. und Tochter M. ein. Wir frühstückten in Ruhe fertig. Danach begann R den Pool zu füllen und sonst
alles vorzubereiten. Ich blieb mit M oben in der Wohnküche und legte mir eine Matte vor unser Sofa.
Inzwischen musste ich mich tatsächlich etwas konzentrieren, wenn eine Wehe kam. Ich kniete vor dem Sofa
und legte meinen Kopf in ein Kissen. Die Schmerzen waren vor allem hinten am Kreuzbein zu spüren. Mit
einem heißen Körnerkissen am Rücken waren sie aber gut auszuhalten. Zwischendurch hörte ich mir noch an,
was M so beim Spielen zu erzählen hatte und sie ließ mir meine Pausen und meinen Platz auf dem Sofa, wenn
die Wehen kamen.
Gegen 11 Uhr hatte R den Pool fertig. Ich war mir nicht sicher, ob mir die Zeit im Wasser nicht lang werden
würde, wollte aber zumindest mal probieren. So zogen wir um ins EG. Mein Töchterchen plantschte ein wenig
mit den Händen im Wasser und spielte Hebamme, die den Pool putzt. Mein Mann erleichterte mir die
Schmerzen im Rücken mit Gegendruck.
Um 12 Uhr – die Wehen kamen etwa alle 10 Min. – riefen wir eine liebe Freundin N an, die sich während der
Geburt um unsere Große kümmern wollte und – je nach spontanem Gefühl – auch dabei sein
konnte/sollte/wollte.
Auch mit der Hebamme hat mein Mann dann irgendwann telefoniert und Bescheid gegeben, dass es wohl
heute etwas wird und sie nicht noch weit weg fahren soll, falls wir sie dann doch dazu holen möchten.
Etwa um 13 Uhr kam N dazu. Ich hatte zwischen den Wehen noch Zeit ihr ein wenig zu erklären, was es mit
den Rückenschmerzen auf sich hat. R zeigte ihr wie sie mir helfen konnte und nun wechselten sich die beiden
ab mit Tee kochen und ähnlichem drum herum und der direkten Hilfe an meinem Rücken. Ich hätte keine Wehe
mehr darauf verzichten wollen, dass mir jemand den Rücken drückt, es linderte die Schmerzen wirklich ganz
enorm.
Auch im Pool fühlte ich mich unglaublich wohl. Ich werde nur noch im absoluten Notfall jemals wieder ohne
Pool gebären! Während der Wehen kniete ich, lehnte meine Stirn auf den Rand und schaute vor mir ins Wasser.
Die Wasserhöhe reichte grade, dass mein Kreuzbein noch gut bedeckt war. Zwischendurch rutschte ich ins
Wasser und lag auf dem Rücken, möglichst weit drin im warmen Wasser. Ich fühlte mich total wohl dort.
M wurde dann sehr aufgeregt und hüpfte um den Pool herum und wackelte am Poolrand. Weil ich auf keinen
meiner Helfer verzichten wollte, schlug ich ihr vor mit der Oma draußen Laufrad zu fahren. Sie nahm die Idee
an und ich dachte sogar noch an „in der Nähe bleiben und Handy mitnehmen“ und äußerte das kurz und
knapp.
Als mich R gegen 13:40 Uhr fragte, ob ich mal auf Toilette wolle (stand so in meinem Geburtsplan), da war mir
klar: Nein, ich gehe nirgendwo mehr hin! Er meinte es wäre dann auch mal Zeit zu lüften. Ich bat ihn vorher
noch heißes Wasser nachzufüllen. Ich wollte es warm genug haben, falls das Kind plötzlich da ist. Zum Wasser
austauschen kamen wir noch, zum Lüften blieb schon keine Zeit mehr…
Mir fiel außerdem ein: 1. Wie gut, dass ich nirgendwo hin muss während der Geburt und 2. Wie locker ich alles
öffnen kann, wenn ich ganz sicher bin, dass niemand da am Geburtsweg herum untersuchen will! Jede andere
Möglichkeit fand ich gradezu absurd.
Kurz darauf um 13:50 Uhr wurden die Wehen intensiver und die Pausen kürzer. Einmal nahm ich ein leichtes Zittern in meinen Beinen wahr und dachte mir: „Aha, Übergangs-Phase!“. Das gab mir neuen Mut. Die Wehen
waren jetzt doch sehr schmerzhaft. Ich klammerte mich in den Pausen an die Uhr und setzte mir 14 Uhr als
„Zwischenziel“, keine Ahnung warum. Dann begannen auch schon die Presswehen. Das war mir gar nicht
richtig klar, aber ich nahm eine etwas veränderte Haltung ein. Ich rundete meinen Rücken soweit es ging ohne
das Gesicht ins Wasser zu tauchen.
Ein paar Wehen später richtete ich mich auf und fühlte mit der Hand schon den Kopf. Ich behielt die Hand
während der Wehen dort. Bei der nächsten Wehe sprang die Fruchtblase, zwei oder drei Wehen später kam der
Kopf und ich wusste: Jetzt ist das Schlimmste überstanden. R und N saßen vor dem Pool und konnten durch die
durchsichtigen Wände sogar schon das Gesicht sehen. Ich hielt den Kopf in meinen Händen und wartete auf die
nächste Wehe. Gleichzeitig kam mir schon der Verdacht, dass wohl die alte Naht wieder aufgegangen sei. Als
die Wehe kam, drehte sich das Kind (ein ziemlich merkwürdiges Gefühl) und – schwupp – kam der Körper
heraus.
Unter Wasser nahm ich mein Kind sicher in die Hände und hob es dann heraus. Ich setzte mich hin und legte
es mir auf die Brust. Zuerst war es noch ganz bläulich, aber man konnte zuschauen wie schnell es rosiger
wurde. Ich ließ mir eine Mullwindel geben und deckte es zu, wo es aus dem Wasser schaute. Das Kindlein
atmete schnaufend und röchelnd, aber doch schön regelmäßig. Die Nabelschnur pulsierte weiter. Wir saßen
einige Minuten staunend da und schauten es uns an.
R hat als Geburtszeit 14:13 Uhr rekonstruiert. Dann riefen wir die große Schwester M an. Etwa 15 Min. nach der
Geburt kam sie herein und schaute sich ihr Geschwister vorsichtig an. Erst jetzt guckten wir nach und stellten
fest: Es ist ein Junge. Er machte einen kleinen Still-Versuch und blinzelte vorsichtig in die neue Welt.
Nach ca. 40 Min. kam die Plazenta und nun wollte ich auch aus dem Pool heraus, auch um die Blutung besser
sehen zu können. Das Wasser im Pool war seit dem Blasensprung trüb und inzwischen schon deutlich rot
gefärbt. Ich fühlte, dass die alte Narbe wieder gerissen war und wir riefen die Hebamme an. Sie fragte, ob es
eilig sei. Nein, sie könne ruhig noch ihren Kaffee austrinken und sich dann langsam auf den Weg machen.
Wir nabelten ab und ich gab den Kleinen zu seinem Papa auf den Arm in ein warmes rotes Handtuch. Dann
nahm ich im Pool noch eine kurze Schlauch-Dusche. Ich fischte noch die Plazenta heraus und legte sie in einen
Eimer. Mit Ns Hilfe stieg ich über den Poolrand auf eine Einwegunterlage. Ich trocknete mich ab und zog mich
an. Dann wagte ich den Aufstieg ins erste Stockwerk, um mich dort ins Bett zu legen. Ganz langsam und
vorsichtig, Stufe für Stufe, kam ich ohne Schwierigkeiten im Bett an.
Nun durften auch die Schwiegereltern ihren neuen Enkel begrüßen. Sie standen ganz ergriffen am Bett. Der
Opa brachte seine Kamera mit, um ein paar schöne Fotos vom frisch geborenen Kind zu machen. Es dauerte
nicht lange, da fiel meiner Schwiegermutter die Abwesenheit der Hebamme auf… Wir beruhigten sie, sagten
die Hebamme sei „schon“ auf dem Weg und es ginge uns ja auch offensichtlich allen gut. Ich gab dann auch in
den nächsten Stunden zu, dass wir das durchaus so geplant hätten und ich ihr nur den Gedanken nicht vorher
zumuten wollte. So im Nachhinein kann sie das sogar akzeptieren. Interessant wird es dann möglicherweise,
wenn die nächste Geburt bevor steht? Aber schon toll, dass es jetzt kein Problem ist!
Die Hebamme kam dann zu uns als unser Kleiner etwa 2 Stunden alt war. Ich bat sie um ihre Einschätzung
wegen der Verletzung. Sie empfahl mir einen Stich zu nähen, aus dem dann während der Arbeit nach
Absprache doch 3 wurden. Als Betäubung reichte ein Tupfer mit Gel. Ich schaute mir vorher im Spiegel die
Wunde an und auch beim Nähen wollte ich zusehen. Wenn ich es schon nicht selbst machen kann, dann muss
ich zumindest genau wissen was da passiert und mich auf die Piekser einstellen. Sie gab mir noch ein Arnikagel
und Kompressen für die Wunde.
Wir baten sie einen Blick auf die Plazenta zu werfen, einmal die Blutung und die Gebärmutter zu beurteilen und
besprachen die weitere Betreuung. Das Tasten der Gebärmutter übernahm ich selbst – wieder ein Beispiel für
ihre angenehm zurückhaltende Arbeitsweise. Sie füllte uns eine Geburtsanzeige für’s Standesamt aus und ließ
uns ihre Babywaage da. Damit war der Besuch auch schon beendet und wir verabredeten uns für den nächsten
Mittag, um dann noch etwas U1 nachzuholen und weitere Fragen zu besprechen. Unser Baby war inzwischen
eingeschlafen und wir wollten ihn nicht stören.
Den Rest des Tages verbrachten wir mit Essen, Baby bestaunen und ein paar Anrufen.
Ich bin total dankbar, dass wir so eine Geburt erleben durften. Alle Beteiligten haben ihre Sache ganz ganz toll
gemacht und uns genau so geholfen, wie es für uns gut und richtig war. Überhaupt gab es so viele Helfer drum
herum: Mein Mann R, meine Tochter M, unsere Freundin N, Hebamme T, Schwiegermutter K und
Schwiegervater U (der doch tatsächlich den Pool entleerte).
Die ersten Tage:
Schon die erste Nacht war ein wenig anstrengend. Der Kleine war noch bis 3:30 Uhr damit beschäftigt sein
Mekonium los zu werden. Er lässt sich auch furchtbar leicht gleich wieder wecken, wenn er eingeschlafen ist.
Einmal hatte er beim Einschlafen seinen Kopf unter meiner Brust vergraben. Da reichte es schon, dass ich ihm
die Atmung erleichtern wollte und schon war er wieder wach. Wir schafften es dann aber doch zumindest 4-5
Stunden zu schlafen, er lag dabei natürlich in meinem Arm.
Am nächsten Mittag kam meine Schwester zu einem 24-Std-Besuch angereist. Das war schön und vor allem für
M richtig gut. Die ist nämlich weiterhin sehr aufgekratzt und zappelig, braucht außerdem sowieso jeden Tag
mehrere Stunden Bewegung. Es stört nur leider den Kleinen und mich, wenn sie dann durchs Bett hüpft und
dabei quietscht…
Der Papa ist ausgelastet mit Aufräumarbeiten und Haushalt. Natürlich will und soll R auch immer wieder Zeit haben für seinen neuen Sohn. Das Abhalten auf dem Töpfchen macht z.B. hauptsächlich er, denn sitzen ist ja
nicht so vorteilhaft im Wochenbett und mit Verletzung.
Windelfrei klappt auch schon super. Von den 5 Portionen Mekonium ist eine im Pool, eine im Handtuch, eine in
der Windel und zwei im Töpfchen gelandet. Seitdem erwischen wir ungefähr die Hälfte aller Pipis und die
meisten Kakas, was uns viel ungeliebtes Liegen auf dem Wickeltisch erspart. Natürlich gibt es auch immer
wieder Missverständnisse, wenn er eigentlich doch Weiter-Stillen möchte und wir denken er muss mal. Oder
umgekehrt, wenn er mal muss und ich es mit Stillen oder Tragen versuchen bis dann die Windel nass ist.
Ich bin eine anspruchsvolle Wöchnerin, vor allem was die Versorgung mit viel gutem Essen angeht. Immer
muss der Mann Obst und Gemüse nachliefern und dann lege ich auch noch Wert darauf nichts Stopfendes zu
essen. Er hat es wirklich nicht leicht, kennt sich im Supermarkt und in der Küche nur halb aus, usw.
Das Stillen hat der Kleine nach den ersten paar Versuchen ganz schnell gelernt. Jetzt möchte er meistens im 20
Min. Takt für etwa 2 Stunden immer wieder an die Brust. Dann kommt dazwischen wieder eine 3-5-stündige
Schlafpause. Die Milch ist nach 2 Tagen auch schon voll da gewesen. Nur meine Brustwarzen sind jetzt sehr
empfindlich. Stillen im Liegen ist zwar toll für die Rückbildung und zum Ausruhen, für die Brustwarzen ist es
aber nicht so der Hit. Ich hoffe es wird einfach wieder besser und lasse immer mal Luft dran. Wenn sie noch
richtig wund werden, probiere ich es mal mit schwarzem Tee.
Die Große möchte gerne ihr gewohntes Einschlaf- und Aufwach-Stillen und ich möchte ihr das auch unbedingt
und sehr gerne ermöglichen. Es ist allerdings schon mehrmals schwierig gewesen, wenn dann der Kleine
gleichzeitig beim Papa weint und auch an die Brust möchte. Da müssen wir unseren Weg noch finden … Beide
gleichzeitig im Liegen Stillen wäre eigentlich schön, kriegen wir aber bisher nicht hin, erst recht nicht mit so
empfindlichen Brüsten und dem extrem wichtigen Ellbogen-Gepuhle, das untrennbar mit dem Einschlaf-Stillen
verbunden ist.
M ist wirklich sehr lieb und so rücksichtsvoll, wie sie nur kann. Dennoch ist sie eine sehr mama-bedürftige 4-
Jährige und von der Situation natürlich verunsichert. Da tut sie mir manchmal sooo leid und ich muss wirklich
gut auf sie achten, grade weil sie sich so viel Mühe gibt und sich eher zurück zieht. Was sehr schön läuft: Seit
Geburtsbeginn bin ich wieder ganz interessiert an den Dingen die sie mir erzählen und zeigen mag. Vorher war
ich wirklich nörgelig und ungeduldig mit ihr. Jetzt kann ich ihr oft ganz ruhig sagen, wenn mich etwas stört oder
sie aufrichtig um etwas bitten ohne Anspruchshaltung. Das finde ich sehr sehr schön.
Ab nächste Woche darf sie dann endlich mit dem Papa zur Eingewöhnung in den KiGa. Ich denke es wird ihr
gefallen und vielleicht bekommt sie dort dann auch gleich genug Bewegung.
Der Hebammenbesuch verzögerte sich dann noch um einen Tag. Sie rief an, sie habe die ganze Nacht
gearbeitet, ob es in uns Recht wäre das zu verschieben. Als sie dann am übernächsten Tag nach der Geburt
kam, hatte sie allerdings die nächste Nacht auch nicht mehr Schlaf bekommen …
Wir holten noch das Abhören und Messen von der U1 nach: Lunge und Herz klingen normal, Kopfumfang 35cm,
Länge 50cm. Gewogen hatte ich 12 Stunden nach der Geburt: 3400g (mit kl. Korrektur für Mekonium und Pipi).
Ich bat sie noch einen Blick auf die Naht zu werfen: Alles in Ordnung. Dann wünschte ich ihr einen erholsamen
Schlaf nach zwei durchgearbeiteten Nächten. Nachdem sie nun alle anstehenden Geburten geschafft hat,
möchte sie nach Ostern gerne verreisen und so werden wir uns evtl. gar nicht mehr sehen.
Vielleicht lasse ich nächste Woche noch eine andere Hebamme nach der Naht und der Rückbildung sehen,
denn ich bin noch nicht ganz entschlossen, ob ich 2 Wochen nach Geburt verreise … Der Stillkongress lockt. Im
Moment traue ich es mir eher zu als meinem Baby. Ob er sich dann immernoch so leicht stören lässt? Naja,
noch muss ich mich ja nicht entscheiden.

Die Kunst des Stillens

das erste Mal stillen
das erste Mal stillen

Stillen ist die natürlichste Sache der Welt. Und doch sehen sich die meisten Mütter gewissen Schwierigkeiten gegenüber, sobald es mit dem Stillen ernst wird. Im Normfall hat jede Frau zwar zwei anstandslos geschaffene Brüste, nur wurde irgendwie vergessen, die Bedienungsanleitung dafür beizulegen. Stattdessen gibt es häufig Ratschläge von allen Seiten, die sich inhaltlich nicht stärker widersprechen könnten.
„Lass das Baby an deine Brust, wann immer und wie lange es will!“
„Gewöhne ihm bloß einen festen Rhythmus an!“, „Eine Nachtpause ist wichtig!“, „Schone deine Brustwarzen, nicht zu lange anlegen und immer nur eine Seite!“, „Wenn die Milch nicht reicht, musst du halt zufüttern!“ usw.
Dabei könnte Stillen doch in fast allen Fällen und nach Überwindung eventueller Anfangsschwierigkeiten so einfach sein. Doch bis dahin haben viele Mütter schon aufgegeben. Weil sie entmutigt wurden, die falschen Ratschläge befolgten oder nicht unterstützt wurden.
Wenn du stillen willst und Probleme mit dem Stillen hast, dann gib nicht so schnell auf! Wende dich an eine Fachfrau für’s Stillen, z.B. von der La Leche Liga.
Einfach Tricks können besonders die erste Zeit des Stillens so viel leichter machen:
Gegen wunde Brustwarzen hilft beispielsweise eine Lanolin-haltige Creme, die vor und nach dem Stillen aufgetragen wird und auch nicht abgewaschen werden muss. Das war mein Wundermittel zu Beginn meiner ersten Stillzeit.
Gegen „zu wenig“ Milch hilft viel anlegen, da bei der Milch Angebot und Nachfrage untrennbar miteinander verbunden sind. Vorschnelles Zufüttern erreicht das Gegenteil, denn wenn das Baby anderweitig satt wird, bestellt es weniger an der Brust. Häufig wird von Hebammen Druck gemacht, wenn das Baby nach der Geburt in einer bestimmten Zeit nicht ein bestimmtes Gewicht erreicht hat. Davon sollte man sich primär aber wirklich nicht verrückt machen lassen. Sieht das Baby gesund aus, macht es regelmäßig Pipi und trinkt es gut, besteht erst einmal kein Anlass zur Sorge.
Auch in Zeiten eines Wachstumsschubs (und solche gibt es in den ersten Monaten viele), verlangen Babys manchmal ständig nach der Brust. Das wird oft als Zeichen gedeutet, die Milch reiche nicht. Für gewöhnlich bestellt das Baby aber nur mehr, weil sein Bedarf gestiegen ist. Die Brust reagiert und produziert innerhalb von ein paar Tagen mehr. Mit einer reichhaltigen Ernährung musst du nur alle notwendigen Bestandteile liefern. Den Rest machen deine Brüste dann von selbst. Dabei helfen Ruhe und Entspannung und viel Hautkontakt mit deinem Baby. Lass dich bekochen und pflegen, solange ihr das Stillen noch übt oder wenn ihr in einer schwierigen Phase seid.
Prophylaktisches Abpumpen der Milch, wie es meine Mutter zu ihrer Zeit noch eingetrichtert bekommen hat, ist nicht nötig. So kann man sich höchstens ein Zuviel an Milch bestellen. Harte Stellen in der Brust oder übervolle Brüste kann man vorsichtig mit der Hand ausstreichen – am besten unter der warmen Dusche oder nach warmen Auflagen. Da entspannen die kleinen Milchgänge besser und geben die Milch leichter her. Ein Überangebot an Milch ist meisten nur ein Problem der ersten Tage nach dem Milcheinschuss und pegelt sich sehr schnell auf den aktuellen Bedarf ein.
Auf leichten Stress kann der Frauenkörper besonders zu Anfang der Stillzeit empfindlich reagieren und ein Milchstau kann die Folge sein. Man fühlt sich matt, vielleicht fiebrig, und in der Brust finden sich harte, rote, schmerzhafte Stellen. Dann am besten nichts wie ins Bett mit Mama und Baby, ausruhen, stillen, kühlen und evt. harte Stellen ausstreichen.
Nach ein paar Wochen sind die anfänglichen Schwierigkeiten in der Regel überwunden und du kannst das Stillen ganz genießen.
Aber halt, ist es nicht bald schon wieder Zeit zum Abstillen?
Mit ca. sechs Monaten interessieren sich die meisten Babys zwar für feste Nahrung, allerdings darf und kann die Muttermilch noch bis zum vollendeten zweiten Lebensjahr und darüber hinaus als wertvolle Ergänzung zum Einsatz kommen. Ihr dürft das Stillen also noch lange genießen, wenn ihr das wollt – sowie seine Vorzüge als Beruhigung, Schmerzlinderung und Einschlafhilfe bei einem den Schlaf verweigernden Kleinkind. Das alles ist erlaubt, in den meisten nicht westlichen Kulturen üblich und völlig unschädlich.
Egal was irgendwelche Ratgeber festlegen: Das Baby muss nicht auf Listen und Regeln, die irgendjemand aufgestellt hat, abgestimmt werden. Hauptsache ist nur, du und dein Baby, ihr seid auf einander eingestimmt.
Die Vorzüge des Stillens sind inzwischen ja hinreichend bekannt und erforscht. Dabei beeinflusst das Stillen nicht nur die emotionale Entwicklung des Kindes, sondern kann auch das Immunsystem stärken. Eine Studie (National Survey of Children’s Health 2003), für die Eltern zum Stillen ihrer Babys interviewt wurden, zeigt, dass bei gestillten Kindern im Grundschulalter und in der Pubertät verhältnismäßig seltener Verhaltensauffälligkeiten und Lernschwierigkeiten auftraten. Auch, dass Stillen das Immunsysstem stärkt, ist ausführlich untersucht worden. (McJackson 2006)
Aber nicht nur für das Kind hat das Stillen gesundheitliche Vorteile. Auch die Mutter profitiert. Das Stillen schafft in vielen Fällen einen natürlichen Abstand zur nächsten Schwangerschaft und zum nächsten Kind, der dem mütterlichen Körper eine Pause gönnt und ihr Zeit gibt, sich ganz auf dieses eine Kind zu konzentrieren, solange es noch die volle, mütterliche Aufmerksamkeit braucht. Nebenbei senkt eine Mutter, je länger sie stillt, umso deutlicher ihr Brustkrebsrisiko.
In manchen Fällen kann es vorkommen, dass eine Mutter wirklich zu wenig Milch hat und nicht (ausschließlich) stillen kann. Die Ursache dafür kann in verschiedenen Hormonstörungen (z.B. Schilddrüsenunterfunktion, Insulinresistenz) liegen. Eine gesunde Lebens- und Ernährungsweise ist hier vorbeugend von entscheidender Bedeutung.
Emotionale Aspekte und traumatische Erlebnisse in der Vergangenheit können zu Grunde liegen, wenn eine Mutter eine Abneigung gegenüber dem Stillen hat. Diese kann sich auch auf das Baby übertragen und dazu führen, dass es die Brust schon früh verweigert. Hier sollte man sich Hilfe suchen und darf die Situation als gute Gelegenheit betrachten, mit altem, unliebsamem Ballast endlich ins Reine zu kommen.

Klar ist: Zwei Brüste hat eigentlich jede Frau. Aber Stillen ist eine Kunst. Und es lohnt sich, diese Kunst zu beherrschen.

Schwangerschaftstagebuch – mein erstes eigenes Buch

Ich habe ein Buch geschrieben! 🙂
Nicht, dass ich nicht schon viel geschrieben hätte, aber das ist meine erste Veröffentlichung. In ein paar Wochen folgt auch noch, etwas umfangreicher an Inhalt und Seiten, „Alleingeburt“.
Aber jetzt erst einmal: „Babyzauber“. Ein Schwangerschaftstagebuch und kurzer Ratgeber in einem mit viel Platz zum Selber-Eintragen. Wer also gerade schwanger ist oder etwas zum Verschenken braucht, schaut’s euch mal an!

Vorzeitiger Blasensprung? – Nur die Ruhe!

Ich darf einen ganz frischen Bericht einer Alleingeburt (2. Kind, 2. Alleingeburt) mit euch teilen. Es ist nicht meine Geburt, sondern der Bericht einer Frau, die bereit ist, dieses Ereignis mit euch zu teilen. Viel Spaß beim Lesen! 🙂

Unser Baby ist da, ein Junge, am 8.5. um 13:28 Uhr.
Irgendwie war mir am 7.5. abends schon so, dass die Blase springen könnte, deswegen legte ich das Bett mit Moltonunterlagen aus. Um 3 Uhr nachts wachte ich von so einem warmen Gesicker zwischen den Beinen auf, und stellte fest, dass die Blase tatsächlich gesprungen war. Das war ja eigentlich die Situation, die ich überhaupt nicht wollte, der Druck, Wehen produzieren zu müssen.
Nach dem Gang ins Badezimmer legte ich mich erstmal wieder hin und sagte meinem inzwischen aufgewachten Mann, wir werden heute oder morgen Eltern (danach konnte er nicht mehr einschlafen ;-),
Um 8 Uhr morgens rief ich die Hebamme an. Sie kam zum Bauch abtasten und Herztöne abhören. Außerdem schlug sie vor nachzusehen, wie reif der Muttermund sei, aber das wollte ich auf keinen Fall, was für sie ok war. Immerhin hat mich ihr Kommentar, nach der Muttermundreifung zu schauen, daran erinnert, dass ich einige Zeit zuvor in dem Buch „Adventures in Tandem Nursing“ (Hilary Flower) gelesen hatte, Stillen unter der Geburt trüge zur Muttermundreifung bei. Das machte ich, nachdem die Hebamme wieder gefahren war, mit meiner Tochter ausgiebig an dem Morgen. Trotzdem tat sich praktisch gar nichts, manchmal ein kaum wahrnehmbares Ziehen im Bauch, sonst nichts.
Beim Essen kochen um 12 Uhr war mir aber plötzlich so, als würde ich nicht mehr dazu kommen, zu essen. Ich war stark verlangsamt mit allem, meinen Bewegungen, ging langsam durch die Wohnung, so leicht vorgebeugt (wozu mein Mann bemerkte, so bist du bei der letzten Geburt auch gegangen), und da war dann klar, dass es bald losgehen würde.
Eine Kartoffel habe ich um 13 Uhr noch geschafft zu essen, ganz langsam, und dann kam plötzlich eine heftigere Wehe, bei der ich schon etwas bewusster atmen und mich irgendwo festhalten musste.
Ich fing an, Sachen vorzubereiten, Duschvorhang über den Teppich, Unterlagen hinlegen, etc., aber die zweite heftigere Wehe kam erst nach mehreren Minuten. Mein Mann telefonierte noch in aller Ruhe und bekam nichts mit. Ich merkte nach der dritten Wehe plötzlich, dass mein Unterleib anfing zu zucken, und sich unglaublicherweise schon das Kind durchschob (also praktisch nach drei Wehen). Als mein Mann aufgelegt hatte, sagte ich ihm, er solle mir schnell aus der Hose helfen, das hätte ich alleine nicht mehr geschafft, weil ich mich vornüber gebeugt festhalten musste und das Baby schon so tief saß, dass ich kein Bein mehr heben konnte.
Für meine Tochter, die noch die ganze Zeit um mich herum wuselte, war es plötzlich zuviel, dass ich mich so festhielt, atmete, meinem Mann sagte: schnell, zieh mir die Hose aus – jedenfalls fing sie an zu weinen. Mein Mann schickte sie eine Etage tiefer zur Oma. Zu dem Zeitpunkt saß der kindliche Kopf schon vor meinem Damm. Ich hielt ihn mit einer Hand zurück, weil ich nicht wollte, dass er so schnell durchschießt, aber nach ein paar Sekunden war klar, dass es kein Halten mehr gab, also hab ich einmal gedrückt, und das ganze Baby glitschte mir in einem Zug entgegen.
Ohne irgendwelche Presswehen, nur mit diesem Unterleibszucken.
Als mein Mann daran dachte, auf die Uhr zu schauen, war es 13:28 Uhr, die komplette Geburt hatte also etwas mehr als zwanzig Minuten gedauert.
Wir hielten das Baby warm und mein Mann meinte, es ist ein Junge, worauf ich noch gar nicht geachtet hatte, dann habe ich mich aufs Bett gesetzt, und nach einer Stunde oder so haben wir die Hebamme angerufen.
Direkt nachdem das Baby draußen war habe ich mir ein bisschen mehr Gedanken gemacht als bei der Alleingeburt unserer Tochter. Sie hörte ich nämlich schon schreien, bevor sie mir in einem Rutsch in die Hände geflutscht kam, er schrie nicht, sondern meckerte ein bisschen angestrengt herum, viel zurückhaltender als sie.
Das ist er wohl allgemein. Auch wenn er jetzt Stillen will, maunzt er ein bisschen und wedelt mit den Armen, unsere Tochter hat, wenn sie stillen wollte, Wände zum Einstürzen gebracht.
So hatte ich nun zwei völlig problemlose Alleingeburten, die erste zweieinhalb Stunden, die zweite zwanzig Minuten.
Obwohl ich über den Blasensprung nicht begeistert war, denke ich im Nachhinein, dass er vielleicht gut war, weil ich deswegen an dem Morgen zu Hause geblieben bin. Wäre ich Einkaufen gefahren, wie eigentlich geplant, und wäre die Geburt dann auch so schnell gegangen, hätte ich ihn im Einkaufszentrum bekommen.
Ich bin wirklich dankbar, dass ich zwei so schöne, ruhige, problemlose und schnelle Alleingeburten hatte, die einfach ganz natürlich passiert sind, ohne dass jemand um mich herum Unruhe gemacht oder eingegriffen hätte. Solche Geburten sind ein Geschenk, finde ich. Aber sie sind auch so normal. Wahrscheinlich wäre das die Art, wie Geburten meistens ablaufen würden, wenn die Frauen nicht so auf Drama und Angstmacherei gepolt wären.
Mein Mann ist auch froh, dass er mit mir solche Geburten erleben konnte, obwohl er etwas, sagen wir mal, weniger begeistert davon war, als ich der Hebamme bei der Vorsorge gesagt habe: Ich rufe dich unter der Geburt nur an, wenn ich das Gefühl habe, ich brauche dich, wenn nicht, mache ich es alleine.

Warum vegan?

Über viele Jahrtausende der Menschheitsgeschichte wurden tierische Lebensmittel hoch geschätzt. Die Menschen jagten oder weideten ihre Herden. Kein bekanntes Volk verzichtete ohne Not auf Eier, Milch, Fleisch, Fett und Innereien. Wenige Gruppen aßen aus religiösen Gründen kein Fleisch und nur von vielleicht einer Handvoll asketisch lebenden Gemeinschaften (Männern in der Regel) ist historisch bekannt, dass sie vollständig auf tierische Lebensmittel verzichteten. Häufiger finden sich Völker, die sich traditionell vorwiegend oder fast ausschließlich von tierischen Lebensmitteln ernährten, wie die Eskimo in Alaska, die Massai in Kenia, die Indianer Kanadas oder die Hirtenvölker der Mongolei.
Nicht überall wurde so viel Tierisches gegessen wie bei den genannten Völkern. Trotzdem scheint sich die Menschheit insgesamt darüber einig, dass tierische Lebensmittel einen Vorteil darstellen, der mit Gesundheit verknüpft wird, und auf den niemand gern verzichtet.
Erscheint es da nicht als gewagtes Experiment, die Wege unserer Vorfahren zu verlassen und sich beim Erhalt der Gesundheit und beim Wachstum der eigenen Kinder ganz auf pflanzliche Lebensmittel verlassen zu wollen? Viele Experten, die eine ausschließlich pflanzliche Ernährung vertreten, gehen inzwischen sogar soweit, unsere modernen Krankheiten dem Konsum von beispielsweise Milch oder Fleisch anzulasten. Die passenden Studien werden in der Regel schnell gefunden oder die Daten entsprechend interpretiert, ungeachtet der Tatsache, dass historische Fakten generell dagegen sprechen. Vegetarisch und vegan ist „in“.
Aber was ist es wirklich, das immer mehr, vorwiegend junge Frauen, bewegt, diesen historisch so gut wie unerprobten Weg zu gehen?
Zumeist wird das Mitgefühl mit den Tieren angegeben, an dessen Leid und Tod man nicht Schuld sein will. Gezielt setzen Verfechter der ausschließlich pflanzlichen Ernährung Fotos und Filme dafür ein, um ihre Sache emotional zu unterstreichen. Beispielsweise, indem Filme aus Schlachthöfen oder Fotos von Menschen in der Rolle von Kühen gezeigt werden. Die Kampagnen wollen schockieren und bleiben nicht ohne Wirkung.
Aber ist es tatsächlich so, dass eine pflanzliche Ernährung Leid verhindert? Auf der einen Seite vielleicht. Auf der anderen Seite sterben Rehkitze und Hasen, wenn ein Mähdrescher ein Getreidefeld aberntet. Unsere Landwirtschaft, auch jene, die biologisch ist, aber in großem Stil stattfindet, beraubt vielen Tieren ihres Lebensraumes. Und sind nicht auch sämtliche Insekten und Mikroorganismen Lebewesen? Leiden sie weniger, wenn sie in eine Mühle oder auf unsere Windschutzscheibe geraten, als Kühe beim Schlachter? Oder ist das Leid, dass sich besser beobachten lässt, automatisch schlimmer, als das, was weniger offensichtlich ist? Und was ist mit den Pflanzen selbst? Sie können zwar nicht weglaufen oder atmen, aber auch sie sind Lebewesen. Leiden sie etwa nicht, wenn man sie ausreißt, zerschneidet, zermixt, kocht und isst? Inzwischen gibt es Forschung, die zeigt, dass Pflanzen miteinander kommunizieren können. Zum Beispiel weiß eine Pflanze, wenn ihre Nachbarin Trockenheit leidet, und trifft dann entsprechende Vorkehrungen für sich selbst. Pflanzen wehren sich mit bestimmte Stoffen und Giften gegen Fressfeinde. Sie sind also durchaus Lebewesen, die ihr Leben – soweit es ihnen möglich ist – verteidigen.
Es scheint offenbar in der Gesamtheit unmöglich, als Mensch nicht auch Leid und Tod zu verursachen. Außer vielleicht, man lebt als Einsiedler in seinem eigenen großen Garten und ernährt sich nur von Früchte. Aber ohne die Samen, versteht sich, denn da sind ja die Babys unserer Pflanzen drin!
Vielleicht versteht ihr, worauf ich hinaus will. Es erfordert ein utopisches, nicht mit der Realität in Einklang zu bringendes Leben, will man nicht der Urheber von Leid für irgendjemanden sein. Und dann tritt man doch aus Versehen auf eine Schnirkelschnecke…
Raubtiere haben keine Hemmungen zu jagen und Fleisch zu fressen. Hühner und andere Vögel ziehen genussvoll den Regenwurm aus seinem Loch. Und selbst Kühe haben kein schlechtes Gewissen, wenn sich zwischen dem Gras, das sie fressen, Fliegen, Mücken, Blattläuse und dergleichen befinden. Jedes Lebewesen tötet – absichtlich oder aus Versehen – andere Lebewesen oder fügt Leid zu. Tod und Leid scheinen zum Wesen dieser Welt zu gehören und eine Tatsache zu sein, der wir uns nicht entziehen können. Glauben wir Menschen tatsächlich, wir könnten uns aus diesem Kreislauf herausnehmen, zu dem wir eigentlich gehören?
Damit meine ich natürlich nicht, dass es uns egal sein sollte, wie Tiere gehalten werden. Ich sorge, so gut ich kann, für meine Tiere und bemühe mich, soweit es mir möglich ist, eine Landwirtschaft zu unterstützen, in der Tiere ordentliche Lebensbedingungen bekommen. Aber ich schlachte auch meine eigenen Kaninchen und esse Fleisch. Wie man schlachtet, hat mein Opa an meine Mutter und meine Mutter an mich weitergegeben. Leider hat das moderne Leben für die meisten von uns dazu geführt, dass wir vom Leben unserer Vorfahren fast vollständig abgeschnitten sind. Bräuche und Kulturpraktiken, die über Jahrhunderte gepflegt und weitergegeben wurden, sind den meisten von uns fremd geworden. Die Moderne hat eine neue Kultur geschaffen, in der wir zwar Autos, Handys und Computer bedienen können, aber keinen Bezug mehr zu dem haben, was das Leben noch bis vor etwa hundert Jahren für die meisten Menschen ausmachte. Wir haben unsere eigene moderne Kultur mit unseren eigenen Glaubenssätzen geschaffen. Nicht mehr Gott, der christliche Glaube oder die Weisheit unserer Eltern und Großeltern sind der Maßstab für unser Leben, sondern das, was gewisse Experten oder auch wir selbst als Wahrheit anerkennen. Dabei können wir heute frei aus einem großen Angebot das wählen, was uns gefällt. Das mag seine Vorzüge haben, aber es lässt uns auch in so ziemlich allen Aspekten des Lebens mit einer gewissen Orientierungslosigkeit zurück.
Ich bin, historisch gesehen, nur ein Glied in einer langen Kette von Vorfahren, die übrigens alle nie auf die Idee gekommen wären, sich rein pflanzlich zu ernähren. Ich bin, biologisch gesehen, nur ein kleiner Teil im großen Kreislauf der Natur, wo jeder mit seinem Leben zum Leben eines anderen beiträgt. Die Pflanzen haben meinem Kaninchen Leben gegeben, mein Kaninchen gibt mir mit seinem Leben, was ich zum Leben brauche, und ich gebe durch Schwangerschaft, Stillen, meine Zeit und Arbeit meinen Kindern ein gutes Leben. Und wenn ich einmal tot bin, dann wird mein Körper diversen Bakterien, Pilzen und Kleinstlebewesen ein reichliches Festfressen bescheren.

Warum also vegan? Manchen Menschen geht es gesundheitlich auf einmal besser, wenn sie beispielsweise Milch weglassen. Weil die Milch ihnen Beschwerden bereitet, schlussfolgern sie daraus, Milch wäre ungesund. Da Milch, wie wir gesehen haben, historisch schon lange ein beliebtes und mit Gesundheit assoziiertes Lebensmittels des Menschen ist, gibt es in der Regel wohl andere Gründe für die bestehenden Probleme mit der Milch. Das sind häufig:

– Pasteurisieren und Homogenisieren der Milch – unbehandelt, wie Milch traditionell getrunken wurde, wird sie sehr häufig trotzdem vertragen.
– Eine nicht artgerechte Fütterung der Tiere, die die Qualität der Milch verändert.
– Eine durch die moderne Lebensweise schwache Verdauungstätigkeit, die nicht mehr in der Lage ist, Eiweiße gut zu verdauen.

Letzteres Problem scheint inzwischen recht häufig zu sein. Hier sorgt ein Verzicht auf alle problematischen Lebensmittel zwar für Beschwerdefreiheit, auf Dauer fehlen dem Körper aber Substanzen, die dieser zum Erhalt seiner Zellfunktionen benötigt. Eine spezielle Diät, beispielsweise die GAPS-Diät, zu der der zeitweise Verzicht auf alle Getreideprodukte zählt, kann helfen, denn Darm zu heilen. Eiweiße aus rohen oder fermentierten Lebensmitteln zusammen mit viel ursprünglichem Fett (Butter, Schmalz, Olivenöl), und gelatinehaltigen Knochenbrühen geben dem Körper dabei in leicht verdaulicher Form, was er braucht.

Warum vegan? Für mich gibt es keinen triftigen Grund für diese asketische Lebensweise. Und für dich?

Ein Baby zum 11. Jahrestag

Im Folgenden habe ich die Ehre, euch den Bericht einer weiteren schönen, unspekatulären Geburt zu präsentieren. (Es ist nicht mein Geburtsbericht, sondern der einer Frau, die bereit ist, ihn mit euch zu teilen.) Viel Spaß beim Lesen! 🙂

Die Haus-Wasser-Alleingeburt unseres dritten Kindes

Dienstag, 30.04.2013 (SSW. 38+5)

Hebamme A. kommt zur Vorsorge. Baby hat guten Bezug zum Becken, wohl aber noch abschiebbar. Herztöne sind bilderbuchmäßig, nichts deutet auf baldige Geburt hin, was mich nicht wundert. Ich hatte eh immer geglaubt, es bis in den Mai zu schaffen. Zu einer Gewichtsprognose lässt sie sich nicht hinreißen. „Wenn 4,5kg drin sind, dann müssen 4,5kg raus.“, sage ich. Das Wissen übers Gewicht würde ja an der Situation nichts ändern. Weiter brüten und abwarten.
Nachmittags kommen mein Bruder und Freundin vorbei, zeigen ein US-Bild auf dem Handy. Ich werde Tante, wie geil. ET ist der 20.12. – der gleiche Tag, wie damals in meiner ersten Schwangerschaft, die in der 7. Woche endete. Man sieht sich immer zwei Mal im Leben, denke ich.
Abends ab 21 Uhr hab ich wieder Senkwehen, oder doch Wehen? 10-Minuten Abstände. Schmerzloses Rumgewehe bis 0 Uhr. Ich gehe schlafen, wer weiß, was kommt. Wenn, dann möchte ich wenigstens ausgeruht sein.

Mittwoch, 01.05.2013 (SSW. 38+6)

Um 4:41 die erste spürbare Wehe, wie kräftige Regelschmerzen. Ich gehe aufs Klo und finde keine Ruhe mehr. Putze oben das Badezimmer. Leichte Wehen, noch unregelmäßig, aber nicht mehr zu missachten. Ich glaube, es kommt in Gang. Inzwischen ist es 5:45. C. (mein Mann) und die Kinder pennen.
Nach einem Toilettengang kommt mir Sohni entgegen. Er fragt, warum heute kein Kindergarten ist. „Weil heute der 01. Mai ist und da ist der Kindergarten zu.“
M.: „Mai? Dann kommt heute unser Baby.“
Ich hatte immer gesagt, dass im Mai das Baby kommt. „Ja, vielleicht kommt heute unser Baby – also wahrscheinlich kommt heute unser Baby! Die Chancen stehen gut.“
„Heut kommt unser Baby, darum feiern wir, alle meine Freunde freuen sich mit mir“, singt er und auch unsere Mittlere freut sich diebisch.
Ich schicke C. runter, um meine Eltern anzurufen. So können sie in Ruhe die Kinder holen und gemeinsam frühstücken. Um halb 8 sind sie da. Ich wehe unregelmäßig in unterschiedlicher Intensität, kann mich dabei unterhalten und auch noch sitzen.

Wir frühstücken. Es ist so leise ohne Kinder. Heute ist unser 11. Jahrestag. Wir beginnen den Pool aufzubauen, räumen noch ein bisschen auf. Ich stelle eine gefüllte gelbe Tulpe in Sichtweite auf die Fensterbank und denke an Ina May Gaskin und den Strauss sich öffnender Blumen.
Ich gehe noch kurz durch den Garten und staune, dass dieses Jahr wirklich alles zur gleichen Zeit blüht. Alle Nachbarn schlafen offenbar noch ihren Rausch vom Tanz in den Mai aus. Es ist so still. Dann wird mir die Frühlingsluft zu kühl. Wir haben Zeit und beschließen, dass wir auf natürlichem Wege etwas zur Zervixreifung unternehmen könnten – Sperma enthält doch Prostaglandine.
Jetzt ist es 9:15, ich wehe mit mal kürzeren, mal längeren Abständen, aber sie tun weh.
10:30: Ich lege mich aufs Sofa, schlafe auch noch mal ein und hab dabei eine größere Wehenpause bzw. nur 3 mäßig schmerzhafte Wehen, bis etwa 12 Uhr.
Ich koche schnell Nudeln mit Tomatensauce. Wir essen auf der Terrasse – bei Sonnenschein und leichter Brise. Jetzt fehlt nur noch der Meerblick.
Wir beschließen, spazieren zu gehen, um wieder Bewegung in die Sache zu bringen. Eine Runde durchs Dorf, Nachbars Magnolie blüht traumhaft schön. Einige Dörfler wundern sich, dass wir ohne Kinder unterwegs sind. Die Sonne scheint und wir überlegen uns, den Spaziergang noch auszudehnen. In den Wald.
Dort kommen die Wehen dann in Gang, regelmäßig, alle 5-6 Minuten. Ich kann noch gut laufen, aber bepusten muss ich die Wehen schon.

Um 14:30 kommen wir zurück nach Hause, mit 5-Minuten Abständen. Ich bin guter Dinge. Kaum drinnen, wieder längere Pausen. Ich frage mich, woran es liegt, befinde den Gedanken dann aber für blöd und verwerfe ihn. Ich schmiere meinen Bauch mit Geburtsöl ein, der Geruch erinnert mich an irgendwas aus der Veterinärmedizin oder doch eher Straßenbau?
Um 14:50 ne fiese Wehe – wir lassen Wasser in den Pool.
Um 15:15 bin ich im Wasser und beobachte, wie sich das Meersalz im Kissenbezug flott auflöst und bereue es, mir vor kurzem die Achseln rasiert zu haben.
Ich schaff es, in keiner Position auch nur ansatzweise, den Muttermund zu tasten. Ich kann mich verrenken wie ich will, ich komm nicht ran. Genauso wenig hab ich den Schleimpfropf zu Gesicht bekommen bzw. ne Zeichnungsblutung gehabt. Ich hab den Gedanken, dass da noch nicht viel Eröffnung geschafft sein könnte. Obwohl ich nicht recht dran glauben mag und denke trotzdem, dass es eine gute Idee ist, sich im warmen Wasser zu entspannen.
C. reicht mir ein Handtuch, was ich über die Körperstellen lege, die nicht von Wasser bedeckt sind.
Ich bin etwa 2 Stunden drin und „ziehe meine Bahnen“. Linke Seite, rechte Seite, Hocke, Vierfüßler, immer im Wechsel. Die Wehen kommen regelmäßig mit gut aushaltbarer Intensität. C. sitzt einen halben Meter vor mir, im Schaukelstuhl, strahlt Ruhe und Gelassenheit aus. Zwischendrin fallen ihm die Augen zu, er legt sich auf das Sofa, schläft auch noch mal. Eine Zeit lang läuft noch eine Doku über Wildtierschutz in Afrika im TV, was ganz gut ablenkt. Die Duftlampe beduftet das Wohnzimmer angenehm mit Entbindungsduft, die Tulpe auf der Fensterbank zeigt sich in voller Pracht. Was mein Muttermund macht, weiß ich immer noch nicht, auch jetzt komm ich nicht ran. Das einzige was passiert, ist, dass ich mit der Fummelei die nächste Wehe auslöse. Ich hab die Uhr im Blick, 4 Minuten, 4 Minuten, 5 Minuten, 3 Minuten, 8 Minuten,…
Das Telefon klingelt, Sohni ist dran. Er ist nervös, hat so oft gefragt, ob das Baby schon da ist. C. kann ihn beruhigen. Abends wird er noch Fieber bekommen und früh ins Bett gehen. Ich merke ein bisschen Anspannung, weil alle mit einem schnelleren Fortschritt zu rechnen scheinen, ich selbst nehme mich da nicht raus.
Um 16 Uhr marschiert Frau K., unsere Nachbarin, durch ihren Garten und sieht meinen aus dem Geburtspool ragenden Kopf hinterm Wohnzimmerfenster. Den Blick werde ich nicht vergessen. Ihr Kopf blieb quasi stehen, während ihr Körper weiter lief und man ihr ansah, wie sie sich fragte, was wir dort tun. Großartig.
C. massiert meinen Rücken, was mir sehr gut tut. Die Intensität der Wehen nimmt zu, ich bitte Männe, A. anzurufen. Sie hört mich im Hintergrund eine Wehe veratmen. Fragt, ob ich Kindsbewegungen fühle, was ich bejahe. Wir bleiben entspannt, beschließen, dass wir uns melden, wenn mir danach ist.
Das eigentlich für nachmittags bei Schwiegers geplante Waffelessen hat C. morgens abgesagt. Somit waren die informiert und prompt klingelt um 17:23 das Telefon. Schwiemu dran. Sie wolle mal hören, weil sie ja so nervös sei, ob die Hebamme schon da sei etc. C. teilt ihr, wie schon morgens, mit, dass ich Wehen hab und er sich wie bereits vereinbart melden wird, sobald es was zu vermelden gibt und ist stinksauer, dass man nicht mal mehr in Ruhe gebären darf. Ich hab daraufhin eine 20-minütige Wehenpause.
C. kippt mit dem Wasserkocher zwischendurch heißes Wasser nach.
Die nächste Wehe gegen 17:45 ist heftig. Ich will einen Muttermundsbefund – jetzt. Männe soll A. anrufen. Sie muss noch schnell was organisieren und will sich dann auf den Weg machen.
Ich bin ganz klar in der Übergangsphase angekommen. Es zieht bis zu den Knien, im Rücken, im Bauch. Ich muss ständig aufstoßen, was ich bei allen Kindern so hatte, und ich bin irgendwie in einer anderen Welt, weiß nicht mehr so recht, wohin mit mir.
Es kommt eine Hammerwehe. Ich liege gerade auf der rechten Seite im Pool. Ich jammere nicht, ich schreie auch nicht, aber ich atme so laut, dass C. sich beeindruckt zeigt. Eigentlich will ich: „Oh weia, die Wehen tun echt weh und ich weiß nicht, ob der Muttermund vollständig ist und ich weiß auch nicht, warum ich keinen Pressdrang habe und ich will auch nicht sinnlos gegen einen unvollständigen Muttermund pressen und überhaupt, ich will jetzt einen Muttermundsbefund“, sagen. Ein Bruchteil dessen kommt mit leichtem Unterton der Verzweiflung raus. In C. Gesicht sehe ich einen Hauch Hilflosigkeit.
Ich knie, liege, und mache und tue im Pool, die Wehen sind heftig. Ich spüre nach jeder Wehe Kindsbewegungen, merke, wie die Maus sich hin- und her dreht und versucht, sich richtig einzustellen. Ich stehe auf, weil ich wissen will, was passiert, wenn die Schwerkraft mehr wirken kann, hocke mich aber ganz schnell wieder hin. Im Wasser ist’s angenehmer. Ich knie im Wasser, lehne mich mit dem Oberkörper über den Rand, und beschließe, dass ich jetzt das tue, wonach mir ist, dass ich jetzt mitdrücke und bin mir in meinem Entschluss unheimlich sicher und völlig ohne Angst.
Nächste Wehe. „Jetzt rutsch endlich rein!“ Ich kann diese Wehen nicht mehr veratmen und tolerieren. Nächste Wehe, ich drücke mit. Vorsichtig, nur ein oder zwei Mal je Wehe. Der Kopf überwindet irgendwas im oberen Beckenbereich. C. guckt im Flur rum, ob A. kommt…
Nächste Wehe, ich veratme, will ihr Zeit lassen. Nächste Wehe, ich bin in halbaufrechter Rückenlage, C. ist im Flur, ich drücke, die Fruchtblase springt. Es fühlt sich an, als würde sich ein kleiner Wasserballon innerlich vorwölben und dann aufplatzen. „C., ich glaub die Fruchtblase ist gesprungen.“ Er kommt und guckt. Käseschmiereflöckchen im Poolwasser, er sieht das Fruchtwasser auch noch ausströmen. „Ja, das war die Fruchtblase.“
Nächste Wehe, ich drücke. Ich merke, wie sich mein Becken mit Kind füllt. Sie rutscht quasi von allein rein. „C., das Baby kommt. Kamera an und Handtuch her!“
Mein armes Männlein muss springen. Jetzt geht alles ganz schnell. Nächste Wehe, ich sitze halb aufrecht im Pool. Der Kopf kommt, ich merke ein minimales Brennen innerlich. Ich fasse hin. So weich! Der Kopf ist so wahnsinnig weich, ich fühle weiche Babyhaare.
Als C. am Poolrand steht und auch fühlt, ist der Kopf zur Hälfte geboren. Ich versuche langsam zu machen, lege meinen Kopf nach hinten auf den Poolrand, aber mein Körper macht ganz von alleine. Der Kopf kommt. Nächste Wehe. Ich drücke ein bisschen mit, die Schultern drehen sich und J. taucht auf. Mit offenen Augen und Mund sehe ich sie der Wasseroberfläche entgegen schwimmen. Die Welt steht still und es ist, als würde Mutter Natur auf uns herab blicken, wohlwollend mit dem Kopf nicken und „Gut gemacht, Tochter“, sagen. Ich hebe J. zügig aus dem Wasser. Sie ist bildhübsch und irgendwie ist mir klar, dass sie ein Mädchen ist, ein absolutes Mädchengesicht. „Hallo Baby, hey Baby.“ Wir heulen und reden wirres Zeug und staunen und freuen uns. C. guckt auf die Uhr: 18:33 Uhr. Wir decken sie mit Handtüchern zu, ich hebe ein Beinchen an, um nachzugucken. Tatsächlich ein Mädchen! Wir freuen uns riesig, unser Gefühl hat uns nicht getrügt. Sie schrie sofort, wurde schnell rosig und guckt mich mit großen Augen an. Willkommen in unserer Mitte J.! Interessehalber fühle ich an der Nabelschnur. Sie pulsiert kräftig.
C. ruft A. an. Sie kann sich Zeit lassen. Nach einer Weile wird’s dann doch etwas kalt im Pool. Ich steige aus, C. drapiert einige Handtücher aufs Sofa und ich setze mich mit der Maus hin. Nach ner Weile wird’s aber doch ungemütlich, wir legen uns. Die Nabelschnur reicht gerade so, dass sie an die Brust kommt. Sie saugt kräftig und beschert mir die ersten Nachwehen. Jede Bewegung an der Nabelschnur löst ebenfalls eine Nachwehe aus. Eine ganze Stunde nach der Geburt merke ich, dass die Plazenta raus möchte. C. holt eine Schüssel. Hintern hoch, sie kommt quasi von selbst. Wir stellen die Schüssel neben mir ab und C. guckt, ob ich irgendwelche Rissverletzungen habe. Nichts zu sehen. 5 Minuten später trifft A. ein. Sie hört sich erstmal unsere Story an und lässt sich anstecken von unserer Begeisterung. Sie beguckt J. und wir sind uns einig, dass sie etwas mehr wiegen wird, als ihre Geschwister. Wir entscheiden uns, die Nabelschnur am Kind möglichst lang zu lassen, damit Sohni am Tag drauf noch mal abnabeln kann. Er hatte sich das so gewünscht. C. nabelt ab. Wir begutachten die Plazenta. Etwas über 60cm lange Nabelschnur, die Plazenta hat einen Durchmesser von 17-18 cm und ist relativ dick. Keine Verkalkungen, keine Fetteinlagerungen, aber eine recht große Einblutung zwischen Chorion- und Amnionhülle. A. vermutet erst eine Nebenplazenta, unter Umständen vielleicht eine frühere Zwillingsschwangerschaft. Wir schneiden rein, aber es ist lediglich Blut drin zu finden, was auch recht frisch zu sein scheint. Also entweder kurz vor oder aber während der Geburt entstanden. Gefährlich hätte die wohl nicht werden können, weil es zwischen die Fruchthüllen blutete und nicht hinter die Plazenta, also keine Ablösegefahr. Mein Blutverlust ist so gering, dass A. nicht so recht weiß, was sie da überhaupt dokumentieren soll. Sie zupft ein winziges Stück von der Plazenta ab, was ich mit einem großen Schluck Wasser zu mir nehme.
Auch A. findet an mir keine Geburtsverletzungen. Ich ziehe mir was an, währenddessen kuschelt die Maus auf Papas Brust. Wir wiegen und messen sie. 3730g, 52cm, 34,5 KU.
Wir schauen uns gemeinsam das Geburtsvideo an. A. verkündet, dass sie eh nur dagestanden und „Machst du gut.“ gesagt hätte, wäre sie denn da gewesen und schenkt mir spontan den Geburtsort unserer J. – den Geburtspool.
So um 22 Uhr fährt A. nach Hause und wir gehen ins Bett. Die Kleine hat noch ein bisschen Mühe mit der Temperatur und ich ziehe ihr entgegen meiner Planungen was an. Die Nacht verbringt sie auf mir schlafend.

Vergleiche ich meine Geburten, kann ich nicht sagen, welche die einfachste war. Diese Geburt war nicht einfacher, als die anderen zwei, aber ganz anders. Ich bin daran gewachsen. Ich habe keine Verantwortung abgegeben, ich war die ganze Zeit voll da und konzentriert. Nie wieder würde ich freiwillig einen Teil der Geburt in die Hände anderer legen.
C. hat mich sehr überrascht. Er war total souverän und ruhig. Ich wusste, dass ich mich zu jeder Zeit auf ihn verlassen kann und so haben wir 11 Jahre nach dem ersten Kuss zusammen ein Kind geboren.