Traditionelle Frauentänze mit vielen Hüftschwüngen finden sich in vielen alten Kulturen. Gewöhnlich stehen sie in Zusammenhang mit Ritualen rund um Fruchtbarkeit und Geburt.
Dass das weibliche Becken mit Fruchtbarkeit in Verbindung gebracht wird, weil es menschliches Leben hervorbringt, leuchtet jedem ein. Aber hinter dem uralten Tanz steckt viel mehr praktische Überlegung, als man auf den ersten Blick sieht.
Ein gut geformtes Becken ist eine wichtige Voraussetzung für eine unkomplizierte Geburt. Dessen wurde man sich besonders bewusst, als Frauen im 18. Jahrhundert vorwiegend in England aufgrund von starker Mangelernährung so verformte Becken entwickelten, dass sie ihre Babys nicht mehr normal gebären konnten. Heutzutage sind wir besser ernährt und Rachitis, erst recht in solch ausgeprägter Form, kommt bei uns eigentlich nicht mehr vor. Allerdings ist das menschliche Becken kein starrer Knochenring, sondern setzt sich aus mehreren Knochen zusammen, die über Gelenke oder sogenannte unechte Gelenke wie die Symphyse miteinander verbunden sind. Es spielen also nicht nur die Knochen eine Rolle, sondern auch Gelenke und Knorpel – und somit auch Muskeln und Sehnen.
Ist eine Frau schwanger, bereitet ihr Körper mithilfe von Hormonen auch ihr Becken auf die Geburt vor. Die Gelenkverbindungen werden weicher und lockerer. Das erlaubt dem Becken unter der Geburt, zusätzlichen Raum für das Baby zu schaffen. Unter Umständen, meist bei unbewusster, ungleichmäßiger Belastung des Beckens, macht sich diese Lockerung der Gelenkverbindungen in der Schwangerschaft auch in Schmerzen im Schambein oder rechts und links des Kreuzbeines bemerkbar.
Dabei ist unser moderner Lebensstil nicht gerade vorteilhaft, wenn man sich ein fittes, gebärfreundliches Becken wünscht. Still und in derselben, zurückgelehnten Position sitzend verbringen viele Menschen heute einen großen Teil ihres Tages. Die Popomuskeln schlafen und der Beckenboden hängt schlaff durch. Die ganze Körperhaltung nimmt eine zusammengesackte Form an. Der Raum im Becken wird kleiner, manche Muskeln im und am Becken verspannen oder werden aufgrund der einseitigen Belastung schwach. Dadurch kann das Becken leicht schief gezogen und der Beckenboden unregelmäßig werden. Bei der Geburt kann das dem Baby nicht nur den Durchtritt durch das Becken erschweren, sondern auch eine optimale Geburtshaltung des Kindes und Einstellung des Köpfchens verhindern oder erschweren. Schmerzhaftere und längere Geburten sind oft die Folge. Kommen dann noch eine ungünstige Gebärhaltung in Rückenlage und weitere Interventionen dazu, dann verwundert es nicht, dass viele Frauen heute offenbar nicht mehr „normal“ und ohne Eingriffe gebären können.
Deshalb lohnt es, gerade auch wenn man schwanger ist, auf sein Becken und was man damit macht, zu achten. Lieber stehend, kniend oder auf dem Gymnastikball sitzend am Computer arbeiten, als zusammengesunken auf einem Stuhl sitzend. Lieber viele Pausen mit Bewegung einrichten und immer mal ein Bauchtänzchen einlegen – auch wenn man damit vor Publikum nicht unbedingt einen Blumentopf gewinnen würde. Gartenarbeit, ein Tanzkurs, Spazierengehen, Schwimmen, Yoga … es gibt viele Möglichkeiten, seinen Körper und das Becken mittels vielseitiger Bewegung auf die Geburt vorzubereiten. Unter der Geburt hilft das Kreisen mit den Hüften dem Baby außerdem, seinen Weg zu finden.
Aber ein gut trainiertes Becken ist nicht nur im Hinblick auf die Geburt hilfreich. Reichliche Bewegung wie das Kreisen mit den Hüften entlastet die Beckenvenen, die durch das wachsende Baby komprimiert werden, lässt das Blut besser zum Herzen zurück fließen und beugt so Krampfadern und Hämorrhoiden vor.
Und wenn wir gerade bei traditionellen Bräuchen sind, die das Becken gebärfreunlich machen, kann ich euch auch das tiefe Hocken ans Herz legen, das kleine Kinder und Menschen in der Dritten Welt noch so wunderbar beherrschen. Der ganze Fuß ruht dabei auf dem Boden. Dabei ganz entspannt und gerade im Rücken bleiben. Und die Hacken auf dem Boden lassen! Nicht einfach, oder? Dieses Hocken trainiert ebenfalls die Popomuskeln, die für ein weites Becken notwendig sind, und dazu noch den Beckenboden. Anfangs für uns stuhlgewohnte Westler sicherlich nicht bequem. Aber es macht nichts, wenn man nicht gleich ganz runterkommt. Festhalten ist durchaus erlaubt. Auch wenn der Popo einen halben Meter über dem Boden schwebt – so trainierst du die wichtigen Muskeln, die ein ausbalanciertes, gebärfreudiges Becken braucht.