Heute wollte ich euch einmal schreiben, wie sehr ich mich über eure Emails und Nachrichten freue. Ich bekomme immer wieder so schöne Geschichten zu lesen, die mir Hoffnung machen. Es macht mir Hoffnung, dass immer mehr Frauen es wagen, ihre Ängste zu überwinden und die Verantwortung für ihre Geburt in die eigenen Hände zu nehmen. Die Folge sind immer mehr schöne, glückliche Geburten. Und dass meine Arbeit hier und da den Stups in die richtige Richtung gibt, freut mich natürlich besonders.
Letztens bekam ich Post von einer Frau, die ich aus Kindertagen kenne. Seitdem hatte ich von ihr bis zu dieser Email nichts mehr gehört. Umso mehr hat mich ihre Email gefreut. Mit ihrer Erlaubnis darf ich sie hier – anonymisiert – mit euch teilen.
Hallo Sarah,
ich bin’s, S. aus J., kennst du mich noch? 🙂 Ich wollte dir schon länger mal schreiben und dir sagen, wie dankbar ich für deine Blogs, und vor allem dein Buch zur Alleingeburt bin.
Ich hatte deinen Blog schon länger immer einmal verfolgt, weil ich es schön fand zu sehen, wie ihr euren Weg im Ausland beschreitet. Und eure Fotos von den Kindern sind wirklich sehr süß. Natürlich fand ich deine Geburten auch ziemlich interessant, dadurch bin ich zum ersten Mal überhaupt auf den Gedanken gekommen, dass man ein Kind auch zu Hause bekommen könnte, oder sogar zu Hause allein. Schon verrückt, wie das vorher nicht mal als Möglichkeit für mich existiert hat. Zudem hat mich fasziniert, dass du deine Geburten als schöne und wunderbare Momente empfunden hast, was mir vorher auch nie in den Sinn gekommen wäre. Dem musste ich auf den Grund gehen. Meine Mama hatte bei meinem Bruder und mir leider keine schönen Geburten. Beide wurden eingeleitet mit Wehentropf, weil ein paar Tage über dem Termin, bei meinem Bruder wurde eine Vakuumextraktion gemacht, Plazenta gerissen, bei mir eine Sonde am Kopf angebracht, eine schwere Thrombophlebitis, beide Male liegend im Bett, beide Male wirklich unsensible Behandlung durch die Geburtshelfer, beide Male Dammschnitt, natürlich. Schon als Kind habe ich deswegen den Glauben verfestigt, dass Geburten schwer, unendlich schmerzhaft, und einfach die Hölle sein müssen. Bestätigt wurde dies von Geschichten, die man nebenbei immer mal von Leuten hörte, was hier und dort passiert ist.
Wie gesagt hatte ich die Möglichkeit einer Alleingeburt damals schon bei dir aufgeschnappt, und letztes Jahr war es dann so weit, dass ich mein erstes Kind erwartete. Ich muss sagen, dass ich am Anfang wirklich Angst vor der Geburt hatte, so sehr, dass ich mich nicht einmal traute, irgendetwas dazu zu lesen und sonst recherchiere ich wirklich alles, was mich nur irgendwie interessiert. Nach einer Weile kam ich jedoch wieder auf deinen Blog zurück und las, dass dein Buch im August erscheinen würde, worüber ich mich sehr freute. Inzwischen hatte ich durch deine Berichte auch etwas Mut gefasst hinsichtlich der Geburt. Ich hatte mich sogar getraut, einen Dammschnitt zu googlen. 🙂
Insgesamt fühlte ich einfach, wie in mir eine Zuversicht wuchs, irgendwie ein so großes Vertrauen in die Natürlichkeit und Selbstverständlichkeit der Dinge. Ich ging auch die ersten fünf Monate nicht zum Frauenarzt, was meine Familie schon sehr besorgniserregend fand. Aber ich sagte mir jedes Mal, in zwei Wochen rufe ich dort an. Aber wenn die zwei Wochen rum waren, hielt ich es einfach für so unnötig und ließ es bleiben. Mein Bild zu Geburten hatte sich inzwischen so stark gewandelt, dass ich kein bisschen Angst mehr davor hatte, im Gegenteil, ich freute mich darauf und war gespannt, wie es sein würde. Dann erschien dein Buch, was ich nur so verschlang. Als ich meiner Mama das erste Mal erzählte, dass ich gern eine Geburt zu Hause allein hätte, oder überhaupt gern allein wäre dabei, fragte sie mich, ob ich wahnsinnig sei. Natürlich sah sie die Geburt bisher auch nur als riskanten Prozess, so wie man es ihr „beigebracht“ hatte. Also ließ ich mich breitschlagen, doch zum Arzt zu gehen und eine Hebamme zu suchen.
Ich muss auch gestehen, dass mein Kopf diese Absicherung doch noch brauchte. Beim Frauenarzt kam heraus, dass alles in Ordnung war, so wie ich es vorher schon wusste. Aber den Termin empfand ich als irgendwie entwürdigend. Ich komme mir selbst komisch vor, es so zu bezeichnen, wo doch alle diese Vorsorge mitmachen, aber so fühle ich es. Blutdruck messen, wiegen, Befragungen, Urintest, Bluttest, Abstrich – ohne mich zu fragen, fingen sie einfach an, Buch über mich zu führen, und der Arzt ließ sich schließlich unterschreiben, dass ich den Glucose-Toleranz-Test und den Test auf Toxoplasmose ablehnte. Mit der Hebamme wurde es nicht besser. Ich hatte mit meiner Familie, und vor allem mit meinem Freund, den Kompromiss geschlossen, in ein Geburtshaus zu gehen. Da musste ich dann auch noch ständig zur Vorsorge hindackeln. Der Sinn des CTG wird mir einfach nicht deutlich. Nur damit die Hebamme auf einem Blatt Papier sieht, was ich doch sowieso spüre, muss ich doch nicht eine halbe Stunde da rumliegen. Kurzum, die Vorsorgetermine ärgerten mich einfach nur und kosteten Zeit und Kraft. Noch schlimmer war, dass mir die Hebamme mit der Zeit immer unsympathischer wurde. Sie hatte so eine autoritäre Art und akzeptierte keine anderen Meinungen, als die, die sie gelernt hatte. Zudem war sie dauergestresst und gleichzeitig auch sehr abweisend und ließ nichts an sich heran – keine guten Eigenschaften für eine Hebamme. Innerlich wuchs in mir der heimliche Plan, die Geburt allein zu Hause zu machen. Auch wenn ich nicht wusste wie (mein Freund und ich steckten auch noch im Umzug kurz vor der Geburt), ich wünschte es mir einfach voller Vertrauen.
Mittlerweile hatte ich meine Familie immer mehr an das Thema Alleingeburt „herangeführt“ und auch viel von dir erzählt, und sie begannen, sich dafür zu öffnen. Besonders wichtig war mir, dass meine Mama mich unterstützte, da mir ihre Meinung viel bedeutet. Sie sprach sich zwar nach einer Weile dafür aus, sagte aber gleichzeitig immer, dass es ihr zu riskant wäre. Mein Freund bestand jedoch darauf, in das Geburtshaus zu gehen. Er hatte sich einfach nicht so sehr mit dem Thema beschäftigt, wie ich es mir gewünscht hätte. Mein Plan zu der Zeit war, einfach abwarten und gucken, was sich ergibt. Wie gesagt, ich hatte meinen Wunsch abgesandt und war voller Vertrauen.
Am 18. Dezember dann hatte ich schon in der Nacht leichte Wehen. Sie kamen alle zehn Minuten, also schloss ich daraus, dass es das sein müsste, auch wenn ich wusste, dass sie wieder abklingen könnten. Morgens kam dann auch noch die Hebamme, um mal wieder ihr CTG zu machen und meinte, dass die Wehen noch gar nichts sind und dass es bestimmt noch ein paar Tage dauert. Aber ich wusste zu diesem Zeitpunkt, dass es das nicht würde. Schon allein weil ich keine Lust darauf hatte, dass sie dann ab 19. (dem Geburtstermin) täglich kommen würde. Am 18. hatte ich also den ganzen Tag Wehen und mein Freund und meine Eltern waren in freudiger Euphorie. Nun da es so weit war, begann mein Freund, sich immer mehr damit anzufreunden, zu Hause zu bleiben, weil er jetzt sah, wie stressig es wäre, erst in das Geburtshaus zu fahren und dann dort rumzulungern. Also beschlossen wir schließlich, zu Hause zu bleiben. Wir blieben noch ein bisschen bei meinen Eltern und gingen dann nach Hause. Die Wehen waren derweil etwas intensiver, aber immer noch nicht sehr schlimm. Ich ging dann in die Wanne, wo sie sogar schwächer wurden. Das war mir dann zu langweilig, und so machten wir es uns im Wohnzimmer gemütlich und schauten noch etwas fern. Dann pegelten sich die Wehen wieder ein und kamen in engeren Abstand, ab Mitternacht wurden sie schon intensiver. Ich lief dann immer im Zimmer auf und ab. Entlastend fand ich es auch, mich mit den Armen an die Tür zu hängen. Das einzige war, dass ich so müde war und deswegen keine Lust mehr hatte, ansonsten fand ich es nicht so schlimm. Die (im Nachhinein ermittelte) Übergangsphase verunsicherte mich etwas. Ich hatte erwartet, dass da eine Wehe nach der anderen kommt und ich an einem Punkt der völligen Erschöpfung kommen würde. Aber so war es nicht. Die Wehen hatten immer noch einen Abstand von 1,5 Minuten, nur spürte ich so einen Druck auf meinen Muttermund, was mich verunsicherte. Ich wunderte mich, warum es nicht weiterging. Deshalb fragte ich meinen Freund (der die ganze Zeit auf dem Sofa gedöst hatte, der Glückliche), ob er mal die Hebamme anrufen wolle. Das machte er, und sie sagte, dass sie sofort losfährt und uns abholt zum Geburtshaus. Das passte mir gar nicht. Dann fingen mein Freund und ich noch an, uns zu streiten, weil ich natürlich keine Tasche gepackt hatte und er derweil etwas verunsichert wurde. Irgendwie war es eine komische, aber auch lustige Situation. Während ich weiter diese starken Wehen hatte, lief er durch die Wohnung und suchte Sachen zusammen, obwohl ich schon wusste, dass ich nirgendwo mehr hingehen würde. Auf einmal spürte ich, dass der Kopf in den Geburtskanal eingetreten war und die Presswehen begannen. Ich war total aufgeregt und freudig. Ich ging noch einmal auf Toilette und mit der ersten richtigen Presswehe platzte die Fruchtblase. Mein Freund hatte mir inzwischen Sachen hingelegt, die ich anziehen sollte für die Fahrt. Dann kam wieder eine Presswehe und ich hing mich erstmal an ihn dran, weil die Kraft, die über mich kam, so stark war. Er bugsierte mich schließlich zum Tisch rüber, um weiter packen zu können. Nach der nächsten Wehe fühlte ich nach unten und spürte das Köpfchen. Als ich das meinem Freund erzählte, sagt er: „Na toll!“ Im Nachhinein haben wir so darüber gelacht. Dann die nächste Wehe, und der Kopf war da. So ein krasses Gefühl, wie die Wehen einfach über einen kommen. Mein Freund sagte dann, „Der Kopf ist da, du musst jetzt pressen“. Er war total aufgelöst. Ich wartete ab und mit der nächsten Wehe kam dann der restliche Körper rausgeflutscht und unsere Tochter glitt in die Hände ihres Papas und schrie sofort. Ich war so glücklich und erleichtert. Eine halbe Stunde später traf die Hebamme ein und wir durchtrennten die Nabelschnur. Die Kleine ist kerngesund und auch ich hatte kaum Blutungen und auch keinen Riss. Ich bin so unendlich dankbar, dass die Geburt so schön abgelaufen ist, dass wir zu Hause geblieben sind, und vor allem dass ich meine Ruhe hatte. Und dafür möchte ich dir vor allem danken! Durch deinen Blog bin ich erst darauf aufmerksam geworden, und dein Buch hat mir das nötige Selbstvertrauen gegeben; vor allem hat es meinen Verstand überzeugt. Jeder, dem ich von meinem Wunsch erzählt habe, hat mir stark abgeraten, darunter natürlich Ärzte, Mediziner, Krankenschwestern. Aber das Kuriose ist, dass mich der Gegenwind nicht gestört hat. Dein Buch hat mir so viel Selbstvertrauen gegeben und Wissen vermittelt, um dem entgegenzuhalten. An keinem Punkt hatte ich Sorge, dass etwas nicht natürlich abläuft. Ich hatte einfach den Mut, auf meine innere Stimme zu hören.
Dein Buch zur Alleingeburt ist mit Abstand der beste Ratgeber zur Schwangerschaft überhaupt. So umfassend, so prägnant, interessant gestaltet, und wirklich gut und witzig geschrieben, dazu noch persönlich. Jede Schwangere sollte bei ihrer Vorsorge ein Exemplar bekommen, um sich bewusst zu werden, dass man selbst die Verantwortung für seine Schwangerschaft und Geburt tragen sollte und Dinge hinterfragen sollte. Ich kann wirklich nicht genug betonen, welch positive Auswirkungen dein Buch auf mein Leben hatte! Ich hoffe, das war jetzt nicht zu lang, aber ich wollte dir unbedingt meine Geschichte erzählen. Hätte ich es kürzer gemacht, hieße es einfach nur Danke. 🙂
Liebe Grüße,
S.