Ungeplante Alleingeburt bei Zwillingen

Triggerwarnung wegen Reanimation

Die Mutter im folgenden Bericht bekommt Zwillinge. Ihre erste Geburt war ein Kaiserschnitt, die Zwillinge sollen möglichst auf natürlichem Weg im Krankenhaus geboren werden. Eine äußere Wendung in der 38. Schwangerschaftswoche brachte den führenden Zwilling in Schädellage und somit stand einer natürlichen Geburt nichts mehr im Weg. Die allerdings passierte schließlich so schnell, dass die Babys zu Hause geboren wurden. Der zweite Zwilling kam in Beckenendlage und steckte fest, es folgten Reanimation und Krankenhaustransfer. Es ist die besondere Geschichte dieser Familie, es lief nicht alles perfekt aber doch mit Happy End. Ich poste diese – wie alle – Geburtsberichte nicht, damit das jemand nachmacht oder pauschal verurteilt. Jeder Weg ist individuell, das Leben lässt sich nicht ins letzte Detail steuern. Aber aus jeder Geschichte kann man etwas für sich mitnehmen. Vielen Dank an die Berichtschreiberin, dass ich deine aufregende Geschichte hier teilen darf.

Zum besseren Verständnis kurz ein paar Infos zur Vorgeschichte. Diese Schwangerschaft war meine sechste. Ich habe bereits einen vierjährigen Sohn und fünf Sternenkinder (darunter der Zwilling meines großen Sohnes). Mein Sohn sollte 2015 zuhause zur Welt kommen. Nach 24 Stunden kräftiger Wehen alle 3-5 Minuten sind wir ins Krankenhaus umgezogen, da seit vielen Stunden der Muttermund nicht weiter aufging (7-8cm) und die Fruchtblase bereits über 24 Stunden offen war. Im Krankenhaus dann wegen des Muttermundes und meiner Erschöpfung PDA, Muttermund vollständig, aber Wehen unregelmäßig, Wehentropf, Kopf senkt sich nicht ins Becken, nach weiteren 12 Stunden im Krankenhaus Entscheidung zur Sectio wegen des hohen Gradstand plus grünem Fruchtwasser. Nach 36 Stunden Kampf für eine natürliche Geburt war das natürlich ganz und gar nicht schön und hat meine Gedanken um die kommende Geburt beeinflusst.

Jetzt war ich also mit Zwillingen schwanger. Eine Hausgeburt/Alleingeburt konnte ich mir da nicht vorstellen. Nach mehreren Gebärmutter-OPs, nach Sectio, mit Blutgerinnungsstörung und demnach Heparin und zu guter Letzt mit führendem Zwilling in Beckenendlage (eine äußere Wendung keine 48 Stunden vor der tatsächlichen Geburt war dann allerdings erfolgreich) fühlte ich mich im Krankenhaus besser aufgehoben. Zudem das Krankenhaus, das ich ausgewählt hatte, auf Zwillinge und Beckenendlage spezialisiert ist und eine spontane Geburt ermöglicht hätte. Dennoch hatte ich Sorge, dass es wieder eine Sectio wird. Weil ich vielleicht gar nicht gebären kann. Weil ein ängstlicher Arzt einen Grund erfindet. Weil die 1,5 Stunden Fahrt zum Krankenhaus die Geburt stört. Weil ich einfach Pech habe. Weil, weil, weil…

Jetzt zum eigentlichen Geburtsbericht. Es war Freitag der 13., 37+4 SSW. An diesem Tag hatte die Kita meines Großen geschlossen und zufälligerweise hat mein Mann am Abend vorher spontan einen Tag Urlaub nehmen können, sodass er bei uns zuhause war (welch eine glückliche Fügung!). Über den Morgen verteilt und beim gemeinsamen Frühstück hatte ich drei, vier Wehen. Vorwehen hatte ich zwar schon seit vielen Wochen extrem häufig und diese Wehen jetzt waren nicht stärker, aber irgendwie tiefer in mir. Sodass ich meinen Mann bat, mal provisorisch einen Wasserhahn an der Badewanne anzubauen (wir sanieren gerade das Bad und ich hatte erst am Vorabend die Fliesen an der Badewanne verlegt). Gegen 10:30 Uhr bin ich in die Badewanne gestiegen um zu sehen, ob die Wehen nun einen Geburtsbeginn bedeuten oder nicht. Innerhalb von wenigen Minuten haben sich dann regelmäßige Wehen alle 3 Minuten eingestellt, auf die ich mich schon konzentrieren und ein bisschen veratmen musste. Also habe ich meine Mutter informiert und meinen Mann gebeten, unseren Sohn zu ihr auf die Arbeit zu bringen (5 Minuten Fahrt von uns). Mein Sohn kam noch ins Bad sich verabschieden mit „Alles gut, Mama. Wird bestimmt nicht anstrengend.“ Dabei fand ich es zu dem Zeitpunkt schon verhältnismäßig anstrengend, dafür, dass es erst vor ein paar Minuten losgegangen ist.

Kurz vor 11 Uhr vormittags sind mein Mann und mein Sohn dann los. Kaum war die Tür ins Schloss gefallen, kam plötzlich eine Wehe von unglaublicher Kraft. Ich konnte überhaupt nicht mehr atmen sondern habe gebrüllt, ein tiefer Urschrei, der einfach aus mir heraus kam. In diesem Moment habe ich Angst bekommen. Diese Wehe war so heftig wie keine bei der Geburt meines Großen und die Vorstellung, das noch stundenlang zu ertragen, hat mich umgehauen. In diesem Moment habe ich es ernsthaft bereut, keine Sectio geplant zu haben und wollte sofort ins Krankenhaus und eine PDA. Ich ging schließlich davon aus, dass eine natürliche Geburt (insbesondere, da es ja die erste für meinen Geburtskanal war) mindestens bis zum Abend dauern müsste. Mein Plan war nun also mich schleunigst fertig zu machen und im Krankenhaus anzurufen, um mein Kommen anzukündigen. Ich habe es allerdings nur aus der Wanne raus bis zur Toilette geschafft. Die Wehen kamen weiterhin alle 3 Minuten und mit dieser wahnsinnigen Wucht, dass ich nicht wusste, wie ich zum Handy oder gar bis zum Krankenhaus gelangen sollte. Die Vorstellung von 1,5 Stunden Autofahrt war beängstigend und gleichzeitig so absurd, dass ich es komisch fand. Kurz nach 11 Uhr war mein Mann zurück und etwas irritiert, wie ich mich benahm. Als er eine Viertelstunde vorher gefahren war, war schließlich noch alles entspannt gewesen und jetzt brüllte ich bei jeder Wehe wie ein Tier. Er war allerdings klug genug nichts zu sagen und einfach meinen Anweisungen zu folgen. Mein Kopf wollte ja immer noch in die Klinik fahren (auch wenn mein Bauch längst wusste, dass daraus nichts mehr wird). Also kündigte mein Mann uns im Krankenhaus an und trug Handtücher zum Auto. Während dessen konnte ich lediglich zwischen auf der Toilette sitzen und stehen wechseln, an Anziehen und fertig machen war gar nicht zu denken. Wenige Minuten später kam mein Mann zurück und informierte mich, dass das Auto jetzt startklar wäre.

In diesem Moment kam die nächste Wehe und ich hatte großen Druck ganz weit unten und nach hinten. Ich war total irritiert, denn diese Beschreibung kannte ich aus Geburtsberichten für den Punkt, wenn das Baby gleich geboren wird. Aber das konnte ja nicht sein, fand mein Kopf, ich musste doch ganz am Anfang der Eröffnungsphase sein, hatte schließlich noch keine Stunde Wehen. Aber mein Instinkt hat vehement widersprochen. Also habe ich das erste Mal getastet (hatte ich vorher nie, da ich in der Schwangerschaft sowieso nicht an meinen Muttermund kam) und bin in meiner Scheide prompt auf das Köpfchen meines Sohnes gestoßen. Ganz schön weit unten schon, ich konnte meinen Finger nicht mal mehr ganz einführen. Einerseits war ich ein bisschen schockiert, anderseits fühlte mein Instinkt sich bestätigt und ich war unglaublich erleichtert. Jetzt war klar, wir fahren nirgends mehr hin. Die Kinder kommen hier und jetzt in unserem Badezimmer zur Welt. Ab diesem Zeitpunkt war die Geburt schön und ich habe mich unglaublich gut gefühlt. Kopf und Bauch waren sich jetzt einig. Es durfte so heftig sein, denn es war der Endspurt. Ich würde meine Kinder spontan gebären ohne Intervention. Ich war einfach ganz bei mir, ruhig, konzentriert und voller Vorfreude. Ich sagte meinem Mann was Sache ist. Der war etwas fassungslos und wäre glaube ich gerne geflohen, blieb aber ruhig. Er fragte, ob er einen Krankenwagen anrufen soll – nein, ganz sicher nicht – oder wenigstens meine Hebamme – ebenso wenig (sie macht schon lange keine Geburten mehr und noch nie außerklinisch). Stattdessen habe ich ihn eine Decke für den Boden und Handtücher für die Babys, sowie mein Dopton holen geschickt.

Nachdem der Boden durch die Decke nicht mehr rutschig war, stand ich bei den Wehen frei im Raum. Ich hatte merkwürdigerweise gar kein Bedürfnis mich festzuhalten. Ich fühlte mich ganz leicht und geerdet zugleich. Die Wehen waren weiterhin heftig und kamen teilweise ohne Pause, aber jetzt fühlten sie sich gut und richtig an. Ich habe gefühlt, wie sie mein Baby durch den Geburtskanal schoben, hatte nicht das Bedürfnis aktiv etwas machen zu müssen. Ich hatte einfach eine Hand am Kopf meines Sohnes, stand da, habe meine Urschreie gebrüllt und aufmerksam hingefühlt was mein Körper tat. Als ich merkte, dass das Köpfchen kommen will, bin ich auf die Knie gegangen und da kam mein Sohn schon in einer einzigen Wehe in die Welt geflutscht. 11:27 Uhr – etwa eine Stunde nachdem ich in die Wanne gestiegen war um herauszufinden ob dies ein Geburtsbeginn sein könnte. Er schrie laut und entrüstet noch ehe er ganz draußen war. Ich fühlte mich wie eine Göttin und hieß ihn willkommen. Leider war seine Nabelschnur so kurz, dass wir abnabeln mussten. Ich konnte ihn sonst weder hoch nehmen, noch mich bewegen, geschweige denn um die Geburt seiner kleinen Schwester kümmern. Mein Mann zückte ganz cool meine Schneiderschere (die sonst niemand anfassen darf) und einen IKEA-Tüten-Clip und schritt zur Tat. Und das alles obwohl er normalerweise kein Blut sehen kann.

Er nahm dann unseren Sohn zum Kuscheln an die Brust, während ich mich um das Baby in meinem Bauch kümmerte. Herztöne waren super. Leider war die kleine Wehenpause nach der Geburt unseres Sohnes nicht lang genug um die Lage des Kindes zu tasten geschweige denn zu beeinflussen. Ich hatte also wieder ordentliche Wehen, tastete vaginal und hatte die kleinen Erbsenzehen meiner Tochter in der Hand. Oha, jetzt also Geburt aus Beckenendlage allein zuhause. Nun gut. Ich wechselte während der folgenden Wehen zwischen Hocke und Vierfüssler und bald schon wurden Füße und Körper unserer Tochter geboren. Ab hier ging das Drama los. Problem 1: sie hatte die Arme hochgeschlagen. Problem 2: ich hatte plötzlich keine Wehen mehr. Nachdem es also nicht weiter ging, habe ich nochmals ihre Herztöne gehört – leider schon viel zu langsam. Ohje! Mir war klar, dass es jetzt ums Ganze geht, doch irgendwie hatte ich keine Angst. Ab jetzt wird meine Erinnerung etwas undeutlich. Ich habe versucht vorsichtig ein Ärmchen zu lösen und ich habe versucht ohne Wehen zu pressen. Mein Mann wollte wieder den RTW rufen. Mir war aber klar, dass die Sanitäter keine Ahnung haben würden und alles nur noch schlimmer machen, weil sie versuchen am Kind zu ziehen. Ich weiß nicht was am Ende dazu geführt hat, aber nach einer gefühlten Ewigkeit habe ich es geschafft ohne Wehen auch Kopf und Arme meiner Tochter zu gebären. 11:58 Uhr. Da lag sie vor mir, weiß wie ein Gespenst, stumm wie ein Fisch und absolut regungslos. Ich habe sofort abgesaugt und sie gerubbelt – keine Reaktion. Also habe ich ein paar Male beatmet – keine Reaktion. Jetzt war der Zeitpunkt, wo ich meinem Mann bat doch den Krankenwagen zu rufen. Während er telefonierte, habe ich begonnen unserer Tochter zu beatmen. Rubbeln, beatmen, ansprechen, weiter, immer weiter. Manchmal kam ein klitzekleines Zucken in ihrer Brust, mehr nicht. Erstaunlicherweise hatte ich immer noch keine Angst. Ich war ganz ruhig, war mir absurderweise sicher, dass alles gut würde und habe gearbeitet.

Nach 10 Minuten waren die Sanitäter da und wie erwartet maximal überfordert. Sie wussten nicht, ob sie das Baby absaugen sollten (nein, hatte ich ja schon), sie wussten nicht, ob sie mit oder ohne Sauerstoff beatmen sollten (Sauerstoff verursacht bei Frühchen Augenschäden, wäre beim reifen Neugeborenen aber sinnvoll), ihnen ging alle paar Sekunden die Maske vom Beatmungsbeutel ab, sie haben es ewig nicht geschafft das Monitoring anzulegen und waren offensichtlich etwas ängstlich. Der Notarzt, der kurz darauf kam, war noch schlimmer. Total hilflos und kurz vorm Hyperventilieren. Als sie dann endlich soweit waren die Reanimation von mir zu übernehmen, bin ich nach nebenan ins Schlafzimmern gegangen. Denn die Plazentas waren schon eine Weile geboren, aber ich blutete ziemlich stark und immer weiter.

Ich legte also meinen Sohn das erste Mal an, in der Hoffnung, dass sie die Gebärmutter dann vernünftig zusammen zieht. Trotz der Aufregung stillte er sofort, als hätte er nie etwas anderes getan. Leider blutete ich fröhlich weiter und auch damit wusste der Notarzt nicht umzugehen. Auf meine Frage, ob er denn Oxytocin spritzen könnte, schaute er wie ein Auto. Zwischenzeitlich hörte ich von nebenan endlich, endlich ein klägliches Jammern – unsere Tochter atmete! Bald darauf traf die Kinderärztin ein und übernahm die Versorgung. Von nun an halte ich es mal kurz, weil es ja nicht mehr zur Geburt gehört.

Wir fuhren uns Krankenhaus. Die Kinder bzw unsere Tochter mit meinem Mann auf die Neo, ich in den Kreissaal. Bei mir Vollnarkose und Gebärmutter ausräumen damit die Blutung aufhört (Blutverlust geschätzt auf 1,5l), Versorgung Dammriss 1. Grades. Bei unserer Tochter Aufwärmen, Blutzucker stabilisieren und Überwachung Gehirn und Vitalwerte. Den Nachmittag, Abend und die halbe Nacht verbrachten mein Mann und ich also mit unserem Sohn bei unserer Tochter auf der Neo und machten uns unbeliebt (weil wir nicht gingen, weil ich stillte statt Pre zu füttern, weil wir uns nicht an die Essenszeiten alle 4 Stunden hielten, weil wir Haut zu Haut kuschelten statt sie ins Wärmebett zu legen und weil wir ernsthaft mit dem Kinderarzt besprechen, am nächsten morgen nach Hause zu gehen, da sich abzeichnete, dass alles gut und stabil war). So zogen wir nach Mitternacht für ein paar Stündchen Schlaf auf die Wochenbettstation, ließen morgens noch einmal Blutwerte checken und fuhren dann keine 24 Stunden nach der Geburt wieder nach Hause um endlich in Ruhe zu kuscheln. Mein Mann beseitigte schnell das Schlachtfeld im Bad und meine Mutter brachte unseren großen Sohn vorbei, sodass wir nachmittags gemütlich zu fünft im Familienbett lagen.

Jetzt sind vier Wochen vergangen und es geht uns allen prächtig. Die Zwillinge haben bereits ein Kilo über Geburtsgewicht, halten uns ordentlich auf Trab, unser Großer ist der tollsten große Bruder der Welt und wie wir genießen die Zeit in vollen Zügen. Außerdem bin ich unglaublich stolz auf diese Geburt. Darauf einfach ganz normal gebären zu können und keine Sectio zu brauchen. Darauf alles so gut gemeistert zu haben. Darauf mit meinem Mann ein so gutes Team zu sein. Und ich bin unendlich dankbar dafür diese Geburt und das Happy End. Allerdings ist damit jetzt unsere Familienplanung abgeschlossen. Ich möchte weder nochmal 36 Stunden Geburtsmarathon mit Sectio noch die Reanimation eines meiner Kinder erleben müssen. Wir möchten das Glück nicht nochmal herausfordern. Wir sind dankbar und geben uns mehr als zufrieden mit dem dreifachen Glück, das uns geschenkt wurde.

Ungeplante Alleingeburt – Wenn das Herz über die Angst siegt

Die Mama im folgenden Bericht bekommt ihr zweites Kind. Sie wünscht sich eine Hausgeburt, aber die Hebamme sagt ihr ab, als herauskommt, dass sie B-Streptokokken hat. Eine Besiedlung der Scheide mit diesen Bakterien kann in seltenen Fällen zu einer schweren Infektion des Neugeborenen führen. Heutzutage ist es üblich, in dem Fall prophylaktisch Antibiotika unter der Geburt zu geben. Was also tun? Dann muss es wohl eine Krankenhausgeburt werden. Aber dann passiert die Geburt doch genauso, wie sie es sich erträumt hat.

Nach einer Fehlgeburt im Juni 2018 haben mein Mann und ich wieder versucht schwanger zu werden und im September 2018 hatte es dann auch wieder geklappt. Etwa 10 Tage nach meinem Eisprung wachte ich von einem Mittagsschlaf auf und wusste, dass ich schwanger war, dass es ein Mädchen ist und dass dieses mal alles gut werden würde. Eine gute Woche später hielt ich dann den positiven Schwangerschaftstest in der Hand und war überglücklich. Ich hatte dennoch Angst, dass es dieses Mal wieder schief gehen würde. Ich vertraute trotzdem auf meinen „Traum“ und versuchte keine negativen Gedanken zuzulassen.
Meinen ersten Frauenarzttermin hatte ich in der 9. SSW und war restlos beruhigt, als sie mir sagte, dass alles gut aussehen würde. Sie machte dann noch einen Abstrich, wo unter anderem auch nach Streptokokken B geschaut wurde. Ich freute mich auf die Schwangerschaft. Ich hatte jedoch stark unter der Übelkeit zu kämpfen. Es gab Tage, an denen ich vom Sofa fast nicht hoch kam …
Dieses Mal wollte ich unbedingt eine Hausgeburt, nachdem meine erste Geburt im Krankenhaus nicht die schönste Erfahrung für mich war.
Etwa in der 14. oder 15. SSW, nachdem ich einen Termin mit der Hebamme, die Hausgeburten begleitete, ausgemacht hatte, hatte ich einen Moment, wo ich mir an den Bauch faste und mir war sofort klar, dass dieses Kind zu Hause geboren werden würde.
Als ich dann in der 16. SSW meinen Termin mit der Hebamme hatte und sie mir sagte, sie könnte mich leider nicht bei der Geburt begleiten, da ich Streptokokken B positiv bin, war ich am Boden zerstört und habe einige Tage nur geweint. Ich wollte nicht noch einmal im Krankenhaus entbinden! Also durchforstete ich das Internet und machte mich auf die Suche nach Berichten, Studien, Artikel, etc. von Streptokokken B.
Nach wochenlangem Hin und Her mit meinem Mann, ob wir Antibiotika während der Geburt haben möchten ja oder nein, entschieden wir uns dann doch dafür, weil uns das Risiko einer Neugeborenensepsis zu gross war und ich auf gar keinen Fall mein Kind in Gefahr bringen wollte – auch wenn das Risiko einer Infektion beim Neugeborenen sehr gering ist und die provisorische Antibiotikagabe während der Geburt in verschiedenen Ländern umstritten ist. Darüber zu lesen ist eine Sache, wenn es um das eigene Kind geht, eine ganz andere.
Ich fand mich also mit dem Gedanken ab und fand sogar an einigen Tagen meinen Frieden mit dieser Entscheidung und freute mich auf die Geburt. Ich schrieb einen detaillierten Geburtsplan und ging damit in der 37. SSW zu meinem Aufnahmetermin ins Krankenhaus, wo ich eine sehr liebe Hebamme hatte, die ich schon von meiner ersten Schwangerschaft kannte. Sie war so ermutigend und sagte mir, dass mein Geburtsplan super sei und alles was ich rein geschrieben hätte schön und natürlich sei und eigentlich das Normalste der Welt sein sollte und dass es sehr traurig ist, dass Frauen überhaupt einen Geburtsplan schreiben müssen. Bei mir wurde noch einmal ein Abstrich gemacht, um zu schauen, ob ich nach wie vor Streptokokken B positiv war (was ich leider noch immer war). Als ich aus dem Krankenhaus nach Hause ging, fühlte ich mich gut und bestärkt und hatte eine innere Ruhe dass es dieses mal schön sein wird im Krankenhaus zu entbinden.

Bei 39+3 hatte ich am späten Nachmittag Wehen, die ich schon ordentlich gespürt habe. Sie waren unregelmässig und gingen auch wieder weg. Ich hatte Angst, dass die Geburt vielleicht schon früher los gehen würde, wenn mein Mann noch arbeiten musste. Er musste noch bis Ende der Woche arbeiten und dann hatte er Urlaub.

Bei 39+5 und 39+6 wachte ich morgens durch Wehen auf, die ich auch schon veratmen musste. Die Wehen verschwanden aber nach einer Zeit wieder komplett.
Bei 40+1 musste ich wieder ins Krankenhaus für eine CTG-Kontrolle, da ich ab jetzt über dem errechneten Termin war. Dieses Mal hatte ich eine andere Hebamme, die mir zwar sagte, es sei gut, dass ich bzw. die Frauen sich Gedanken über ihre Geburt machen würden, man sich leider aber nicht immer an die Vorstellungen der Frauen halten könne und ich einige Punkte in meinem Geburtsplan hätte, die sie leider nicht respektieren könnten. Ich war wieder am Boden zerstört. Ich fühlte mich übergangen und nicht respektiert in meinen Wünschen. Als ich nach Hause ging, war ich nur am Weinen und wusste nicht, was ich machen sollte. Ich hatte wieder ein ungutes Gefühl mein Kind im Krankenhaus zu entbinden. Den Abend verbrachte ich wieder damit, mir Erfahrungsberichte durchzulesen von Frauen, die kein Antibiotikum während der Geburt bekamen. Es war mir dennoch klar, dass es für mich keine Alternative zum Krankenhaus geben würde und versuchte mich zu beruhigen. Ich besprach mich noch einmal mit meinem Mann und wir sagten uns: Egal was auch kommt, wir mussten einfach unsere Wünsche so gut es eben ginge verteidigten. Mit dem Wissen, dass mein Mann sich für unsere Wünsche einsetzen würde, wenn ich es nicht konnte, schlief ich beruhigt ein.

Am nächsten Morgen, also bei 40+2, wachte ich wieder mit Wehen auf, die ich auch veratmen musste. Es war ungefähr viertel vor 6 und ich sagte meinem Mann, dass ich Wehen hätte. Ich ging gegen 7 Uhr in die Badewanne, um zu schauen, ob die Wehen wieder verschwinden würden. Sie wurden nicht schlimmer, gingen aber auch nicht weg. Also beschlossen wir erst einmal zu frühstücken und riefen meine Schwester an, damit sie auf unseren Sohn aufpassen kommt, wenn wir ins Krankenhause fahren würden. Mein Mann sagte ihr, sie könne sich noch Zeit lassen. Wir wären noch nicht sicher, ob es doch schon richtig los gehen würde. Wir frühstückten in Ruhe und ich musste immer wieder zwischendurch die Wehen veratmen. Mein Mann holte mir meinen Gymnastikball, weil mir das Sitzen auf einem Stuhl weh tat. Als wir gegen halb 9 fertig mit Frühstücken waren, ging mein Mann mit unserem Sohn nach draußen zu unserer Baustelle. Wir renovierten ein kleines Ferienhäuschen etwa 100 Meter von unserem Wohnhaus. Ich räumte in der Zwischenzeit noch den Tisch ab und merkte, dass ich die Wehen jetzt doch schon vertönen musste (zum Glück waren wir zu Hause, ich glaube nicht dass ich mich das im Krankenhaus getraut hätte) und dachte mir, wenn die Wehen jetzt schon so heftig sind, wie lange werde ich das dann noch aushalten. Ich wusste ja nicht, wie weit ich da schon war 😉
Ich ging mit meinem Gymnastikball in unser Schlafzimmer und legte mich mit dem Oberkörper über den Ball, kniend auf unserem Bett und das tat so so gut. Also verblieb ich in dieser Position und vertönte eine Wehe nach der anderen. Auf einmal spürte ich, wie sich der Kopf nach unten schraubte und ich wusste: Ok, jetzt wird es nicht mehr lange dauern und unsere Tochter wird hier zu Hause geboren! Ich schrieb gegen 9 Uhr meinem Mann, dass er JETZT wieder ins Haus kommen soll. Ich zog meine Hose aus und hatte auf einmal das Gefühl, ich müsste Pipi machen und würde unser Bett vollsauen. Also nutzte ich die Wehenpause und ging schnell ins Badezimmer, um mir ein paar Handtücher zu holen, die ich noch gerade rechtzeitig vor der nächsten Wehe auf unserem Bett ausgebreitet bekam. Mein Mann kam mit unserem Sohn so gegen viertel nach 9 zu mir ins Schlafzimmer und fragte mich, ob er den Krankenwagen rufen solle. Ich sagte nein. Dafür war es eh zu spät und ich wollte auf gar keinen Fall mein Kind gebären und sofort danach ins Krankenhaus transportiert werden.

Unser Sohn tat sich schwer damit, mich so brüllen zu hören und weinte. (Später haben wir viel mit ihm darüber geredet und ihm alles genau erklärt und er hat die Geburt ohne Probleme verarbeitet.)
Dann kamen auch schon die Presswehen und nach zwei oder drei Presswehen war die Fruchtblase sichtbar und nach zwei weiteren Presswehen sagte mein Mann, er müsste jetzt nach hinten, um unsere Tochter aufzufangen. Ich presste noch einmal und unsere Tochter wurde um 9:30 Uhr in die Hände meines Mannes geboren. Er reichte sie mir nach vorne und ich konnte unsere Tochter begrüßen.
Unser Sohn kuschelte sich zu mir, bewunderte seine kleine Schwester und küsste sie vorsichtig auf die Stirn.
Wir kuschelten erst einmal ausgiebig und sie fing schnell an, nach meiner Brust zu suchen. Nach einer Stunde nabelten wir sie ab und mein Mann rief einen Krankenwagen, weil ich leider einen leichten Dammriss hatte.

Die Nachgeburt gebar ich im Krankenhaus, aber auch nur, weil ich mich zu Hause nicht genug getraut habe um noch einmal zu pressen. Hätte ich mich getraut und gewusst, dass ich ruhig noch einmal pressen kann, dann wäre die Plazenta noch zu Hause geboren.
Im Krankenhaus war unsere Geburt etwas ganz besonderes und niemand hat gewusst, wie oder was sie in die Papiere schreiben müssen.
Die liebe Hebamme, die ich das erste Mal im Krankenhaus hatte, kam noch extra zu mir und hat mir gratuliert und mir gesagt, dass ich das super gemacht hätte. Ich hatte zum Glück einen sehr netten Arzt, der mich genäht hat. Nachdem auch unsere Tochter einmal untersucht wurde, sind wir wieder nach Hause gefahren und wir hatten einen wundervolles Wochenbett, wo wir alle genug Zeit hatten uns kennen zu lernen. Auch für meine Nachsorgehebamme war unsere Geschichte etwas besonderes. Unser Sohn ist überglücklich und sehr fürsorglich mit seiner Schwester. Beide verbindet für immer eine ganz besondere Geschichte.

Unsere Tochter hat keine Neugeborenensepsis durch die Streptokokken entwickelt und das Stillen lief von Anfang an problemlos.
Ich bin sehr glücklich, dass es so gelaufen ist und ich bin mir sicher, dass mein Körper im Unterbewusstsein die Geburt so schnell gesteuert hat.
Es wird einem ja immer Angst gemacht vor den Wehen, aber ich kann für mich nur sagen, dass ich die Wehen nicht als schmerzhaft empfunden habe. Sie waren intensiv und der Körper leistet so einiges, aber richtig schmerzhaft habe ich sie nicht empfunden. Das einzige, was ich als schmerzhaft in Erinnerung habe, ist der Moment, an dem ich gerissen bin. Ich denke, dass ich diese Geburt auch so schmerzarm und schnell empfunden habe, weil mein Körper, dadurch dass ich in meiner vertrauten Umgebung war, entspannt war und die Hormone ungestört ihre Arbeit machen konnten. Ich bin nämlich eine Person, die sich nicht so einfach vor anderen fallen lassen kann und ich mache mir immer Gedanken, was andere vielleicht über mich denken könnten. Ich bin mir deshalb sicher, dass die Geburt einen anderen Verlauf genommen hätte, wenn ich ins Krankenhaus gegangen wäre.

Dein Buch war während der ganzen Schwangerschaft meine Bibel und dank dir und deinem Buch hatte ich zu keinem Moment Angst während der Geburt. Ich habe meinem Körper vertraut und nur das gemacht was mir gut getan hat. Vielen Dank dafür!!