Die Mama im folgenden Bericht bekommt ihr zweites Kind. Sie wünscht sich eine Hausgeburt, aber die Hebamme sagt ihr ab, als herauskommt, dass sie B-Streptokokken hat. Eine Besiedlung der Scheide mit diesen Bakterien kann in seltenen Fällen zu einer schweren Infektion des Neugeborenen führen. Heutzutage ist es üblich, in dem Fall prophylaktisch Antibiotika unter der Geburt zu geben. Was also tun? Dann muss es wohl eine Krankenhausgeburt werden. Aber dann passiert die Geburt doch genauso, wie sie es sich erträumt hat.
Nach einer Fehlgeburt im Juni 2018 haben mein Mann und ich wieder versucht schwanger zu werden und im September 2018 hatte es dann auch wieder geklappt. Etwa 10 Tage nach meinem Eisprung wachte ich von einem Mittagsschlaf auf und wusste, dass ich schwanger war, dass es ein Mädchen ist und dass dieses mal alles gut werden würde. Eine gute Woche später hielt ich dann den positiven Schwangerschaftstest in der Hand und war überglücklich. Ich hatte dennoch Angst, dass es dieses Mal wieder schief gehen würde. Ich vertraute trotzdem auf meinen „Traum“ und versuchte keine negativen Gedanken zuzulassen.
Meinen ersten Frauenarzttermin hatte ich in der 9. SSW und war restlos beruhigt, als sie mir sagte, dass alles gut aussehen würde. Sie machte dann noch einen Abstrich, wo unter anderem auch nach Streptokokken B geschaut wurde. Ich freute mich auf die Schwangerschaft. Ich hatte jedoch stark unter der Übelkeit zu kämpfen. Es gab Tage, an denen ich vom Sofa fast nicht hoch kam …
Dieses Mal wollte ich unbedingt eine Hausgeburt, nachdem meine erste Geburt im Krankenhaus nicht die schönste Erfahrung für mich war.
Etwa in der 14. oder 15. SSW, nachdem ich einen Termin mit der Hebamme, die Hausgeburten begleitete, ausgemacht hatte, hatte ich einen Moment, wo ich mir an den Bauch faste und mir war sofort klar, dass dieses Kind zu Hause geboren werden würde.
Als ich dann in der 16. SSW meinen Termin mit der Hebamme hatte und sie mir sagte, sie könnte mich leider nicht bei der Geburt begleiten, da ich Streptokokken B positiv bin, war ich am Boden zerstört und habe einige Tage nur geweint. Ich wollte nicht noch einmal im Krankenhaus entbinden! Also durchforstete ich das Internet und machte mich auf die Suche nach Berichten, Studien, Artikel, etc. von Streptokokken B.
Nach wochenlangem Hin und Her mit meinem Mann, ob wir Antibiotika während der Geburt haben möchten ja oder nein, entschieden wir uns dann doch dafür, weil uns das Risiko einer Neugeborenensepsis zu gross war und ich auf gar keinen Fall mein Kind in Gefahr bringen wollte – auch wenn das Risiko einer Infektion beim Neugeborenen sehr gering ist und die provisorische Antibiotikagabe während der Geburt in verschiedenen Ländern umstritten ist. Darüber zu lesen ist eine Sache, wenn es um das eigene Kind geht, eine ganz andere.
Ich fand mich also mit dem Gedanken ab und fand sogar an einigen Tagen meinen Frieden mit dieser Entscheidung und freute mich auf die Geburt. Ich schrieb einen detaillierten Geburtsplan und ging damit in der 37. SSW zu meinem Aufnahmetermin ins Krankenhaus, wo ich eine sehr liebe Hebamme hatte, die ich schon von meiner ersten Schwangerschaft kannte. Sie war so ermutigend und sagte mir, dass mein Geburtsplan super sei und alles was ich rein geschrieben hätte schön und natürlich sei und eigentlich das Normalste der Welt sein sollte und dass es sehr traurig ist, dass Frauen überhaupt einen Geburtsplan schreiben müssen. Bei mir wurde noch einmal ein Abstrich gemacht, um zu schauen, ob ich nach wie vor Streptokokken B positiv war (was ich leider noch immer war). Als ich aus dem Krankenhaus nach Hause ging, fühlte ich mich gut und bestärkt und hatte eine innere Ruhe dass es dieses mal schön sein wird im Krankenhaus zu entbinden.
Bei 39+3 hatte ich am späten Nachmittag Wehen, die ich schon ordentlich gespürt habe. Sie waren unregelmässig und gingen auch wieder weg. Ich hatte Angst, dass die Geburt vielleicht schon früher los gehen würde, wenn mein Mann noch arbeiten musste. Er musste noch bis Ende der Woche arbeiten und dann hatte er Urlaub.
Bei 39+5 und 39+6 wachte ich morgens durch Wehen auf, die ich auch schon veratmen musste. Die Wehen verschwanden aber nach einer Zeit wieder komplett.
Bei 40+1 musste ich wieder ins Krankenhaus für eine CTG-Kontrolle, da ich ab jetzt über dem errechneten Termin war. Dieses Mal hatte ich eine andere Hebamme, die mir zwar sagte, es sei gut, dass ich bzw. die Frauen sich Gedanken über ihre Geburt machen würden, man sich leider aber nicht immer an die Vorstellungen der Frauen halten könne und ich einige Punkte in meinem Geburtsplan hätte, die sie leider nicht respektieren könnten. Ich war wieder am Boden zerstört. Ich fühlte mich übergangen und nicht respektiert in meinen Wünschen. Als ich nach Hause ging, war ich nur am Weinen und wusste nicht, was ich machen sollte. Ich hatte wieder ein ungutes Gefühl mein Kind im Krankenhaus zu entbinden. Den Abend verbrachte ich wieder damit, mir Erfahrungsberichte durchzulesen von Frauen, die kein Antibiotikum während der Geburt bekamen. Es war mir dennoch klar, dass es für mich keine Alternative zum Krankenhaus geben würde und versuchte mich zu beruhigen. Ich besprach mich noch einmal mit meinem Mann und wir sagten uns: Egal was auch kommt, wir mussten einfach unsere Wünsche so gut es eben ginge verteidigten. Mit dem Wissen, dass mein Mann sich für unsere Wünsche einsetzen würde, wenn ich es nicht konnte, schlief ich beruhigt ein.
Am nächsten Morgen, also bei 40+2, wachte ich wieder mit Wehen auf, die ich auch veratmen musste. Es war ungefähr viertel vor 6 und ich sagte meinem Mann, dass ich Wehen hätte. Ich ging gegen 7 Uhr in die Badewanne, um zu schauen, ob die Wehen wieder verschwinden würden. Sie wurden nicht schlimmer, gingen aber auch nicht weg. Also beschlossen wir erst einmal zu frühstücken und riefen meine Schwester an, damit sie auf unseren Sohn aufpassen kommt, wenn wir ins Krankenhause fahren würden. Mein Mann sagte ihr, sie könne sich noch Zeit lassen. Wir wären noch nicht sicher, ob es doch schon richtig los gehen würde. Wir frühstückten in Ruhe und ich musste immer wieder zwischendurch die Wehen veratmen. Mein Mann holte mir meinen Gymnastikball, weil mir das Sitzen auf einem Stuhl weh tat. Als wir gegen halb 9 fertig mit Frühstücken waren, ging mein Mann mit unserem Sohn nach draußen zu unserer Baustelle. Wir renovierten ein kleines Ferienhäuschen etwa 100 Meter von unserem Wohnhaus. Ich räumte in der Zwischenzeit noch den Tisch ab und merkte, dass ich die Wehen jetzt doch schon vertönen musste (zum Glück waren wir zu Hause, ich glaube nicht dass ich mich das im Krankenhaus getraut hätte) und dachte mir, wenn die Wehen jetzt schon so heftig sind, wie lange werde ich das dann noch aushalten. Ich wusste ja nicht, wie weit ich da schon war 😉
Ich ging mit meinem Gymnastikball in unser Schlafzimmer und legte mich mit dem Oberkörper über den Ball, kniend auf unserem Bett und das tat so so gut. Also verblieb ich in dieser Position und vertönte eine Wehe nach der anderen. Auf einmal spürte ich, wie sich der Kopf nach unten schraubte und ich wusste: Ok, jetzt wird es nicht mehr lange dauern und unsere Tochter wird hier zu Hause geboren! Ich schrieb gegen 9 Uhr meinem Mann, dass er JETZT wieder ins Haus kommen soll. Ich zog meine Hose aus und hatte auf einmal das Gefühl, ich müsste Pipi machen und würde unser Bett vollsauen. Also nutzte ich die Wehenpause und ging schnell ins Badezimmer, um mir ein paar Handtücher zu holen, die ich noch gerade rechtzeitig vor der nächsten Wehe auf unserem Bett ausgebreitet bekam. Mein Mann kam mit unserem Sohn so gegen viertel nach 9 zu mir ins Schlafzimmer und fragte mich, ob er den Krankenwagen rufen solle. Ich sagte nein. Dafür war es eh zu spät und ich wollte auf gar keinen Fall mein Kind gebären und sofort danach ins Krankenhaus transportiert werden.
Unser Sohn tat sich schwer damit, mich so brüllen zu hören und weinte. (Später haben wir viel mit ihm darüber geredet und ihm alles genau erklärt und er hat die Geburt ohne Probleme verarbeitet.)
Dann kamen auch schon die Presswehen und nach zwei oder drei Presswehen war die Fruchtblase sichtbar und nach zwei weiteren Presswehen sagte mein Mann, er müsste jetzt nach hinten, um unsere Tochter aufzufangen. Ich presste noch einmal und unsere Tochter wurde um 9:30 Uhr in die Hände meines Mannes geboren. Er reichte sie mir nach vorne und ich konnte unsere Tochter begrüßen.
Unser Sohn kuschelte sich zu mir, bewunderte seine kleine Schwester und küsste sie vorsichtig auf die Stirn.
Wir kuschelten erst einmal ausgiebig und sie fing schnell an, nach meiner Brust zu suchen. Nach einer Stunde nabelten wir sie ab und mein Mann rief einen Krankenwagen, weil ich leider einen leichten Dammriss hatte.
Die Nachgeburt gebar ich im Krankenhaus, aber auch nur, weil ich mich zu Hause nicht genug getraut habe um noch einmal zu pressen. Hätte ich mich getraut und gewusst, dass ich ruhig noch einmal pressen kann, dann wäre die Plazenta noch zu Hause geboren.
Im Krankenhaus war unsere Geburt etwas ganz besonderes und niemand hat gewusst, wie oder was sie in die Papiere schreiben müssen.
Die liebe Hebamme, die ich das erste Mal im Krankenhaus hatte, kam noch extra zu mir und hat mir gratuliert und mir gesagt, dass ich das super gemacht hätte. Ich hatte zum Glück einen sehr netten Arzt, der mich genäht hat. Nachdem auch unsere Tochter einmal untersucht wurde, sind wir wieder nach Hause gefahren und wir hatten einen wundervolles Wochenbett, wo wir alle genug Zeit hatten uns kennen zu lernen. Auch für meine Nachsorgehebamme war unsere Geschichte etwas besonderes. Unser Sohn ist überglücklich und sehr fürsorglich mit seiner Schwester. Beide verbindet für immer eine ganz besondere Geschichte.
Unsere Tochter hat keine Neugeborenensepsis durch die Streptokokken entwickelt und das Stillen lief von Anfang an problemlos.
Ich bin sehr glücklich, dass es so gelaufen ist und ich bin mir sicher, dass mein Körper im Unterbewusstsein die Geburt so schnell gesteuert hat.
Es wird einem ja immer Angst gemacht vor den Wehen, aber ich kann für mich nur sagen, dass ich die Wehen nicht als schmerzhaft empfunden habe. Sie waren intensiv und der Körper leistet so einiges, aber richtig schmerzhaft habe ich sie nicht empfunden. Das einzige, was ich als schmerzhaft in Erinnerung habe, ist der Moment, an dem ich gerissen bin. Ich denke, dass ich diese Geburt auch so schmerzarm und schnell empfunden habe, weil mein Körper, dadurch dass ich in meiner vertrauten Umgebung war, entspannt war und die Hormone ungestört ihre Arbeit machen konnten. Ich bin nämlich eine Person, die sich nicht so einfach vor anderen fallen lassen kann und ich mache mir immer Gedanken, was andere vielleicht über mich denken könnten. Ich bin mir deshalb sicher, dass die Geburt einen anderen Verlauf genommen hätte, wenn ich ins Krankenhaus gegangen wäre.
Dein Buch war während der ganzen Schwangerschaft meine Bibel und dank dir und deinem Buch hatte ich zu keinem Moment Angst während der Geburt. Ich habe meinem Körper vertraut und nur das gemacht was mir gut getan hat. Vielen Dank dafür!!