Rosa – Alleingeburt mit 4-Kilo-Baby

Die Mama im folgenden Bericht bekommt ihr drittes Kind. Zum ersten Mal entscheidet sie sich für eine Geburt in Eigenregie. Ihr Mann hält minutiös fest, was wann während der Geburt passiert.

Beim Dritten endlich konsequent eigenverantwortlich und interventionsfrei

Gut eine Woche vor dem Termin hatte ich immer wieder Vorwehen, dazu ging auch ein wenig rötlicher Schleim ab. Nachdem ich am Samstag (39+0) die Kinder beim Einschlafen begleitet hab, bin ich rüber ins andere Bett und wollte es mir grade mit dem E-book-Reader bequem machen, da hat sich das Baby im Bauch bewegt und plötzlich wurde es ziemlich nass. Bis ich im Bad war, war die Hose komplett nass und es rann und tropfte immer weiter. Ich wollte aus dem Kinderzimmer eine Einlage holen und hab auf halbem Weg wieder umgedreht, weil ich den ganzen Holzboden nass gemacht hätte. Es war eindeutig ein Blasensprung. Um 21:43 Uhr. Mein Mann hat übrigens fleißig und von mir unbemerkt Protokoll mitgetippt, was jetzt sehr interessant ist im Nachhinein! Ich war ganz überrascht von diesem Beginn, bei meinem Ersten wurde die Blase aufgemacht von der Hebamme. Zu dem Zeitpunkt waren noch gar keine Wehen da. Mit einer dicken Einlage in der U-Hose bin ich runter ins Wohnzimmer, um das meinem Mann mitzuteilen. Danach (22:10) hab ich ein Mini-Klistier angewendet. Irgendwie hatte ich im Kopf, dass das auch wehenanregend wirkt. Es hat auch die erwünschte Wirkung gezeigt in jeder Hinsicht. Mit dem Stuhldrang sind dann gleichzeitig Wellen gekommen. Es kam dann später bei der Geburt in der Wanne auch kein Stuhl mit, aber ich würde es trotzdem nicht nochmal machen, wenn ich gewusst hätte, wie schnell und stark sich die Wellen entwickeln. Das war gleich ein etwas krampfiger Wellenbeginn da auf dem Klo. Ich musste mich zwischen den Beinen auf dem Kloring mit den Händen abstützen. Die darauffolgende warme Dusche konnte ich dann noch genießen, wobei ich da schon immer wieder innehalten musste für eine Welle. Ich hab nochmal schön meinen Kugelbauch eingecremt und mir einen schönen Rock zum Anziehen gesucht. Während der Wellen musste ich mich am Waschbecken oder sonstwo abstützen, Wellenabstand 5 Minuten. Die nächsten 45 Minuten habe ich damit verbracht, mir mein kleines Büro einzurichten, mit Heizlüfter, Kerze, Duftlampe, Tragetuch überm Türrahmen, Unterlage auf dem Boden usw.. Wenn sich eine Kontraktion anbahnte, musste ich mir schleunigst einen Platz zum Aufstützen suchen, um durch die Welle zu kommen. Das war schon wie ein heftig krampfiger Menstruationsschmerz. Um 23:47 hab ich wohl das erste Mal die Tür zum Büro zugemacht und spätestens ab dann das Lied „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“ gesungen. Vorher hatte ich meinen Mann gebeten, mir den Liedtext auszudrucken und hatte so alle 5 Strophen vor mir. Laut Protokoll und auch in meiner Erinnerung hab ich dieses Lied min. 1h10min. bei jeder Welle gesungen. Vor der 2. Geburt hatte ich das Lied schon im Kopf, weil es so gut zur Öffnung des Muttermundes passt und dieses Mal hatte ich auch gleich das Bedürfnis zu Singen. Je nach Wehenstärke wurde es auch ziemlich laut und ich hab mir währenddessen gedacht, dass ich das nicht machen würde, wenn eine Hebamme oder sonst noch jemand da wäre. Ich weiß nur nicht, ob es so gut war, den Text abzulesen, ob das nicht den Neocortex zu sehr aktiviert. Dann hab ich wohl nach einer Wärmflasche verlangt und bin immer wieder aufs Klo. Ich weiß auch noch, wie ich nach einer Möglichkeit gesucht hab, mich zwischen den Wellen zu entspannen. Während einer Anspannung musste ich unbedingt abgestützt stehen und dazwischen war ich so erschöpft, dass ich irgendwie möglichst entspannt sitzen wollte. Liegen ging nicht, weil da wär das runter- und hochkommen zu anstrengend gewesen. Ich hab die Sache dann mit einem Pezziball gelöst und mich mit den Armen und dem Kopf ganz auf meinem Schreibtisch abgestützt. Übrigens hab ich von Anfang an während der Wellen mit dem Becken gekreist, diese Bewegung nach links im Kreis war eindeutig gut. Aber insgesamt empfand ich diese Eröffnungswehen schon als ziemlich schmerzhaft. Eine Viertelstunde später bin ich wohl wieder aufs Klo, dann wollte ich wohl einen Lavasandsack, kann mich aber nicht mehr dran erinnern, den benutzt zu haben. Und ab da musste die Tür offen bleiben, sonst wär es mir zu stickig gewesen. Um 0:36 auch noch die Haustür auf, für die frische Luft. Ab 00:45 musste ich laut Singen während den Wellen, ab 00:58 dann mit Stöhnen, der Abstand war da wohl nur eine Minute jeweils, und um 1:06 die erste Welle auf Aaah, also das war zwei Stunden vor der Geburt. Kurz darauf kam nochmal ein Schwall Fruchtwasser, woraufhin ich Handtücher, Klopapier, trockene Socken und eine zusätzliche Unterlage brauchte. Das Tönen wurde immer lauter und ich hatte das Gefühl, ich müsste nochmal bieseln, es war aber unvorstellbar, zum Klo zu kommen. Also bat ich meinen Mann, mir die Sitzbadewanne zu bringen. Ich hab mich da auch drübergehockt, aber es kam dann doch nur wieder eine Welle. Da hatte ich eh dazu über gewechselt, auf den Knien zu knien und mich mit den Armen auf dem Ball abzustützen. Um 1:27 laute und lang anhaltende Töne. Mein Mann hat eine Tonaufnahme gemacht und wenn ich mir die jetzt anhöre, kommt mir schon wieder diese Anstrengung in Sinn. Der Wellenabstand wurde immer kürzer, und ich immer lauter, 1:37, konstanter 3-Minuten-Abstand, dann zwei Minuten, dann eine Minute. Um 1:48 sagte ich wohl das erste Mal, dass ich in die Badewanne will. Die Vorstellung, vor allem mein Becken in warmes Wasser zu tauchen, war in dem Moment verheißungsvoll. Ich hatte irgendwie den Gedanken, dass ich die letzte Geburt einfacher fand und kam deshalb auch auf das Wasser zurück. Das ging noch ein paar Mal hin und her, dass ich in die Wanne wollte und dann wieder doch nicht. Ich wusste gar nicht, wie ich da nach oben kommen sollte und mir fiel auch noch ein, dass die Kinder ja dann aufwachen könnten. Also ging es unten weiter mit stärkeren und schwächeren Wellen, mit Abständen von 1-2 Minuten. 50 Minuten vor der Geburt kam eine lange Welle mit Pressdruck das erste Mal, dem konnte ich auch nicht widerstehen. Es war wieder so wie beim letzten Mal, dass die Wellen mit Pressen angenehmer waren als die Eröffnungswehen. Dabei hatte ich einfach einen Schmerz. Dieses Gefühl wie sehr starke Menstruationsschmerzen. Ich musste mir ganz am Anfang das auch sagen, dass es später vielleicht leichter wird, weil ich das schon schrecklich fand. Nachdem der Pressdruck eingesetzt hatte, kam auch wieder das Verlangen nach der Badewanne auf. Ich hatte da das Gefühl, dass ich zwar voll stark am Pressen war, aber dass sich gar nichts bewegte und es nur alles runterdrückt. In dem Moment musste ich an meinen Beckenboden denken. Dann hab ich doch mal reingefühlt in der Hoffnung, das Köpfchen zu spüren, aber da war nur weiches Gewebe. Das war frustrierend. Da waren auch ein paar Wellen mit größerem Abstand. Inzwischen, ungefähr ab dem Pressdrang, hab ich mich nicht mehr auf den Pezziball, sondern auf den Boden gestützt. Es tat gut, in den Boden zu drücken. Ich glaub, meine Knie sind jeweils fast abgehoben, irgendwie um über die Hände Druck abzuleiten in den Boden. Das tat gut. Da gab es irgendwann kurz eine etwas „längere“ Pause, kams mir vor, sonst waren es so zwei-Minuten-Abstände. Da hab ich angefangen, mir die Affirmation „Jede Welle bringt mich näher zu meinem Baby“ laut vorzusagen. Das hätte ich wahrscheinlich auch nicht gemacht, wenn ich nicht alleine gewesen wäre. Ich bin da drauf gekommen, weil ich so das Gefühl hatte, das nichts vorwärts geht und dann kam auch das Gefühl, dass ich jetzt irgendwas ändern muss. Schließlich dachte ich, ich muss jetzt hoch in die Badewanne, irgendwie werde ich schon hoch kommen und egal, wenn die Kinder aufwachen, das muss jetzt sein. 3 1/4 Stunden hab ich also da in dem kleinen Raum verbracht. Die Alleingeburt hab ich ja jetzt hingekriegt, aber an der schmerzfreien Geburt müsste ich noch arbeiten. Zwischendurch hab ich wieder gedacht, dass es furchtbar ist und gedacht, dass das auf jeden Fall meine allerletzte Geburt ist, weil ich sowas nicht nochmal mitmache. Es kamen Gedanken wie, was „Frauen nur mitmachen müssen, kein Wunder, dass die Theorie der Erbsünde aufkam“ und mir taten all die Frauen so schrecklich leid, denen im Krankenhaus noch irgendwas Zusätzliches zugemutet wird, wie auf ein CTG Rücksicht zu nehmen oder Untersuchungen während der Wehen oder dergleichen. Da hab ich auch dran gedacht, dass wenn die Hebamme jetzt da wäre, dass ich sie voll zujammern würde. Das sind Gedankengänge, an die ich mich erinnere, auch wenn das dazugehörige Gefühl schon wieder fast vergessen ist. Aber auch die ersten Tage war ich noch wie „sprachlos“ über die Heftigkeit von Geburt. Auch als ich dann mein Büro wieder betrat, überkamen mich ganz gemischte Gefühle. Wie gesagt, das Pressen selber war fast angenehm. Teilweise waren auch lustvolle Gefühle im Becken dabei, auf dem Höhepunkt einer Welle mit Pressdrang, abwechselnd mit mehr schmerzhaften. Also teilte ich meinem Mann den Entschluss mit, doch hoch ins Bad zu wollen. Um 3:00 sind wir wohl los. Im Flur kam noch eine Welle, bei der ich mich kräftig auf ihn stützte. Auf der Treppe sagte ich immer wieder vor mich hin „ganz langsam“. Dann oben am Waschbecken wieder eine, dazwischen ausziehen. Das hat eher mein Mann gemacht als ich. Dann nochmal eine, bis ich in die Wanne steigen konnte. Sobald ich da im warmen Wasser war, kam mit der oder den nächsten Welle(n) der Kopf raus. Um 3:05 steht im Protokoll. Ich erinnere mich, dass er erst fast draußen war und erst mit der nächsten Welle dann ganz richtig bis zum Hals. Da hab ich im Wasser das haarige Köpfchen in meiner Hand gehabt. Dieses Gefühl werde ich nicht mehr vergessen und später im Wochenbett hat’s mich immer wieder daran erinnert, wenn ich mit meiner Hand über ihren Kopf strich. Die ganze Rosalia war dann um 3:09 da, also vier Minuten nach dem Kopf. Denn dann kam erstmal eine Welle, bei der sich nichts Offensichtliches tat. Daraufhin bin ich aufgestanden und habe diese eine Bewegung mit den Beinen gemacht, die ich bei „dancing for birth“ gelernt hab. Die Knie im Stehen seitlich ganz hoch gezogen. Ich glaube, dann hat es noch zwei Wellen gedauert, das hat mich schon an die letzte Geburt denken lassen. Da hatte die Hebamme aus Angst vor einer Schulterdystokie sofort manuell nachgeholfen und meinem Kind dabei das Schlüsselbein gebrochen. Ich dachte: „Komm schon!“ Hab glaub auch sowas gesagt. Ich hab das dann innerlich richtig „schnackeln“ gespürt, als sich die Schultern gedreht haben. Ich war da glaub aufgestützt mit den Händen auf dem Badewannenrand, auf den Füßen stehend, und hab mich glaub mehrmals bei meinem Mann versichert, dass er es auffängt. Also die Position war schon so in etwa wie beim von Michel Oden beschriebenen „Fötusausscheidereflex“. Ich glaub, meine Beine haben sich auch auf die beschriebene Art angespannt. Ja und dann war sie da. Mein erster Gedanke war: „Es atmet.“ Sie hat auch gleich einen Schrei gemacht. Sie hat aber ziemlich geröchelt. Ich wusste zwar, dass das normal sein kann, hab das aber trotzdem beobachtet und überlegt, ob sie wohl noch in der Nase zuviel Schleim hat oder so. Ich hab sie erstmal vor mich gehalten, damit wir sie anschauen können. Erst dann hab ich irgendwann zwischen ihre Beine geschaut. Ein Mädchen! Ok, da hab ich wohl falsch gelegen mit meiner Schätzung, und mein Mann und meine Tochter hatten Recht. Dann hab ich noch ein zweites Mal nachgeschaut, um sicher zu gehen. Hatte ich bei meiner letzten Tochter auch so gemacht. Zwei Minuten nachdem sie da war, sind dann auch die Großen in der Tür gestanden und unsere 3jährige meinte „Ach, hier kommt das Geräusch her“. Rosa hat sich da im Wasser gleich voll entspannt und gebannt auf die Kerze geschaut, die neben der Wanne stand. Da war ich etwas neidisch, dass sie nicht uns angeguckt hat, aber da hat sie wohl das „Licht der Welt erblickt“. Als ich das Gefühl hatte, Rosa könnte es kalt werden, sind wir raus und ich hab mich mit ihr auf den Boden im Bad gehockt. Ihre großen Geschwister sind dann runter, den Adventskalender aufmachen. Cirka ne halbe Stunde nach der Geburt hatte ich eine starke Nachwehe und damit kam, ganz unverhofft, die Plazenta mit raus. Es war etwas eine Überwindung, da nochmal was raus zu lassen, aber ich konnte mich fast nicht dagegen wehren. Dann, 40 Minuten später, hat Rosa meine Brust gefunden und angefangen zu saugen. Ich kann mich gar nicht mehr so recht erinnern, was sie eigentlich vorher gemacht hat, ob sie wach war oder so. Um 4:00 sind die Kinder runter gestürmt zu Oma und Opa ins Schlafzimmer. Kurz darauf standen sie in der Tür, um sich selbst davon zu überzeugen, dass das Baby jetzt da ist. Irgendwann haben wir dann auch die Nabelschnur durchgetrennt. Erst versuchten wir sie mit Kerzen durchzubrennen, aber das hat nicht so richtig funktioniert. Das war auch etwas stressig mit den Kindern und den Kerzen und überhaupt, aufzupassen, dass niemand über die Nabelschnur stolpert oder in die Placenta tritt. Deshalb wurde sie dann herkömmlich durchgeschnitten. Von dem Mutterkuchen hat mir mein Mann dann noch ein Stück zum gleich Runterschlucken abgeschnitten – Das mir erst zu groß war, aber nachdem er es nochmal verkleinert hat, hab ichs runterbekommen. Es war etwas schwabbelig, das Stückchen. Cirka um 5 Uhr haben wir uns alle nochmal ins Bett gelegt um zu schlafen. Das hat einigermaßen funktioniert, einer von den Großen konnte ewig nicht einschlafen. Rosa hat die ganze Zeit noch geröchelt aber selig geschlafen. Ich weiß gar nicht mehr, ob ich auch eingenickt bin. Um cirka 10:00 kam dann unsere Hebamme. Sie macht Hausgeburten und wir haben sie für die Vor- und Nachsorge engagiert und ihr von Anfang an unsere Pläne für die Alleingeburt mitgeteilt. Sie hat wunderbar unsere Eigenverantwortung unterstützt. Das war schon sehr wertvoll, noch jemanden im Hintergrund zu haben. Ich hatte einen kleinen Dammriss, der ihrer Einschätzung nach nicht genäht werden musste. Unser Kind war 55 cm groß und 4050g schwer. Rosa war immer noch bläulich im Gesicht und hatte blutunterlaufene Skleren. Die Wehen waren also wohl auch für sie ziemlich heftig gewesen. Im Nachhinein sind die Geburtsstrapazen tatsächlich schon wieder vergessen und ich habe sehr positive Gefühle bezüglich der Geburt. Den ersten Tag mit unserem Baby Rosa verbrachten wir im Bett, die zweite Kerze an dem Adventskranz mit den getrockneten Röschen drauf wurde dann erst eine Woche später angezündet…