Hausgeburt nach Kaiserschnitt

Liebe Leser,

ein Kaiserschnitt ist im wahrsten Sinne des Wortes ein einschneidendes Ereignis im Leben einer Frau. Wenig kann das Vertrauen in die eigenen Gebärkräfte so stark erschüttern. Bei einer weiteren Geburt nagen unterschwellig oder deutlich wahrnehmbar die Zweifel: Werde ich auf normalem Wege gebären können?

Der Frau, die euch folgende Geschichte erzählt, hat es erlebt. Sie verlor durch den unerwünschten Kaiserschnitt auch das Vertrauen in die Geburtshelfer – und plante für das nächste Kind eine Alleingeburt. Doch dann verlief die Geburt anders als geplant. Wie gut, dass sie da doch nicht allein war! 

An dieser Stelle ein Hoch auf alle guten Hebammen, Mütter,  Partner, Schwestern und Freundinnen, die als Unterstützung für die werdende Mutter eine so wichtige Rolle spielen. Ich wünsche jedem so eine Person an die Seite – genau dann, wenn er sie braucht.

Ich will euch an dieser Stelle Mut machen: Es geht nicht darum, auf Gedeih und Verderb allein zu gebären. Andere zu brauchen ist kein Makel und seine Pläne zu ändern auch nicht. Damit die Geburt gut wird, ist es viel wichtiger, sich geborgen und getragen zu wissen. 


In meiner ersten Schwangerschaft wusste ich schon ziemlich schnell, dass ich gerne zu Hause gebären wollte. Wie das dann aber so ist … Ich ging zu den ärztlichen Vorsorgen. Ich war wegen Wehentätigkeit auch mal ein paar Tage stationär im Krankenhaus. Das war am Anfang des zweiten Drittels der Schwangerschaft. Mein Mann und ich entschieden uns für eine Geburt im Geburtshaus – eine gemeinsame Entscheidung.

Auch  noch 10 Tage vor der Geburt versuchte meine innere Stimme das Ruder herumzureißen. Aber mein Verstand blieb hart und traf die Entscheidung mit dem Kopf.

Als es dann los ging fuhren wir ins Geburtshaus. Eigentlich fühlte ich mich nicht wirklich wohl.

In der Badewanne konnte ich entspannen und es hätte dann auch einfach so weitergehen können … Dann sollte ich aber raus. Zu schwache Wehen, Sternengucker, Geburtsstillstand. Beide Hebammen redeten auf mich ein, besser in die Klinik zu fahren: PDA, Entspannung, vielleicht könnte es noch klappen.

In der Klinik: bin ich auf dem Gebär“tisch“ im Vierfüßler abgestellt worden. Keiner kümmerte sich mehr um die Geburt, oder meinen Durst. Es wurde ab und an noch geschaut, ob es weitergegangen ist. Irgendwann stellten sie mir ein Ultimatum: Bis 4:20 Uhr warten wir noch, sonst Kaiserschnitt.

Natürlich ging nichts weiter und unter Tränen und hilflos und genötigt das Beste für mein Baby tun zu müssen unterschrieb ich.

OP mit PDA, kein Bonding im OP. Keine Unterstützung beim Stillen, weil Wochenende. Nach vielem Hin und Her bekamen mein Mann und ich noch ein Familienzimmer. Endlich allein!

Das Stillen hat mit Hilfe meiner Nachsorgehebamme (nicht aus dem Geburtshaus) geklappt. Ich habe meinen Sohn gestillt bis er fast 2 war.  Das hat uns geheilt!

Dann war ich wieder schwanger!

Mir war klar, dass ich das Baby auf jeden Fall zu Hause bekommen wollte. Ich habe viel gelesen. Unter anderem das hilfreiche Buch „Alleingeburt“ von Sarah Schmid. Ich habe die letzte Geburtserfahrung mit körperorientierten Methoden aufgearbeitet. Ich habe mir eine Hausgeburtshebamme gesucht. Ich bin nur zu einer ärztlichen Vorsorge gegangen.

Das Vertrauen in die Geburtshelfer war dennoch sehr erschüttert, sodass ich vorbereitet sein wollte, wenn ich diesmal nur meiner eigenen, inneren, kraftvollen Stimme folgen würde.

Die Wehen gingen los nach einer durchwachten Nacht, weil mein Sohn krank war und ich dachte nur: Bitte heute nicht! Ich bin total müde und auch halb krank. Nach 24 Stunden Wehen war ich dann so erschöpft und deprimiert, dass ich die Hoffnung schon (fast) aufgegeben hatte zu Hause zu gebären. Ich rief meine Freundin (die mich in die Klinik begleiten sollte) und meine Hausgeburtshebamme an.

Ich war mir sicher, dass sie feststellen würde, dass ich in die Klinik müsste … Meine Wehen kamen nur alle 5 Minuten wie bei der Geburt meines Sohnes und wurden nicht mehr stärker …

Meine Freundin kam und massierte mir den Rücken. Meine Hebamme kam und sagte nur: „Es ist alles in Ordnung. Wenn du willst kannst du zwischen den Wehen versuchen zu schlafen.“ Das tat ich noch 2 Stunden, bis der Muttermund dann voll eröffnet war. Es dauerte dann noch 4 Stunden, bis ich meine Tochter nach unten getönt hatte. Wehenabstand war konstant 5 Minuten. Es kam dann auch noch eine zweite Hebamme dazu. Drei Frauen, die alle spontan geboren hatten. Das gab Kraft! Drei Frauen, die an mich glaubten, obwohl ich schon die Hoffnung aufgegeben hatte. Drei Frauen, die einen Schutz- und Kraftkreis um mich herum bildeten! Drei Frauen, die mich in den letzten Stunden hielten, als ich aus dem Stand immer wieder in die tiefe Hocke ging, um meine Tochter zu gebären. Drei Frauen, die mich auch noch 2 Stunden nach der Geburt bei der Plazentageburt stützten und danach vom Bad ins Bett trugen.

Ich bin so dankbar, dass ich meine Tochter aus eigener Kraft gebären durfte! Ohne diese drei Frauen an meiner Seite hätte ich es nicht geschafft!

Liebe Frauen mit einer Bauchgeburtserfahrung! Seid darauf gefasst, dass ihr an einem bestimmten Punk der Geburt von der ersten Geburtserfahrung eingeholt werdet. Organisiert euch Unterstützung für den Fall, den ihr euch jetzt noch nicht vorstellen könnt (Hausgeburtshebamme, Freundin). Ich konnte mir absolut nicht vorstellen, in Anwesenheit von so vielen Menschen zu gebären. Es kam dann aber so und ich habe viele schöne Erinnerungen an die Stunden mit meinen Geburtshelferinnen.

Danke Sarah, dass du Frauen Mut machst auf sich und ihre innere Stimme zu hören!

Am 25.11. ist Roses Revolution Tag! Legt eine rosa Rose vor die Kreißaaltür, wo ihr Unachtsamkeit oder Gewalt erlebt habt. Mehr dazu unter www.gerechte-geburt.de

 

 

 

Alleingeburt mit 5-Kilo-Baby

Liebe Leser,

bei groß geschätzten Babys wird heutzutage gern eine Einleitung oder ein Kaiserschnitt gemacht. Oft irrt sich der Ultraschall auch und das Baby war gar nicht so groß wie geschätzt. In der folgenden Geschichte, die ich mit euch teilen darf, kommt tatsächlich ein großes Baby auf die Welt. Ohne Einleitung. Ohne Kaiserschnitt. Zu Hause und in Ruhe. Es zeigt wieder: Frauen können viel mehr, als man ihnen gemeinhin zutrauen mag. Es ist das vierte Baby dieser Frau und ihre zweite Alleingeburt. Viel Spaß beim Lesen! 🙂

An Samhain (= irisch-keltisches Fest am 31.10., Anm.) 2015, ET+6, stand ich morgens gegen 4 Uhr auf, weil ich unruhig war und nicht mehr schlafen konnte. Ich machte eine Mandel-Biscuit-Torte mit Marzipan, Kokos-Butter-Creme und Sahnecreme, dazwischen Orangenjus.
Am späten Nachmittag des 31.10. stellte ich fest, dass die Unmengen an Schleim und Schleimpfropf, die ich in den letzten Tagen verloren hatte, sich verändert hatten hin zu einer klaren, dicken Flüssigkeit. Ich hatte wohl da schon einen kleinen Blasenriss.
Mein Mann brachte die Kinder ins Bett. H. war noch wach. Ich stand mit ihr am Fenster ihres Kinderzimmers und öffnete das Fenster, damit wir die Allerheiligenglocken hören konnten. Es wehte ein kühler Wind, es war neblig und nur die Straßenlaternen leuchteten. Es war eine schöne Samhainstimmung. Auf unseren Fensterbänken standen die ausgehöhlten Kürbisse, auf dem Altar Bilder unserer Ahnen.
Ich ging auf Toilette und da machte es KNACK. 19:40. Ein Schwall Fruchtwasser. Ich sagte “Endlich!” und rief meinem Mann zu: “Blasensprung!”. Ich spürte Erleichterung und den gleichen Adrenalinstoß wie beim Blasensprung vor zweieinhalb Jahren. Jetzt endlich hat sich unser Baby entschieden, zu uns zu kommen! Unbändige Freude!
Meinen Mann sah ich am Tisch sitzen und ein gebackenes Tomatenbrötchen verschlingen. Ich sagte ihm, dass er dafür keine Zeit hat, er solle sich mit den Vorbereitungen beeilen. Irgendwie ahnte ich, dass es sehr schnell gehen würde.
Im Bad angelehnt an den Wickeltisch veratmete ich die erste heftige Wehe. 20:07. 2 Stunden später sollte J. geboren sein.
Um 20:12 kam die nächste Wehe angerollt.
Ab dann traten die Wehen in kurzen Abständen auf.
Meine große Tochter H. kam hoch zu uns und war mir mit kleinen Handreichungen behilflich. Sie half auch meinem Mann dabei, den Pool zu befüllen, nachdem ich unter heftigen Wehen selbst versucht hatte, zu helfen. Während der Pool volllief, kniete ich mich neben mein Bett auf die Yogamatte und stützte mich mit den Armen auf dem Bett ab, um so die Wehen zu veratmen. Die Pausen zwischen den Wehen dauerten nur noch 1-2 Minuten. Das Zimmer war in Kerzenlicht getaucht, außerdem brannte eine Salzkristalllampe, es war ein schönes orange-rot-gelbes Licht. Meine Geburtskerzen durften endlich brennen, wie herrlich.
Als meine Freundin N. ankam, war ich gerade in einer Wehe. Danach begrüßte ich sie kurz, doch die nächste Wehe rollte schon an. Ich war froh, als ich dann ins Wasser konnte.
Die Geburt war gerade mal seit etwa einer Stunde in Gange, aber ich spürte, dass sie schon sehr weit war.
Im Wasser fühlte ich den Muttermund, er war um 21:00 bei etwa 4 cm, öffnete sich aber sehr schnell. Das Wasser tat mal wieder unglaublich gut, die Wehen waren noch effektiv, aber viel besser zu ertragen. Ich fühlte mich geborgen und nahm verschiedene Positionen ein. Mal war es in der Hocke am angenehmsten, mal halb sitzend, mal auf der Seite liegend. H. brachte mir mehrmals ein frisches Gästehandtuch fürs Gesicht, denn ich schwitze irre viel.
H. weckte ihre Schwester M. und sagte ihr, dass das Baby kommt. M. meinte verschlafen, “das stimmt nicht”, und wollte weiterschlafen, aber H. schaffte es, sie hochzubringen, wo die beiden abwechselnd im Bett lagen oder neben dem Pool saßen oder standen und dem Geschehen interessiert folgten. Anfänglich schaute M. auch mal verunsichert, H. war aber die Souveränität in Person und erklärte M. alles. Sie kuschelten viel und bald war M. entspannt und ruhig. Sie machte mal, wie es ihre Art ist, den ein oder anderen Scherz, aber verhielt sich die ganze Zeit angepasst und ehrfürchtig. H. war auch sehr angenehm. Ich war froh, dass die beiden dabei waren. Sie brachten mich überhaupt nicht aus meiner Konzentration, im Gegenteil, es tat mir sehr gut, nach jeder Wehe mit ihnen zu lachen und sie anzusehen. Mein Mann und ich erinnerten die Kinder daran, dass sie jederzeit in ihre Zimmer gehen dürfen, wenn es ihnen zu laut oder zu langweilig wird, aber sie wollten dabei sein.
Mein Mann saß die meiste Zeit neben dem Pool auf einem Stuhl, N. fotografierte und schaute mich zuversichtlich an. Einmal küssten mein Mann und ich uns und tatsächlich, wie Ina May schreibt, öffnete sich der Muttermund noch schneller.
Ich empfand die Geburt diesmal als Mischung verschiedenster Gefühle, vor allem als sehr lustvoll, am Ende auch orgiastisch, und zugleich auch einmal wieder als Grenzerfahrung, als zerreißend und transformierend, als gewaltig, als eigentlich unmöglicher Akt, der dennoch gesund und gelingend verläuft, auch wenn man zwischenzeitlich denkt: Lange halte ich das nicht mehr aus.
Der Wechsel in die Übergangsphase war diesmal ganz gut zu erkennen. Bei der letzten Geburt hatte ich ja von Anfang an durch die Sternguckerlage starke Wehen, wie man sie nur aus der Übergangsphase kennt (wo man denkt, das schaffe ich nicht). Diesmal waren die Wehen zwar sehr intensiv, aber ich erkannte dann den Wechsel zu den Übergangswehen deutlich daran, dass sie plötzlich übermächtig wurden. Das war etwa 75 Minuten nach Beginn der Wehen. Sie veränderten sich. Sie machten aus mir ein Wesen, das einer Naturgewalt ausgesetzt ist, in der jegliche Individualität verloren geht, in der es sich einreiht in Millionen von ähnlichen Vorgängen, wie sie in der Menschheitsgeschichte notwendigerweise zu allen Zeiten stattfinden mussten. Ich fühlte mich wie ein Tier, ein Orkan, ein Erdbeben, eine Löwin …
Es war 21:38, als ich mir sicher war, Presswehen zu spüren. Das war auch der Zeitpunkt, wo meine “A”s und “O”s und mein Gestöhne in Schreien übergingen.
Die Presswehen dauerten genau 30 Minuten, was relativ lang war, aber unser kräftiger Junge musste sich ja regelrecht durchkämpfen. Ich weiß noch, dass ich bei den Presswehen an all die Frauen dachte, die viele Kinder bekommen haben, und verneigte mich innerlich vor ihnen. Ob ich das hier noch mal schaffen würde? Nein, so schön eine Geburt ist, das werde ich mir doch auf keinen Fall noch einmal zumuten. Die Kräfte, die hier am Werk sind, zerreißen mich! Es drückt! Das mache ich wirklich nur noch dieses eine Mal. Meine Güte, wie schaffen es die Frauen, im Krankenhaus ein Kind zu bekommen? Hier halte ich es gerade noch aus, aber wenn jetzt fremde Menschen um mich wären oder ich liegen müsste … Solche Gedanken gingen mir durch den Kopf.
Die halbe Stunde Austreibungsphase erlebte ich als Feuerwerk in den buntesten Farben und Funken, beinahe etwas psychedelisch.
Es gab Momente, wo ich rief “Ja! Jaaaa!” und lachte und lachte und lachte.
Es gab Momente, wo ich brüllte wie eine Löwin und dachte, das Haus müsse erzittern.
Ich vermittelte meinem Körper mit meinen “Ja”s und meinem Stöhnen, dass er einen sexuellen Vorgang begeht und nicht, wie in unserer Gesellschaft üblich, einen ausschließlich schmerzhaften. Dennoch, die Schmerzen spürte ich auch, und wie …
Als ich etwas zweifelte, ob es wirklich Presswehen sind oder ob es nicht doch andere Wehen sind und ich das alles noch stundenlang ertragen muss, versicherten mein Mann und N. mir, dass so nur die Presswehen aussehen. Erleichtert lachte ich auf und machte weiter. Ich presste natürlich nicht. Ich presste meine Kinder niemals heraus. Ich ließ mich einfach fallen und meinen Körper das Ruder übernehmen. Manchmal schob ich mit, angeheizt dadurch, dass ich spürte, wie der Kopf mein Becken weitete. Eine unglaubliche Euphorie mischte sich mit dem Gefühl von unendlichem Druck. Auf Grund der Größe unseres Kindes drückte es überall, ich hatte das Gefühl, es werden alle Knochen verdrängt und mein Hintern muss weichen, um diesem Kind Platz zu machen.
Ich nahm eine seitliche Position ein, getragen vom Wasser und eine Hand immer bei meinem Kind. So war es am angenehmsten und ich konnte am meisten Platz schaffen, da ich das obere Bein über den Poolrand legen konnte.
Unter mehreren dunklen Urschreien und mit aller Willenskraft schaffte ich es, mich so weit zu machen, dass der Kopf unseres Kindes geboren werden konnte. Beim Austritt überlegte ich kurz, es langsam anzugehen, damit das Gewebe sich langsam dehnen kann, aber der Druck war so enorm, dass ich ihm nachgab. Ich dachte, angesichts der Größe dieses Kindes, keine Chance zu haben, unverletzt zu bleiben, und mir war ein Riss tausend mal lieber als in diesem Zustand zu verharren, wo der Kopf schon zum Teil geboren ist und das Gewebe dehnt. Also ließ ich ihn in seiner Geschwindigkeit kommen, ohne anzuhalten. Ich schrie meinen Schmerz weg und lachte so laut und froh, als ich den großen Kopf geboren hatte und streicheln konnte. Das war um kurz nach 22 Uhr. (Ich stellte später fest, dass die Verletzungen unerheblich waren und keinerlei Behandlung bedurften!)
Da ich noch die Sternguckergeburt verinnerlicht hatte, wo ich in das Gesichtchen gefasst hatte, dachte ich, da ich ja nun den Hinterkopf an meiner Hand spürte, es sei eine Steißlage und sagte erheitert zu meinem Mann: “Steißgeburt oder?”. Er schaute nur verwundert. Es war mir dann schnell klar, dass es der Kopf ist. Ich spürte die vielen kurzen Haare und noch Käseschmiere. Das Köpfchen fühlte sich riesig an. Das war eine Art übersinnliches Erleben: Mein taktiler Eindruck stimmte gar nicht mit der Realität überein. Ich streichelte den Kopf minutenlang, ein herrliches Gefühl!
In mir drin strampelte mein Baby wild mit den Beinchen herum. Es drehte sich millimeterweise ins Becken ein. Ich spürte, dass die Schultern in den Beckenknochen festhängen. Kein Anflug von Angst. Volles Vertrauen. Es kam mir vollkommen normal vor, dass es jetzt erst mal nur sehr langsam weiterging. Ich feuerte mein Kind an: “Komm, Baby! Dreh die Schultern ins Becken! Komm!” usw. Wäre ich nicht in einem so ekstatischen Zustand gewesen, hätte ich auf keinen Fall diese Dinge gesagt, gelacht, geschrien und gestöhnt durcheinander. Ein verrückter Zustand.
Einmal hörte ich mich sagen: “Boa, hab ich Hunger!”
Nach langen drei bis vier Minuten waren die Schultern richtig eingestellt. Ich habe dazu noch nicht einmal die Position ändern müssen, mein Kind hat es alleine geschafft. Und dann lösten sie sich von meinem Becken und glitten hindurch. Millimeter für Millimeter arbeitete J. sich voran. Ich spürte, dass er sehr groß sein muss, denn die anderen Kinder waren ziemlich direkt nach der Geburt des Kopfes komplett geboren worden. Der Druck und die Dehnung waren beim Durchtritt der Schultern und später beim Rumpf beinahe so anstrengend und intensiv wie beim Kopf. Ein Kraftakt! Ein unglaublicher Willensakt, über die eigenen Grenzen zu gehen!
Und dann, endlich, waren auch die Schultern geboren, das Gesichtchen zeigte zu meinem linken Oberschenkel, dann der Rumpf, Stückchen für Stückchen, und dann flutschten die Beinchen nur noch hinterher und vor mir im Wasser lag ein kräftiges, strahlendes Baby. Es war 2 Std. nach Geburtsbeginn.
Ich begab mich direkt von der seitlichen Position ins Sitzen und fasste mein Kind unter Kopf und Achseln, um es durch das Wasser zu betrachten und es noch ein wenig das warme Nass genießen zu lassen. Die Augen schauten sich groß um und der Mund lächelte. Ein unglaublicher Moment. Von dem Feuerwerksfeeling in eine Atmosphäre wie “Stille Nacht, heilige Nacht”, die Zeit stand still.
Papa, Geschwister und N. schauten sich unser Wunder an. Ich hob es behutsam aus dem Wasser auf meine Brust und mein Mann sagte: “Ein Bub!” Ich hatte das gar nicht realisiert, es war mir völlig gleich, welches Geschlecht es hat, es war erst einmal nur mein Baby. Und dann war es direkt völlig normal, einen Jungen zu haben.
Ich war erstaunt, wie viel Käseschmiere er noch am Rücken hatte. Die anderen Kinder hatten kaum noch welche, selbst N. nicht, der fast zwei Wochen früher als J. geboren wurde. Er lag mit geschlossenen Augen auf meiner Brust und sah so selig aus. Kein Zeichen von Stress. Eine sehr gute Hautfarbe. Ich streichelte seinen Rücken. Als er den ersten Atemzug nahm, ertönte einmal kurz seine laute Stimme, aber man kann nicht sagen, dass er schrie. Dann war er wieder ruhig und sah aus, als würde er schlafen, sehr entspannt. Er hat auch im Frühwochenbett nicht einmal geschrien. Wir deckten ihn sofort mit einem angewärmten, roten Tuch zu.
Da saß ich nun überglücklich mit meinem Prachtkerl auf dem Bauch im Wasser und lachte und war so stolz, es geschafft zu haben.
Mein Mann ging hinunter, um N. zu holen. Dieser schaute etwas ungläubig in den Pool, wo seine Mama mit einem kleinen Menschlein drin war. Dann legte er seinen Kopf an Papas Schulter und kuschelte.
Nach einigen Minuten begab ich mich auf mein Bett. J. wurde in ein frisches, warmes Handtuch gewickelt und trank sofort aus der Brust. Das tat er dann mit einer kleinen Unterbrechung zur Plazentageburt zwei Stunden lang! Ich konnte nur strahlen und lachen, so wunderschön und speckig und herrlich war mein Sohn.
Da mein Körper noch mit der Plazenta beschäftigt war, hatten die Wehen noch nicht aufgehört. Ich versuchte, das Stillen zu genießen, was mir auch gelang, aber nach über einer Stunde wollte ich die Plazenta endlich gebären. Zwischenzeitlich war meine Mama gekommen und sie kümmerte sich für die Zeit der Plazentageburt auch um die Kinder. Sie schenkte jedem ein Kuscheltier der Lieben Sieben, die Kinder waren glücklich. Ich legte J. aufs Bett und ging auf dem Bett in die Hocke und zog zart, aber stetig an der Nabelschnur. Die Plazenta war ja schon gelöst, aber meine Kraft reichte nicht mehr, sie rauszudrücken. Ich zitterte sehr, also half ich mit dem Ziehen etwas nach. Es dauerte sicherlich einige Minuten, aber dann war sie geboren. Ich empfand die Plazentageburt auch beim vierten Mal als eher angenehm. Vor allem enden danach die Wehen schlagartig und man fühlt sich sehr befreit. Nun sah ich auch zum ersten Mal Blut. Die ganze Geburt war sehr unblutig verlaufen. Wir haben die Plazenta in ein Sieb über eine Schüssel gelegt, um uns die Möglichkeit einer Lotusgeburt offen zu lassen. Dann stillte ich J. weiter.
Die Geburt hatte auf die Minute genau zwei Stunden gedauert, das erste Stillen fand nach ca. 10 Minuten schon statt und die Plazenta kam 75 Minuten nach der Geburt.
Ich genoss den Kreis der Frauen um mich herum, meine Mama, meine beste Freundin, meine Töchter. Und natürlich auch meinen unterstützenden Mann und meinen Sohn, der so süß und schüchtern nach dem Neugeborenen schaute.
Meine Mama bereitete den Plazentashake zu. Ich hatte damit bei der letzten Geburt sehr gute Erfahrungen gemacht und wollte auch diesmal nicht auf das Kraftpaket verzichten.
Da es mittlerweile schon Nacht war, brachte mein Mann die Kinder ins Bett. Sie durften alle bei ihm schlafen. Derweil saß ich mit meiner Mutter in meinem Bett und genoss die Frauenzeit und das Baby.
Die Maße: 5 kg, 57 cm, KU 37 cm.

Abschließend:

Ich danke meinem Mann, dass er immer an mich geglaubt hat, auch wenn in der Schwangerschaft manchmal alles sehr düster ausgesehen hat. Der mir während der Geburt sehr viel Kraft gegeben hat, durch seinen Kuss, seine Blicke und seine Zuversicht. Der immer wusste, dass ich gebären kann und der stets voller Vertrauen war. Der mir ein unvergessliches Wochenbett ermöglicht hat, in dem ich einfach kuscheln konnte und mich wie eine Königin fühlen konnte. Seine Gerichte, die er in dieser Zeit gekocht hat, wären es wert, in ein veganes Kochbuch aufgenommen zu werden. Ich liebe dich.

Eine Sache möchte ich noch erwähnen: Wenn ich regelmäßig zur Vor-Sorge gegangen wäre, hätte man mich evt. gedrängt, Wochen vorm ET einzuleiten oder einen Kaiserschnitt zu machen – bei so einem großen Kind.
Wenn ich eine Hausgeburt mit Hebamme durchgeführt hätte, hätte man mich beim “Steckenbleiben der Schultern” evt. eines geburtshilflichen Manövers unterzogen. Ich hätte nicht so frei gebären können, wie es mir alleine möglich war.
Bereits Ina May Gaskin schrieb, dass sie komplikationslose Hausgeburten von 5 kg schweren Kindern begleitet hat.
Vor Kurzem postete eine Mutter in fb, dass sie nach zwei Kaiserschnitten ein fast 5 kg schweres Kind spontan zu Hause geboren hat.
Frauen wird nicht zugetraut, ein Kind ohne Hilfe zu gebären. Dass es ohne Hilfe geht, beweisen die Alleingeburtsmütter.
Und daher danke ich zuletzt all den Alleingeburtlerinnen und Hausgeburtsmüttern, die mich gestärkt haben, die meine Fragen beantwortet haben und von denen ich lernen durfte. Ich danke all den Frauen, die ich begleiten durfte und denen ich mein Wissen weitergeben durfte. Wir sind eine kleine Gemeinschaft, klein, aber stark.

 

Es ist unglaublich

„Es ist unglaublich, was im Krankenhaus mit einer Gebärenden passiert, wenn sie erst einmal in dieser „Maschinerie“ drin ist. Man muss es wirklich erlebt haben, um es zu glauben. Du als Frau und werdende Mutter hast kein Recht auf Entscheidungen mehr. Sie werden für dich getroffen und du kannst nur zuschaun, was mit dir gemacht wird.“

Das ist der Kommentar einer Mutter, der man wegen vorangegangener Myom-Entfernung einen Kaiserschnitt aufdrängte. Man fürchtete, die Narbe könnte reißen. Unter der OP ließ sich besagte Narbe allerdings nicht wiederfinden.

Ich will euch nicht sagen: Geht nie ins Krankenhaus.  Das ist eine Entscheidung, die gründlich abgewägt werden muss und die jeder für sich treffen muss. Manchmal können Ärzte Leben retten. Manche Krankenhäuser erlauben Frauen relativ selbstbestimmte Geburten. In den meisten Kliniken ist das allerdings nicht der Fall. Eins empfiehlt sich gar nicht: Uninformiert und blauäugig ins Krankenhaus zumarschieren und zu denken: Die Experten werden schon wissen, was sie tun.

Gut zu wissen: Als Patientin bist du keine Gefangene. Du darfst alle vorgeschlagenen Maßnahmen ablehnen und jederzeit gehen. Auch gegen ärztlichen Rat.

Das Hauptmittel, das gegen Frauen mit eigenen Wünschen eingesetzt wird, ist Angstmache.  Zusammengefasst teilt man dir mit: „Tod und Elend werden über dich und dein Kind kommen, wenn du nicht tust, was wir wollen!“ Wenn man das durchschauen kann und gut informiert ist, hat man gute Karten. Leider schützt es nicht immer vor Übergriffen. Gerade während der Geburt, wo man sich öffnet und verletzlich macht.

Schöne Alleingeburt beim dritte Kind

Liebe Leser,

immer mehr Babys kommen in Eigenregie zur Welt. Immer mehr Mamas begreifen und vertrauen den wunderbaren Kräften ihres Körpers. Hier lest ihr den kraftvollen Geburtsbericht einer Mama, die ihr drittes Kind bekommt. Viel Spaß beim Lesen! 🙂

Ich hatte im Vorfeld solche Angst vor meiner dritten Geburt. Einmal, weil die Schwangerschaft so nebenbei verlief, dass ich mich noch nicht bereit fühlte, in die Geburt zu gehen. Und auch, weil ich Geburt so sehr mit Schmerz und Trubel verband. Beim ersten Kind hatte ich eine traumatisierende, gewaltsame Klinikgeburt. Zwar bekam ich meine zweite Tochter schon zuhause, aber so richtig friedlich war das auch nicht. Es war an sich schon eine Urgewalt. Es war mir aber auch viel zu viel los: das Theater mit dem hektischen Pool-Befüllen, dazwischen die Schwiegermutter, die die große Tochter abholt, zwei Hebammen, mein Mann und viel zu viel Reden und Diskutieren …

Als ich mit den Wehen nicht mehr umgehen konnte, habe ich die Geburt gedanklich an die Hebamme abgegeben. Sie sollte mir da durch helfen und ich habe ab diesem Moment sehr gelitten, war total aus meiner Mitte geraten. Zum Glück ging es damals so schnell. Ich war danach irgendwie desillusioniert und mit der Geburt nicht wirklich zufrieden. Ich hatte mir das so anders vorgestellt.

Das wollte ich kein zweites Mal. Meine Wunschvorstellung war, dass ich einfach mal nachts das Kind bekomme, ohne das ganze Drumherum, nur mit meinem Mann, den ich gern teilhaben lassen wollte und der von der Idee einer Alleingeburt so richtig begeistert war. Ich hatte ihm Sarah Schmids „Alleingeburt“ zu lesen gegeben, woraufhin er geradezu euphorisch wurde. So wünschten wir uns diese Geburt.
Die Wirklichkeit war dann aber noch viel schöner als die Wunschvorstellung. Ich habe die Kinder mit Büchern, viel Erzählen und einigen schönen HG-Videos im Vorfeld schon vorbereitet, weil mir klar war, dass ich die Schwiegermutter nur im Notfall zur Kinderbetreuung holen wollte und meine Töchter viel lieber dabei hätte, falls es sich ergibt.

Es war eine Geburt auf Raten. Über etwa eine Woche verlor ich immer wieder etwas Schleim, hatte schöne kräftige Übungswehen. Etwa drei Tage vor der tatsächlichen Geburt, als gerade ein größeres Stück des „Muttermundsiegels“ abgegangen war, legte ich fest: So, ich bin dann mal unter der Geburt. Mir war zwar klar, dass es noch dauert, aber ich sah, wie toll mein Körper (vor-)arbeitete und dass es nun kein Zurück mehr gab. Meine Ängste lösten sich und ich fasste Vertrauen in meinen Körper.
Mein liebstes und hilfreichstes Geburtsmantra war: Mein Körper arbeitet nicht gegen mich. Ich bin mein Körper.
Bei so toller Vorarbeit musste die Geburt ganz bestimmt schnell und leicht sein und so war es dann auch.

Ich hatte am Samstag Abend, 4 Tage nach ET, wieder gute Übungswehen. Schön regelmäßig im 5min-Abstand, nur eben ganz leicht. Wir gingen gegen 23 Uhr zu Bett. Zum Vorschlafen, denn wer weiß, wann man wieder zum Schlafen kommt.
Zwei Stunden später stand ich wieder auf, denn die Wehen blieben. Sie waren zwar immer noch nicht schmerzhaft aber mein überstarker Bewegungsdrang, den ich schon unter den Wehen der letzten Geburt hatte, setzte nun ein. Heute wird jemand Geburtstag haben. Ich war voller Vorfreude und tigerte meine bewährten Wehenrunden, unterbrochen von mehreren Toilettengängen und noch einmal Hübschmachen. Dabei sprach ich mit meinem Muckl und genoss seine letzten Bewegungen in meinem Bauch. Bald würde ich endlich wissen, wer unser drittes Kind eigentlich ist.
Halb drei weckte ich meinen Mann. Er sollte mir ruhig etwas Gesellschaft leisten. Ich kam zwar gut zurecht, aber die Wehenabstände wurden immer kürzer. Wenn ich ihn wecken wollte, ohne die Kinder mit aufzuscheuchen, musste ich jetzt nach oben, wo es die Ruhephasen noch zu ließen.

Wir haben ein bisschen geplaudert und gescherzt, ob wir nebenbei eine Runde Kniffel spielen wollen, denn wirklich schmerzhaft fand ich die doch recht starken Wehen immer noch nicht. Einzig das zwanghafte Rumlaufen strengte mich sehr an. Zum Hinsetzen reichten die Wehenpausen aber nicht mehr aus und ohne zu Laufen konnte ich die Wehen nicht ertragen. Tja, weiter tigern und tönen. Trotzdem hab ich mich dabei großartig gefühlt. Stark, freudig, schön und sicher.

In einer Wehenpause, als ich meinem Mann gerade sage, dass es nun langsam reicht (eher aus Ungeduld, denn Schmerz empfand ich nicht), platzte die Fruchtblase mit einem riesen Schwall Fruchtwasser. Das war 3.55 Uhr. Mein Mann holte was zum Aufwischen und eine neue Einlage für mich. Dann der Schreckmoment: dDa war was Grünes. Klares Fruchtwasser zwar, aber da schwamm etwas dunkles, was mich für den Moment sehr verunsicherte.
Bei Mekoniumabgang im Bauch müsste sich doch eigentlich alles verfärben, hier war das nicht der Fall. An dem Punkt entschloss ich mich, nun doch meine Hebamme dazu zu rufen. Ich fühlte zwar keine Not und spürte auch mein Baby, wie es sich bewegt, aber ich wollte, dass mein Kind direkt nach der Geburt ohne Wartezeit von meiner Hebamme untersucht wird. Wenn sie nun doch bei der Geburt dabei ist, dann ist es eben so. Das grüne Zeug hat mich so erschrocken. Ich wusste aus Sarahs Buch, dass grünes Fruchtwasser kein Grund zur Panik ist. Aber das war so anders …

Um 4 rief mein Mann also die Hebamme an und sie wollte sich auf den Weg machen.
Kaum hatte er aufgelegt, kniete ich mich vors Sofa. Mein Bewegungsdrang war verschwunden und ich beschloss, dass das Baby nun raus kommen soll. Es folgte die vielleicht kürzeste Übergangsphase aller Zeiten. Ich suchte etwas planlos eine geeignete Gebärposition, faselte dabei irgendetwas zusammenhanglos vor mich hin und suchte Halt. Das wars. Ich fand schließlich eine stimmige Position, kniend vorm Sofa, die Unterarme auf die Sitzfläche und ein dickes Kissen gestützt, ich das ich mich reinklammern und während der Wehe reinbrüllen konnte. So spürte ich den ersten Pressdrang und schob sehr vorsichtig mit.
In dem Moment hörte ich hinter mir ein kleines Stimmchen durchs Babyphon: „Mamaa?“
Jackpot. An genau dem Punkt, wo es kein Zurück mehr gibt, werden die Kinder wach. Na gut, was will man machen? Mein Mann holte die zwei verschlafenen Mäuschen runter und setzte sie vor mich aufs Sofa, von wo aus sie gespannt zuschauten. „ Mama, was machst´n du da?“
Ich musste so lachen, das war ein Bild!
Ich hatte so tolle, wirklich entspannende Pausen zwischen den kräftigen Presswehen, so dass ich freudig mit den Kindern sprechen konnte. „Alles gut, ihr Lieben, unser Baby kommt jetzt raus. Achtung, Mama wird gleich laut – WEHE mit Kissenbrüllen – Mama geht’s gut, ich brüll nur ein bisschen mit, weil das gut tut.“ Das haben sie völlig angstfrei so hingenommen, wir hatten das ja vorher oft besprochen und dank Kissen war ich nicht mal besonders laut.
So kam ich mit dem Pressen ganz gut voran, spürte das Baby Zentimeter für Zentimeter tiefer rutschen, bis ich seine Haare direkt vorm Tor zur Welt streicheln konnte. Dann sagte ich seelenruhig zu meinem Mann: „Jetzt oder mit der nächsten kommt es. Du bist bereit zum Auffangen?“ Er dachte ich scherze, weil er durch meine Ruhe nicht gedacht hätte, dass es wirklich gleich geschafft ist.
Während ich presste, musste ich an euch denken, die ihr immer geschrieben habt, wie ihr euer Kind einfach nur sanft raus geatmet habt. IHR LÜGT DOCH ALLE!!! Das geht doch gar nicht. Oder ich tauge vielleicht einfach nicht für sanfte Geburten  😉 Dieser Pressdrang war eine Urgewalt, der ich mich nicht eine Sekunde widersetzen konnte.
Der Ring of Fire – und dann die fieseste Wehenpause überhaupt. Frechheit. Aber so, wie ich da knie, bin ich trotz des Brennens so unglaublich glücklich. Ich schaffe es, ich bekomme dieses Kind auf jeden Fall, noch bevor die Hebamme eintrifft. Ich schaffe das hier gerade wirklich ganz allein. Und das Brennen hab ich von der letzten Geburt auch schlimmer in Erinnerung. Das ist jetzt der durchaus erträgliche Höhepunkt. Schlimmer wird es nicht mehr und in wenigen Sekunden werde ich mein Kind im Arm haben. Ich bin so voller Freude, ich vertraue meinem Mann, dass er das Kind auffängt, denn ich brauche meine Hände zum Abstützen, ich höre, wie meine Mädchen jubeln und mich anfeuern und weiß, dass ich ihnen gerade ein großes Geschenk mache. Abgesehen vom Geschwisterchen schenke ich ihnen ihr Bild, das sie von Geburt haben werden. Sie wissen nun, wie schön, kraftvoll, würdevoll und leicht es sein kann. In diesem Moment präge ich meine Töchter und jubele vor Freude laut mit „Jaa, Baby, komm raus, komm zu uns!“
Der Kopf wurde geboren und ich höre ein deutliches Quietschen und Schmatzen hinter mir. Das war so skurril, da steckt diese Kind zwischen zwei Welten und macht diese lustigen Geräusche. Wieder musste ich lachen.
Mein Mann war etwas zu vorsichtig mit dem Festhalten, es fühlte sich nicht richtig an. Ich sagte: „Lass den Kopf mal los, das Baby muss sich drehen. Nicht halten.“ Er nimmt die Hände weg, ich spüre die Drehung deutlich und sage „Pass auf, jetzt geht es schnell!“ Ich schob mit der nächsten Wehe mit. Mein Mann sagte: „Die Schultern sind da, hör mal kurz mit Pressen auf.“ Wie soll den dass gehen?! Ach, ich erinnerte mich und pustete Kerzen aus. Später sagte er mir, mein Damm sei bei den Schultern an einer Stelle etwas bläulich geworden und er wollte mich bremsen, damit ich mich nicht verletze. Krass, dass er das so gut erkannt und dann noch so besonnen reagiert hat. Er hätte ja auch rufen können „Stopp stopp, du reißt!“ Aber nein, er war die Ruhe selbst und konnte mich mit seiner leisen, sanften Stimme tatsächlich ausbremsen, ohne mich zu verunsichern oder gar verkrampfen zu lassen. So ein großartiger Geburtshelfer, mein Mann. Tja und dann kam das kleine Menschlein mit einem großen Schwall Fruchtwasser aus mir herausgeglitten. Das war es schon. Ich schrie vor Freude, die Mädels jubelten, mein Mann strahlte bis über beide Ohren.

Die Nabelschnur war recht kurz. Wir mussten erst einmal probieren, wie ich mich umdrehen und hinsetzen konnte, wie wir das kleine Menschlein gemeinsam auf meinen Bauch bekommen. Es war ein wenig kompliziert. Es wurde nicht einfacher dadurch, dass ich einfach nicht aufhören konnte zu brüllen „Das Baby ist da, das Baby ist da, ich habs geschafft, es ist daaa!“
Irgendwie haben wir uns dann doch zusammen hinsetzen können. Da huschte mein Blick fast nebenbei zwischen die kleinen Beinchen. Eine dritte Prinzessin. Eine Schönheit, ein perfektes, waches, entspanntes Kind. Was von seiner ganzen Familie so freudig herbeigesehnt, gemeinsam auf die Welt gebracht und unter Applaus und Freudenschreien begrüßt wurde …

Es war erst 4.20 Uhr. Vor einer halben Stunde hatten wir noch gescherzt und allein gewartet. Mein Mann musste sich erstmal setzen und durchatmen. Nach einigen Minuten holte er die Kamera. Ich habe Bilder, wie ich das Baby an mich drücke, wie die großen Schwestern strahlen und mir auf die Schulter klopfen. Herrlich.

Ich saß unbequem, die Nabelschnur war so kurz. Aber sie pulsierte noch so schön, ich ließ meiner Kleinen diese wertvollen Minuten.
Wir hatten noch Zeit zum Besinnen, die Hebamme hörten wir erst etwas später die Tür aufschließen.
Mein Mann begrüßte sie mit „Nur die Ruhe, das Baby ist schon da, die schmusen.“ „Jaja, klar ..“ Sie dachte, er macht Witze. Ich hatte ihr nicht erzählt, dass ich mir eine Alleingeburt wünsche. Ich wollte ihr nicht das Gefühl geben, sie nicht zu brauchen, denn das stimmt nicht. Ohne sie im Hintergrund, der ich so vertraue, die ich rufen konnte und gerufen habe, als ich Angst hatte, wäre es nicht dasselbe gewesen.
Sie hat dann mit meinem Mann abgenabelt und mir bei der Plazentageburt geholfen.
Das „Grüne“ entpuppte sich dann als Eihaut. Das Fruchtwasser selbst war klar, aber die Eihaut und Teile der Plazenta waren grün verfärbt …

Unsere kleine Prinzessin hatte 3880g auf 49cm und ein kleines Köpfchen von 35cm Umfang.
Sie war und ist kerngesund und bis auf diesen einen Schreckmoment nach dem Blasensprung war diese Geburt das stolzeste, schönste und stärkendste, was ich je erleben durfte. Wir alle lieben unsere Kleinste über alle Maßen. Die Schwestern sind so stolz, verliebt und irgendwie ehrfürchtig …
Und wir Eltern sind durch diese gemeinsame Alleingeburt stärker verbunden als je zuvor.

 

Eindrücke von der Midwifery Today Conference 2015

Ende Oktober war ich für einen Samstagnachmittag in Bad Wildbad auf der Midwivery Today Conference. Die Große und der Kleinste begleiteten mich.

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Ich traf die Hebamme Cornelia Enning, die unter vielen anderen Dingen auch mein Buch an ihrem Wasserbaby-Stand für mich verkaufte.

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Ich besuchte den Workshop „Assuring Ideal Positioning“ mit Angelina Martinez Miranda and Gail Tully. Sie zeigten, wie man ein Baby, das zum Beispiel in Beckenendlage oder hinterer Hinterhauptslage liegt, mit sanften Mitteln zum Drehen bewegen kann. Besonders interessant fand ich Angelinas Herangehensweise. Sie ist eine langjährige traditionelle Hebamme aus Mexiko. Dort verwendet man zur Massage der Schwangeren, der Wöchnerin und auch um ein Baby zum Drehen zu bewegen ein Rebozo genanntes Tuch.

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Im Eingangsbereich fanden sich verschiedene Stände. Hier sitze ich gegenüber vom Wasserbabystand. Konstantin sieht etwas matschig aus, da er gerade auf dem Weg zu seiner ersten richtigen Erkältung war.

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Hebammen aus aller Herren Länder waren angereist. Da war meine Anreise von 1,5 Stunden mit dem Auto ein Katzensprung. Hier eine Gruppe aus der Türkei.

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Es war ein spannender, lehrreicher Tag und ich habe mich gefreut, einige bekannte Gesichter wiederzusehen.