China: Zwangsabtreibung im 7. Monat

Frau Feng Jianmei, im 7. Monat schwanger, konnte die 40 000 Yuan Strafe nicht aufbringen. Strattat: Sie war mit ihrem zweiten Kind schwanger und weigerte sich, es abtreiben zu lassen. Die Behörden machten schließlich kurzen Prozess und töteten das Ungeborene per Giftspritze. Das Foto von ihr und ihrem toten Baby sorgt für Schlagzeilen und ein paar hohe Beamte durften ihren Hut nehmen. Die Familie wird derweil massiv bedroht und derzeit ist unklar, was mit Deng Jiyuan passiert ist, da er verschwunden ist, seit er angekündigt hatte, rechtliche Hilfe in Peking zu suchen.

http://shanghaiist.com/2012/06/14/forced-late-term-abortion-shaanxi.php

Mysterium Nabelschnur

„Und wie habt ihr das mit der Nabelschnur gemacht?“

Das ist die häufigste Frage, die ich bekommen, wenn ich jemandem über unsere Art zu gebären erzähle. Meist wird sie in einer Mischung aus Bewunderung und Erstaunen vorgebracht. Wenn ich dann antworte: „Wir haben sie einfach durchgeschnitten“, folgt meist ein ungläubiger Blick und der alles erklärende Satz für diese von uns vollbrachte Meisterleistung:
„Na, ihr seid ja Ärzte!“, was mich wiederum irritiert zurücklässt, weil ich den simple Vorgang des Durchschneidens noch nie im Licht meiner medizinischen Ausbildung betrachtet habe. Durchschneiden kann schließlich jeder, der eine Schere und die motorischen Fähigkeiten, sie zu bedienen, besitzt – sprich ein Kind im Kindergartenalter. Na gut, eine Nabelschnur ist derberes Material, etwas Kraft braucht man also auch. Sagen wir ab Schulkindalter sollte man in der Lage sein, eine Nabelschnur zu durchtrennen. Was ist also so kompliziert daran, das man dazu meint, dringend ein Krankenhaus und Ärzte zu brauchen?

Betrachtet man das Tierreich, wird generell ziemlich achtlos mit der Nabelschnur umgegangen. Als ich einmal der Geburt eines Kälbchens zuschaute, riss die Nabelschnur einfach durch, als Mama Kuh sich hinstellte, um ihren Nachwuchs abzuschlecken. Das eine Ende baumelte dort, wo das Kalb gerade herausgekommen war. Das andere (wobei da kaum mehr etwas hing) hing als blutiger Stummel am Kälbchen, das im nicht gerade sterilen Stroh liegend das herzhafte Abschlecken seiner Mutter über sich ergehen ließ. Nabelklemme? Sterile Schere und Umgebung? Fehlanzeige. Mama Kuh und ihr Kind schien das nicht zu stören und soweit mir bekannt ist, hat der Nachwuchs unbeschadet überlebt.
Tatsächlich geschieht es ja dauernd. Katzen, Hunde, Kaninchen, Rehe… kurz alle Tiere, die im Bauch ihrer Mutter mit einer Nabelschnur versehen sind, pfeifen bei der Geburt auf die Profis und eine professionelle Abnabelung. Keiner schreit nach einem Arzt oder einer Nabelklemme. Da geht es eher sehr beherzt und mitunter rau zur Sache. Da wird wahlweise gekaut, gebissen oder gerissen. Hauptsache ab, egal wie, aber auf jeden Fall unsteril.
Warum machen wir Menschen es eigentlich so kompliziert? Brauchen wir Profis und Rituale, um das Überleben unseres Nachwuchses als gesichert anzusehen? Wenn ich sage: „Wir haben sie einfach durchgeschnitten.“ habe ich oft das Gefühl, mir wird nicht geglaubt. Dabei haben wir genau das getan: sobald die Nabelschnur auspulsiert war, Küchenschere her und durchgeschnitten. Na gut, bei unserer ersten Geburt im Alleingang fühlte mein Mann sich wohler, als er einen kleinen Bindfaden um das Ende der durchgeschnittenen Schnur gebunden hatte. Aber wenn man einmal angefangen hat, gesellschaftliche Konventionen und Ängste in Frage zu stellen und stattdessen selbst zu denken, geht einem schnell der Sinn für die der Gesellschaft eigenen, angstdänpfenden Rituale abhanden. Stattdessen kann man in Erfahrung bringen, dass die Nabelschnur eine feine Sache ist. Sie versorgt nicht nur das heranwachsende Kind neun Monate lang zuverlässig mit allem, was es braucht, um heranzuwachsen, nein, sie verklebt und verschließt sich von innen, sobald ihre Funktion nicht mehr benötigt wird. Wenige Minuten nach der Geburt hört der Blutfluss auf und die Gefäßwände kollabieren. Hier und da mögen sich ein paar Blutklumpen verfangen und ein bißchen feucht ist es innen drin auch noch, was dazu führt, dass das durchtrennte Nabelschnurende in den ersten Stunden ein bißchen Restblut an Windel oder Kleidung schmiert – aber es fließt nichts mehr.

Worauf sind dann unsere Ängste begründet? Glauben wir, das Kind könnte plötzlich ausbluten und dann plötzlich ohne Blut dastehen? Haben wir Angst vor den bösen Bakterien überall? Hat man diese Angst, ist es sicherlich sinnvoll, entweder ein paar Stunden mit der Durchtrennung der Nabelschnur zu warten, oder ein langes Stück stehen zu lassen (und später zu kürzen). Neulich las ich einen interessanten Bericht über den Neugeborenen-Tetanus in manchen Teilen der Welt. Dort ist es vielfach üblich, zur Nabelpflege getrockneten Kuhdung aufzulegen. Klar, sagen wir gebildeten Westler, so was Dummes muss ja Folgen haben. Mit etwas mehr Hintergrundwissen ergibt sich ein differenzierteres Bild: In diesen Teilen der Welt war dieses Vorgehen schon immer üblich. Zu vermehrten Tetanusfällen kam es erst, als die Hebammen eine westlich geprägte Ausbildung erhielten, die vorsieht, die Nabelschnur recht nah am Kind zu durchtrennen. Traditionell war es bis dahin üblich, die Nabelschnur nahe der Plazenta zu durchtrennen. Welche Bakterie mag diesen langen Weg klettern? Hier vermischen sich also westliche und überlieferte Traditionen zu einer unguten Mischung. Aber anstatt das zu erkennen, pocht man auf noch mehr westliche Traditionen: die Impfung muss es richten. Kauf P*mpers und du tust was Gutes!

Stimmt es nun, dass nur ein Profi in einem Krankenhaus eine Nabelschnur durchtrennen kann? Nein, außer man will die Nabelschnur bereits vor dem Auspulsieren, ein paar Sekunden nach der Geburt, durchgeschnitten haben. Dann fließt darin tatsächlich noch Blut, und will man kein Blutbad anrichten, braucht man natürlich Klemmen und Co.. Dieses Vorgehen war bis vor Kurzem allgemein in Krankenhäusen Gang und Gäbe. In Schweden wurden diesbezüglich letztes Jahr die Richtlinien geändert. Wie es in Deutschland derzeit aussieht, weiß ich nicht. Ich kenne es jedenfalls noch so, dass nach der Geburt sofort die Klemme gesetzt wurde, um Blut zu entnehmen – man braucht ja das Nabelschnurblut für die ph-Messung und die Qualitätssicherung. Und dann durfte der meist zögerlich dreinblickende Papa feierlich durchschneiden – oder das Ganze dankend dem Personal überlassen. „Ach, machen Sie das mal.“ Ist doch besser, man lässt die Profis ran. Oder?