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Leilas Geburt

Hallo ihr lieben Leser! Heute lest Ihr von der ersten Geburt einer Mama, die diese Geschichte und ihre Gedanken dazu gern mit euch teilen möchte. Wünsche viel Spaß beim Lesen!

Leila erblickt das Licht der Welt in der heimischen Badewanne … Hier lag ich die letzten Monate täglich drin. Meine  Haut konnte sich hier quasi entspannen, denn in meiner Schwangerschaft war alles rosig, aber eben meine Haut etwas zu sehr: ich blühte am ganzen Körper. Die einen haben Symptomverbesserungen, die anderen – einschließlich meiner Person – erleiden ihre „chronische Erkrankung“ um ein vielfaches schlimmer. Die Schulmedizin bezeichnet mein Leiden landläufig als „Neurodermitis“: diese starke Ausprägung mit all seinen Eigenheiten ist eine sogenannte „Schwangerschaftsdermatose“. Die Gänsefüßchen verraten, dass ich mit solchen Deklarationen wenig anfangen kann, beziehungsweise meiner Meinung nach diese die Symptome manifestieren. Kurz: Ich war feuerrot, habe mich blutig gekratzt, sah öfter aus wie verprügelt oder verbrannt und hab die Beine jetzt voller Narben, die an Pocken, Masern oder Akne erinnern. Das war ein kurzer Abriss zu „Beschwerden“ in  meiner Schwangerschaft. Ich habe kaum zugenommen (die obligatorischen Kilos, aber numerisch benennen kann ich es jetzt nicht, weil ich mich nur sporadisch gewogen habe), hatte im zweiten Drittel ziemlich üble Launen dem Kindsvater gegenüber, der diese aber freudestrahlend weggesteckt hat und konnte die letzten zehn Tage der Schwangerschaft (inklusive der ersten zehn nach Geburt) so gut wie gar nicht laufen. Wenn dann nur unter großen Schmerzen: wie sich im Nachhinein klärte, passiert das ab und zu, dass sich ein weibliches Becken so verschiebt, dass das Resultat dann Schmerzen verursacht … So, nun aber zum schönsten uuuuund doch schmerzhafter als erwartetem Teil der Schwangerschaft … 😀 Leilas Geburt.

Es wurde auch für mich ein Termin errechnet, an dem ich fällig sei … Ich nehme mal an, dass die meisten genau wissen, wann der erste Tag ihrer letzten Periode war? Nein? Na ja, ich hab es grob gewusst, weil ich meine Periode immer in einem 28-Tage-Zyklus bekomme. Es war Donnerstag 1 oder Donnerstag 2 … irgendwann in den letzten Arbeitszügen meiner Masterarbeit.

So, also ein errechneter Entbindungstermin ist ja per se kein Problem. Es wird erst zum Thema, wenn es um das sogenannte „Übertragen“ geht. Sätze wie „Mädchen brauchen etwas länger, sie müssen sich noch putzen.“ oder „Erste Kinder kommen meist später.“ konnte ich längst nicht mehr hören … Die Hebammenrufbereitschaft für eine geplante Hausgeburt ist fünf Wochen lang: drei Wochen vor dem errechneten Termin und zwei Wochen danach. Zumindest bei meiner Hebamme oder dem Geburtshaus, wo ich betreut wurde. Also sollte das Baby sich irgendwann in dem Zeitraum auf den Weg machen. Damit kein Körnchen Staub die hier vorliegende Erzählung trocken macht, verzichte ich weitestgehend auf Zahlen und Fakten, erwähne dennoch woher jeweiliges „Wissen“ stammt.

Jeder Tag über den Termin hinaus machte mich nervöser … Hauptsache nicht ins Krankenhaus müssen … Die leiten ja eine Geburt gerne ein … bei plus 7 oder 10 Tagen ist für die meisten Krankenhäuser gängig. Dass dann auch mal Babys geholt werden, oder Geburten synthetisiert, bei denen die Babys noch Käseschmiere haben und keinerlei Übertragungszeichen, zeigt, wie individuell doch das Ganze ist. Auch (Fehl)Diagnosen via Ultraschall geben keine sicheren Auskünfte. Ich sagte: „Bevor ich ins Krankenhaus gehe, (und mir diesen intimen und sicherlich auch sehr bewusstseinserweiternden Moment der Geburt meiner Tochter nehmen lasse) bekomme ich mein Kind allein im Wald.“ Etwas überspitzt formuliert, aber meinen Standpunkt etwas klar werden lassend, oder?

Wie komme ich dazu? Als ich wusste, dass ich schwanger bin, erzählte mir eine frisch entbundene Freundin, dass sie im Geburtshaus X war.  „Oh, toll, da werde ich auch entbinden!“ Zack. Impuls. Es gab keine Debatte, dass Geburtshaus mehr nach Geburt klingt als Krankenhaus, zumindest in meinen Ohren eine ganz logische Sache. Ich hatte von Beginn der Schwangerschaft eine sehr intensive Bindung mit meinem Baby. Ständig kamen Impulse aus dem Bauch. Ich habe sie gar nicht hinterfragt, sondern wohlwollend akzeptiert, dass da jemand mit mir spricht oder eben sagt, wo es lang gehen soll J. Das war selbstverständlich für mich, denn ob ich das eine essen soll, wann ich schlafen soll, welche Musik ich hören soll … Das war ziemlich selten noch wirklich „ich“… Wer ist denn „ich“ überhaupt? In dieser Situation sah ich mich als Medium, einer neuen Seele ein Zuhause zu schenken: neugierig und vollkommen ahnungslos, was mich erwartet. Meinen Wissensdurst gepaart mit der nötigen Zeit (ich entschied nach meinem Master und mit Beginn der Schwangerschaft erst einmal die Beine hochzulegen und weiß um diesen Luxus, sich nur mit Themen auseinander setzen zu können, die einen interessieren) stillte ich (hach schönes Wort) mit Lektüre über Schwangerschaft und Geburt. Schnell kristallisierte sich heraus, dass ich eine selbstbestimmte Geburt möchte: bei vollem Bewusstsein, aus eigener Kraft und in Einklang mit meinem Baby und seiner Physiologie. Natürlich. Das geht sicher auch im Krankenhaus, aber die wenigsten Frauen sehen sich dort in entspannter Atmosphäre. Und die ist notwendig, um den passenden Hormoncocktail zu produzieren, der eine Geburt so entspannt und einfach wie möglich ablaufen lassen kann. Es gehört natürlich auch die Überzeugung dazu, eine Frau zu sein, die fähig ist, einem Menschen auf die Welt zu helfen. Wenn man die Verantwortung am liebsten abgeben möchte, sind vielleicht alle Alternativen zum Krankenhaus nur fahrlässig und stehen wohl gar nicht zur Debatte. Gleich vorweg: für Komplikationen und Notfallmedizin ist so ein Krankenhaus super. Aber bevor nach dem zweiten Weltkrieg die Krankenhausbetten irgendwann leer waren und man die vorher normalen Hausgeburten zu „Zwangs-Krankenhausgeburten“ machte, war es NORMAL, zu Hause zu gebären. Die Menschen erinnern sich nur nicht.

Es war ebenso immer normal, dass nur Frauen bei Geburten anwesend sind. Es war sogar sehr lange verboten, dass Männer Geburten beiwohnen. Irgendwann (Jahreszahlen sind in gelesener Lektüre vorhanden) kam dann mal ein männlicher Arzt zu einer gebärenden Frau ins Zimmer. Diese hatte sich so erschreckt, dass die Geburt vorübergehend stagnierte. Dies ist ein physiologisches Phänomen. Geburten stoppen, wenn die Frau sich nicht sicher fühlt. Es ist also etwas sehr natürliches, wenn ein Muttermund auch einmal wieder zugeht. Im Krankenhaus werfen sich dann betreuende Ärzte und Hebammen gegenseitig vor, dass sie sich vermessen hätten. Der Muttermund war bereits so und so viele Zentimeter geöffnet. Er kann ja nicht einfach wieder zugehen. Doch, das kann er. Manche Frau kommt mit Wehen ins Krankenhaus. Sobald sie im Neonlicht und unter Weißkitteln und dem Geruch von Desinfektionsmitteln steht, befindet sie sich unter Umständen gefühlt in einer Gefahrensituation. Alles um sie herum vermittelt ihr, dass etwas „Schlimmes“ passieren muss. Geborgen fühlen sich die wenigsten im Krankenhaus. Also schüttet der Körper der Schwangeren plötzlich viel Adrenalin aus. Die Geburt stoppt. Was passiert im Krankenhaus? Wehentropf. PDA. Oftmals stundenlange künstliche Wehen. Sobald die Chemie zum Einsatz kommt, hört der weibliche Körper auf, selbst die passenden Hormone für die Geburt zu produzieren. Der Drops ist also gelutscht. Jetzt greift das System. Nach häufig sehr langen schmerzhaften Stunden oder auch schon eher, fragen die Frauen oder eben die Geburtsassistenten nach einer Peridualanästhesie. Wenn die Frau sich für ein Schmerzmittel unter der Geburt entschieden hat, kommt es häufig zu weniger positiven Reaktionen der Ungeborenen. Ihre Herzfrequenz nimmt ab. Sie werden quasi mit betäubt. Wenn ihre Werte kritisch werden, schlagen die Ärzte meist das Unabwendbare vor: einen Kaiserschnitt. Und das sind in Deutschland „relativ wenige“ mit einem Drittel der Geburten. Dabei ist nur einer von zehn Kaiserschnitten dringend notwendig (siehe hier). In den USA kommen mitunter bis zu 80% der Kinder mit Kaiserschnitt zur Welt. Geringe Kaiserschnittraten haben wir im Hausgeburtsland Nummer eins in Europa: den Niederlanden. Eine niederländische Studie belegt auch, dass Hausgeburten sicherer seien, als Krankenhausgeburten, weil es eben nicht zu häufigen Eingriffen kommt. (Ich hab die Uni und das wissenschaftliche Arbeiten hinter mir: Ich habe keine Muße, alle Bücher noch einmal durchzulesen, um die Seitenzahl und die Quelle exakt zu nennen. Google hilft allerdings bei fast jedem Punkt weiter und abschließend liste ich die gelesenen Bücher auf. J)  Wie bereits erwähnt: die meisten Eingriffe sind unnötig. Risikoschwangerschaften und Mütter, die sich einfach absichern wollen, sind im Krankenhaus gut aufgehoben. Nicht alle Krankenhäuser sind nur am Verdienst interessiert. Es gibt wirklich welche, die den Frauen spontane Geburten „gönnen“. Kurz angemerkt: ein Kaiserschnitt und alle möglichen Mittelchen zur Einleitung und Betäubung bringen natürlich mehr Geld ein als eine spontane Geburt ohne Hilfe. Eine Krankenhausgeburt wird hierzulande komplett von der Krankenkasse bezahlt. Die Rufbereitschaft für Hebammen für Geburtshaus und Hausgeburten werden nur anteilig übernommen. Es ist also ein teurer Spaß. Manche Ärzte der Geburtsmedizin möchten auch einfach „etwas tun“ und nicht „sinnlos umherstehen“: viele Dammschnitte (und selbstverständlich auch Kaiserschnitte) sind also auch damit begründet. Ich habe auch von einer Frau gelesen, die bereits vier Kinder zu Hause gebar. Bei ihrem fünften Kind hatte sie ein Gefühl: Sie wollte unbedingt auf der Stelle ins Krankenhaus und einen Kaiserschnitt haben. Sie traf nicht unbedingt auf Verständnis, weil sie ja bereits eine erfahrene „ZuHauseGebärende“ war. Ihr Gefühl wurde bestätigt: ihr Kind wurde mit mehrfach um den Hals umwickelter Nabelschnur und schon leicht blau via Kaiserschnitt geboren. Wenn alle Frauen wieder lernen können, auf ihre Intuition zu hören, sich selbst und dem Frausein zu vertrauen, dann kann es eine schöne Kooperation zwischen selbstbestimmten natürlichen Geburten und der Geburtsmedizin geben.

Ich könnte hier noch sehr ausführlich über das berichten, was ich gelesen habe und was Leila und mich bewegt hat … Ich möchte viel lieber jetzt von der Geburt meiner süßen Tochter schreiben und gerne aufkommende Fragen in persona beantworten.

Ich wollte also eine Geburtshausgeburt. Leilas Papa sollte dabei sein. Er hat bereits einen siebenjährigen Sohn und hatte nicht so gute Erinnerungen an dessen Geburt. Für mich war aber erst einmal selbstverständlich, dass der Vater dabei ist. Die Mutter seines Sohnes sagte mir, ich solle ihn nicht mitnehmen. Das hat mich erst einmal nicht bewogen, etwas anderes zu wollen. Die Mutter meines Partners sagte: „Vielleicht willst du ja auch lieber allein sein, beziehungsweise ungestört.“ Das fand ich zu dem Zeitpunkt auch noch nicht so überzeugend. Das war, glaube ich, zu Weihnachten. Leila sollte Ende Mai kommen. Im Januar flogen wir nach Mexiko: Leilas Papa und ich mit wachsendem Bauch. (Ich hatte wirklich immer eine relativ kleine Murmel). Die Kommunikation von meinem Mädchen und  mir wurde immer intensiver. Ihr Name stand übrigens nicht zur Auswahl: Dieser kam eines Tages (im Urlaub) aus meinem Bauch in den Kopf gestiegen. Sie hat ihn sich selbst ausgewählt.

Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, aber ich glaube das Thema „Alleingeburt“ kam zu einem Seminar auf, das ich im Februar besuchte. Ich möchte jetzt nicht zu sehr ausschweifen, deshalb überspringe ich einfach dessen Inhalt. Ich wage mich noch so viel zu erinnern, dass die Seminarleiterin nach drei Tagen beim Verabschieden zu mir sagte: „Du bekommst dein Kind alleine ganz entspannt zu Hause in der Badewanne.“ Ich lächelte und nahm diesen Gedanken mit: Ohne eine Sekunde etwas wie „So ein Quatsch“ zu denken. Als ich wieder zu Hause war, begann ich mich mit diesem Thema zu beschäftigen. Es ist via Google natürlich ein heiß umstrittenes Thema. Wichtige Namen an dieser Stelle und gleich an großes Dankeschön an ihr Wirken und Dasein: Sarah Schmid und Laura Kaplan Shanley. Eine Deutsche und eine Amerikanerin, die alle ihre Kinder alleine gebaren. Sarah Schmid selbst ist Ärztin und Shanley musste mit vielen Widerständen kämpfen. Ich las Sarah Schmids Buch „Alleingeburt“. Es klärt über Risiken auf und was alles passieren kann, wie man agieren sollte und wann der Besuch im Krankenhaus doch notwendig sei. Ein Großteil des Buches sind Erfahrungsberichte Alleingebärender. Komplikationen, Krankenhausbesuche und sogar Alleingeburten von bereits im Bauch (früh) gestorbenen Kindern kann man nachlesen. Ich las das Buch und dachte nicht eine Sekunde: „Verrückt“ oder „Ich habe Angst.“. Für mich war klar, dass das was diese Frauen machten und was sie bewegte, das Natürlichste der Welt sei. Ist es ja auch. Also mal ehrlich: Geburt und Tod. Nichts ist natürlicher und mit beidem wird in unserer Welt so viel Geld gemacht! Für alle, die sich jetzt vor Augen halten, was denn an Krankenhausgeburten und Schulmedizin alles gut sei und inwiefern das in den letzten 150 Jahren Frauen und Kindern das Leben rettete: es gibt genügend Belege dafür, dass es an anderen Faktoren liegt: wir Leben in keiner Mangelwelt, haben genug zu essen, Hygiene und müssen auch nicht im Krieg Kinder bekommen. Das sind auch die Bedingungen, die eine Frau dazu bringen können, eine Geburt alleine zu „überleben“. Es gibt ja einige Orte auf dieser Welt, wo eine Frau „mal eben schnell ihr Kind im Busch gebärt und dann weiter Reis pflückt“. Wie kann man so etwas abwerten und als primitiv bezeichnen? Ich finde es unglaublich stark und bin nur beim Lesen der anderen Frauen, stolz auf diese. Auch wenn ich sie nicht kenne. Was Frauen schon immer leisten, ist das Natürlichste und auch das Größte auf unserem Planeten.

Ein Baby, was sich auf die Welt aus Mamas Bauch heraus begeben will, bestreitet wohl seinen schwierigsten Kampf. Es entscheidet, wann es kommen möchte und wenn es ihm vergönnt sei, arbeitet es mit seiner Mutter zusammen: in seinem Tempo, auf seine Art. Ein Wunschkaiserschnitt oder ein nicht zwingend notwendiger nimmt dem kleinen Menschen so viel Selbstbestimmung. Er „muss“ ohne „eigenen Kampf“ in unsere Welt kommen. Eine Freundin, die selbst per Kaiserschnitt zur Welt kam, sagt, dass sie in Konfliktsituationen immer versucht, ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen, das Handeln anderen zu überlassen und sich nicht in der Lage fühlt für sich selbst einzustehen. Eine Frau, die Menschen mit Geburtstraumata therapiert, hat selbst zwei Kinder: das eine Kind hat sie per Kaiserschnitt bekommen und zu diesem hat sie leider auch eine weniger intensive Beziehung.

Es manifestierte sich also für mich: Alleine gebären. Bevor dieser Gedanke aufkam, hatte ich bereits keine Lust zu so einem Geburtsvorbereitungskurs zu gehen. Ich hatte bereits genug über Geburten, deren Ablauf (Phasen) und Geburtspositionen gelesen. Bereits zu Schulzeiten mochte ich es nicht, wenn man sich über die Inhalte einer Klassenarbeit austauschte oder im Studium später, wenn die bereits Masterstudenten den Dozenten fragten, wie sie denn das Referat gestalten sollen … Ich möchte Niemandem vor den Kopf stoßen, der anders tickt: Ich wusste schon immer selbst ziemlich genau, was für mich richtig war. Seit ich schwanger war noch viel mehr. Wobei hier einiges tatsächlich von meinem Baby kam und nicht von mir J. Ich habe ein großes Ur-Vertrauen. Ich glaube daran, dass alles, was passiert, passieren muss und sei es noch so unangenehm oder ungewünscht: es ist eben so. Ich habe so einige „krasse Sachen“ erlebt und ein paar „abenteuerliche Erfahrungen“ in meiner Kindheit mitgemacht. Niemals habe ich Erlebtes als „schlecht“ oder „Pech“ empfunden. Mitmenschen äußerten, ich hatte in der ein oder anderen Lebenssituation „ganz schön viel Pech“. Ich empfand es immer anders: „Es hätte schlimmer kommen können.“, „Es hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich jetzt bin und ich möchte kein anderer sein.“ und „Ich lebe doch noch.“ Das reicht hoffentlich als kurzer Abriss über meine Person für alle, die mich nicht kennen. Es sind übrigens nur sehr wenige Menschen, die mich „kennen“. Ich rede gerne und hab auch immer etwas zu sagen, doch oft bin ich am liebsten alleine und möchte nicht reden müssen. Dem sehr geselligen und offenherzigen Menschen Fanny steht ein Einsiedlermädchen gegenüber. Früher wollte ich immer die Welt verbessern. Jetzt habe ich die Ruhe in mir, dass alles kommt wie es kommt und ich den Menschen begegne, denen ich begegnen muss oder ich die Informationen erhalte, die ich brauche. Genauso hier beim Schreiben: Die Stimmen der anderen, meiner lieben Mitmenschen, bewegen mich, diesen Bericht zu schreiben. Ich wünsche uns Menschen, dass wir wieder zu unseren Wurzeln zurück finden.

Zurück zum Geburtsvorbereitungskurs, den ich tatsächlich nicht gemacht habe. Atmen muss man immer, das wird man auch in so einer Situation – Geburt –  noch können. Da macht man sicher instinktiv das Richtige. Ich war mir von Tag zu Tag sicherer und Leila meldete auch nichts Gegenteiliges an. Wir waren uns einig. Wir wollten gerne diesen intimen Moment zusammen bestreiten. Was einige Frauen zu Alleingeburten bewegt, ist zum Beispiel, dass sie eine Geburt als so intim empfinden, wie den Moment der Zeugung des Kindes. Das konnte ich gut nachvollziehen. Wer kann sich gut entspannen, wenn fremde Menschen um einen herum sind? Wer wird gerne beim Sex beobachtet? Okay, sei es nur die Hebamme und der Kindsvater: auch diese können mitunter mit ihren eigenen Gefühlen so beeinflussen … Ich hatte ein Hebammenteam gefunden, dass sich zur Geburt (Es wäre nur eine der beiden da gewesen: sie wechselten nur alle paar Tage ihre Rufbereitschaft, dass sie auch immer gut ausgeschlafen waren.) schön zurück gehalten hätte. Also ich hätte tatsächlich mein Baby alleine bekommen können ohne „Mach dies, mach das.“ Mit so einer lieben betreuenden Hebamme, kann man unter der Geburt auch mal massiert werden oder einen kalten Waschlappen auf die Stirn bekommen. Ich las auch von Frauen, die ihren Partner bei der Geburt dabei hatten und darüber total glücklich waren. Manche konnten sich allerdings nicht einmal mehr anfassen lassen. Jede Berührung durch andere Menschen war ihnen „zu viel“. Ich wusste ja noch nicht aus Erfahrung, wie es bei mir werden würde. Ich konnte allerdings so viel sagen: ich packe vieles lieber alleine an, weiß was ich will und entgegen meinem oftmals sehr losen Mundwerk manchmal doch ganz schön „scheu“.  Sex mit Publikum lehne ich bis hierher erst einmal ab. So bezog ich das auf die anstehende Geburt. Alleine ist schöner. Was mich auch ganz fröhlich stimmte: kein anderer Mensch als ich selbst wird das kleine Menschlein als erstes in den Händen halten.

Ich erzählte meiner Mama von meinen Plänen. Das hätte ich lassen sollen. Ihre Ängste verunsicherten mich nicht. Die Diskussion über Leilas geplante Geburt hätte ich mir aber sparen können. Ich gab also nach außen hin weiter vor, mit Hebamme und zu Hause zu gebären. Leilas Papa fand das alles ganz gut so. Ich glaube, solange er nicht „in die Pflicht gerufen wurde“, war ihm alles Recht. Ich war mir mittlerweile so sicher, dass er ein Störfaktor für mich zur Geburt gewesen wäre: zu unruhig. Außerdem geht es vielen Männern so: sie fühlen sich nutzlos. Am allerschlimmsten ist es dann, wenn sie sehen, wie ihre Geliebte leidet und unter Schmerzen schreit und weint und sie NICHTS tun können. Händchen halten … Ganz ehrlich. Das ist meines Erachtens nicht so befriedigend. Es mögen viele Männer und Frauen schön finden, gemeinsam dieses Erlebnis zu begehen. Ich schließe es auch nicht aus, doch ist das keine Selbstverständlichkeit.

Man ist im fortgeschrittenen Stadium der Geburt sicherlich nicht mehr so durch äußere Faktoren abzulenken: dann, wenn Frau zum wilden Tier wird und alle Kraft dieser Welt aufbringt, um das kleine Menschlein heraus zu manövrieren. Doch bis es soweit ist, kann man die Geburt so schön wie möglich gestalten und das in meinem Fall ohne Publikum.

Ich war bereits 12 Tage über dem errechneten Termin. Wehentee und Wehentampons verschönerten die Tage des Wartens. Alle zwei Tage hat meine Hebamme ein CTG gemacht. Baby war fit. Bei der Frauenärztin gab es eine Woche nach errechneten Termin einen Ultraschall und da sah auch alles gut aus: noch genügend Fruchtwasser, Baby aktiv und nur die Plazenta schon leichte Kalkablagerungen. Das ist übrigens die natürliche Einrichtung: das Baby wird zunehmend schlechter versorgt, damit es sich dann mal auf den Weg macht. Früher kamen ja auch alle Kinder irgendwann raus. Da gab es nur noch keinen Termin, bei dem man pünktlich oder unpünktlich sein konnte …

Insgesamt dreimal hatte ich vor der Geburt richtig heftige Wehen und Durchfall. In der 35. SSW und zweimal in der 39. SSW. Durchfall ist die Einrichtung des Körpers, um Platz fürs Baby zu schaffen.  Beim ersten Mal Übungswehen besuchte ich gerade eine gute Freundin in London. Es war übrigens am Geburtstag meines bereits verstorbenen Opas. Wer weiß, was Leila da bewog. J Schließlich kam sie aber doch nicht eher, sondern eben ganze 12 Tage später.

Wir hatten leider kaum Sex in der Schwangerschaft. Doch am 8.6. musste der Papa dringend mal ran: ein gutes geburtseinleitendes Mittel sei das Prostaglandin im männlichen Sperma. Das solle wohl den Muttermund reifen lassen. J. Ich sage mal so: er hat somit seinen Beitrag zur Geburt geleistet. Ich hatte an diesem Montag so circa sechs Stunden lang immer mal wieder Wehen. Gegen frühen Abend war erst einmal Ruhe. Uff. Na ja, wäre ja zu schön gewesen, wenn es endlich losginge. Ich hatte mir übrigens bis zum Schluss vorbehalten, den Papa und die Hebamme zu rufen. Beide wussten, dass ich sie wohl erst später rufen würde, so in Richtung Nachgeburt. Denn für die geplante Lotusgeburt (hier mehr dazu) würde ich dann doch ein paar Hände brauchen und außerdem wollte ich dann schon gerne den Papa dabei haben. Damit er als erstes seine kleine Tochter bestaunen kann. J. Hätte ich unter der Geburt das Bedürfnis gehabt, jemanden dabei zu haben, hätte ich sie gleich gerufen. Ebenso wäre ich ins Krankenhaus gefahren, wenn sich irgendetwas nicht gut anfühlt. Soweit kann ich mir vertrauen. Wer das anders sieht, sollte nicht von sich auf andere schließen und seine Ängste gerne mit sich ausmachen. Ich habe mir mit meinem angeeigneten Wissen zu eventuellen (und statistischen) Komplikationen selbst restlos die Erlaubnis erteilt, unsere Leila alleine heraus zu drücken J.

Es war also wieder ruhig … Mh. Alleine zu Hause sitzen (wir haben getrennte Wohnungen) kommt nicht in Frage. Ich ging also eine Freundin besuchen. Es waren noch zwei andere Freunde da und bis ich mich abends halb elf auf den Heimweg machte, blieb auch weiterhin alles ruhig. Ich hatte Hunger. Im Kühlschrank hatte ich noch einen großen Blumenkohl … Hm. Irgendwie langweilig. Ich wurde übrigens ab dem Aussteigen aus der Straßenbahn von einem tunesischen Mann „verfolgt“. Aus Höflichkeit ließ ich mich auf ein Gespräch ein.  Es kam nicht viel zu Stande, die Sprache ermöglichte es nicht. Er lief mir also wohlwollend hinterher … Ich wollte ihn unbedingt noch vor zu Hause abschütteln. Angst hatte ich nicht, aber belästigt fühlte ich mich schon. Ich finde es auch sehr komisch, eine sichtlich Schwangere anzuquatschen. Ohne Hintergedanken war das für mich nicht. Ich konnte ihn also abwimmeln und bog dann nicht in Richtung Wohnung, sondern in Richtung Späti (in Leipzig bezeichnen wir einen Spätverkauf so) ein, um Soße für meinen Blumenkohl zu finden. Der Blumenkohl dient nicht nur zur Unterhaltung, er spielt noch eine entscheidende Rolle J. In diesem Späti wurde ich auf die andere Filiale des Spätis hingewiesen, die ungefähr 150 Meter weiter von meiner Wohnung weg ist. Diese 150 Meter sind in meinem Fall des nur-unter-immensen-Schmerzen-Laufen-Könnens echt viel. Jeder Schritt mehr war eine Qual. Hunger hatte ich trotzdem und ich schmeiße nicht gerne Essen weg: der im Bioladen bereits vergünstigte Blumenkohl, der schon ein paar Tage in meinem Kühlschrank schlummerte, war heute noch fällig! Im zweiten Späti kaufte ich dann gesunde Fertig-Tomatensauce. Etwas später aß ich Blumenkohl mit Chiasamen, Sesam und Tomatensauce. Es reichte ein wenig und ich war satt. Na ja, vielleicht hab ich ja später noch einmal Hunger. Ich ging dann wie gewohnt in die Badewanne. Es dauerte nicht lange und es ereilten mich starke Winde. Der Blumenkohl fetzte so richtig los in meinem Bauch. Ein großes Konzert in meinem kleinen Bad. Es war 1 Uhr und 10 Minuten als ich einen vorher noch nie erlebten Bauchwind erlebte: Es war der Blasensprung J und ich war in der Badewanne. Es knallte regelrecht in meinem Bauch. Der Wecker und das Handy standen immer in Reichweite. Ich spare hier ein paar Zeichen und setze meine Gedanken nicht extra in „Gänsefüßchen“. Okay. Fruchtblase war geplatzt. Das heißt, dass innerhalb von 90 Minuten oder spätestens 48 Stunden regelmäßig Wehen kommen und das Baby sich auf den Weg macht. In Krankenhäusern dulden sie übrigens maximal 24 Stunden, dann wird eingeleitet L. Das Fruchtwasser erneuert sich, das Baby schwimmt nicht im Trockenen J. Ich hab mich in der Wanne dann hingestellt und den Geschmackstest gemacht … Also was da unten raus läuft, soll süß sein. Ich war ja nass, also war es nicht gleich eindeutig zu spüren, aber doch, da lief etwas und so süß fand ich es nicht. Ich habe mich sehr gefreut, war nach wie vor gelassen und habe alles kommentiert. Ich habe also selbst erlebt und darüber gesprochen (leise in meinem Kopf), was passiert und was kommen kann oder soll. Na dann legen wir mal los. Ich fange dann mal an, alles vorzubereiten. Ich habe im Wohnzimmer auf dem Teppich diese Unterlagen, die man für Hausgeburten bekommt, hingelegt und die Laken, die mir meine Mama gegeben hat, darüber gelegt. Ich habe Kerzen angemacht: eine neue große Kerze – die an diesem Tag von mir deklarierte Geburtskerze und die Leila-Schildkröte (ein Porzellan-Windlicht in Schildkrötenform, welches ich in Mexiko für Leila bemalt habe)  und ein paar Teelichter. Ich stand dann vor meinem vorbereiteten Geburtsplatz im Wohnzimmer und sagte: Nee, ich rufe niemanden an. Hier kann mir eh keiner helfen. Was wollen die denn? Die Wohnung ist klein und ich brauche auch meinen Raum …

In meinem Bad ist zwischen Wanne und Toilette nicht viel Platz, doch da hielt ich mich später länger auf. Ich stellte im Wohnzimmer und Schlafzimmer etwas zu trinken hin. Überall waren Handtücher, Laken, Unterlagen … Ich habe Fotos von meinem wunderschönen Geburts-Wohnzimmer gemacht. Es sah wirklich alles richtig gemütlich und festlich aus. Ich ging dann mit einem Glas Rotwein und einem Buch auf den Balkon. Den Wecker hatte ich dabei, das Telefon natürlich auch. Die Wehen setzen wirklich 90 Minuten nach dem Blasensprung ein. Ach, ganz erträglich. Okay, entleeren musste ich mich auch. Ich hatte Stuhlgang. Mensch, dieser Blumenkohl. Wie clever von mir, so etwas Blähendes zu essen. Davon rate ich gerne ab, wenn man bald ein Kind bekommen möchte. Ich habe echt lange durchgehalten mit dem Lesen. Na ja, als als dann die Wehen alle 4-5 Minuten kamen, bin ich rein gegangen. Zum Stuhlgang haben selbstverständlich auch. Ich weiß ehrlich gesagt nicht mehr genau, wie oft und in welcher Konsistenz. Ist ja auch sch*egal. (Diese kleine Passage ist besonders für die Lieben, die mich kennen gedacht J). Im Wohnzimmer lag ich nackt, immer ein Handtuch zwischen den Schenkeln, weil ja kontinuierlich das Fruchtwasser plätscherte, auf meinem babyblauen Schaffell. Ich habe sogar noch ein Selfie gemacht. Etwas schmerzverzerrt hab ich schon geguckt. Zu diesem Zeitpunkt schrieb ich via Whatsapp mit Leilas Papa. Er war nachts wach geworden (siebter Sinn J) und las, dass der Blasensprung war. Er fragte, ob er kommen soll. Ich meinte, ich käme soweit ganz gut zurecht. Er hatte auch keine Ahnung, wie der Stand der Geburt war. Ich wanderte dann auf die Toilette, sehnte mich regelrecht nach einer aufrechten Haltung. Vielleicht rutscht sie dann einfach raus … Zu dem Zeitpunkt hatte ich alle 2-3 Minuten Wehen und schrieb ihm: Es wird jetzt zu anstrengend, in den Wehenpausen noch zu schreiben. Bis später.

Er hatte keine Ahnung, was es heißt, so kurz hintereinander Wehen zu haben. Ich glaube es war so gegen 4 Uhr. Ich wechselte ein paar Mal vom Wohnzimmerboden auf die Toilette. Das war dann aber zu anstrengend und im stolzen Besitz einer Kindermatratze legte ich diese zwischen Toilette und Badewanne. Ein Paar Handtücher drauf und fertig war die neue Spielwiese. Uuiuiuiuiui. Aua. Mensch, das tut aber wirklich weh. Da kommt sie, so eine Welle … Boar. Ehrlich?! Ich hab das nicht so schmerzhaft erwartet. AUAAAAAAAAA! Ich saß also auf Toilette (manche Frauen bekommen ihre Kinder auch darauf, ich fand die Vorstellung nicht so ästhetisch, aber wie es kommen würde, wusste ich auch nicht) … Ich schrie … wie ein wildes Tier, richtig laut. So habe ich auch noch nie geschrien. Im Haus wussten alle, außer die Nachbarin direkt über mir, dass ich eine Hausgeburt haben würde. Ich hab schon mal kurz gedacht: Mensch, nicht, dass die Kreher jetzt nach Hilfe kräht. Also benommen vom Schmerz und echt ganz schön erschöpft legte ich mich zwischen den Wehen auf die Matratze. Vielleicht kann ich ein paar Sekunden schlafen? Haha. Na ja, also wirklich, das war einfach nicht drin. Ich habe geflucht über die Schmerzen. Ich wusste: kurz bevor das Pressen losgeht, kommt so ein Tief. Da sagen Frauen so etwas wie: Ich will nicht mehr. Gib mir eine PDA! Mach einen Kaiserschnitt!

Ich dachte ziemlich lange: Mensch, jetzt müsste es doch endlich mal losgehen hier … Also lange mach ich das nicht mehr mit. Ach nee, ich hab echt keine Lust mehr. So ein Mist. Zum Glück hab ich keine andere Wahl als weiterzumachen. AUAAAAAAAA. Ich presste das erste Mal. Es kam viel Blut. Ich saß ja idealerweise auf dem Klo. Mist, zu früh pressen ist ja nicht physiologisch. Wenn der Muttermund noch nicht ganz auf ist, ist das sicher schlecht. Ein kurzer Moment der Unruhe. Ein Tasten meinerseits … Wow, da ist nicht nur ihr Kopf (den konnte ich ja schon wochenlang durch die Scheide tasten), da sind jetzt sogar Haare?! Ahh, mein Baby … Okay … also … Der Muttermund ist weit auf, wie weit, keine Ahnung. Aber ich mache einfach, was ich machen muss. Also locker bleiben. Entspannen. Witzig. Irgendwie unvorstellbar jetzt … Es sei denn … Na, ich lass mir einfach eine neue Wanne ein! Mal gucken was dann passiert. Noch mal kurz angemerkt: Die Damm-schonendsten Geburtspositionen sind die aufrechten: also in der Hocke, im Stehen oder auf allen vieren. Stehen war für mich unvorstellbar. Viel zu erschöpft immer wieder … Ich lag dann erst einmal in der Wanne und entspannte etwas. Also ein klitzekleines Bisschen. Ich versuchte dann in meiner für Geburten eigentlich viel zu kleinen Badewanne zu hocken. Also für quer, Gesicht zur langen Wannenseite. Denn es folgten Presswehen … Heiliger Bimbam. Nee, das wird nichts. Viel zu unbequem. Also begab ich mich in die letzte der Damm-schonenden Positionen: Seitenlage. Ich hab sogar gelesen, dass man die Beine zusammenlassen kann, der Kopf des Babys würde sich dann schon seinen Weg bahnen. So hinten zwischen den Pobacken heraus. Ich habe dennoch mein linkes Bein ab und zu angehoben. Ich dachte kurz, mir platzt vielleicht der Kopf. Oder mein Unterleib könnte explodieren. Das Bild, um einen Mann zu beschreiben, wie sich eine Geburt anfühlt: wie das Kacken einer großen Wassermelone, finde ich ganz passend. Ich bin jetzt nicht mehr so genau: doch es waren so in etwa 8-9 Presswehen bis Leilas Köpfchen rausguckte. Das Pressen war nicht so übel wie die Wehen davor. Hier passierte wirklich etwas Großes … Okay … Kopf draußen, juhu, bald hab ich sie in meinen Armen! Endlich! Ich war bereits erleichtert: denn nach dem Kopf geht ja alles ganz schnell. Ich griff nach ihrem Kopf. Was ist da so weich? Ach, das ist ihr Gesicht. Na wie lustig. Erster Handkontakt: schön ins Gesicht gegriffen. Hoffentlich ist sie nicht erschrocken. Was mache ich jetzt? Dran ziehen wäre das letzte. Da hätte ich auch gleich ins Krankenhaus gehen können … Also abwarten. In meiner blutigen Wanne … Aber ich musste nicht lange warten. Die nächste Presswehe galt ihrem kleinen Körper. Wie im Buch: eine Drehung mit den Schultern und – flutsch – da war sie. AHHHHHH mein Baby ist daaaaaa … jaaaaaa … Wie bei 30 Prozent der Kinder, war ihre Nabelschnur einmal um ihren Hals gewickelt. Kein Grund zur Sorge. Ich musste Leila, um ihre Schnur zu entwickeln, noch einmal kurz untertauchen. Sicherheitshalber habe ich sie dann abgesaugt: mit meinem Mund ihre Nase und ihren Mund ausgesaugt. Da war aber nichts. Sie hat mich mit ihren riesigen Augen angesehen und geatmet. Ich hielt sie dann soweit die Nabelschnur das ermöglichte in die Luft und sie schrie kurz. Dann hab ich sie mir wieder auf den Bauch gelegt und ein Handtuch drauf gepackt. Ich habe geweint. Ich war so gerührt. Aber hier gehen mir die Worte aus … Unfassbar. Unglaublich. Das Größte. Bedingungslose und unendliche Liebe. Stille. Adrenalin. Endorphine. Der Sinn des Lebens. WOW.

Es war 7:18. Ich machte ein paar Fotos von uns und schickte sie in der extra für Leila eröffneten Whatsapp-Gruppe. Ihr Papa hatte seinen Sohnemann gerade in den Kindergarten gebracht. Ich rief die Hebamme. Leider hatte der Papa den Schlüssel für meine Wohnung nicht dabei. Also mussten wir insgesamt fast noch eine Stunde in der Wanne verharren. War auch okay. Wir hatten ja uns. Die Hebamme stand also vor der Tür bis der Papa endlich kam. Sie sagte mir dann, dass sie bis zum Schluss nicht wusste, ob ich sie nun zur Geburt rufen würde. Das Rätsel war gelöst. Ich hatte das Kindchen alleine geschaukelt.

Papa war stolz und staunte über unser kleines Wunder. Die Hebi half mir aus der Wanne. Das Bett hatte sie bereits präpariert. Die Nachgeburt stand noch aus. Ich habe Leila nicht direkt angelegt. Dabei hat sie bereits in der Wanne jeden einzelnen ihrer kleinen Fingerchen schmatzend in den Mund genommen. Da hab ich nicht geschalten. Dass sie bereits die Brust sucht. Na ja, sei mir verziehen. Ging später auch noch. J Beim Anlegen wird besonders viel Oxytocin ausgeschüttet, was die Nachgeburt beschleunigt. Ich hab mich etwas feiern lassen mit der Plazenta. Ich war so entspannt, dass ich nicht mehr so Lust hatte, noch etwas rauszudrücken. Wobei es ja nicht mehr so schlimm sein konnte … Also ich glaube es war so um die zwei Stunden nach der Geburt, als ich mal so eine Nachwehe nutzte und presste. Die Hebi sagte mir, dass die Plazenta gelöst sei. Ich müsste sie also quasi nur noch raus schieben … Also hab ich mich überreden lassen. Und da war ja der Papa dabei. Er lag neben mir und Leila im Bett. Da hab ich auch noch mal geschrien. Ich war froh, dass ich bei dem ganzen anderen Geschreie und Geheule alleine war. Ehrlich. Hab ich selber kaum ausgehalten. Wie ist das dann für den, der dich liebt und dein Bestes will? Ich fand es so wie es gelaufen ist traumhaft! Meine erste Geburt. 6 Stunden. Alleine. Geborgen zu Hause. Manche sagen verrückt. Manche mutig. Ich sage: so bin ich. Das war ich. Das waren wir. Leila hat mich dazu ermutigt. Sie hat sich das ausgewählt. Meine beste Freundin, mein Papa und meine Mama kamen noch am selben Tag. Wir aßen Kuchen. Auf Fotos sieht Leilas Papa erschöpfter aus als ich. Ich war noch so geladen. Die Erschöpfung kam später.  Leila hat sich am vierten Tag nach ihrer Geburt selbst abgenabelt. Ihr Nabel ist wunderschön. Ihre Plazenta haben wir noch immer zu Hause. Getrocknet und gekräutert. Ihr erster Freund und Partner. Mal sehen was wir damit machen. Dazu liste ich auch noch ein spannendes Buch auf.

Heute ist sie zwölf Wochen alt. Ich stille voll, sie ist ruhig, lacht sehr viel, schreit nie. Weint mal, wenn sie müde ist. Sie kackt und pullert seit Geburt ins Töpfchen. Natürlich nicht immer, aber so oft wie möglich (hier). Ich habe keinen Kinderwagen. Sie wird nur getragen. Jean Liedloffs Buch könnte die Welt retten. Wir Menschen sind Traglinge.

Erstes Kind: Alleingeburt (wobei ich selbstbestimmte Geburt schöner finde). Lotusgeburt. Vollstillen. Tragen. Windelfrei. Ich bin sehr dankbar für die Zeit, die ich hatte, um mich so intensiv mit den Themen auseinander zu setzen. Dankbar für jeden Hinweis und jedes Buch, das mir empfohlen wurde. Dankbar, dass so viele an mich glauben und mich im Herzen immer unterstützen. Dankbar für dieses größte aller Wunder: Unsere gesunde, fröhliche und wunderschöne Leila Elia Eliza …

Bücher:

Ingeborg Stadelmann „Die Hebammensprechstunde“,

Sarah Schmid „Alleingeburt“,

Laura Kaplan Shanley „Unassisted Childbirth“,

Michel Odent „Geburt und Stillen“,

Ina May Gaskin „Die selbstbestimmte Geburt“,

Ingrid Bauer „Es geht auch ohne Windeln!“

Jean Liedloff „Auf der Suche nach dem verlorenen Glück“,

Cornelia Enning „Heilmittel aus Plazenta“

Internet:

http://www.hebammenblog.de/geburtsbericht-alleingeburt-indien/

http://www.babyglueck.ch/geburt/alleingeburt.php

http://orgasmicbirth.com/

https://www.sein.de/orgasmische-geburt-das-bestgehuetete-geheimnis/

http://www.babyglueck.ch/geburt/lotusgeburt.php

http://www.ohne-windeln.de/

http://continuum-concept.de/jean-liedloff.html

 

Geplante Alleingeburt 19 Tage über Termin

Hallo, liebe Leser! Hier kommt wieder ein schöner Geburtsbericht für euch (nicht meiner, sondern von einer Mama, die bereit ist, ihn mit euch zu teilen). Sie ging 19 Tage über Termin. Was wohl passiert wäre, wenn sie im „System“ geblieben wäre? Stress, Einleitung, die vielleicht scheitert und in der OP endet, wie inzwischen über 30 Prozent aller Geburt hierzulande … Aber sie hat sich entschieden, selbst die Verantwortung zu übernehmen und auf ihr Baby und ihren Körper zu hören. So hat sie sich den sonst üblichen, künstlich erzeugten Stress erspart und schließlich wunderschön und unspektakulär geboren.

Ich hatte am Vormittag gegen 10 Uhr regelmäßige Schmerzen im Unterleib. Ich dachte, die kommen von der Blasenentzündung und machte Tee, trank viel Wasser und musste dementsprechend oft zum WC.

Irgendwann merkte ich, dass diese Schmerzen wohl doch Geburt sind und ich legte mich hin und schlief & döste, so gut es ging.
Als mich eine Wehe weckte, die ich veratmete und tönte, sprang ich auf und musste dringend zum Bad. Dabei traf ich meinen Mann und sagte ihm was los ist. Er wurde wieder leicht hektisch, was ich so gar nicht mag, und ich ging weiter. Im Badezimmer konnte ich nicht pieseln, weil wieder eine Wehe kam. Die trieb mich zum Fenster und ich fing an zu jammern: dass ich das nicht schaffe, hier weg will, einfach nur sterben will.
Gesprächen konnte ich nicht mehr folgen und sagte nur: ja, oder so. Mein Mann merkte, dass ich nicht mehr ansprechbar bin und ließ mich kurz allein. Ich füllte die Badewanne und die Wehen waren unglaublich stark. Das Wasser behagte mir nicht und ich ging wieder raus, zog mein Kleid an und lehnte mich an den Küchenschrank, wo auch mein Mann war, und kochte. So war das angenehm für mich, wobei ich mich, mit der Hüfte kreisend, hin und her bewegte.
Ich ging zwischen Wohnzimmer und Flur spazieren. Ab und zu hing ich an der Tür oder dem Türrahmen. Als ich in die Küche zurückging, setzte ich mich auf die Knie und drückte und merkte, dass etwas sich am Damm wölbte. Der Kopf!
Mein Mann faselte irgendwas von: Nicht hier, geh ins Bett! Aber das verneinte ich rigoros. Wir sind hier nicht im Krankenhaus, sondern alleine und das wird so gemacht, wie es am besten wird! Punkt.
Irgendwie erholte ich mich und sagte meinem Mann, dass er den Rücken (unten) und vorne massieren soll. So ging das eine ganze Weile bis ich pressen musste (vor dem Bett) und der Kopf kam langsam raus. Das hat so gebrannt. Mein Mann sagte zu mir das der Kopf kommt … da ist … und ich sagte, dass es sooo brennt.
Dann kam der Körper und das Baby wurde in die Hände meines Mannes geboren. Ich hörte es atmen und quaken, musste aber kurz Luft holen und er gab mir den Kleinen. Ich nahm ihn auf die Brust und setzte mich auf’s Bett (darunter eine Wickelauflage).
Nach der Geburt saßen wir mit dem Kleinen stillend auf dem Bett und er fing an, sich wie im Bauch munter hin und her zu bewegen.
Nach einer Stunde beschlossen wir die Nabelschnur durchzuschneiden. Wir badeten ihn im Wasser und ich zog ihn an.
Nach zwei Stunden bin ich zum Pieseln zur Toilette und drückte noch mal kräftig an. So kam die Plazenta, endlich.
Dabei brannte es wieder kurz leicht am „Damm“.
Zurück zum Bett und Spaghetti mit Hackfleischsosse und Peperoniwurst gegessen. 🙂

Leserpost: Alleingeburt beim ersten Kind

Heute wollte ich euch einmal schreiben, wie sehr ich mich über eure Emails und Nachrichten freue. Ich bekomme immer wieder so schöne Geschichten zu lesen, die mir Hoffnung machen. Es macht mir Hoffnung, dass immer mehr Frauen es wagen, ihre Ängste zu überwinden und die Verantwortung für ihre Geburt in die eigenen Hände zu nehmen. Die Folge sind immer mehr schöne, glückliche Geburten. Und dass meine Arbeit hier und da den Stups in die richtige Richtung gibt, freut mich natürlich besonders.
Letztens bekam ich Post von einer Frau, die ich aus Kindertagen kenne. Seitdem hatte ich von ihr bis zu dieser Email nichts mehr gehört. Umso mehr hat mich ihre Email gefreut. Mit ihrer Erlaubnis darf ich sie hier – anonymisiert – mit euch teilen.

Hallo Sarah,

ich bin’s, S. aus J., kennst du mich noch? 🙂 Ich wollte dir schon länger mal schreiben und dir sagen, wie dankbar ich für deine Blogs, und vor allem dein Buch zur Alleingeburt bin.

Ich hatte deinen Blog schon länger immer einmal verfolgt, weil ich es schön fand zu sehen, wie ihr euren Weg im Ausland beschreitet. Und eure Fotos von den Kindern sind wirklich sehr süß. Natürlich fand ich deine Geburten auch ziemlich interessant, dadurch bin ich zum ersten Mal überhaupt auf den Gedanken gekommen, dass man ein Kind auch zu Hause bekommen könnte, oder sogar zu Hause allein. Schon verrückt, wie das vorher nicht mal als Möglichkeit für mich existiert hat. Zudem hat mich fasziniert, dass du deine Geburten als schöne und wunderbare Momente empfunden hast, was mir vorher auch nie in den Sinn gekommen wäre. Dem musste ich auf den Grund gehen. Meine Mama hatte bei meinem Bruder und mir leider keine schönen Geburten. Beide wurden eingeleitet mit Wehentropf, weil ein paar Tage über dem Termin, bei meinem Bruder wurde eine Vakuumextraktion gemacht, Plazenta gerissen, bei mir eine Sonde am Kopf angebracht, eine schwere Thrombophlebitis, beide Male liegend im Bett, beide Male wirklich unsensible Behandlung durch die Geburtshelfer, beide Male Dammschnitt, natürlich. Schon als Kind habe ich deswegen den Glauben verfestigt, dass Geburten schwer, unendlich schmerzhaft, und einfach die Hölle sein müssen. Bestätigt wurde dies von Geschichten, die man nebenbei immer mal von Leuten hörte, was hier und dort passiert ist.

Wie gesagt hatte ich die Möglichkeit einer Alleingeburt damals schon bei dir aufgeschnappt, und letztes Jahr war es dann so weit, dass ich mein erstes Kind erwartete. Ich muss sagen, dass ich am Anfang wirklich Angst vor der Geburt hatte, so sehr, dass ich mich nicht einmal traute, irgendetwas dazu zu lesen – und sonst recherchiere ich wirklich alles, was mich nur irgendwie interessiert. Nach einer Weile kam ich jedoch wieder auf deinen Blog zurück und las, dass dein Buch im August erscheinen würde, worüber ich mich sehr freute. Inzwischen hatte ich durch deine Berichte auch etwas Mut gefasst hinsichtlich der Geburt. Ich hatte mich sogar getraut, einen Dammschnitt zu googlen. 🙂
Insgesamt fühlte ich einfach, wie in mir eine Zuversicht wuchs, irgendwie ein so großes Vertrauen in die Natürlichkeit und Selbstverständlichkeit der Dinge. Ich ging auch die ersten fünf Monate nicht zum Frauenarzt, was meine Familie schon sehr besorgniserregend fand. Aber ich sagte mir jedes Mal, in zwei Wochen rufe ich dort an. Aber wenn die zwei Wochen rum waren, hielt ich es einfach für so unnötig und ließ es bleiben. Mein Bild zu Geburten hatte sich inzwischen so stark gewandelt, dass ich kein bisschen Angst mehr davor hatte, im Gegenteil, ich freute mich darauf und war gespannt, wie es sein würde. Dann erschien dein Buch, was ich nur so verschlang. Als ich meiner Mama das erste Mal erzählte, dass ich gern eine Geburt zu Hause allein hätte, oder überhaupt gern allein wäre dabei, fragte sie mich, ob ich wahnsinnig sei. Natürlich sah sie die Geburt bisher auch nur als riskanten Prozess, so wie man es ihr „beigebracht“ hatte. Also ließ ich mich breitschlagen, doch zum Arzt zu gehen und eine Hebamme zu suchen.
Ich muss auch gestehen, dass mein Kopf diese Absicherung doch noch brauchte. Beim Frauenarzt kam heraus, dass alles in Ordnung war, so wie ich es vorher schon wusste. Aber den Termin empfand ich als irgendwie entwürdigend. Ich komme mir selbst komisch vor, es so zu bezeichnen, wo doch alle diese Vorsorge mitmachen, aber so fühle ich es. Blutdruck messen, wiegen, Befragungen, Urintest, Bluttest, Abstrich – ohne mich zu fragen, fingen sie einfach an, Buch über mich zu führen, und der Arzt ließ sich schließlich unterschreiben, dass ich den Glucose-Toleranz-Test und den Test auf Toxoplasmose ablehnte. Mit der Hebamme wurde es nicht besser. Ich hatte mit meiner Familie, und vor allem mit meinem Freund, den Kompromiss geschlossen, in ein Geburtshaus zu gehen. Da musste ich dann auch noch ständig zur Vorsorge hindackeln. Der Sinn des CTG wird mir einfach nicht deutlich. Nur damit die Hebamme auf einem Blatt Papier sieht, was ich doch sowieso spüre, muss ich doch nicht eine halbe Stunde da rumliegen. Kurzum, die Vorsorgetermine ärgerten mich einfach nur und kosteten Zeit und Kraft. Noch schlimmer war, dass mir die Hebamme mit der Zeit immer unsympathischer wurde. Sie hatte so eine autoritäre Art und akzeptierte keine anderen Meinungen, als die, die sie gelernt hatte. Zudem war sie dauergestresst und gleichzeitig auch sehr abweisend und ließ nichts an sich heran – keine guten Eigenschaften für eine Hebamme. Innerlich wuchs in mir der heimliche Plan, die Geburt allein zu Hause zu machen. Auch wenn ich nicht wusste wie (mein Freund und ich steckten auch noch im Umzug kurz vor der Geburt), ich wünschte es mir einfach voller Vertrauen.

Mittlerweile hatte ich meine Familie immer mehr an das Thema Alleingeburt „herangeführt“ und auch viel von dir erzählt, und sie begannen, sich dafür zu öffnen. Besonders wichtig war mir, dass meine Mama mich unterstützte, da mir ihre Meinung viel bedeutet. Sie sprach sich zwar nach einer Weile dafür aus, sagte aber gleichzeitig immer, dass es ihr zu riskant wäre. Mein Freund bestand jedoch darauf, in das Geburtshaus zu gehen. Er hatte sich einfach nicht so sehr mit dem Thema beschäftigt, wie ich es mir gewünscht hätte. Mein Plan zu der Zeit war, einfach abwarten und gucken, was sich ergibt. Wie gesagt, ich hatte meinen Wunsch abgesandt und war voller Vertrauen.

Am 18. Dezember dann hatte ich schon in der Nacht leichte Wehen. Sie kamen alle zehn Minuten, also schloss ich daraus, dass es das sein müsste, auch wenn ich wusste, dass sie wieder abklingen könnten. Morgens kam dann auch noch die Hebamme, um mal wieder ihr CTG zu machen und meinte, dass die Wehen noch gar nichts sind und dass es bestimmt noch ein paar Tage dauert. Aber ich wusste zu diesem Zeitpunkt, dass es das nicht würde. Schon allein weil ich keine Lust darauf hatte, dass sie dann ab 19. (dem Geburtstermin) täglich kommen würde. Am 18. hatte ich also den ganzen Tag Wehen und mein Freund und meine Eltern waren in freudiger Euphorie. Nun da es so weit war, begann mein Freund, sich immer mehr damit anzufreunden, zu Hause zu bleiben, weil er jetzt sah, wie stressig es wäre, erst in das Geburtshaus zu fahren und dann dort rumzulungern. Also beschlossen wir schließlich, zu Hause zu bleiben. Wir blieben noch ein bisschen bei meinen Eltern und gingen dann nach Hause. Die Wehen waren derweil etwas intensiver, aber immer noch nicht sehr schlimm. Ich ging dann in die Wanne, wo sie sogar schwächer wurden. Das war mir dann zu langweilig, und so machten wir es uns im Wohnzimmer gemütlich und schauten noch etwas fern. Dann pegelten sich die Wehen wieder ein und kamen in engeren Abstand, ab Mitternacht wurden sie schon intensiver. Ich lief dann immer im Zimmer auf und ab. Entlastend fand ich es auch, mich mit den Armen an die Tür zu hängen. Das einzige war, dass ich so müde war und deswegen keine Lust mehr hatte, ansonsten fand ich es nicht so schlimm. Die (im Nachhinein ermittelte) Übergangsphase verunsicherte mich etwas. Ich hatte erwartet, dass da eine Wehe nach der anderen kommt und ich an einem Punkt der völligen Erschöpfung kommen würde. Aber so war es nicht. Die Wehen hatten immer noch einen Abstand von 1,5 Minuten, nur spürte ich so einen Druck auf meinen Muttermund, was mich verunsicherte. Ich wunderte mich, warum es nicht weiterging. Deshalb fragte ich meinen Freund (der die ganze Zeit auf dem Sofa gedöst hatte, der Glückliche), ob er mal die Hebamme anrufen wolle. Das machte er, und sie sagte, dass sie sofort losfährt und uns abholt zum Geburtshaus. Das passte mir gar nicht. Dann fingen mein Freund und ich noch an, uns zu streiten, weil ich natürlich keine Tasche gepackt hatte und er derweil etwas verunsichert wurde. Irgendwie war es eine komische, aber auch lustige Situation. Während ich weiter diese starken Wehen hatte, lief er durch die Wohnung und suchte Sachen zusammen, obwohl ich schon wusste, dass ich nirgendwo mehr hingehen würde. Auf einmal spürte ich, dass der Kopf in den Geburtskanal eingetreten war und die Presswehen begannen. Ich war total aufgeregt und freudig. Ich ging noch einmal auf Toilette und mit der ersten richtigen Presswehe platzte die Fruchtblase. Mein Freund hatte mir inzwischen Sachen hingelegt, die ich anziehen sollte für die Fahrt. Dann kam wieder eine Presswehe und ich hing mich erstmal an ihn dran, weil die Kraft, die über mich kam, so stark war. Er bugsierte mich schließlich zum Tisch rüber, um weiter packen zu können. Nach der nächsten Wehe fühlte ich nach unten und spürte das Köpfchen. Als ich das meinem Freund erzählte, sagt er: „Na toll!“ Im Nachhinein haben wir so darüber gelacht. Dann die nächste Wehe, und der Kopf war da. So ein krasses Gefühl, wie die Wehen einfach über einen kommen. Mein Freund sagte dann, „Der Kopf ist da, du musst jetzt pressen“. Er war total aufgelöst. Ich wartete ab und mit der nächsten Wehe kam dann der restliche Körper rausgeflutscht und unsere Tochter glitt in die Hände ihres Papas und schrie sofort. Ich war so glücklich und erleichtert. Eine halbe Stunde später traf die Hebamme ein und wir durchtrennten die Nabelschnur. Die Kleine ist kerngesund und auch ich hatte kaum Blutungen und auch keinen Riss. Ich bin so unendlich dankbar, dass die Geburt so schön abgelaufen ist, dass wir zu Hause geblieben sind, und vor allem dass ich meine Ruhe hatte. Und dafür möchte ich dir vor allem danken! Durch deinen Blog bin ich erst darauf aufmerksam geworden, und dein Buch hat mir das nötige Selbstvertrauen gegeben; vor allem hat es meinen Verstand überzeugt. Jeder, dem ich von meinem Wunsch erzählt habe, hat mir stark abgeraten, darunter natürlich Ärzte, Mediziner, Krankenschwestern. Aber das Kuriose ist, dass mich der Gegenwind nicht gestört hat. Dein Buch hat mir so viel Selbstvertrauen gegeben und Wissen vermittelt, um dem entgegenzuhalten. An keinem Punkt hatte ich Sorge, dass etwas nicht natürlich abläuft. Ich hatte einfach den Mut, auf meine innere Stimme zu hören.

Dein Buch zur Alleingeburt ist mit Abstand der beste Ratgeber zur Schwangerschaft überhaupt. So umfassend, so prägnant, interessant gestaltet, und wirklich gut und witzig geschrieben, dazu noch persönlich. Jede Schwangere sollte bei ihrer Vorsorge ein Exemplar bekommen, um sich bewusst zu werden, dass man selbst die Verantwortung für seine Schwangerschaft und Geburt tragen sollte und Dinge hinterfragen sollte. Ich kann wirklich nicht genug betonen, welch positive Auswirkungen dein Buch auf mein Leben hatte! Ich hoffe, das war jetzt nicht zu lang, aber ich wollte dir unbedingt meine Geschichte erzählen. Hätte ich es kürzer gemacht, hieße es einfach nur Danke. 🙂

Liebe Grüße,
S.

Blau und atmet nicht?

Hier ein schönes Video einer Alleingeburt, bei der das Baby etwas mehr Zeit brauchte um anzukommen. Sein Kopf ist blau und anfänglich atmet es nicht. Ein schweres Baby und eine sehr schnelle Geburt führen etwas öfter zu diesem Szenario.

Außerdem interessant bei dieser Geburt ist, dass die Schultern sich zunächst nicht drehen – was mit einem großen Baby häufiger mal passiert und in der Klinik ein Notfall ist (sog. Schultersystokie). Woran erkennt man das? Wenn der Kopf geboren ist, guckt das Baby zunächst nach hinten. Mit der nächsten Wehe drehen sich normalerweise die Schultern und das Baby guckt zur Seite, dann gleitet es auf die Welt. In diesem Fall bleibt die Drehung der Schultern zunächst aus. Das Baby guckt trotz Wehe weiter nach hinten und dreht sich erst nach einiger Anstrengung von Seiten der Mutter. Diese sogenannte Schulterdystokie tritt häufiger auf bei mütterlichem Übergewicht und/oder schwerem Kind – wie es hier auch der Fall ist. Eine Entbindung per Saugglocke begünstigt dieses Geschehen übrigens ebenfalls. Eine aufrechte Gebärhaltung und Positionswechsel können die Schultern meist schnell lösen. Das ist auch nötig, denn viel Zeit darf mit stecken gebliebenen Schultern nicht vergehen.  Die Mutter reagiert hier intuitiv richtig und hilft ihrem Kind vorbildlich beim Geborenwerden und Ankommen.

Wie Maggie auf die Welt kam

Kurz nach unserem jüngsten Sohn kam noch ein Februar-Baby in Eigenregie auf die Welt. Hier darf ich seinen Geburtsbericht veröffentlichen, wie ihn seine Mama aufgeschrieben hat. Mehr von dieser Mama findet ihr auch auf ihrer Seite.

In der Nacht vom 08. auf den 09.02.2015 wache ich ab drei Uhr etwa stündlich auf. Die Wehen, die in der letzten Woche schon ordentlich angezogen haben, sind wieder verändert, ich kann gar nicht genau sagen, auf welche Weise, aber sie sind anders. Ich watschel also in schöner Regelmäßigkeit aufs Klo und hoffe, dass es diesmal vielleicht doch was zu sagen hat.
Um sechs Uhr muss ich aufstehen, es ist unangenehm zu liegen. Ich laufe ein bisschen in der dämmrigen Wohnung umher und beschließe irgendwann, die Wehenapp zu bemühen. Die erzählt mir dann, dass meine Wehen alle 2-3 Minuten kommen und durchschnittlich etwas über eine Minute dauern. Ich bin überrascht und hoffe, dass es so bleibt. Ich räume auf, bereite das Sofa vor (Malerplane, für alle Fälle und Inkontinenzunterlagen), koche mir schmunzelnd einen „Bald-Mami-Tee“ und schleppe den Pool vom Wohn- ins Badezimmer.

Markus und Milan schlafen noch. Gegen acht Uhr steht Markus kurz auf und fragt, mehr im Scherz, ob das Baby heute kommt und warum ich ihm denn nicht Bescheid gesagt hätte wegen des Pools. Ich ächze ein bisschen (Wehe!) und meine, dass ich schwer hoffe, dass das Baby kommt, bei den Wehen, die ich schon habe. Er fragt, ob ich meiner Mama Bescheid sagen will, aber ich bin mir noch nicht hundert Prozent sicher, was das hier jetzt ist und will noch etwas warten. Markus legt sich noch mal hin, was mir ganz recht ist und ich wandere weiter durch die Wohnung, knie mich bei jeder Wehe vors Sofa und kuschel mich in Milans Kissen, welches noch vom Vorabend dort liegt.
Um 08.50 Uhr kommt eine Whatsapp-Nachricht von meiner Mama „Wie ist die Lage?“. Ich lache ein bisschen und schreibe nach kurzer Rücksprache mit Markus zurück. Da hat wohl jemand ein Gespür, hä? 😉 Wehen seit sechs Uhr alle 2-3 Minuten mit Länge von 1-1,5 Minuten. Noch ganz gut auszuhalten, also so 100% sicher bin ich mir nicht, wäre ganz froh über einen Blasensprung zur Gewissheit (Anmerkung: Beim Großen ging die Geburt mit Blasensprung los!). Kannst dich ja langsam fertig machen, dass du so halb elf/elf da bist? Sie ist einverstanden und ich sage Markus Bescheid, der noch ein bisschen dösen will. Zwischendurch jammert Milan ein wenig, trinkt einen Schluck Wasser und schläft dann auch weiter.
Gegen elf sind dann beide wach und meine Mama ist da. Mir ist es plötzlich zu viel Trubel, ich will lieber wieder alleine sein. Milan ist immer noch krank, seit drei Tagen fiebert er zwischen 39 und 40, und braucht jetzt, wo er wach ist, seine Mama. Ich kuschel mit ihm, trage ihn herum und wir schaukeln gemeinsam durch die meisten Wehen. Ich erkläre ihm immer wieder, dass ich Bauchweh habe, weil das Baby bald kommt, so, wie wir es die letzten Wochen immer wieder im Buch nachgelesen habe. Dass alles okay ist und er keine Angst haben muss. Hat er auch nicht, obwohl er merkt, dass ich zeitweise Schmerzen habe. Einige Wehen sind stärker, da muss ich ihn unter lautem Protest meiner Mama in den Arm drücken. Ich bekomme eine kleine Krise, Markus muss eigentlich um 13.15 Uhr zur Arbeit, außerdem haben die Wehen wieder nachgelassen, ein Test unter der Dusche brachte auch nur die Erkenntnis, dass Wasser schön, aber den Wehen die Wärme reichlich schnuppe ist; mir ist alles zu viel und ich bin frustriert und habe Angst, dass es nun doch ein Fehlalarm war.
Ich jammere ein bisschen im Hausgeburtsforum, merke, dass ich mich selbst mehr und mehr unter Druck setze und ständig auf die Uhr schaue. Ich will, das Markus da bleibt, weiß aber, dass er zumindest zwei Stunden arbeiten muss, das geht nicht anders, die anderen Fahrstunden kann er absagen, aber diese nicht. Gleichzeitig will ich alleine sein, will am liebsten alle wegschicken, sage aber nichts. Da die Wehen nur noch alle 15-20 Minuten kommen und viel kürzer und weniger anstrengend sind, bin ich einverstanden, dass Markus arbeiten geht. Meine Mama bleibt da, doch ich nehme mir vor, auch sie zum eigentlich locker geplanten Treffen mit meiner kleinen Schwester zu schicken, wenn es so weiter geht. Milan schläft und jammert im Wechsel, ich weine hier und da eine Runde und verabschiede mich von Markus.
Als er aus der Tür ist, werde ich interessanterweise etwas ruhiger. Der Zeitdruck ist jetzt nicht mehr da, er ist nun ja sowieso arbeiten gegangen. Ich weine eine Runde, mein Mama tröstet mich und ermutigt mich, es ruhig zuzulassen und nicht so tapfer sein zu wollen und ich beschließe, als ich fertig geweint habe, dass es mir jetzt mal gerade egal ist, ob das ein Fehlalarm ist. Ich bin mir sicher, dass es spätestens am Abend, wenn Milan wieder im Bett ist, auch weiter gehen wird.
Ich mache meiner Mama einen Kaffee und mir einen Espresso, plappere ein bisschen über dies und das, erzähle, wie toll das Gefühl ist, zu merken, wie die Kleine tiefer rutscht und sich dreht und wie sie mitarbeitet (bei Milan habe ich da nicht drauf geachtet, glaube ich) und gehe schließlich die Kiste mit den Babysachen holen.
„Weißt du“, erkläre ich meiner Mama, die an der Babydecke strickt und deren Anwesenheit mir jetzt, wo Markus weg ist, sehr gut tut, „ist ja kein Wunder, dass die jetzt doch nicht kommt, ich habe ja noch gar nichts zum Anziehen für sie rausgelegt! Am Anfang braucht sie ja nichts, aber irgendwann schon. Komm, wir gucken jetzt mal!“
Gemeinsam breiten wir also die Babysachen auf dem Esstisch aus und sortieren sie in kleine Sets. Ich jammere wieder ein bisschen, weil ich es nicht geschafft habe, mehr für die Kleine zu nähen. Kurzerhand gehe ich ins Schlafzimmer (wo auch mein Arbeitsplatz ist) und schneide noch die Bündchen für ein fast fertiges Set aus Hose und Shirt zu. Kurz überlege ich, mich an die Overlock zu setzen, aber danach ist mir dann doch nicht. Die Wehen sind wieder stärker, die Abstände kürzer. Ich gehe zurück ins Wohnzimmer, grinse meine Mama an und meine „Von wegen Ingwertee! Espresso!“ und verpuste dann eine Wehe. Sie lacht und meint, dann soll ich mir doch gleich noch einen machen. Das tue ich dann auch und fühle mich sehr wohl.
Milan schläft die meiste Zeit, meine Mama sieht nach ihm, zwischendurch nehme ich ihn in den Arm, bin aber froh, als er weiter schläft. Die Kleine tritt sich im Bauch ab, ich stupse sie ein bisschen und freue mich, dass es nun doch weiterzugehen scheint.
So verbringen wir die Zeit, ich überlege immer mal wieder, ob ich schon in den Pool will und entscheide mich dagegen. Markus ruft um 14.20 Uhr an, um sich zu erkundigen und erklärt, dass er die Theorie und die Nachtfahrten abgesagt hat, er sei um etwa halb sieben zu Hause. Ich bin froh, frage mich aber gleichzeitig, ob das wohl reicht.
Um 15.07 Uhr bin ich sicher, dass es so lange nicht mehr dauert, ich schreibe ihm eine Whatsapp, dass er die Fahrstunde um viertel vor fünf besser auch absagt.
Außerdem bitte ich Mama, nun doch das Schild an die Tür zu hängen (ein Sternenhimmel und „Geburt, Bitte nicht stören! Danke!“), auf klingelnde Vermieter kann ich jetzt doch verzichten und ich merke, dass ich vermutlich noch lauter werden muss.

Um etwa 16.20 Uhr beginne ich, den Pool zu füllen. Das Badezimmer wird warm und gleichzeitig werden meine Wehen noch etwas stärker, die ich schon seit einiger Zeit (wenn ich es jetzt so schreibe, kann es gar nicht so lang gewesen sein, auch wenn es mir so vorkommt) auf Oh und Ah veratmen muss. Im warmen Bad werden die Ohs und Ahs dann auch lauter, meine Mama steckt kurz den Kopf rein „Du meldest dich, wenn was ist?“ Ich nicke und wandere zwischen Badezimmer und Esszimmer (wo meine Mama wieder am stricken ist, ich lächle bei dem Gedanken an den Comic mit der im Hintergrund strickenden Hebamme) hin und her, schaue zwischendurch rüber zum Sofa, wo Milan zum Glück seinen Fieberschlaf schläft und sich von seiner stöhnenden Mama nicht stören lässt. Bei einer stärkeren Wehe fange ich auf den Esstisch gestützt an, nach Markus zu jammern und zu weinen; meine Mama beruhigt mich „Er wird’s schon schaffen, konzentrier dich auf dich!“

Im Bad vor dem ¾ vollen Pool, reißt dann endlich auch die Fruchtblase, fast gleichzeitig klingelt um 16.47 Uhr das Handy. Ich schaffe es noch dran zu gehen und „Hallo!“ zu ächzen, da bahnt sich eine Wehe an. Markus fragt, ob das Baby schon da ist, ich verziehe das Gesicht und presse ein „Nein, Wehe“ hervor, halte dann das Handy von mir weg und rufe nach meiner Mama, die dann weiter mit ihm redet, während ich vor mich hin-ooooh-e und gleichzeitig versuche, ruhig und tief in den Bauch zu atmen.
Mama kommt ins Bad und sagt, Markus ist in etwa zwanzig Minuten da. Der Pool ist voll und ich stehe unschlüssig davor, weiß nicht, ob ich mich rein traue, veratme noch eine Wehe am Rand stehend, blinzel auf die Uhr und hoffe, dass Markus bald kommt. Dann gehe ich doch in den Pool, wünschte, das Wasser wäre noch zwei Grad wärmer (es waren etwa 37 Grad) und bekomme wieder eine Wehe. Ich erkundige mich zwischendurch nach Milan, der noch schläft und werde von Wehe zu Wehe lauter. Endlich ist Markus auch da (so gegen zwanzig nach?), steckt den Kopf in die Tür und fragt „Ist das Baby schon da?“ und witzelt ein bisschen „Was hast du denn bloß?“ Ich bin froh, dass er da ist und gleichzeitig amüsiert und genervt von seinem bübischen Verhalten. Er geht nach Milan schauen, meine Mama bleibt nun bei mir. Nach einer fiesen Wehe fange ich an zu jammern „Ich kann das nicht! Ich will jetzt schlafen!“, weiß genau, dass das natürlich Quatsch ist und dass ich es bald geschafft habe. Trotzdem wiederhole ich den Satz noch mal, es tut so gut, es zu sagen. Ich will wirklich schlafen, ich will nicht mehr, lasst mich doch in Ruhe. Und gleichzeitig genau zu wissen, jetzt erst Recht, jetzt kommt mein Baby, NATÜRLICH kann ich noch und danach kann ich dann auch schlafen. Der Druck wird größer, aber ich habe noch nicht das Bedürfnis mitzuschieben, also mache ich, wonach mir ist: ich muss schreien. Ich höre aus dem Wohnzimmer Milan weinen und nach mir rufen und kurz darauf steht er auf Markus Arm in der Tür, ein bisschen verweint, doch er hört sofort auf, als er mich sieht, obwohl ich immer noch am schreien bin. Er wirkt verwirrt, aber nicht verstört oder ängstlich, es ist schwer, das zu beschreiben. Mama und Markus erklären ihm, dass alles okay ist und ich sage ihm, dass seine Schwester nun bald da ist und dass er keine Angst haben muss. Markus nimmt ihn mit in die Küche. Ich beschließe mal nach dem Kopf zu fühlen und kann ihn auch schon kurz vor dem „Ausgang“ tasten. Ich freue mich und fluche innerlich, als die nächste Wehe mit Wucht einsetzt.
Ich weiß es nicht mehr ganz genau, aber es müssen wohl noch so zwei Wehen sein, in denen ich schreiend nur wenig mitschiebe. Übrigens habe ich meine Hand dann gleich zwischen meinen Beinen gelassen, der leichte Gegendruck tat gut – das Köpfchen fühlend und mich selbst und das Mädchen immer wieder ermahnend „Langsam! Langsam!“, erleichtert, wenn die Wehe vorbei ist.
Meine Mama versucht es dann noch mit Gegendruck im unteren Rücken (wohl auch, damit mein Poppes unter Wasser bleibt? Ich weiß nicht, ich frage sie nicht), aber ihre Hände sind so kalt und ich will nur mich spüren, also bitte ich sie, das zu lassen und so sitzt sie dann nur ruhig neben mir (und ich blende sie größtenteils aus, ganz auf mich und das Mädchen konzentriert, bin aber dennoch froh, sie neben mir sitzen zu wissen; noch glücklicher bin ich über das Wissen, dass Markus sich um Milan kümmert).
Dann kommt doch der „richtige“ Drang zu pressen, also halte ich zwischen meinem Schreien inne und schiebe kräftig mit, fühle – in mir und in meiner Hand – wie das Köpfchen halb raustritt und wieder zurückrutscht (während der Wehe, zwischen schreien und still mitschieben, immer wieder „Langsam! Langsam!“, zwischen den Wehen dann frustriert „Nicht wieder zurück! Du sollst RAUS!“). Das muss auch so zwei oder drei Wehen gedauert haben und schließlich schiebe ich instinktiv über den Schmerz hinaus weiter und dann ist der Kopf da. Ich fange an zu lachen.
„Mama, Kopf da! Aufschreiben! Uhrzeit aufschreiben!! Ooooh, sie hat ganz viele Haare. Oooooh, der Kopf ist da.“ 17.43 Uhr.
Ich muss ein urkomisches Bild abgeben, wie ich da halb lachend, halb weinend im Pool hänge.
„Wie lustig, der Kopf ist da und sie bewegt sich in mir drin! Oh, der Kopf ist da!“
Mama sagt Markus Bescheid und ich sitze da, erschöpft und erleichtert, dass der anstrengendste Teil geschafft ist, und lachend, weil sich ihr Kopf in meiner Hand dreht und ihr Körper noch in mir drin am hampeln ist, ein wunderbares, verrücktes, magisches Gefühl (Milan kam ja nach Dammschnitt in einem schwups „am Stück“ rausgeschossen).
Mama kommt pünktlich zur nächsten Wehe zurück und ich merke, dass ich mein Mädchen nicht nach vorne nehmen kann, also bitte ich sie, sie zu nehmen, wenn sie da ist und schiebe sie raus. Schwupps, da ist sie.
„Ich hab sie! Soll sie immer noch unter Wasser bleiben?“ (Das hatte ich beiden eingeimpft: Der Kopf muss unter Wasser bleiben, bis sie ganz raus ist!)
Ich verneine, jetzt sei sie ja ganz da, und lasse sie mir geben.

Sie quäkt ein bisschen und blinzelt und ist einfach wunderbar. Da stehen auch Markus und Milan in der Tür und ich stammele und weine und freue mich und bin total überwältigt. Ich sage Markus, er solle auf die Uhr schauen und die Uhrzeit aufschreiben, 17.46 Uhr. Ich bettel um Fotos, aber Mama ist schon längst unterwegs und holt die Kamera. Milan steht neben mir, ein bisschen verwirrt, aber interessiert und ich zeige ihm seine Schwester und bin glücklich zu Hause zu sein und dass er da ist. Ich bitte meine Mama, vorsichtshalber schon eine Tasse Hirtentäscheltee zu kochen, falls ich nach der Plazentageburt doch viel Blut verlieren sollte.

Die ersten Versuche aus dem Pool zu kommen (das Wasser ist doch merklich abgekühlt, ich schätze, es sind noch 35 Grad, und ich will nicht, dass der Kleinen kalt wird), werden von Wehen vereitelt, aber ich merke, dass die Plazenta nicht mehr im Pool kommen wird. Irgendwann schaffe ich es doch und tappse rüber ins Wohnzimmer, wo dann vorm Sofa hockend auch die Plazenta geboren wird, es ist 18.35 Uhr – unser Wohnzimmer sieht zwischenzeitlich wohl aus wie ein Schlachtfeld. Ich blute, viel, aber nicht bedenklich, bitte aber doch um ein Kühlpad und bleibe mit dem Kühlpad noch eine Weile halb hockend, halb stehend vor dem Sofa.

Mama platziert eine Inkontinenzunterlage auf dem Sofa, wir legen die Plazenta in die vorbereitete Schüssel und ich kuschel mich mit dem Mädchen und dem Hirtentäscheltee aufs Sofa, immer wieder betonend, dass ich dann aber auch mal aufs Klo müsse demnächst, weil die Blase ja nun nicht mehr sofort merken würde, wenn sie voll ist.

Mama, Milan und Markus essen zwischendurch Suppe und Pizza und Markus flößt mir auch etwas Hühnerbrühe ein, während unsere Kleine zum ersten Mal stillt und ich über die wirklich heftigen Nachwehen jammere und sie veratme. Um kurz nach acht nabeln wir dann auch ab und ich kann aufs Klo gehen, wo das Brennen beim Pipimachen bestätigt, was ich mir schon im Pool gedacht habe: Ich bin wohl doch gerissen. Schade, ich hatte gehofft, dass nichts passiert. Nichts Schlimmes, aber doch unangenehm. Ich taste auch noch die Gebärmutter ab, fühlt sich gut an, und untersuche die Plazenta auf Vollständigkeit. Dann kuschel ich mich wieder aufs Sofa, erschöpft, aber glücklich: Wir sind jetzt vier.

 

      

Bilder (m)einer Alleingeburt

Unsere neue Kamera hat eine tolle Funktion: Man kann aus dem Film Fotos extrahieren. Der Film dauert zwar noch etwas, aber die Highlights könnt ihr hier schon einmal betrachten.

Achtung: Weiterlesen auf eigene Gefahr! Die folgenden Bilder zeigen eine GEBURT und was man eben bei einer Geburt sieht. Wer damit nicht klar kommt, der liest lieber was anderes. Und sagt nicht, ich hätte euch nicht gewarnt! 😉

Presswehen zwischen Regentonne und Bücherregal. Das Baby hatte es eilig und die Tonne, in der ich während der Wehen im Wasser sein wollte, wurde nur halbvoll.

Der Kopf kommt. Ein irres Gefühl.

 

Bereit zum Fangen …

 

und da ist er schon.

Das Dream-Team nach getaner Arbeit.

Meine vierte Alleingeburt

Heute bin ich mal wieder an der Reihe, euch von einer meiner Geburten zu erzählen. 🙂 Unser fünftes Kind wurde nämlich am 1.2. geboren. Danach hat uns erst einmal die Grippe niedergeworfen, so dass ich erst jetzt Zeit und Nerven gefunden habe, hier einen Geburtsbericht zu posten.

Der von mir errechnete Termin fiel diesmal auf Ende Januar. Wir erwarteten ein Winterbaby. Die Schwangerschaft verlief – bis auf die Nasennebenhöhlengeschichten am Anfang – schön und unproblematisch. Da ich noch kein Kind vor Termin geboren habe, erwartete ich auch keine Geburt vor dem 25.1.. Einen Tag über Termin lag ich nachts zwei Stunden mit regelmäßigen Wehen alle sieben Minuten wach. Die Wehen waren knapp an der Veratmungsgrenze und mir wurde jetzt erst richtig bewusst, dass ich meinen Bauch bald hergeben musste. Ich verabschiedete mich also schweren Herzens von meiner Prachtkugel, aber als es Morgen wurde, verschwanden die Wehen und kein Baby war in Sicht. Erst sechs Tage nach Termin wurde meine Gebärmutter tagsüber wieder merklich aktiv, allerdings nicht sehr kräftig und nur unregelmäßig. Als ich halb 1 in der Nacht ins Bett ging dann eine kräftige Wehe. 15 Minuten später die nächste. Dann 12 Minuten später, 10 Minuten, 7 Minuten, 5 … Sie waren im Liegen gut zu beatmen und da mir kalt war, wollte ich auch nicht aus dem Bett raus, holte mir nur schnell ein paar Socken für die kalten Füße und musste zwischendurch unser viertes Kind, das neben mir schlief, auf den Topf setzen. Mein spontanes Mantra, um während der Wehen entspannt zu bleiben, wurde: „Es sind nur krasse Muskelkontraktionen der Gebärmutter. Nichts weiter.“ Während der ganzen Zeit turnte der Bauchzwerg aktiver als meistens in mir herum. Wahrscheinlich war er schon ganz gespannt und aufgeregt so kurz vor seinem Geburtstag. Die letzte Wehe ließ mich dann doch aus dem Bett flüchten. Wir hatten ein Filmteam eingeladen, die Geburt zu begleiten, und die wollten ja rechtzeitig gerufen werden. Als ich aufstand, fühlte ich mich schon leicht zittrig, die Zähne klapperten und mein Gehirn analysierte: Übergangsphase. So weit schon? Jetzt musste es schnell gehen, wenn ich noch in der Regentonne gebären wollte, denn das Befüllen dauerte eine halbe Stunde! Ich weckte also meinen Mann, der alles andere in die Wege leitete: Filmteam anrufen, Regentonne befüllen, Ofen befeuern etc.. Ich entleerte mich derweil mehrfach auf der Toilette und begab mich dann zur Regentonne. Als das Filmteam eintraf, kam auch schon die erste Presswehe, die Fruchtblase platzte. Das Baby würde schneller da sein als die Tonne voll werden konnte. Aber bei so einer flotten Geburt brauchte ich jetzt wohl auch keine Wehenerleichterung im Wasser mehr. Links auf die halbvolle Regentonne, rechts auf das Bücherregal gestützt, versuchte ich diesmal, nicht wie wild mitzupressen (auch wenn die Versuchung da war), sondern das Baby à la Hypnobirthing herunter zu atmen. So hatte ich es mir vorgenommen und es ging wehenweise ganz gut. Dann, 2.41 Uhr, gut 25 Minuten nachdem ich meinen Mann wachgerüttelt hatte, war unser dritter Sohn geboren. Er begann zu atmen, sobald der Kopf draußen war und als ich ihn im Arm hielt, schimpfte er erst einmal lautstark über sein Schicksal. Eigentlich wollten die großen Geschwister bei der Geburt dabei sein, aber sie schliefen so fest, dass sie nicht wach zu kriegen waren.

Am nächsten Tag haben wir den Zwerg gewogen und vermessen: 3450 g, 49 cm lang, Kopfumfang 36 cm.

Der kleine Mann ist bisher ein ganz ausgeglichener, friedlicher Charakter, der uns ruhige Nächte beschert.

 

Alleingeburt am See

Da ich ja gerade auf meine eigene Geburt warte (heute ET+5 und noch alles recht ruhig), nutze ich die Ruhe, um den Geburtsbericht einer anderen Mama mit euch zu teilen. Hier bei uns schneit es seit dem Morgen und an eine weitere Draußen-Geburt ist für mich leider nicht zu denken. Diese Mama hatte dank wärmerer Jahreszeit mehr Glück mit dem Wetter und entschied sich für eine Geburt im Freien am See. … Ob ich auch irgendwann noch mal in den Genuss einer Draußen-Geburt komme? Viel Spaß beim Lesen! 🙂

Ich hatte eigentlich im Geburtshaus gebären wollen, da aus unserer damaligen Wohnsituation heraus eine Hausgeburt nicht möglich gewesen wäre. Da ich aber aus gesundheitlichen Bedenken der Auswirkungen auf mein Baby gegen die Verwendung von Ultraschall war und somit kein Abschluss-Ultraschall existierte, dadurch auch keine Beobachtung der Herztöne mit Dopton für mich infrage kam, fiel diese Option weg.
Ich las sehr viel im Internet, auch Bücher wie die selbstbestimmte Geburt, Hypnobirthing oder Geburt und Stillen. Daraus erwuchs in mir die Überzeugung, dass die risikoärmste Geburt die ist, bei der ich mich zu 100 Prozent wohlfühle.
Also konzentrierte ich mich auf mein Inneres und fragte mich: Wie stellst du dir eine Geburt am schönsten vor? Und da wusste ich, dass ich in der Natur gebären wollte. Mir war klar, dass eine Geburt nur ohne Angst gut verlaufen konnte und beobachtete stark meine Gefühle und Träume, die ich in Verbindung mit der Geburt hatte. Ich träumte ständig von der Geburt, wie ich unser Kind schnell und schmerzlos bekam. Es flutschte einfach mal so beim Laufen heraus oder ich gebar es innerhalb von fünf Minuten hinter einer Hecke mitten im Prenzlauer Berg. Nicht alle Träume waren grundsätzlich positiv – die negativen waren die, wo sich plötzlich irgendein Arzt oder eine Hebamme einmischen wollte.
Schon seit Beginn der Schwangerschaft war mir die ärztliche Vorsorge zuwider. Meine Frauenärztin feuerte mich, weil sie meinte, ohne Ultraschall wolle sie meine Schwangerschaft nicht mehr begleiten. Mein neuer Frauenarzt tolerierte zwar diese Entscheidung, aber machte auch Kommentare, ebenso wie das Personal. Dazu noch dieses ständige Rumgefummel da unten (was mir nun mal wehtut), ich fühlte mich danach jedes Mal vergewaltigt, diese Panikmache und Vorwürfe wegen meiner Ultraschallverweigerung, diese Tests (wie der Schwangerschaftsdiabetes-Test) ohne dass ich in irgendeine Risikogruppe fiel … Ab dem 6. Monat ging ich einfach nicht mehr hin. Sollte ich spüren, dass etwas nicht stimmt, klar. Aber solange alles gut ging, wollte ich nicht mehr zum Arzt. Das machte mir sonst nur wieder tagelang schlechte Laune.
Vor der Geburt selbst hatte ich keine Angst, sondern eher davor, dass dann mit dem Baby etwas nicht stimmte, wenn es draußen war. Ich versuchte, mir für solche Fälle etwas Wissen anzulesen (damals war das Alleingeburts-Buch leider noch nicht heraus), hauptsächlich bereitete ich mich aber mit Entspannungsübungen auf die Geburt vor.

Vorbereitungen wurden getroffen, eine Generalprobe abgehalten. Essen war tiefgekühlt, das Auto bepackt mit Luftmatratze, Decken, Handtüchern, Wasser, Plane und was man sonst noch braucht.
Drei Tage vor Entbindungstermin und einen Tag vor der Geburt war ich den ganzen Tag über müde, abends futterte ich der Familie den Tisch leer. Ich dachte mir dabei nichts, da man mir prognostiziert hatte, über den Termin zu kommen. Ich verließ mich auf das „Zeichnen“ (das ich aber nicht hatte).
Gegen drei Uhr morgens wachte ich auf, tat das, was ich fühlte, als Vorwehen ab und schlief weiter bis um vier. Dann wachte ich wieder auf, war aber auch sofort richtig wach und fühlte, dass sich die Vorwehen diesmal anders anfühlten. Es tat nicht die ganze Zeit weh, sondern es kam alle paar Minuten wieder, und vor allem zog es in den unteren Rücken rein. Ich weckte meinen Freund und wir statteten der Badewanne einen Besuch ab. Bis zu dem Punkt konnte ich eigentlich noch nicht glauben, dass es wirklich losging. Ich badete und die Schmerzen ließen nach, aber alle drei Minuten fühlte ich dennoch leichte Krämpfe in meinem Bauch. Da wussten wir dann Bescheid. Ich versuchte, meine beste Freundin anzurufen, die bei der Geburt mit dabei sein sollte, aber sie ging nicht ran.
Tom und ich packten alles, was noch gepackt werden musste und los ging es. Im Auto kamen die Wehen alle drei bis vier Minuten und ließen sich gut mit der Hypnobirthing-Atmung veratmen. Gegen 8 waren wir da. Den schlimmsten Regen hatten wir gerade verpasst, das Gefühl sagte uns aber, dass gutes Wetter werden würde. Als ich Tom half mit dem Sachentragen, häuften sich die Wehen sehr und kamen dann sogar alle 30 Sekunden. Ich fragte mich, ob das Baby gleich rausplumpsen würde und frohlockte darüber, wie gut erträglich der Schmerz war (ich Ahnungslose!).
Als wir ankamen, bauten wir alles auf und kaum hatte Tom die Plane über uns gespannt, fing es an zu regnen. Wir kuschelten uns auf die Matratze und ich blieb seitlich, mit meinem Bein auf seinen.
Ich blieb ruhig und entspannt, auch wenn sich von dem erhofften Trance-Zustand nicht viel abzeichnete (hatte aber auch nicht genügend geübt). Irgendwann wurden die Wehen unbequemer, ich wollte mich aufrichten und wir zogen um zur Bank (der Regen hatte aufgehört und die Sonne war wieder draußen).
Da rief dann auch Jenny um halb zehn an und rannte in ihrer Panik alles in der Wohnung um. Sie hatte verschlafen. Kurz nach elf war sie da. Genau zu dieser Zeit begann sich wohl mein Muttermund zu weiten (nehme ich an), denn blutiger Schleim ging ab. Von da an bekamen die Wehen auch eine andere Qualität. Tom ging los, um Jenny mit dem Schlauchboot vom anderen Ufer abzuholen.

Die zehn Minuten, die die beiden weg waren, blieben mir deutlich in Erinnerung. Kaum war ich allein, veränderte sich meine gesamte Wahrnehmung. Ich glitt in Sekundenschnelle in eine Trance, ganz ohne Hypnobirthing oder irgendetwas. Es war, als hätte mein Körper nur darauf gewartet. Ich beobachtete die Bäume am anderen Ufer und es war, als ob mein Bewusstsein an Achtsamkeit verlor und die Farben und Formen dort drüben sich zu Mustern gliederten. Nicht durch Mühe, sondern durch Nicht-Mühe. Ein Aufgeben der Kontrolle meines Bewusstseins und ich spürte, wie eine andere Ebene in mir nach oben drängte und die Führung übernahm. Ich erinnere mich kaum noch an diese zehn Minuten, nur noch, wie es begann und wie ich dann wieder herausgelangte, es war ohne Zeitgefühl und ohne Regung.
Ich erinnere mich, dass die Wehen und der Wehenschmerz sich veränderten und ich es ganz anders wahrnahm. Es war mein Körper, der arbeitete, aber es kam nicht mehr als Schmerz bei mir an.
Ich war in einem wunderbar meditativen tiefentspannten Zustand, den ich sonst nur von LSD kannte oder der Grenze zwischen Wachsein und Traum.

Kaum kamen die beiden zurück, verflog das Gefühl innerhalb weniger Sekunden wieder. Ich hatte nicht den Mut, zu sagen, dass ich alleine sein wollte. Ich wusste auch gar nicht, ob ich allein sein wollte. Ich wollte die beiden irgendwie um mich herum haben zur emotionalen Stärkung. Dabei war ich nur stärkungsbedürftig, solange sie da waren. Ein witziges Paradox, auf das meiner Ansicht auch die Geburtsmedizin gründet. Solange sie da waren, hatte ich das Bedürfnis, nicht alleingelassen zu werden, weil ich Schmerzen hatte und an irgendeinem Punkt auch unsicher war.
Ich hatte mich wohl auch nicht getraut, mir einzugestehen, dass ich lieber ohne die beiden wäre. Als ob ich den beiden ein wichtiges Erlebnis vorenthalten würde und ich das deshalb nicht verlangen durfte. Für die nächste Geburt weiß ich, dass man als Gebärende kompromisslos egoistisch sein sollte. Man selbst muss sich wohlfühlen, das ist das höchste Gebot.

In jedem Stadium der Wehen waren andere Atemtechniken oder Visualisierungen sinnvoll und nützlich. Ich musste immer wieder wechseln aber fand auch immer wieder einen guten neuen Weg.
Die Hypnobirthing-Atmung machte ich völlig falsch, wie ich später herausfand. In dem Moment realisierte ich nicht, dass ich die fehlerhafte Atmung durchführte, die ich blöderweise in den ersten Monaten geübt hatte. Deshalb machte ich die dann auch nicht mehr, weil sie den Schmerz höllisch verschlimmerte und ich auch das Gefühl hatte, nicht genug Luft zu bekommen. Ich wartete ein bisschen darauf, in einen Trance-Zustand zu kommen, aber in der Richtung passierte nicht mehr viel. Ich war da und erlebte den Schmerz voll mit. Ich fragte mich mehrfach, ob er noch heftiger werden konnte und ja, er konnte. Und dennoch ging es immer nur an meine Grenzen und nicht darüber hinaus.
Ich befürchtete auch überhaupt nicht, dass es darüber hinausgehen würde. Da war keine Angst oder Verzweiflung. Ich wusste, dass mein Körper nun arbeitete und ich den Prozess, der nun ablief, bloß unterstützen konnte, indem ich mich entspannte. Also blieb ich ruhig. Während der Wehen bewegte ich mich überhaupt nicht. Jede Muskelanspannung intensivierte den Schmerz extrem, also suchte ich mir in den Wehenpausen eine bequeme Position und stand die Wehe dann regungslos und mit tiefen ruhigen Atemzügen durch. Auch das Baby bewegte sich nicht. Trat nur einmal bei den Übergangswehen kräftig zu, damit ich wusste, dass es ihm gut ging, das war’s.

Die größte Steigerung war dann an einem Punkt, wo ich nicht mehr die progressive Entspannung machen konnte, sondern nur noch bei der „eins“ hängen blieb. Irgendwann ging auch das nicht mehr, die Wehen erreichten ihren Höhepunkt. Da begannen wir mit einem Mantra. Ich hatte zu mir selbst mit jedem Atemzug „Öffne dich“ gesagt, aber mir fehlte dann die Luft, ich brauchte sie zum Atmen. Also übernahmen Jenny und Tom das Sprechen, ich konzentrierte mich darauf, und das half sehr.

Dann war eine Art Pause. Ich weiß nicht, ob ich da schon in den Übergangswehen war oder nur die Eröffnungswehen zu Ende waren. Ich nutzte die Zeit, um nochmal ins Wasser zu klettern und mich abzuwaschen. Die Fliegen nervten die ganze Geburt über, man sollte also bei einer Draußen-Geburt, besonders mit Nähe zu Wasser immer Leute zum Wedeln oder ein Moskitonetz haben.

Danach gingen wir auf die XXL-Luftmatratze, die blöderweise ein Loch bekommen hatte. Aber da ich nun knien wollte, sollte es ein bisschen gemütlicher sein. Der arme Tom stützte mich und hielt dabei halb verrenkt die ganze Zeit das Loch an der Seite zu. Ich bemerkte davon gar nichts, kein Wort der Klage. Erst als die Geburt vorüber war, gestand er, dass die Taubheit aus seinen Armen bis zum Kiefer hochgekrochen war. Eine Ersatz-Luftmatratze ist also auch sinnvoll.

Unten begannen dann vermutlich die Übergangswehen. Es gab einfach keine Pausen mehr, die Wehen waren extrem heftig, aber die Verschnaufpausen existierten nicht mehr. Stattdessen fühlte man die eine Wehe gehen und die andere schon kommen, die gaben sich die Klinke in die Hand. An diesem Punkt war es auch, dass ich sagte „Ich kann nicht mehr“, oder „Ich will nicht mehr“. Es war so gesehen nicht ernst gemeint und ich wusste auch, dass mein Körper noch konnte, aber ich hatte keine Lust mehr. Mir war aber auch klar, trotz meinem Gejammer, dass nun alles sehr rasant vorbeiging und nun bald geschafft wäre.

Dann, als ich ein paar Minuten diese Übergangswehen gehabt hatte, weiter mit dem Mantra des Öffnens, fühlte ich plötzlich, dass sich etwas einstellte. So ein Klonk, etwas greift. Der Kleine stellte sich in den Geburtskanal ein, ich fühlte es, wie nun das Eine zu Ende ging und die nächste Episode begann und ich rief begeistert: Das Baby kommt!
Am Anfang waren die Presswehen noch nicht so stark, dass ich mitpressen musste. Ich entspannte also à la Hypnobirthing und wir begannen ein neues Mantra: Du bist weit. Es half sehr, sich darauf zu konzentrieren. Ich denke, dass ich erst während dieser Wehen laut wurde. Ich kniete vor Tom, meine Arme hatte ich um seinen Hals gelegt.
Und an einem bestimmten Punkt küsste ich Tom und das half nochmal richtig, die Dinge ins Rollen zu bringen.
Zwischen den Presswehen waren zu Beginn noch Pausen, die es gut erträglich machten. Überhaupt kann ich die Presswehen nicht als unangenehm bezeichnen, denn mein Körper arbeitete völlig in Eigenregie und ich spürte den Fortschritt bei jeder Wehe. Auf jeden Fall tat es nicht weh, es war einfach nur ein krasses Gefühl, zu spüren, wie das Kind sich immer weiter nach unten bewegt. Da plötzlich, nach einigen Presswehen erst, platzte plötzlich die Fruchtblase mit einer gewaltigen Explosion in Jennys Hände. So einen Knall hatte ich nicht erwartet.
Die Presswehen wurden stärker und ich konnte ihnen nicht mehr widerstehen. Ich schob dann doch etwas mit und das Ganze wurde dadurch auch viel effektiver. Ich fühlte, wie er weiter und weiter nach unten ging und war irgendwann sicher, dass der Kopf nun schon draußen sein musste, aber Jenny verneinte. Er muss aber eine riesige Beule gebildet haben, so fühlte es sich an. Dann wurden die Presswehen richtig heftig und ich schrie/ brüllte dabei, weil es so gut tat, dieser unglaublichen Kraft Ausdruck zu geben und sie herauszulassen.

Und dann war plötzlich wieder eine Pause und ich fühlte, dass nun der Kopf rauskommen würde. Es war wieder eine Presswehe, aber ihr fehlte der heftige Drang zum Mitpressen, den ich davor gespürt hatte. Ich wusste auch, dass dies nun der sensibelste Punkt war und entspannte mich, konzentrierte mich auf das Weitsein und atmete „sanft Liebe nach unten“. Ich wollte ja keinen Dammriss. Dann fühlte ich, wie sich meine Haut immer weiter dehnte und schließlich spannte. Zum Zerreißen spannte aber nicht zerriss. Ich hatte gedacht, ich wäre eh glitschig und feucht von dem ganzen Blut etc., aber plötzlich fühlten sich einige Stellen staubtrocken an (vielleicht hätte man die tatsächlich noch mit Öl einreiben können in diesem Augenblick oder vorher) und ich fühlte den Kopf daran entlang schaben. Dann war der Kopf draußen und wieder war eine Pause. Ich fühlte, dass mein Körper sich die Zeit nahm für die letzte Presswehe und kannte das ja auch aus den Geburtsberichten. Ich wusste, dass es nun geschafft war.
Tom versuchte mir was zu erzählen von wegen, ich solle jetzt noch einmal alles geben, der schrecklich Uninformierte, bis ich ihm irgendwie verständlich machte, er solle den Mund halten und es ist alles gut so. Dann kam die letzte Wehe und der Körper war geboren.

Wie ich mich umsetzte, damit ich nicht an der Nabelschnur hängen blieb und so weiter, weiß ich gar nicht mehr. Auf jeden Fall lehnte ich dann an Tom und Jenny hielt das Baby. Es war so unwirklich, den Kleinen das erste Mal zu sehen, kaum zu glauben, dass er in meinem Bauch gewesen war! Ich hatte geglaubt, Babys kommen blutig raus. „Du hattest recht, es ist ein Junge!“, sagte Tom zu mir (weil ich das seit der 9. SSW angekündigt hatte). Die Arme und Beine vom Baby ruderten hin und her, aber es schrie nicht, sondern wirkte nur erschrocken. Jenny gab ihn mir und ich legte ihn mir auf meinen Arm / meinen Bauch. Da wurde er sofort ruhig.
Wir taten schnell das Handtuch drüber, das Tom seit einigen Stunden um seinen Bauch gewickelt getragen hatte und schauten ihn an. Er war kein bisschen blau, nur Hände und Füße waren blass. Sein Kopf war auch gar nicht verformt oder zumindest nicht so, dass wir es erkannt hätten.

Ich hatte Angst, dass er womöglich Wasser in der Lunge hatte, er röchelte etwas herum und ich wusste nicht, ob ich versuchen sollte, es abzusaugen.

Ich konnte mich rückblickend und ehrlich betrachtet sehr wenig auf den Zauber des Augenblicks einlassen, weil ich plötzlich im Stress- und Angstmodus war und mich völlig vom Intellekt verschrecken ließ, der verschiedenste Horrorszenarieren abklären wollte. Das hätte ich vermutlich durch eine Hebamme in meiner Nähe vermeiden können (oder eine bessere medizinische Vorbereitung). Ich versuchte, das Baby höher zu heben, aber so lang war die Nabelschnur dann auch wieder nicht und er wirkte auch so klein und hilflos, dass es mir leid tat, so an ihm herumzuhantieren. Also ließ ich ihn dann doch dort, vertraute darauf, dass er auch noch von der Plazenta versorgt wurde momentan und beobachtete dabei, wie sich seine Brust bei jedem Atemzug leicht bewegte.
Die Atemzüge wurden nach einigen Minuten regelmäßiger, das Hüsteln hatte sich erledigt und ich sagte mir, dass wenn er Laute machen konnte, er ja offenbar Luft in die Lunge bekam.
Langsam begann er, seine Augen zu öffnen, die ganz verquollen waren und die ganze Zeit bewegte er seinen Mund und machte die verschiedensten Geräusche. Er war nicht ruhig, sondern wirklich lebendig, aber auch wiederum nicht unruhig oder nervös. Er wirkte sehr friedlich.

Irgendwann wirkte er weniger friedlich, er wollte offenbar trinken. Aber das erste Stillen war nicht ganz leicht. Vielleicht hatte ich auch einfach zu lange gewartet mit einer Reaktion (aus Scheu, irgendetwas am Status quo zu ändern – man könnte ja was kaputt machen). Als ich ihn dann stillen wollte, drückte er immer wieder mein Brustwarze weg und lutschte nur wieder an seinen Handrücken herum. Er fuchtelte ganz viel und zerkratzte dabei mit seinen langen Fingernägeln sein Gesicht und weinte. Er tat mir schrecklich leid und ich hatte schon Angst, dass ich ihn gar nicht würde stillen können. Er war sichtlich empört, was ich da versuchte, ihm in den Mund zu stecken. Ich bekam es mit dem Stillen im Sitzen einfach nicht hin und so legten wir ihn auf die Matratze, ich mich daneben und da klappte es dann endlich. Man musste ihn halt erst mal davon überzeugen, dass meine Brust in seinen Mund gehörte. Dann war er wieder ganz entspannt und friedlich.

Er bekam einen Schluckauf und dann realisierte ich, dass ihm kalt sein musste und wir wickelten noch Jennys weißes Wolltuch um sein Handtuch und es wurde besser. Wir warteten auf die Plazenta und ich machte mir da auch keine Sorgen, hatte ja eh keine Zeit gehabt bisher zum Plazentarausdrücken. Aber Jenny machte sich da irgendwie voll Stress, dabei war alles noch im Rahmen. Meine Hebamme, die Bescheid gewusst hatte und die wir nach Ende der Geburt anriefen, sagte dann auch, wir sollen uns nochmal melden, wenn sie in einer halben Stunde noch nicht raus ist.
Ich fragte mich halt auch, wie die rauskommen soll, wenn ich total gekrümmt auf meinem Popo sitze, da ist ja eh der Weg versperrt. Abgelöst hatte sie sich nach etwa 15 Minuten nach der Geburt.
Na ja, nach zwei Stunden, als Jenny sich wirklich schon Sorgen machte und auch meine Hebamme meinte, nun müsse was passieren, setzte ich mich auf mit dem Beschluss, die Plazenta nun rauszupressen. Gerade da wollte der Kleine dann auch noch mal gestillt werden, was sich super ergänzte. Er trank also und es zog kräftig in meinem Bauch.

Als er fertig war, setzte ich mich auf, Jenny unterstützte mich in der gleichen Position, mit der Tom mir bei den Eröffnungswehen geholfen hatte (sie machte mit ihren Beinen kniend eine Art Geburtshocker für mich) und dann kam auch die Plazenta raus.
Bald darauf beschlossen wir, loszufahren (Geburt war 14.30h gewesen) und gegen sieben war dann alles wieder verstaut und fertig.
Eine Frau war am Steg, als wir dort mit dem Schlauchboot ankamen. Bei den Worten „Halt mal kurz die Plazenta, damit ich aussteigen kann“ zu Jenny gefror ihr Gesicht und sie ward nicht mehr gesehen.

Toms Vater kam mit der Alleingeburt überhaupt nicht klar. Ohne sich jemals wirklich über den Vorgang einer Geburt informiert, sich über biologische und psychologische Prozesse belesen zu haben, erklärte er uns empört für verantwortungslos und redete nicht mehr mit mir. Da wir damals bei Toms Eltern in einem Wohnwagen hinten im Garten lebten, war das eine denkbar ungünstige Konstellation, die nach einer Woche bei mir zu einem Nervenzusammenbruch führte und wahrscheinlich mit ausschlaggebend war für die spätere Depression. Darin liegt in meinen Augen halt wieder die Heuchelei unserer Gesellschaft: Man wird zu Ehrlichkeit erzogen, aber gesellschaftlich unkonformes Verhalten soll man doch lieber mit Lügen verstecken.
Hilfreich war auch nicht der Umbau am Haus, der genau in diese Zeit gelegt worden war. Zwei Wochen lang wurden unsere Tage mit dem Lärm einer Kreissäge versüßt und wir dadurch tagsüber vertrieben. Entspannung ist was anderes.

Eine Geburt also gerne wieder, auf jeden Fall eine Alleingeburt (mit Unterstützung in Rufweite), aber nächstes Mal eine unabhängige und geschützte Wochenbettatmosphäre. Meine Hebamme war so nett, für uns zu schummeln, damit wir keine Probleme bei der Anmeldung beim Standesamt bekamen.

Was ich Frauen mitgeben möchte für eine Alleingeburt ist Folgendes:

– Bereite alle Papiere vor, Elterngeld, Kindergeld etc. Das ist mehr Papierkram, als man nach der Geburt gebrauchen kann.

– Vertrau auf deine Intuition! Niemand weiß besser als du selbst, was du brauchst. Wir sind keine Statistik, wir sind Menschen, jeder individuell. Und niemand kennt dich so gut wie du selbst, erst recht nicht aus einem Medizinbuch.

– Lies Bücher! Inzwischen gibt es ja ein sehr gutes Alleingeburtsbuch. Dazu noch sehr empfehlenswert: Die selbstbestimmte Geburt (Gaskin), Hypnobirthing (Mongan), und ganz besonders Geburt und Stillen (Odent) → der insbesondere zum Aspekt der Alleingeburt und inwiefern dies die natürlichste Geburtsform ist. (Den Teil mit seinen Polygamie-Ausführungen braucht man nicht unbedingt so ernst zu nehmen …)

– Angst ist normal, aber kontraproduktiv. Finde eine Methode, deine Angst zu bewältigen (bei mir war es das Hören der Hypnobirthing-CD). Beobachte deine Geburtsträume. An ihnen kannst du deine Sicherheit in Bezug auf die Geburt ablesen.

– Egal wie du die Geburt geplant hast – solltest du doch etwas anders wollen, sei egoistisch. Es ist deine Geburt. Du brauchst an diesem Tag mal nicht nett zu sein, außer zu dir selbst.

– Hab‘ immer Wasser verfügbar und in Reichweite!

– Wenn du das Gefühl hast, dein neugeborenes Baby braucht etwas, auch wenn die anderen Umgebenden nicht der Meinung sind (z.B. Stillen) – du weißt es besser. Du bist mit deinem Kind auf tieferer Ebene verbunden.

– Sichere dir selbst die Wochenbettatmosphäre, die du haben willst. Du wirst nach der Geburt sehr sensibel sein und deine Konzentration sollte sich ungestört auf dein Kind und euer Bonding richten.

– Alles Gute!

Zwillingsgeburt in Eigenregie

Hallo ihr Lieben!

eigentlich stand an dieser Stelle der Bericht einer Zwillingsgeburt. Leider gab es ernst zunehmende Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Geschichte, weshalb ich mich entschieden habe, den Bericht rauszunehmen. Ich prüfe jeden Bericht, den ich veröffentliche, eigentlich genau, und es tut mir leid, dass ich möglicherweise eine erdachte Geschichte verbreitet habe.

Damit ihr aber nicht denkt, es gäbe keine Zwillingsalleingeburten – auch wenn ich bisher von keiner Geschichte aus dem deutschsprachigen Raum weiß, verlinke ich euch mal ein paar Geschichten.

Eine schnelle Zwillingsgeburt in den USA, von der Doula begleitet und fotografiert: Link.

Ein Bericht auf englisch mit Fotos: Link.

Diese Frau wusste bis zur Geburt nicht, dass sie mit Zwillingen schwanger war (englisch): Link.

 

Die schnelle Alleingeburt von J.P.

Hallo ihr Lieben! Heute darf ich einen Geburtsbericht mit euch teilen, der wieder so unspektakulär und schön ist, wie Alleingeburten in der Regel sind. Es ist das vierte Kind dieser Mama. Ihr erstes Kind kam im Krankenhaus, das zweite im Geburtshaus und das dritte war auch schon eine Alleingeburt. Viel Spaß beim Lesen! 🙂

Nun endlich will ich die Geburt meines vierten Kindes am 5.9.2014 festhalten.

Schon einige Tage vorher hatte ich abends Wehen, teilweise auch in regelmäßigen Abständen. Doch sie wurden nicht intensiver, sodass ich immer ins Bett ging und auch schlafen konnte. Vier Tage vor der Geburt wurde ich nachts wach und stand auf, doch nach zwei Stunden ging ich wieder ins Bett, da nichts vorwärts ging und ich sehr gefrustet war, dass ich nicht ausreichend Schlaf bekam.
Am 4.9. war ich vormittags im Ik*a. Als ich Mittags nach Hause kam, hatte ich den Schleimpfropf am Toipapier. Das hatte ich ja noch nie! Eine neue Erfahrung und die Vorfreude stieg, dass bald unser Baby zu uns kommt. Am Abend hatte ich Wehen, wie immer, aber sie wurden nicht doller, so dass ich gegen 23 Uhr ins Bett ging. Gegen halb drei wachte ich auf und hatte immer mal wieder ein Ziehen im Bauch. Der Blick aufs Handy verriet, dass die Wehen aller 7 bis 10 Minuten kamen. Nach einer halben Stunde war es unbequem im Bett, so dass ich nach unten ins Wohnzimmer ging. Da legte ich mich aufs Sofa und wartet auf die Wehen, die auch relativ regelmäßig kamen. Zwischendurch Klogänge, Versuche, den Muttermund zu fühlen und dennoch absolute Ruhe. Nachts gebären ist toll, die Welt scheint still zu stehen. Nach einer Weile wurden dann die Wehen im Liegen auf dem Sofa immer unangenehmer, so dass ich den Ball ausprobierte, mich drauf setzte oder drüber lehnte. Auch die Sofalehne war angenehm und so begann ich die Wehen zu veratmen. Zwischendurch zündete ich Kerzen an. Gegen 4.15 Uhr weckte ich meinen Mann, indem ich ihn auf dem Handy anklingelte. Die Treppen hoch ins Schlafzimmer wollte ich nicht mehr steigen. Er war diesmal auch gleich wach und kam herunter. Ich berichtet ihm vom „Fortschritt“, teilte ihm aber meine Unsicherheit mit, dass ich nicht weiß, ob’s wirklich Geburt ist. Auch die Sorge, dass er am Morgen arbeiten muss, kam immer wieder hoch. Ich konnte absolut nicht einschätzen, wie weit ich schon bin. So langsam begann ich auch zu tönen und mein Mann fing an, den Geburtspool aufzubauen und alles vorzubereiten. Er wusste gleich, dass es nicht mehr lang dauern wird und nahm die Lage ernster als ich. Erst war ich dagegen, den Pool einzulassen, zwei Wehen später wollt ich doch langsam ins Wasser. Kurz nach 5 Uhr war der Pool fast voll und ich konnte endlich hinein. Es war sehr angenehm und wurde dennoch gleich intensiver. Ich musste lauter tönen, um mit den Wehen zurechtzukommen, fluchte auch einige Male (Übergangsphase! 😉 ), und musste schon langsam mitdrücken. Mein Mann wuselte die ganze Zeit um mich herum, brachte noch zwei Eimer warmes Wasser und entfernte schwimmende Dinge aus dem Pool 😉 Nun bemerkte auch ich, dass JETZT unser Baby kommt und ich kräftig mitdrücken und tönen musste. Mist, die große Tochter wollte doch dabei sein. So schickte ich meinen Mann 5.20 Uhr meine Tochter wecken. Sie schaute wohl kurz rein, ihr war es aber zu laut, so dass sie sich im Treppenhaus auf die Treppe setzte und wartete. Zu lang musste sie nicht warten, denn bereits 5.24 Uhr erblickte uns Baby das Licht der Welt und schwamm ins Wasser. Ich presste den Kopf raus und der Körper flutschte gleich hinterher. So schwamm es im Wasser und ich war überwältigt und überrumpelt von der Schnelligkeit der Geburt. Ich ließ es einige Zeit schwimmen und nahm ihn dann heraus. Ja ich fühlte, es war ein Junge. Mein dritter Sohn! Meine Tochter war derweil zu uns gekommen. Sie war erst etwas enttäuscht, dass es wieder ein kleiner Bruder ist. Zum Glück hat sich dieses Gefühl gelegt und sie ist genauso verliebt in ihren Bruder wie der Rest der Familie. So saßen wir noch eine Weile im Wasser. Mein Mann fragte gleich, ob er die Hebamme rufen soll. Ich meinte nur, er soll mal ruhig machen, es ist doch alles gut gegangen und so können wir sie ruhig noch etwas schlafen lassen. Ich zog aufs Sofa um und gebar ca. 30 Minuten später die Platzenta in der Hocke in eine Schüssel hinein. Mein Mann schnitt später die Nabelschnur durch, wir ließen sie aber ziemlich lang dran am Kind. 6.15 Uhr kamen dann die großen Brüder. Mein größter Sohn war sehr zögerlich, hielt erst Abstand von uns und schaute nur von Weitem. Der kleiner Sohn kam gleich zu uns und freute sich und kuschelte mit mir und dem Baby. Mein Mann brachte den kleinen großen Sohn später in den Kindergarten, nachdem er 7.15 Uhr die Hebamme informiert hatte. Diese kam dann gegen 7.45 Uhr. Baby, Plazenta und auch ich haben ihren TÜV bestanden, so dass sie gegen halb zehn wieder verschwand und wir in die Babyflitterwochen starten konnten. Abends kam sie uns noch einmal besuchen zur U1. 2870g und 48cm und 34 cm Kopfumfang ergaben die Messeinheiten.
Mein Baby war fast eine Woche nackig, wir kuschelten ganz viel und stillten wie die Weltmeister. Der Stillstart war dieses mal schwierig, meine Brustwarzen waren ca. 3 Wochen sehr empfindlich und es tat höllisch weh beim Ansaugen. Einen Namen hatte wir auch erst nach einer Woche, dafür passt dieser jetzt umso besser zum Baby 🙂 Den ersten Monat hatte mein Mann Elternzeit, so dass ich mich erholen konnte und meine Zeit mit Baby auskostete. Es war eine sehr intensive, schöne Zeit.

Fazit: Es war wieder mal eine sehr schnelle Geburt. Eh ich verstehe, dass es wirklich Geburt ist, ist die Geburt auch schon wieder vorbei. Dennoch bin ich unendlich dankbar und glücklich, dass ich wieder so eine schöne, selbstbestimmte Geburt haben durfte und mein Mann mich so ruhig und selbstverständlich begleitet hat.