Ihre zweite Geburt war eine wunderschöne Alleingeburt, genau wie sie es sich vorgestellt hatte. Deshalb war klar, dass das dritte Kind genauso auf die Welt kommen sollte. Aber dann stellte sich heraus: Es waren Zwillinge! Und damit begann die große Verunsicherung seitens der Ärzte, Hebammen und Familie. Einen Kaiserschnitt hielten alle für das Beste, da der führende Zwilling in Beckenendlage lag. Dabei wünschte sie sich nur eins: Jemanden, der ihr Mut machte und sie in ihrem Vorhaben einer natürlichen Geburt unterstützte. Wie ihre beiden Jungs dann zur Welt kamen, schildert diese mutige Mama in diesem Bericht.
Leider war der Anfang nicht sehr erfreulich und hat mir mal wieder gezeigt, dass die lieben Ärzte recht voreingenommen von ihren Instrumenten sind. So schallte der Arzt in der 8. Woche und begann mit den Worten: „Wie viele Kinder wollen Sie?“ Und als ich antwortete „4“, sagte er: „Nun haben Sie Ihre vier“. Was war das für eine riesen Freude, auch wenn ich schon eine leise Vorahnung hatte, da die Hebamme und auch ich vorher schon zu Hause einen sehr hohen Fundusstand in der 8. Woche ertasteten. Ihr knapper Kommentar dazu war auf meine Frage, ob das normal sei beim 3. Kind: „ Mhmmmm, kann schon sein.“ Wahrscheinlich ahnte sie was oder glaubte, ich hätte mich verrechnet … Jedenfalls ließ sie sich nicht zu voreiligen Diagnosen hinreißen, sondern wartete meinen Arzttermin ab.
Doch leider erschallte der Arzt eine „100 prozentige monochoriale Zwillingsschwangerschaft und leider ohne Zwischenwand“. Also Monochorial monoamniotic. ( Das heißt, die Zwillinge teilen sich eine gemeinsame Plazenta und eine gemeinsame Fruchtblase. Die Wahrscheinlichkeit liegt bei 1:100 bei Zwillingen und geht nur bei eineiigen und die haben schon nur eine Häufigkeit von 1:200 Schwangerschaften.) Das Ergebnis stand nun so im Raum und ich wusste erstmal nicht viel damit anzufangen, dachte ich doch bis dahin, Zwilling sei Zwilling. Entweder ein- oder zweieiig. Punkt. Ich war stark verunsichert, doch wollte mein Herz mir aus der Brust herausspringen vor Freude. Und so rief ich als erste meine Schwester an, um Ihr alle sie erzählen und auch sie freute sich mit mir. Als nächstes fuhr ich zu meinem Mann auf die Arbeit, um Ihm die Nachricht persönlich mitzuteilen. Er war recht kurz angebunden und musste gleich wieder an seinen Schreibtisch. Danach fuhr ich meine Kinder abholen. Sie hatte ich bei meiner Familienpatin gelassen und auch Ihr erzählte ich freudestrahlend von unserem Glück. Kurz davor hatte ich bei meiner Hebamme angerufen und gefragt, ob man denn diese Zwischenwand nicht erst später sehen würde. Sie meinte, dass man die Plazenta schon sehen müsste und dass eine Bekannte ein Kind bei dieser Konstellation verloren hatte. Das waren alles keine schönen Neuigkeiten und ich lief langsam immer mehr die Wände hoch. Der nächste Ultraschall war in drei Wochen. Wie sollte ich die hinter mich bringen? Zu Hause angekommen fing das große Googeln an und riss mich noch tiefer in den Abgrund der Verwirrtheit und der Angst um diese Kinder. Hatten sie doch sofort einen Namen in meinem Herzen… Tage der Verzweiflung und der Tränen folgten. Mono-Mono Zwillinge haben die Gefahr, sich selbst zu strangulieren, da es keine Zwischenwand gibt. Sie können sich berühren und schwimmen umeinander rum. Na wenigstens ist das Risiko eines Feto-Fetalen Transfusionssyndroms (d.h. ein Zwilling bekommt auf Kosten des anderen mehr Nährstoffe) nicht so hoch wie bei MONO DI Zwillingen… Kommentare meiner Mutter, ich soll doch froh sein wenn eins stirbt, halfen mir nicht unbedingt. Doch gut, dass meine Schwester noch in der Schule war und eine Lehrerin hatte, die ausrichten ließ, dass man diese Zwischenwände erst bzw. nur zwischen der 11. Und der 14. Woche sehen kann. Endlich also ein Lichtblick und als mir meine Schwester versicherte, für meine zwei großen Mädels da zu sein und mir auf jeden Fall zu helfen wenn die Babys kommen, war ich von tiefster Dankbarkeit erfüllt und konnte mit etwas mehr Mut dem nun nahenden Ultraschall entgegensehen. Mein Anker in dieser Zeit waren sie und Ihre Lehrerin. Die einzigen, die mir mit Fakten klar machten, dass diese Diagnose nicht sicher war.
Nun war ich in der 12. Woche und saß mit zitternden Knien im Wartezimmer. Mein Herz pochte wie wild. Ich war nun wahrscheinlich nach diesen 3 Wochen Onlinerecherche schlauer als jeder Gynäkologe und wusste die Fakten der „ Ohne- Wand- Zwillinge“ auswendig. Wenn man nun ein „Lambda- Sign“ sehen würde, sind es zu 90% zweieiige Zwillinge und ich konnte schon in der ersten Sekunde als der Arzt schallte dieses „ Zeichen“ sehen. Also waren all diese Wochen in Angst und Bange umsonst gewesen. Nur weil ein Arzt zu viel von seinem Werkzeug hält … Auf die Frage, warum er gesagt hatte, zu 100 % monochorial, antwortete er nicht mehr, sondern sagte nur: „ Gott sein dank ist es nicht so eine komplizierte Zwillingsschwangerschaft“. Dies war mein letzter Besuch bei ihm, denn wir zogen zu guten Freunden in die Hessische Pampa bzw. kurz dahinter nach NRW. Mein Mann begann nun bei einer großen Firma und hatte jede Menge Spaß. Ich leider nicht, denn ich nagte immer noch an der Absage meiner Schwester, in der sie mir ihre Hilfe für die Zeit um die Geburt versagte, da sie als Aupair ins Ausland gehen wollte. Nur im Notfall wolle sie kommen. Ich war zutiefst geschockt und brach erstmal den kompletten Kontakt ab. Und als es soweit war, traute ich mich nicht mehr sie zu mir zu bitten. Ich lag ja nicht im Sterben.
Im neuen Wohnort angekommen merkte ich schnell, dass ich hier aufgeschmissen sein werde, was die Geburtshilfe anging und ich träumte wieder von einer Alleingeburt. Dazu gehörte, dass ich mich gründlich nach allen Seiten informierte und wieder anfing, die Hypnobirthing-CD zu hören. Und mit der Musik und der Stimme kamen die tollen Erinnerungen an meine letzte Geburt und erste Alleingeburt zurück. Damals war ich komplett angstfrei und wusste, dass mich nichts aufhalten konnte. Ebenso einfach und schnell war dann auch die Geburt. Hier im letzten Winkel NRWs gab es nun leider weder kompetente Hebammen noch Hebammen, die mir Mut zusprachen noch Ärzte, die mir in irgendeiner Form Kompetenz bewiesen. Sie wollten mich alle am liebsten im OP sehen. Weiter kam dazu, dass mein führender Zwilling in Beckenendlage (BEL) lag und der zweite in Schädellage (SL). Nun kam also auch das Thema BEL-Geburt dazu. Ein weitere Punkt, der jeder Hebamme und Ärztin hier Angst machte. Ich machte also ab der 33. SSW auch noch auf Teufel komm raus Indische Brücke. Ich schrieb drei Geburtshäuser bis 1 ½ Stunden Entfernung an, doch niemand entband Zwillinge. Ich entschied mich, alle Kliniken im nahen und fernen Umfeld abzuklappern um zu sehen, was sie in ihrem Kompetenzenköfferchen hatten, war ich doch schon ein besonders schwerer Fall. Auch vorangegangene, leichte komplikationslose Geburten machten es mir nicht leichter. Die große, sehr erfahrene Marburger Uniklinik, 1 Stunde Fahrt, wagte es nur, wenn der erste in SL lag, sonst Kaiserschnitt. Die kleine Klinik Frankenberg ,15 Minuten, auch. Das einzige was blieb war also eine 2-stündige Fahrt ins Ruhrgebiet in das Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke. Hier durfte man nicht nur bei seinen Frühchen bleiben, sollten es welche werden, sondern sie hatten auch einen durch Hebammen geführten Kreißsaal. Natürlich nicht bei Risikoschwangerschaften. Und mit Zwillingen zählte ich nun leider dazu, auch wegen der BEL. Und hier war ich endlich an die Richtigen geraten. Keiner hatte Angst vor der BEL oder dass der führende in BEL und der zweite in SL lag. Die Gefahr des Verhakens gab es so gut wie nicht (sie sprach von einer Zahl von 1:2000/5000). Leider hatte sie ein Problem mit der aktuellen Fußlage des ersten Babys und meinte, wenn ich so käme, wäre ein Kaiserschnitt ihr lieber. Also wieder stimmte was nicht. Ich saß in der Falle, egal was war, keiner traute sich diese Geburt ohne irgendwas zu bemängeln zu. Ich fuhr heim und war zumindest beruhigt, dass diese Konstellation meiner Zwillinge mich nicht mehr aufhalten würde, es alleine zu Hause zu wagen. In den letzten Wochen besorgte ich mir alle Sachen, die ich so für eine Geburt zu Hause benötigte. Leider hatte ich im Hinterkopf doch immer die Peitsche meines Mannes und der Ärzte bzw. Hebammen, die alle Angst hatten, ich würde es nicht bis nach Herdecke schaffen. Dass ich plante zu Hause zu entbinden, wollte ich doch lieber für mich behalten. Mein Mann verstand es bis zum Schluss nicht, obwohl ich mehrmals sagte, dass die Kinder nicht im Auto kommen, dass ich zu Hause bleiben wollte. Er hatte Angst. Leider beeinflusste mich diese Angst doch insgeheim stark und ich war auch durch den Stress zu Hause mit den beiden Kleinkindern und den schwangerschaftsbedingten Schmerzen in einem sehr nennen wir es „desolaten Zustand“. Ich konnte mich kaum mehr bewegen. Bis kurz vor Ende der Schwangerschaft hatte ich meine 2jährige bei mir, die nachts alle zwei Stunden einen Nachtschreck hatte und ich musste stündlich auf Toilette. Symphysenschmerzen, Wadenkrämpfe, juckende Haut und die Unsicherheit, ob denn alles gut ginge. Ich weinte viel und musste doch stark sein, hatte ich doch keinen der mir half. Wenn mein Mann abends heim kam, aßen wir noch kurz, brachten die Kinder getrennt ins Bett und dann hatte ich noch kurz Zeit für mich … Viel schneller als gedacht hatten mich die Interventionen in der Hand. Denn ohne Schwangerenvorsorge wollte ich doch nicht sein und so ging ich immer brav zum Arzt und ließ ein CTG machen, von dem ich sowieso nichts hielt. Und an einem besonders verregneten, kalten Novembermorgen, es war ein Tag vor meinem 25. Geburtstag, war das so verhasste CTG „schlecht“. Die Hebamme verschwand mit dem CTG-Blatt bei der Ärztin, die mir dann schonend versuchte beizubringen, dass sie das CTG so nicht akzeptieren könne und ich ins Krankenhaus fahren muss (Sie wussten, ich muss nach Herdecke). Es brach aus mir heraus und die ganze Wut und Verzweiflung der letzten Monate wollte sich in ihrer Praxis Platz machen. Ich war am Ende, weinte und ließ es zu, verließ die Praxis mit meiner Kleinen an der Hand und rief weinend meinen Mann an. Ich hatte solche Angst, dass ich was falsch mache, wenn ich jetzt nicht reagierte und einfach zu Hause bleiben würde. Wir fuhren also umgehend nach Herdecke. Mein Mann und ich waren sehr fest davon überzeugt, dass alles in Ordnung war. In der Klinik wurden wir sehr lieb empfangen und man fühlte sich sofort wohl. Man brachte uns Wasser und natürlich war das CTG unauffällig. Eine Assistenzärztin untersuchte mich und „ oh Schreck“ mein Muttermund war bereits bei 3 cm und komplett verstrichen. Sie würde so gerne „mit einem bisschen Wehenmittel anstupsen und dann hätte ich meine Zwillinge schon im Arm“. Mein Mann war gleich dabei, doch in mir sträubte sich alles gegen eine Einleitung. Zu oft war sowas der Anfang vom Ende und ich fuhr sicher keine 2 Stunden, um dann trotzdem wieder einen KS zu bekommen. Also warteten wir bis abends, um nochmal ein CTG zu machen und fuhren dann endlich heim und holten unsere Mädels ab. War ich froh, dass ich auf mein Herz gehört hatte. Meine Kleinen durften noch schön lange drinnen bleiben, egal wie groß doch der Schmerz und die Erschöpfung waren. Doch schon eine Woche später war ich wieder beim CTG, dieses Mal war alles gut, doch waren es dieses Mal die Blutwerte, die zu denken gaben. Ein paar Tage vorher waren sie schon leicht verändert, doch jetzt „wären sie nicht mehr hinzunehmen“. Ich hatte zwar keine Hellp-Symptome (das Hellp-Syndrom ist eine Form der Schwangerschaftsvergiftung), doch „könne sich sowas schnell entwickeln“. Leider fand ich in keinem meiner alternativen Bücher Infos zu diesem Thema und auch meine alte Hausgeburtshebamme wollte mich da nicht beruhigen bzw. konnte es nicht, wie sie mir ziemlich pampig mitteilte, da sie mich nicht mehr betreute. Ich war am Ende und hatte keine Kraft mehr. Langsam ging mir der Mut aus und so fuhren wir abermals mit gepackter Kliniktasche nach Herdecke, wo sie mich schon mit den Blutergebnissen erwarteten. Hier waren Sie jedoch ziemlich ruhig und empfohlen am nächsten Tag einzuleiten. Ich wollte es jedoch erstmal so versuchen und so wurde der Eipol gelöst, akupunktiert und Nelkenöltampons gemacht. Am Abend war ich emotional so zerrüttet, dass ich lange weinte und meine Zimmernachbarin fragte, ob alles in Ordnung war. Mir entglitt die Situation vollständig und ich wollte meinen Babys doch den besten Start ermöglichen. Am nächsten Morgen sollte ich eingeleitet werden. Ich verzog mich in eines der angrenzenden Waschräume und heulte mich nochmal ordentlich aus. Alles war so kalt und noch konnte ich mir nicht vorstellen, hier auch nur ein Kind zu bekommen. Ich sehnte mich nach einer dunklen, warmen und vertrauten Ecke zu Hause im Schlafzimmer … Am nächsten Morgen wurde mir mitgeteilt, dass die Blutwerte wieder OK waren. Also lag es wohl auch etwas an der Belastung zu Hause. Trotzdem hatten die Ärzte Angst, es würde sich wieder verschlechtern und auch ich hatte keine Lust mehr. Am Morgen der Geburt hatte ich schon ein leichtes 10-minütiges Ziehen. Und am CTG war auch schon was zusehen. Die besten Voraussetzungen also, dass eine Einleitung auch was bringen würde. Ich bekam die geringste Dosierung an Prostanglandingel und sofort setzten starke Wehen ein. Ich musste noch eine halbe Stunde liegen, doch musste ich extrem dringend auf Toilette, worauf mir eine Bettpfanne gebracht wurde. Ich lehnte erbost ab und wartete noch bis die 20 Minuten rum waren, machte das CTG ab und ging auf Toilette. Ich hatte bereits wilde, starke Wehen und überlegte, wie ich denen Herr werden sollte. Ich durfte endlich in den Kreißsaal und sollte nochmal an das CTG. Es war jedoch schon so schwierig für mich, mit den 2-3 minütigen Wehen umzugehen, dass ich bat davon erlöst zu werden. Das geschah und um 12 kam mein Mann. Er war mir jedoch keine Hilfe, schaute er mir doch so unverblümt zu, wollte mir helfen, wusste jedoch nicht wie und setzte sich immer direkt vor mich. Und so bat ich darum, in die Wanne, die hinter einer Wand war, gehen zu dürfen. Das durfte ich und das war so entspannend. Ich schickte meinen Mann hinter die Wand und hatte endlich meine Ruhe. Nun wurden die Wehen regelmäßig und ich verzweifelte langsam, da ich nicht wusste, wie ich mit den Wehen umgehen sollte. Ich wünschte, sie hörten wieder auf, da sie doch eh nur vom Wehenmittel kamen. Ich wollte nicht mehr … Doch dann kam schon der erste Urschrei, den ich so nur von meiner Alleingeburt kannte. Gleich kam die Hebamme reingerannt und fragte, ob ich denn denke, die Geburt beginne. Ich schlug gedanklich die Hände über den Kopf und wollte darauf nicht mehr antworten. Nach einem zweiten Schrei kniete ich mich hin und spürte schon die Fruchtblase. Die Hebamme stand daneben und schaute mir zu. Sie bat mich doch bitte rauszukommen, sie müsse mich untersuchen und so stieg ich sehr widerwillig raus und musste dann auch noch auf den „ Gebärtisch steigen“. Und das obwohl ich zu meinem Mann sagte, da drauf werde ich nicht steigen. Doch wurde mir angedroht, sie würden mich drauf heben, so machte ich es lieber selber. Und mit dem nächsten Urschrei kam schon der erste Zwilling in BEL herausgeflutscht und die Hebamme versuchte den Notfallknopf zu drücken und gleichzeitig den Zwilling aufzufangen. Nebenbei schrie ich sie an, ihn ja nicht anzufassen, wusste ich doch, was „hands off“ bei einer BEL bedeutete. Eine Sekunde, nachdem sie den Knopf gedrückt hatte, kamen sicher 10-15 Personen in den Kreißsaal und wollten dieser Geburt beiwohnen. Die Oberärztin, Frau Dr. Voigt, kam sogar in Bluse. Nachdem der erste Bub mit Glückshaube ( 12.51 Uhr) geboren wurde und ich zum Kommentar der Oberärztin, die diese mit einem „ wie süß“ kommentierte, den Kopf schütteln wollte, untersuchte sie mich sogleich etwas schmerzhaft. Sie suchte den Kopf des zweiten Zwillings und ließ schallen, ob der auch richtig liege. Nummer eins wurde abgenabelt und kam zu meinem Mann (ich fragte noch, ob auspulsiert war und alles bejahte, was ich im Nachhinein nicht wirklich glaube). Alles war wie es sein sollte und Dr. Voigt meinte, ich solle doch so (ich saß nun, um den ersten Zwilling willkommen zu heißen) den zweiten Zwilling rauspressen. Doch dazu sagte ich nicht viel, hockte mich abermals hin und nach ein-zwei Schreien kam auch mein kleinerer Bub (12.55 Uhr) zur Welt. Ich nahm ihn gleich zu mir und dann verschwand auch schon die Zuschauermenge. Wir kuschelten noch bis 14/15 Uhr. Genau kann ich es nicht mehr sagen, denn ich war so voller Hormone, dass ich hätte Bäume ausreißen können. Trotz vorheriger Absprache, ich wolle keinerlei Oxytocin, hing ich dann doch da dran und man wollte mir alles mögliche spritzen. Mein Mann brachte leider keine Kraft auf zu sagen, ich wolle das nicht und so musste ich diskutieren und konnte zumindest die komischen Spritzen ablehnen und das Oxytocin nahm mir eine nette Hebamme wieder ab … Unsere Jungs kamen mir soooo klein vor. Wir kamen aufs Zimmer und nun stand ich da vor meinem 90-cm-Bett und wusste nicht, wie ich die beiden auf mich bringen bzw. in meinen Arm nehmen sollte, denn da gehörten sie doch hin. Ich versuchte, sie einzumummeln und legte mich daneben, doch die Kinderkrankenschwester kam und meinte, sie müsse alle drei Stunden Temperatur messen. Das schrie ja schon nach Krankenhausroutine und natürlich waren die Babys „ nicht ok“. Das ging bis Mitternacht so und dann schob sie mir ein Wärmebett ins Zimmer. Ich war so traurig und hilflos. Erst legte ich sie rein, doch googelte ich schon bald (meine Lieblingsbeschäftigung inzwischen), nahm sie raus und band mir den einen mit der niedrigeren Temperatur ins Tragetuch ein. Ne Stunde später war seine Temperatur super und der, der noch im Wärmebett lag, war immer noch etwas „ kühl“. Ich beschloss, so schnell es geht das Krankenhaus zu verlassen, denn so würden die ersten Tage zum Desaster werden. Am Morgen kam der Kinderarzt und sagte mir, dass alles super sei und wir heim können. Am Morgen kam mein Mann und abends durften die Mädels ihre Brüder willkommen heißen und kennenlernen. Leider hatte ich trotz Nachsorgehebamme, die sehr lieb war, keinen der mir sagte, dass alles gut war. Dauernd war ich verunsichert und glaubte, die wären zu dünn, zu klein oder wahrscheinlich auch noch anderweitig krank. Mit acht Tagen kam die U3 und so fuhren wir zum Kinderarzt. Ihr passte nix, die Kleinen sind so schlapp, haben Froschbeine und ihre Haut sei zu gelb. Meine Hebamme soll einen Billi-Test machen. Diese machte ihn aber wegen fehlender Geräte nicht und so blieb ich zu Hause und überlegte. An dem Tag kam noch die Fotografin und machten herrliche Fotos. Doch an dem Abend war ich so durcheinander wegen der gelben Haut, dass ich am Abend weinend meinem Mann erzählte, ich sei mir nicht sicher, ich will doch einen Billitest machen. Dazu musste ich aber in die Notaufnahme fahren und wegen der Großen fuhr ich alleine. Dort angekommen bin ich um 21 Uhr. Um 23 Uhr kam ich dran und da wurde ihnen vorsorglich ein Zugang gelegt, am Kopf und auch Blut entnommen. Ich musste das Zimmer verlassen und das brach mir das Herz, nicht bei meinem anderen Baby sein zu können. Ich mache mir heute noch Vorwürfe, dass ich rausgegangen bin. Drei Stunden später war das Ergebnis da und es war alles in Ordnung.
Jetzt sind meine Jungs fast fünf Monate und inzwischen habe ich mein Selbstbewusstsein wieder gefunden. Ich geh wieder meinen Weg und vertrau meinen Kindern, dass sie stark sind und wir gemeinsam mit meinem Mann alle Hürden schaffen werden. Leider hatte ich keine Hebamme, die mir Mut zusprach und an dieser Geschichte sieht man, wie wichtig jemand ist, der einem mit Liebe und Erfahrung beisteht. Wie widersprüchliche und übereilige Diagnosen einer Schwangeren den Mut und die Sicherheit in sich und Ihren Körper rauben. Ich wünsche allen Müttern, dass sie jemanden haben, der während und nach der Schwangerschaft an ihrer Seite steht, der ihnen den Rücken stärkt und sich für sie einsetzt, der sie beschützt und auch im Haushalt hilft. Und natürlich eine Familie mit ganz viel Sensibilität für diesen großen Lebensabschnitt.
Mein Dank gilt Sarah Schmid, die mir in der ganzen Zeit mit Rat und Tat per Email zur Seite stand und mir versuchte, jegliche Angst zu nehmen und das Vertrauen in mich zu stärken.