Alleingeburt im Krankenhaus – Geht das? (2)

Ihr erinnert Euch vielleicht an den Bericht einer Alleingeburt im Krankenhaus, den ich vor nicht langer Zeit hier gepostet habe. Leider machen die Krankenhäuser selten so großzügige Zugeständnisse. Im Folgenden berichtet eine Mama, die ihre Alleingeburt im Krankenhaus hart erkämpfen musste und deshalb immer noch das Jugendamt an der Backe hat. Es zeigt, wie viel sich noch tun muss, damit das Recht auf Ablehnung medizinischer Interventionen auch unter der Geburt respektiert wird. 

Am 16.07.2017 ist meine Fruchtblase um 19.00 Uhr geplatzt. Ich war sehr aufgeregt, da ich wusste, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis ich meine Kleine in den Armen halten kann. Ich wusste nicht, ob es sich um ein Blasenriss oder ein Blasensprung handelt. Abwarten war noch angesagt. Am liebsten wollte ich Zuhause bleiben. Aber da ich mit mein Mann einen Kompromiss eingegangen bin und dachte, ich könnte eventuell eine selbstbestimmte Geburt auch im Krankenhaus erleben, da ich in der Hebammensprechstunde erwähnte, dass ich weder ein CTG noch irgendwelche Muttermundkontrollen haben möchte – von wegen. Aber nun weiter. Nach ca. einer halben Stunde hatte ich periodenartige, leichte Wellen mit starkem Ziehen im Unterleib. Die Wellen kamen nach ca. eine Stunde lang im 10-Minuten-Abstand und es floss noch mehr Fruchtwasser. Also wusste ich, dass es tatsächlich ein Blasensprung war. Ca. 2,5 Stunden fuhren wir ins Krankenhaus. Da kamen dann die Wellen alle 5 Minuten. Als wir im Krankenhaus ankamen, legte sie mich ans CTG und unterzogen mich einmalig einer Muttermundkontrolle. Befund: Gebärmutterhals komplett verstrichen und Muttermund bei 1 cm. Ich hatte mich gefreut. Wir gingen an die frische Luft und gegen 22.30 Uhr kamen die Wellen alle 2 Minuten und nach einer halben Stunde jede Minute. Ich lehnte mich entweder an oder ging in die Knie, um es zu veratmen. Sie wurden immer stärker. Gegen 23.30 Uhr ging ich in die Badewanne. Die Wellenabstände wurden länger. Nach einer Weile überkam mich eine starke Welle und es ging voran. Irgendwann spürte ich ein Druck. Es wurde immer unerträglicher. Ich schwitzte und tönte sehr laut und schrie immer „Ya Allah, Ya Karim, Ya Waduud, Ya Rahmen saidny“, ich sagte: „Ya ALLAH, ich weiß, dass ich sündig bin“. Ich sagte meinem Mann immer wieder: “ Ya Muhammad, wenn Du nur wüsstest, was ich gerade durchmache, wenn Du nur wüsstest, ich sterbe. Er fragte: „Du hast Schmerzen, ne?“ Er schaute mich bemitleidenswert an und sah in meinen Augen die Hilflosigkeit. Das zerbrach sein Herz, mir nicht helfen zu können und meinem Leid. Ich fühlte, wie sich der Kopf immer mehr den Weg nach unten ebnet. Ich tastete und fühlte den Kopf. Ich wurde für ein Moment schwach, wo ich Schmerzmittel nehmen wollte, war nur ein Gedanke und dachte mir, ich will nie wieder Kinder haben! Mein Mann rief die Hebamme. Ich sagte, dass ich das nicht will. Sie kam und wollte mir während den Presswellen ein CTG anlegen und nach mein Muttermund tasten! Ich lehnte ab, ich wollte gar nichts, nur meine Ruhe. Mein Mann versuchte mich zu überreden aber vergebens. Ich legte die ganze Zeit meinen Finger vor den Mund, damit er ruhig ist. Er zog mir dann das Tuch an, damit sie mir CTG anlegen und ich zog es nach oben und schrie ihn an: „Ich habe gerade Schmerzen und Du ziehst mir das Zeug an?“ (Er wollte nur mitspielen und es mir danach wieder ausziehen, da er Angst um uns beide hatte. Er sagte es auch immer wieder, aber ich nahm ihn nicht ernst.) In dem Moment kam die Ärztin rein und wurde ein wenig laut und sagte mir: „Hey, schreien Sie doch nicht so!“ Ich wollte, dass alle raus gehen, weil diskutiert wurde. Die Hebamme sagte mir, selbstbestimmt muss nicht unkontrolliert heißen und, wenn das Kind tot auf die Welt kommt, wäre ich dran, usw. Ich sagte nur: „Hören Sie doch endlich auf mit ihren pessimistischen Äußerungen!“ Ich hatte keine Kraft mehr. Sie drohten mir mit der Polizei und dem Jugendamt und angeblich wären die dran, wenn dem Baby was passieren würde. Ich ignorierte sie, mir war alles egal, ich wollte doch nur meine Ruhe haben. Das nennt man psychische Gewalt unter der Geburt. Ja, tatsächlich gibt es Gewalt unter der Geburt, was ich mir früher gar nicht vorstellen konnte. Irgendwann ließen sie mich in Ruhe und ließen mich machen. Ich merkte, wie der Kopf langsam raus kam und spürte einen starken Pressdrang. Ich presste mit aller Kraft und ich kam mir wie eine Löwin vor. Ich schrie laut: „Oh mein Gott, oh mein Gott.“ Es brannte und ich suchte Trost und Zuspruch. Das fehlte mir. Ich fragte die Ärztin: „Sie kennen das doch bestimmt oder, wenn das so brennt?“ Sie bejahte. Ich fragte weiter, ob ich es denn bald geschafft hätte, daraufhin fragte die Hebamme: „Haben Sie denn das Gefühl es bald geschafft zu haben?“ Ich bejahte. Ich hielt die Hand meines Mannes ganz doll fest und plupps war der Kopf draußen und der Körper flutschte. Ich nahm sie und begrüßte sie. Puuh, was für eine Erleichterung. Ich war überwältigt und konnte kaum glauben, aus eigener Kraft meine Tochter alleine geboren zu haben. „Ich habe es geschafft, ich habe es geschafft“, sagte ich voller Freude. Mein Mann weinte und konnte es kaum fassen, dass ich es geschafft haben. Er war stolz auf mich und die Leistung, die ich vollbracht hatte. Nach einer halben Stunde durchtrennte mein Mann die Nabelschnur. Im Anschluss hatte ich sehr starke Rückenschmerzen und einen Druck, aber ich wollte nicht loslassen. Nach einer Stunde half mir die Hebamme, indem Sie mich motivierte zu pressen und die Plazenta kam. Was für eine Erleichterung! Die Rückenschmerzen waren weg! Jetzt ist erstmal das Trauma verarbeiten angesagt. Ich werde so Allah will, nie wieder im Krankenhaus entbinden. Trotzdem soll man ja in allem das Positive sehen, ich hatte desto trotz eine Alleingeburt. : )

 

Ergänzung: Ich muss natürlich dazu sagen, dass mein Mann mich keine Sekunde allein gelassen und in keinem Moment an mir gezweifelt hat! Er glaubte und vertraute fest an mich! Er streichelte, massierte und sprach mir positiv zu und sagte immer wieder, dass ich es schaffen würde. Nur in der Pressphase wollte ich absolut nicht angerührt werden. Trotz Druck seitens des Krankenhauses, blieb er standhaft und wollte einfach nur mitspielen, da er um mich und seine Tochter sorgte, deshalb zog er mir dann das Tuch für das CTG an, damit die denken, dass wir uns doch an die „Spielregeln“ halten wollen. Das alles sagte er mir, aber ich nahm es einfach nicht wahr und dachte, dass das alles echt wäre. Er schmiss sogar die Hebamme raus vor der Pressphase. Der Arzt rief ihn so oft nach draußen und drohte mit dem Jugendamt. Er beschwerte sich beim Chefarzt und die Oberärztin bekam eine Abmahnung. Er kämpfte genauso wie ein Löwe für uns. Ich bin im Großen und Ganzen stolz auf ihn!