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Mikas Geburt oder : Wie ein Traum zum Albtraum wurde… Teil 1

Auch Alleingeburten sind nicht ohne Risiken, wenn auch Risiken ganz anderer Art, als die meisten ahnen. Im Folgenden möchte ich einen Geburtsbericht mit euch teilen, der es in sich hat. Er ist aufgrund der Ereignisse recht lang, weshalb ich ihn euch in drei Teilen zu lesen gebe. Trotzdem lohnt es sich ganz besonders, ihn zu lesen und aus ihm zu lernen. Dabei möchte ich, um Missverständnisse zu umgehen, klarstellen, dass es sich nicht um meine Geburt handelt, sondern die einer Frau, die den Mut hat, dieses Erlebnis mit euch zu teilen. An dieser Stelle noch einmal vielen Dank an Nancy!

Endlich habe ich es geschafft. Nach über 9 Monaten habe ich den Geburtsbericht von Mika geschrieben. Es hat 4 Tage gedauert. Ich brauchte mehrere Pausen und es hat mich erneut viele Tränen gekostet. Aber: Es hat mir wieder ein Stück mehr geholfen, unser Trauma zu verarbeiten. Das Niederschreiben, während es in meinem Kopf ablief, war absolut therapeutisch wertvoll und eine Wohltat für meine Seele. Lange wollte ich es tun … lange konnte ich es einfach nicht. Zu schmerzvoll sind die Erinnerungen, zu hart die nochmalige Auseinandersetzung mit all den Fehlern, die geschehen sind. Heute ist es geschafft.

Gleich voran will ich sagen, dass es ein äußerst langer, sehr detaillierter Bericht ist. Vielleicht für manch Einen zu detailliert. Für mich war es wichtig, jedes Detail festzuhalten, es mir von der Seele zu schreiben. Schreibfehler bitte ich, zu entschuldigen. Am Ende hänge ich noch den Entlassungsbrief, der noch heute wie Hohn für mich klingt, mit an. So, dann wollen wir mal:

Am Abend des 18.08.2012 war alles normal. Laut erratenem Geburtstermin bin ich 40+1. Alles ist super. Mein Baby bewegt sich, ich fühle mich den Umständen entsprechend wohl. Wie die Abende vorher wehe ich leicht vor mich hin. Teilweise schon stärker, aber nichts, was mich nervös machen würde. Meine kleine Tochter schläft diese Nacht bei mir im Schlafzimmer, weil die große Schwester bei Oma schläft. Sie mag nicht allein sein. Irgendwann gegen 22 Uhr gehe ich ins Bett. Alle Wehen sind verschwunden. Mein Mann liegt wegen seiner nächtlichen Hustenanfälle im Wohnzimmer.

19.08.2012

04.28Uhr – Ich werde wach … Wow, was war denn das jetzt? Nicht wie üblich reißt mich der nächtliche Harndrang aus dem Schlaf, sondern eine Wehe. Und was für eine!!! Ich denke mir, dass es vielleicht ja nur eine der üblichen, kräftigeren Übungswehen war und versuche wieder einzuschlafen. Ich wage nicht zu hoffen, dass es doch losgehen könnte. Zu oft hat mein Körper mir mit Übungswehen Streiche gespielt. Ich versuche zu schlafen. Meine Tochter schläft seelenruhig neben mir. 4.35 Uhr … die nächste Wehe rollt an. Sie ist mächtig! Ich gehe aus meiner liegenden Position in den Vierfüßler. Liegend ist die Wehe schon jetzt nicht auszuhalten. Da meine Tochter neben mir schlummert, versuche ich, das tönen zu unterdrücken. Es fällt mir sehr schwer, doch ich schaffe es. Die Wehe ist vorüber. Langsam dämmert mir, dass es ernst werden könnte. Trotzdem lege ich mich aus dem Vierfüßler wieder hin. Ich will keinen falschen Alarm. Also bleibe ich misstrauisch. 4.40 Uhr … WOW! Schnell wieder in den Vierfüßler. Die Wehe ist kräftig, lang und ich schaffe es kaum noch, leise zu bleiben. Ich stöhne deutlich hörbar. Mein Mäuschen bekommt nichts mit … schlummert friedlich weiter. Nach dieser Wehe beschließe ich aufzustehen.

Ich gehe ins Wohnzimmer, habe mir bereits mein rotes Geburts-Shirt /Kleid übergeworfen. Mein Mann schläft im Halbsitzen auf der Couch. Als ich die Türe schließe, wird er wach. Er schaut mich zerknautscht an. „Watt denn nu?“ fragt er. Ich antworte: „Es geht los!“ Sofort ist er hellwach und freut sich wie ein Schneekönig. 40+2 – Mein Baby möchte zu uns kommen. Ich rede mit ihm, sage ihm, als ich allein im Zimmer bin, dass er ruhig kommen kann. „Wir freuen uns auf dich, kleiner Mann! Endlich können wir dich bekuscheln…“ Wie sehr ich bereuen werde, ihm das gesagt zu haben, wird sich erst später zeigen.

Sven ist wieder im Zimmer. Er glaubt noch nicht so recht, dass es losgeht. Die nächste Wehe kommt. Ich kann nicht mehr leise sein … muss tönen … schon ziemlich laut. Sven versucht mit mir zu Scherzen und sagt: „Ey, sei nich so laut! Kiara wird wach!“ Mir ist nicht nach dieser Art von Spaß! Ich will mich auf mich und mein Baby konzentrieren und kann diese Art Scherz nicht vertragen. Ich sage ihm, er soll seine Klappe halten. Ich muss mich ziemlich biestig angehört haben, denn nach einem kurzen Grinsen sagt er: „Ok, ich wollte nur wissen, obs ernst is diesmal…und es IST ernst!“

Ich habe eine „To-Do-List“ für die Geburt vorbereitet. Alles soll perfekt werden! Sven sucht sie sich sofort, während ich am Schrank stehend im Wohnzimmer meine Wehen veratme. Er legt meine Entspannungsmusik auf und zündet Kerzen an. Er legt die Moltontücher, Handtücher und Stoffwindeln bei 60Grad in den Ofen, damit sie für unser Würmchen schön vorgewärmt sind. Mein Baby soll es warm und kuschelig haben, wenn er da ist. Sven legt die ausgezogene Couch und den Boden davor mit Vorlagen aus Fleece aus. Diese hatte ich in ausreichender Menge extra besorgt. Er legt die Kuscheldecken und die weichen Kissen auf der Couch aus. Er bereitet uns ein warmes Nest vor. Zum Schluss zieht er die Rollläden zu. Es ist wunderschön … im Kerzenschein und Kuschelatmosphäre hat unser Wohnzimmer etwas Magisches an sich.

Ich habe schon sehr mit den Wehen zutun. Meine Tochter ist noch immer nicht aufgewacht. Da ich irgendwie nichts mehr an meinem Körper haben will, ziehe ich mein Kleid aus. Die Wehen sind heftig. Ich bin ganz bei mir. Ich versuche, mich etwas hinzulegen, in der Hoffnung, die Wehen ließen sich so besser aushalten. Dem ist nicht so! Schnell wieder hoch…am besten geht’s mir im Stehen. Plötzlich Toilettendrang. Oh Gott, wie soll ich den Weg ins Bad bloß schaffen? Es tut sooo weh … Dennoch mache ich mich in halbgebückter Haltung, meinen Bauch festhaltend, auf den Weg. Eine Pause in der Küche … dann schnell weiter. Mein Mann ist derweil auf dem Hof und raucht. Er ist wahnsinnig nervös … läuft auf und ab. Ich kann mir ein kleines Grinsen nicht verkneifen. Auf der Toilette angekommen, habe ich das Gefühl, dass es mich zerreißen würde. Mein Darm entleert sich … ganz auf natürlichem Wege. Wo ich schon mal im Bad bin, lasse ich mir Wasser in die Wanne. Ich will probieren, ob es hilft. Es ist so angenehm kühl im Bad … hier will ich erstmal bleiben. Die Wärme der Kerzen im Wohnzimmer halte ich nur schlecht aus.

Das Wasser plätschert. Ich glaube, Sven ist wieder im Haus. Genau mitbekommen habe ich jedoch nichts. Ich stehe auf den Wannenrand gestützt im Bad. Ich taste meinen Muttermund. Genau identifizieren kann ich nicht, wie weit ich wohl eröffnet bin. Aber es fühlt sich anders an als die letzten Tage … und: Das Köpfchen liegt ganz tief! Ich berühre ihn … bald ist er da. Es hat begonnen … die letzten Zweifel sind verflogen. An meinen Fingern hängt viel zäher Schleim – der Rest vom Schleimpfropf. Ich freue mich …

Ich steige in die Wanne. Es ist, entgegen meiner Erwartungen, sehr angenehm im Wasser. Ich beriesele meinen Bauch mit dem warmen Wasser, veratme Wehen – wie viele weiß ich nicht. Plötzlich wieder der Drang, auf Toilette zu gehen. Zu Spät! Das Maleur ist ohne Kontrolle meinerseits ins Wasser gegangen. Peinlich! Ich beschließe, die Wanne zu verlassen und das Missgeschick zu beseitigen. Es war nicht viel … nur minimal. Dennoch wollte ich raus.

Ich bekomme beiläufig mit, dass meine Tochter aufgewacht ist und mich verschlafen und misstrauisch anschaut. Sven kommt und sagt zu mir, dass er sie nun schnell zu meinen Eltern bringt. Zum Antworten bin ich nicht in der Lage. Es tropft aus mir heraus, schleimig … zähflüssig. Der Rest vom Schleimpfropf verabschiedet sich gerade. Die Wehen werden heftig. Ich gehe in den Vierfüßler auf den Boden und starre auf die kleinen, viereckigen Löcher, die in unserer Badmatte eingestanzt sind. Ich bin wie in Trance … bei jeder Wehe töne ich laut. Wie befreiend es sich anfühlte, dass nun gerade NIEMAND da war. Ich ließ mich vollends gehen. War laut, ungehemmt, ganz bei mir! Der Schmerz war da … aber es war auszuhalten, dadurch, dass ich mich mit dieser Badmatte selbst in Trance versetzte.

Einige Wehen später war Sven wieder da. Ich sah seine Füße und dachte noch: Bitte, quatsch mich jetzt nicht an!!! Aber er tat es! „Ich bin wieder da, Nancy … soll ich irgendwas machen?“ Ich war zum sprechen nicht in der Lage. Ich reagierte einfach gar nicht. „Willst du nicht lieber ins Wohnzimmer?“ Wieder reagierte ich nicht, schüttelte den Kopf nur leicht und dachte: „Ich gehe nirgends mehr hin! Hier bleib ich, hier ist es so schön kühl!“ Es funktionierte. Er ließ mich in Ruhe. Aber er blieb bei mir. Irgendwann stand ich wieder auf … der Schmerz war unerträglich und ich hoffte, dass nun bald die Übergangsphase einsetzt. Ich ahnte nicht, dass ich bereits mittendrin war! Zwischen Waschbecken und Badewanne stützte ich mich ab. Bei jeder Wehe stand ich auf den äußersten Zehenspitzen und drückte mich hoch. In den Wehenpausen instinktives Beckenkreisen. Es tropft immer mehr aus mir heraus. Sven legt das Bad mit Unterlagen aus. Braver Kerl! Und angenehm unter den Füßen. Die nächste Wehe … ich drücke mich hoch … aua… Und plötzlich am Ende der Wehe: PRESSDRANG! Nur leicht, aber doch spürbar! Nein, das kann nicht sein! Noch nicht!!!

Pause … diesmal gefühlt etwas länger. Ich kann Sven ansehen. Hatte ich doch sonst nur den Fußboden fixiert! Die nächste Wehe … oh man. Ich drücke mich hoch … Gut, das ein Waschbecken keinen Schmerz empfinden kann!!! Und da kommt er wieder der Pressrang am Ende der Wehe: leichtes Mitdrücken … PLATSCH!!!!! Die Fruchtblase springt. Erleichtert und erschöpft schaue ich Sven an. Dem steht der Schreck ins Gesicht geschrieben. „Soll ich jetzt die Hebamme rufen?“ Ich bin nicht in der Lage zu sprechen, denke nur: „Is der blöd? Ich hab ihm doch gesagt, wir rufen sie spät dazu!“ Keine Reaktion meinerseits. Er ruft auch nicht an. Hätte er es nur getan! Hätte er es doch nur getan…!!!

Zwei weitere Wehen vergehen. Beide mit dem Gefühl, etwas mitschieben zu müssen. Aber immer erst eher zum Ende der Wehe hin. Plötzlich ein urgewaltiges Gefühl! Ich spüre klar und deutlich, wie mein Körper sich öffnet. Ich werde weit untenherum. Sven steht im Flur und meint ganz erschrocken: „Er kommt, Nancy, er kommt!“ Ich sage erschöpft und vielleicht etwas schnippisch: „Ja Sven … ich merke es!“ Die nächste Wehe … das Köpfchen drückt enorm, aber ich schiebe, ganz instinktiv, nur leicht mit. Ich bin ganz ruhig! Während ich in den Eröffnungswehen laut tönen musste, war ich nun ganz still. Auch in den Pausen … kein lautes Stöhnen oder Hecheln mehr so wie bisher. Alles war still. Ich gehe in die Hocke und fasse mit der rechten Hand zwischen meine Beine. Der Kopf will nun raus. Ich stoße einen lauten, langen, kraftvollen Schrei aus und gebäre das Köpfchen. Dann folgt eine gefühlt etwas länger Pause. Ich atme ruhig. Meine Hebi hatte mir erklärt, dass nach der Geburt des Kopfes eine Pause normal ist. Auch dass diese dann etwas länger ist. Ich spüre deutlich, wie sich die Schultern einstellen. Die nächste Wehe. Ich gehe in die Knie. Ruhig und fast ohne Laut gebäre ich meinen Sohn in meine Hände.

Ich halte ihn. Er hat die Nabelschnur einmal um den Körper und halb um den Hals. Ich entwirre ihn und schließe ihn in meine Arme. Während dessen steht mein Mann im Flur, filmt und sagt die ganze Zeit: „Schrei Kleiner! Komm, schrei … schrei … schrei…!“ Ich versuche, dieses kleine Menschlein irgendwie in meine Arme zu legen, aber er ist so glitschig. Ich halte ihn vor mir. Er versucht, den ersten Schrei von sich zu geben. Dabei höre ich, dass er viel Fruchtwasser in den Atemwegen haben muss. Ich sauge ihm, ohne zu überlegen, die Nase frei. Ich freue mich kurz über meinen Sohn … sage, das er doch gar nicht groß ist. Mein Mann widerspricht mir. Mika wirkt komisch. Am Körper bläulich-blass. Ein paar mal streckt er die Arme wild in die Luft und reißt dabei die Augen weit auf. Er ist blau … sehr blau! Wirklich fast Lila im Gesicht. Plötzlich sackt er in sich zusammen, die Augen verdrehen sich nach hinten. Keinerlei Spannung oder Muskeltonus mehr in dem kleinen Körper. Ich sage zu meinem Mann, dass er anrufen soll. Ich meine die Hebamme. Er ruft den Rettungsdienst!

Während er telefoniert (anfangs ruft er die Polizei an, weil er die 110 wählt) folge ich meinem Instinkt. Ich rubbele Mika die Käseschmiere aus dem Gesicht, animiere ihn um Mund und Nase. Ich fühle die Nabelschnur. Sie pulsiert noch! Sehr gut … kein Grund zu Panik! Dennoch öffne ich den Wasserhahn, nehme einen Schluck kaltes Wasser und gieße es über seinen Rücken. Da ist er wieder!!! Die Spannung kehrt zurück in den kleinen Körper, jedoch nicht lange. Ich beginne erneut ihn abzusaugen. Auch durch den Mund. Es kommt nicht viel. Mein Mann kommt ins Bad, sieht das reglose Wesen in meinem Arm, das so lila-blau verfärbt ist. Er bricht in Tränen aus, heult wie ein kleines Kind und übergibt sich ins Waschbecken in der Küche. Er bricht zusammen. Ich bekomme das alles nur in Trance mit, kümmere mich um mein Kind. Ich beginne mit der Beatmung. Mika immer noch schlaff … Es tritt weißer Schaum aus der Nase aus. Sehr gut! Das Fruchtwasser wird von meiner Beatmung verdrängt und tritt durch die Nase aus. 2 weitere Mal beatme ich den Kleinen … Und da ist er! Endlich! Und diesmal bleibt er bei mir. Das Telefon klingelt. Der Rettungsdienst gibt Anweisungen, was ich mit dem Kind machen soll. Ich reagiere nicht. Mein Kind ist da! Sven heult noch immer. Ich schleppe mich, das Kind immer noch mit der Nabelschnur verbunden, mit Mika ins Wohnzimmer auf unsere Kuschelcouch. Ich decke uns zu. Sven holt die vorgewärmten Tücher. Ich wickle Mika ein und halte ihn dicht bei mir. Er weint nicht, er bewegt sich nicht, aber er ist da! Sein Körper wird rosig, der Kopf ist noch immer dunkelblau. Ich merke die Muskelspannung. Ich halte ihn in Wiegenhaltung auf meinem Arm, bis die Sanitäter eintreffen. Meine Unruhe ist völlig verschwunden. Ich bin ganz ruhig, ganz bei mir und meinem Kind.

Der Rettungswagen ist da. Es sind gerade 10 Minuten seit der Geburt vergangen … 10 Minuten! Sven eilt zur Tür. Ein Mann und eine Frau kommen mit großem Koffer bepackt ins Wohnzimmer. Sie fragen, was passiert sei. Ich schildere kurz die Lage. Die erste Frage: „Wurde schon abgenabelt?“ Ich antworte ruhig und mit leichtem Lächeln: „Nein, ich möchte gern warten, bis die Plazenta geboren ist.“ Verdutzte Blicke auf mich und mein Baby. „Na, wir nabeln jetzt erstmal ab!“ Und das taten sie … mit einem Skalpell wurde unser Band lieblos durchtrennt.

(Warum? Das wüsste ich heute noch gern! Sie gehen von Sauerstoffmangel-Situation aus und durchtrennen das, was das Baby noch mitversorgen würde, als Erstes! Das lässt doch schon die Unfähigkeit erahnen!)

Ich war sehr traurig, spürte aber, dass die Nabelschnur bereits auspulsiert war. Das nahm mir in dem ersten Moment die Enttäuschung ein wenig, auch wenn der Wunsch, selbst abzunabeln zerstört war. Ich konnte ja nicht ahnen, dass das meine geringste Sorge sein würde! Nachdem abgenabelt war, nahm ich Mika wieder zu mir. Sein Körper war schön rosig, sein Kopf noch immer blau.

Ich teilte mit, dass ich auf meine Hebamme warten will und nicht mitfahren möchte. Wieder schauten mich die Beiden ganz verdutzt an. Sie fragten, ob sie ihn denn mal absaugen sollen. Ich bejahte dies und dachte mir, dass es ja nicht schaden kann. So versuchten sie, etwas abzusaugen. Es gab jedoch nichts mehr. Die Atemwege waren schön frei. Ich wiederholte meinen Wunsch, zu warten. Die Sanitäter warteten auf den Notarzt, der auch sogleich eintraf und teilten ihm mit, dass ich nicht mit in die Klinik möchte.

Er sah mich entgeistert und vorwurfsvoll an. Er wirkt sehr sehr nervös, dennoch bevormundend. Ich kannte ihn noch aus meiner Ausbildung. Ich habe Krankenschwester gelernt. Er ist Chirurg … hat also ganz bestimmt keine große Ahnung von Geburten, Geburtskomplikationen, und von dem, was eben normal ist oder nicht. Sicher hatte ich in den vergangenen Monaten/Jahren mehr Bücher über Geburten gelesen, Filme gesehen, Clips studiert, als er in seiner gesamten Ausbildung … Er fragte mich, ob dies mein erstes Kind wäre. Ich verneinte. Er sah Mika an, dann mich und sagte, dass ich doch wissen müsse, dass das gefährlich ist! „Sie sind doch Krankenschwester!! Das ist verantwortungslos! Ich warte hier auf Niemanden!!“ Dieses Wort … verantwortungslos … sollte an diesem Tag nicht zum letzten Mal gefallen sein! Er fragte, wer meine Hebamme ist und von wo sie kommt. Ich beantworte seine Frage. Er wird laut, fragt warum nicht Frau P. meine Hebi ist. Ich bin verdutzt … und erstmals eingeschüchtert vom Tonfall des Arztes. Ich erkläre ihm, dass Frau P. nicht mehr als Hebamme arbeitet. Er wiederholt, dass ER hier auf Niemanden warten wird!

Der Notarzt versucht, Mika nochmals abzusaugen. Es kommt nichts. Danach reibt er den kleinen Babyrücken feste … sehr feste. Mika schreit … zum ersten Mal richtig laut! Ich freue mich und will mein armes, nacktes Baby wieder haben. Er gibt es mir nicht. Ich betone nochmals, dass ich auf meine Hebamme warten werde. Der Arzt zottelt an Mika umher … er gibt ihn mir nicht. Mika ist nackt … und mittlerweile beginnt er auszukühlen. Seine Hände und Füße werden blau. Er hält ihm aus einem Gerät Sauerstoff vor die Nase und versucht, mit einem Oximeter für Erwachsene! (Kinderkoffer nicht dabei!) Mikas Sauerstoffsättigung zu messen. Das funktioniert natürlich nicht. Er brubbelt etwas von 88% O2-Sättigung und das ihm das zu wenig sei! (Man beachte: Mika war vor knapp 20 Minuten geboren und das Oximeter saß nicht richtig! Es war ja für Erwachsene!) „ICH NEHME IHR BABY JETZT MIT!“

Ich schaue Sven verzweifelt an und wiederhole immer wieder, dass er bloß nicht hätte anrufen dürfen. Tränen füllen meine Augen … Ich merke, dass ich aus dieser Situation nicht mehr heraus komme und es beginnt der Albtraum. Ich resigniere … nicht zum letzten Mal an diesem Tag! Ab da lief alles wie ein schlechter Film ab und ich sah die Situationen, als stünde ich neben mir.

Arzt und Sanitäter beraten sich, meinen einstimmig, dass der Kleine sehr schlecht aussieht, dass da bestimmt bleibende Schäden entstanden sind. Die Sanitäterin schlägt vor, Mika doch mal an den Füßen kopfüber zu halten. Ich bin schockiert, beginne zu zittern. Der Arzt verneint. So viel Unwissen!! Ich war fassungslos! Ich kann es nicht glauben. Wie im Film läuft alles vor mir ab und ich fühle mich völlig unfähig, zu handeln … ich fühle mich gelähmt. Hilfesuchend sehe ich meinen Mann an, der in der Ecke des Zimmers steht, wie ein Haufen Elend. Sven kommt zu mir und meint: „Er sieht doch wirklich sehr blau aus! Willst du nicht zur Sicherheit mitfahren?“ Ich verneine … schüttele den Kopf.

Der Arzt ruft die Leitstelle an und sagt Ihnen, dass ich unkooperativ bin und nicht mit möchte. „Die Mutter weigert sich mitzugehen. Sie will auf die Hebamme warten!“ Die Leitstelle erwidert, dass der Arzt sich mal „durchsetzen“ müsse und dass ich keine Wahl habe.

Darauf hin wiederholt der Arzt seinen berühmten Satz: „Ich warte hier auf Niemanden und ich nehme ihr Kind jetzt mit!“

Ich war perplex! Darf er das denn überhaupt? (Heute weiß ich, er hätte es nicht gedurft.) Ich werde gemeinsam von Arzt und Sanitäter als verantwortungslos beschimpft. Sie nehmen mein Baby und verschwinden zur Tür raus. Mich lassen sie liegen!

Alfreds Geburt

Und hier noch eine sehr schöne Alleingeburt (nicht meine eigene, sondern die einer anderen Frau), die ich mit euch teilen darf.

Unser Viertes kündigte sich an. Ein Mädchen. Bestimmt.
Senkwehen hatte ich, aber gesenkt hatte sich nichts! Auch meine drei Großen hatten sich erst während der Geburt eingestellt. Neugierig, ob sich schon etwas tut, untersuchte ich meinen Muttermund alle paar Tage. „Lass mal lieber“, meinte E., meine Hebamme, „schiebst nur Keime hoch.“
Meine drei Großen kamen nach dem errechneten Termin, also stellte ich mich wieder darauf ein. Umso erstaunlicher, anderthalb Wochen vor errechnetem Termin, schien es loszugehen. Gegen Mitternacht. Vorfreude breitete sich aus. Ich wollte mich schlafend stellen, solange es geht. Wie bei den anderen Geburten auch, wehte ich von Anfang an 5 min. Die Intensität nahm nur langsam zu, an Schlaf war aber nicht mehr zu denken. Der nächste Gang zur Toilette bestätigte meine Vorahnung: Geburtszeichen. Gegen 3 Uhr, flaute es ab. „Wie jetzt?“ Ich war zu aufgewühlt um wieder einzuschlafen und döste so in den Sonntagmorgen.
Übermüdet und ungeduldig schlendere ich in den 1. warmen Frühlingsmorgen des Jahres. E. ruft an. Sie sei zu einem Picknick eingeladen, das sei aber eine dreiviertel Stunde Autofahrt entfernt.
Ich berichte vom Geburtsbeginn und dränge E. ihren Ausflug trotzdem zu machen. Ein selbst ertasteter Mm- Befund („erst 1 cm offen“ und „noch gar nix verstrichen“) überzeugt sie.
Doch das schöne Wetter schlägt mir aufs Gemüt. Ich will mich bewegen. Mein Mann sägt und schraubt auf dem Hof mit den Kindern um einen Verschlag für unsere Zwerghühner zu bauen. Er ist die Ruhe selbst und verbringt den Tag ohne „Kursänderung“. Leichte und unregelmäßige Wehen kommen und gehen, die Zeit zieht sich wie Kaugummi. Ich muss raus hier! Weg von neugierigen Nachbarsblicken. Raus ins Grüne. Ans kühle Wasser. Gegen Mittag ist der Stall fertig und ich verkünde: Wir fahren zum Opa. Der wohnt eine Stunde entfernt, auf halber Strecke picknickt E.
Mein Vater freut sich über den unangekündeten Besuch und macht, nichts ahnend, ein Boot flott mit dem wir sieben samt meinem Bruder auf den See fahren. Ich weihe meinen Vater in mein Geheimnis ein, er freut sich riesig und bleibt entspannt. Ich veratme ganz ruhig, was da immer wieder aufkommt und bin voll freudiger Erregung. Heute Abend wird es richtig losgehen, da bin ich sicher. Die Kinder haben ihr Tun. Sie steuern und plaudern und wir genießen das Wasser um uns. Am späten Nachmittag sind wir zurück an Land. Mein Vater erwartet ein Polizeiboot, dessen Wassertank befüllt werden muss. Die Kinder lassen sich an Bord alles genauestens beschreiben. Auf der Stelle zu stehen bekommt mir nicht, mein Vater stellt mir einige Bekannte vor. Ich bleibe einsilbig. Nun merkt es auch mein Bruder. „Ist das so anstrengend mit dem Bauch? Du schnaufst ja so.“ Zwischenzeitlich schreibe ich E. ein paar belanglose Zeilen, damit auch sie ruhig bleibt.
Die Wehen legen an Intensität zu. Am Wasser wird es gegen Abend feuchtkühl und ungemütlich. Schade, aber wir müssen aufbrechen. Ich gehe noch ein halbes Stündchen spazieren um „in Gang“ zu kommen, dann brechen wir auf. Zu Hause angekommen, mag ich weder reden noch sitzen und bin froh, dass K. mit den Kindern isst und sie zu Bett bringt. „Was hat Mama?“ Dass die Geburt begonnen hat, nehmen sie gleichgültig auf.
K. legt für mich ein paar Sachen bereit. Dann gehen wir gemeinsam in die Wanne. Als nun wirklich nichts mehr für ihn zu tun ist, schicke ich ihn zu Bett mit der Bitte mich alleine zu lassen bis ich rufe. Das Telefon legt er neben das Bett.
Ich weiß nicht so recht, wie ich sitzen, hocken oder stehen soll und laufe herum und verschnaufe die Wehen, die immer kräftiger werden. Ich habe das Haus für mich. Alles ist still, alles dunkel. Nun spüre ich auch die Müdigkeit zurückkommen. Von einer Wehe im Minutenschlaf überrascht zu werden ist grausam. Ich konzentriere mich auf innere Bilder, irgendwann geht es nicht mehr. Ich nehme mir kleine Dinge für die Wehenpausen vor: nach der nächsten Wehe hole ich mir Wasser, nach der nächsten zünde ich die Kerze an.
Es ist sooo intensiv, ich töne mit jeder Wehe, wechsle die Zimmer und hoffe, dass alles um mich schlafend bleibt. Ich hänge mir ein Tuch über die Balken im Bad und röhre wie ein Hirsch. So intensiv habe ich die anderen Geburten nicht in Erinnerung. Ich bin froh alleine zu sein, glaube allerdings dass K. mit seinem Ohr an der Wand hängt. Zumindest bleibt er dort.
Da mir in jeder Position nach ein paar Wehen die Kraft schwindet, wechsle ich wieder ins Wohnzimmer. Ob das Wasser mich stützt? Ich starte den Rechner. Wie war das noch bei einer Wassergeburt? Das Wasser muss warm bleiben um nicht den Atemreflex auszulösen und einmal an der Oberfläche muss der Kopf des Kleinen auch dort bleiben. Gut, das für alle Fälle zu wissen. Dann geht’s in die Wanne. Hier lässt es sich aushalten. Das Wasser trägt mich. Die Wehen bleiben enorm, die Pausen recht kurz. Ich schaue auf die Uhr, schon nach 2 Uhr morgens. Ich hoffe, ich schaffe es, bevor die Kinder wach werden. „Kann man das nicht irgendwie beschleunigen?“ In Gedanken sporne ich mich an. „Nun aber raus damit!“ Es wirkt.
Es geht also noch heftiger. Ich knie quer in der schmalen Wanne und lege meine Unterarme auf den Wannenrand. Es ist kaum auszuhalten. Ich spüre dumpfen Druck nach unten. Das Kleine stellt sich ein und löst strampelnd eine Wehe nach der anderen aus. Ich fühle die pralle Fruchtblase und drücke mit dem Finger dagegen. Das löst prompt die nächste Wehe aus. „Die Blase, die doofe Blase.“ Die ist im Weg. Die drückt und will nicht aufgehen. „Die muss doch aufzukriegen sein“. Ich beiße mir den Fingernagel auf und versuche in der nächsten Wehe sie aufzuratschen. Nix da. Ist die fest! Beim nächsten Mal greife ich mit den Fingern unter den Muttermundrand in die Vorwölbung der Blase. Endlich. Ein Schwall Fruchtwasser verschafft Erleichterung. Und Pressdrang, endlich! Ich bin hellwach. Greife zum Telefon und drücke die Wahlwiederholung. Verschlafen steht mein Mann in der Badtür. Wie weit es sei? „Weit. Kannst E. anrufen“. „Gut. Sie ist dran. Ich soll mal einen Lagebericht geben, wie weit Du bist.“ „Ich presse!“ Jetzt hat er verstanden und ist wach. Ich scheuche ihn raus, er soll warten bis ich rufe.
Das war zuviel Ablenkung aber jetzt bin ich wieder bei mir. Der Kopf kommt tiefer. Ich spüre lange weiche Wuschelhaare und eine so weiche Kopfhaut. Schön, das Köpfchen so in der Hand zu halten. Dafür hatte ich bei den Großen keine Kraft. Ich spüre die Dehnung, kann es geschehen lassen ohne zu schieben. Der Kopf ist da. Mein erster Gedanke: „Das will ich sehen.“ Ich rufe K. Er soll ein Foto machen. Jetzt könnte ich auf dem Marktplatz stehen. Alles ist egal. Ich fühle, wie das Köpfchen meinen rechten Schenkel anschaut und sich unter der nächsten Wehe ganz mühelos dreht. Gleich wird es da sein. Ich bitte K., das Kind unter meinen Beinen durchzutauchen. „Ich hab`s. Oh, der Fuß ist noch drin.“ Eine kleine Drehung und er lässt es in meine Arme gleiten. Ganz ruhig. Nun sitzt es auf meinem Schenkel. An mich geschmiegt. Ich fühle etwas Weiches auf meinem Bein. Ein Junge? Nein, es sitzt nur auf der Nabelschnur. Oh, doch ein Junge! Ein Junge. „Nanu? Wo kommst Du denn her?“ Und so blonde Haare. Ich nehme ihn auf meinen Unterarm um ihn mir anzuschauen. Er ist ganz rosig und ruhig und schaut: „Wo bin ich?“
Atmet er? Ein leises Anpusten lässt ihn zusammenfahren. „Ist schon gut, kleiner Mann“, denke ich und drücke ihn wieder an mich. Wir lassen warmes Wasser nach. „Sieht aus wie Alfred, oder?“, sage ich. „Ja“, meint K. So einfach war die Namenswahl noch nie.
Nach einigen Minuten trifft die Hebamme ein. Ganz außer Atem. „Mensch, Edda!“ Sie sagt immer nur das eine und: „Der Taxifahrer!“
Tja, der hat noch auf sich warten lassen und dafür bin ich ihm auch dankbar.
Ich steige aus der Wanne, beide helfen. Wir werden abgenabelt, ein Baumwollband dient als Klemme. Ich blase die Plazenta heraus und E. streicht das angesammelte Blut aus. K. hat inzwischen das Sofa bezogen. Wir ziehen ins Wohnzimmer um, wo wir uns in den Morgen schwatzen und den Kleinen bewundern. Gegen 6 Uhr weckt K. die Kinder, die überrascht und freudestrahlend vor uns stehen. Nur unser Vierjähriger meint verschlafen. „Das ist eine Puppe!“ „Schau doch, er bewegt sich!“ „Mit Batterie.“

Alleingeburt in der Dusche

Ein Baby ganz nach eigenem Gusto zu bekommen macht Spaß und nicht wenige von uns sind Wiederholungstäterinnen. Ich darf wieder einen schönen Geburtsbericht (nicht meinen eigenen, sondern den einer anderen Frau) mit euch teilen. Es ist ihre dritte Geburt und zweite Alleingeburt.

In meiner 3. Schwangerschaft hab ich beschlossen, ganz ohne Vorsorge, ohne Arzt, ohne Hebamme auszukommen. Ich habe mich auf mein Bauchgefühl verlassen und das war auch gut so.

Begonnen hat es am Morgen des 3. Septembers. Ich war in der 38. SSW und hatte leichte Wehen. Naja, es war eigentlich nur ein harter Bauch. Der Unterschied bestand darin, dass es auch einen leichten Druck nach unten gab. Die Sonne schien, es war warm und ich dachte: Heut ist ein schöner Tag zum gebären. Mein Mann war schon unterwegs in die Arbeit. Ich wollte keine Pferde scheu machen, also hab ich ihn noch nicht über mein Befinden informiert. Ich überlegte noch, ob ich meinen großen Sohn in die Vorschule bringen soll oder nicht. Ich hab ihm versprochen, dass er bei der Geburt daheim sein darf, und wenn die Wehen stärker werden, kann ich ihn ja nicht mehr selber abholen. Nach langem hin und her hab ich beschlossen, den geplanten Tagesablauf einfach beizubehalten.

Also den Großen in die Vorschule, dann mit dem Kleinen wieder heim zum Vormittagsschlaf. Diese Zeit nutzte ich auch gleich, endlich die Geburtskiste fertig zu packen. Da mich seit 4 Tagen der Ischias so quält, dass ich teilweise nur auf allen Vieren krabbeln konnte, bzw. nur unter starken Schmerzen humpelte, war es nicht so einfach, alles schnell zu erledigen. Die Wehen kamen mal öfter, mal weniger oft, aber immer in der gleichen Intensität also noch kaum wahrnehmbar.

Nach dem Mittagessen dann wieder mit dem Auto zur Vorschule, meinen Sohn abholen, und da ich jetzt nicht mehr an eine baldige Geburt glaubte, erledigte ich auch noch ein paar Einkäufe – immerhin war der Kühlschrank leer. Im Lebensmittelgeschäft wurde ich doch von mehreren Leuten angestarrt. Auf dem Einkaufswagen lehnend stöhnend (wegen dem Ischias, nicht wegen den Wehen), und 2 Kinder im Schlepptau. Mich hat sogar eine Frau angesprochen wie es mir geht, und wann es soweit ist. Ich meinte daraufhin, dass ich in 2-3 Wochen Termin, aber doch jetzt schon Wehen habe. Sie sagte mit einem Lächeln: „Ja, das sieht man. Fahren sie lieber schnell nach Hause!“. Daraufhin musste ich lächeln, denn sie sagte nicht, ich soll ins KH fahren, sondern heim. Und das hatte ich ja vor.

Daheim angelangt hab ich noch den Garten gegossen es war ja ein schöner, warmer Tag und die Pflanzen wollten ja auch versorgt werden. Und schließlich kam ein Anruf von meinem noch immer uninformierten Mann, dass ein Zug ausgefallen sei, und er jetzt am Bahnhof festsitzt, da er dadurch den Bus versäumt hatte. Also entweder 1 Stunde warten, oder ich hole ihn ab. Also gut, die Wehen sind sowieso so gut wie weg Kinder zusammenpacken und noch schnell 25 km zum Bahnhof fahren meinen Mann abholen.

Zu Hause angelangt gab es noch das verspätete Abendessen, und dann endlich die müden Kinder ins Bett. Ich erzählte meinen Mann von meiner Geburtsvermutung, woraufhin er sofort den Haltegriff von der Gästedusche abmontierte, um sie in unserer Dusche festzuschrauben. So, jetzt war auch der letzte Punkt auf der Geburtsliste erledigt. Da sich die Wehen jedoch verabschiedet hatten, ging ich müde gegen 22:30 Uhr ins Bett.

Um ca. 1 Uhr des 4. Septembers wurde ich von einer Wehe geweckt. So, dachte ich, mal ein anderer Schmerz als der lästige Ischias, der es mir unmöglich machte, mich im Bett zu drehen. Ich schlief aber weiter. Nicht lange, dann kam die nächste Wehe, dann wieder eine und noch eine. Gegen halb 3 beschoss ich aufzustehen und auch meinen Mann zu wecken.

Ich machte es mir im Badezimmer gemütlich, stellte die Geburtskiste bereit und bat meinen Mann, die Wärmeflasche herzurichten. Die Geburt war zwar wie beim letzten mal in der Dusche geplant, da wir aber nur heißes Wasser für ca. 15 Minuten haben, hab ich mich für eine Trockengeburt entschieden. D.h. ich hängte mir die Wärmeflasche an die Duschwand in der Höhe meines unteren Rückens, denn da wollte ich es auf jeden Fall warm haben. Der Heizstrahler wurde auch schon aufgedreht. Und so hängte ich mich bei jeder Wehe an den Haltegriff, mit der Wärmeflasche im Rücken und tönte noch eher leise auf aaaaaahhhhh. Zwischendurch, mein Ischias meldete sich ja doch noch regelmäßig, setzte ich mich auf den Klositz, oder hängte mich über die Waschmaschine. Mein Mann versorgte mich in der Zwischenzeit mit einem Butterbrot, denn ich war plötzlich sehr hungrig.

Um halb 4 war ich mir sicher, dass ich mich mitten in der Geburt befand, und da wachte auch mein großer Sohn auf. Wir wollten ihn überreden, nochmal weiterzuschlafen, und haben ihm versprochen, dass wir ihn wecken, wenn das Baby da ist. Außerdem glaubten wir, dass es noch bis Mittag dauern wird. Aber er wollte nicht. Also blieb er bei uns im Badezimmer. Zwischen den Wehen unterhielten wir uns, und wenn ich wieder laut tönte, waren die beiden ganz leise, um mich nicht zu stören.

Eine Stunde später wachte auch mein Kleiner auf. Der war ganz verzweifelt, da plötzlich Papa neben im im Bett lag, und nicht Mama, mit der er sein morgendliches (oft einstündiges) Brustnuckeln zelebrierte. Und da er sich auch nicht beruhigen ließ, bin ich schnell in einer Wehenpause ins Bett und hab ihn noch schnell stillen lassen. Nach 2 weiteren Wehen im Bett war er jetzt ganz wach, wieder gut gelaunt und ging mit seinem großen Bruder und Papa ins Kinderzimmer zum Spielen. Und ich konnte mich endlich wieder an meinem Haltegriff festklammern.

Ich merkte, dass ich schon lauter tönen musste, konnte aber trotzdem nicht einschätzen, wie weit die Geburt schon fortgeschritten war. Also fühlte ich mal nach und konnte den Kopf schon anfassen. Jetzt war mir klar, dass es nicht mehr so lange dauern kann. Ich erzählte meinem Mann davon und wir beschlossen, die Kinder samt Frühstück vor den Fernseher zu setzen, damit sie ihren Lieblingsfilm schauen können. So war uns zumindest eine halbe Stunde Ruhe sicher. Gesagt getan. Mein Mann kam wieder zu mir und bereitete die Kinderluftmatratze mit einer Unterlage versehen unter mir vor. Ich hatte diesmal vor, bis zum Schluss stehen zu bleiben und mich mit beiden Händen festzuhalten. Ich wusste, dass ich mein Baby so nicht selber auffangen konnte, und überließ diese Aufgabe meinem Mann. Für eine sichere und weiche Landung wollten wir aber trotzdem vorsorgen.

Mein Tönen änderte sich schon. Es wurde lauter, tiefer und zu einem aaaaauuuuuuufffffff. Später erzählte mir mein Sohn, dass er mich bis nach unten ins Wohnzimmer gehört hat. Da dachte er schon, dass das Baby bald da sein wird. Ich ließ einerseits locker, verstärkte den Druck nach unten aber ganz leicht. Und dann kam bei einer Wehe auch etwas Stuhl mit. Mein Mann reichte mir WC-Papier, und ich bat ihn, die Unterlage zu wechseln. Er meinte aber, dass es sich nicht mehr ausgehen wird. Ich war ganz verblüfft und glaubte ihm nicht, doch dann kam wieder eine Wehe und der Kopf war geboren. Ich spürte, wie sich die Schultern durchdrehten und dann war unser Mäuschen geboren. Mein Mann fing sie auf und legte sie behutsam auf die Luftmatratze. Ich konnte es noch kaum glauben. Es war gerade mal 6:33 Uhr, und da es bereits hell wurde hatte mein Mann vorsorglich im Bad das Licht noch ausgemacht. Ich kniete mich zu meinem Baby runter, bestaunte es, und hob es hoch. Und jetzt sahen wir auch, dass wir ein Mädchen bekommen haben. Ich war etwas erstaunt, denn ich rechnete mit einem 3. Sohn, aber somit wurde ich auch sehr überrascht. Die Kleine atmete sofort, war auch gleich rosig und protestierte etwas über die Kälte. Also sofort in ein Handtuch einwickeln und den Heizstrahler näher rücken. Die Plazenta kam auch sofort hinterher, fast unbemerkt. Ich fühlte nur was warmes, nasses zwischen meinen Beinen.

Jetzt durften auch die Kinder dazukommen. Beide staunten über ihre kleine Schwester und strahlten über das ganze Gesicht. Endlich ist das Baby da! Und es saugt auch schon kräftig an der Brust, was zu etwas Verwirrung meines Kleinen sorgte. Immerhin gehörte ihm die vor noch nicht einmal 2 Stunden noch ganz alleine.

Ich sah mir dann noch gemeinsam mit meinem Mann die Plazenta an, wobei ich der Meinung war, dass sie vollständig ist. Anschließend legte sie mein Mann in eine vorbereitete Schüssel. Nach ca. 1 Stunde schnitten mein Mann und mein großer Sohn die Nabelschnur durch. Ich rechnete mit ein paar Tropfen Blut. Vom Gefühl her war es mir aber etwas zu viel, deswegen schnürten wir sie dann doch noch mit einem Band zu.

Kurz noch duschen (endlich heißes Wasser genießen), während unsere Tochter mit Papa kuscheln durfte, und dann ab ins Bett. Ich war schon sehr müde. Mir fehlte die halbe Nacht und die Geburt war schon anstrengend wenn auch relativ schmerzarm. Mein Mann meinte später zu mir, dass ich die ganze Geburt nicht so aussah, als hätte ich Schmerzen gehabt.

Gewogen und gemessen haben wir unsere Schönheit erst am nächsten Tag. Laut Personenwaage (wir haben ja sonst nichts anderes) hätte sie 2,5 kg. Aber ich schätze sie auf etwas mehr. Also sagen wir irgendwas zw. 2,5 und 3 kg wird sie schon wiegen. 52 cm lang ist sie, mit einem zarten Köpfchen von 32,5 cm.

Ich blieb komplett verletzungsfrei. Nicht mal eine Schürfwunde hab ich davongetragen. Aber der Ischias zwingt mich trotzdem ins Bett und zur Ruhe (und ein fieser Muskelkater im Hintern!), was ja nicht soooo schlecht ist, sonst würde ich mein Wochenbett ja auch nicht einhalten.

Was es zur Alleingeburt noch zu berichten gibt ist die Anmeldung beim Amt. Ich hatte weder einen Nachweis über meine SS, noch über die Geburt, wodurch die Anmeldung unserer Tochter nicht möglich war. Daraufhin haben wir eine HG-Hebamme kontaktiert, die 2 Tage nach der Geburt zu uns kam und den Papierkram erledigte. Eine sehr nette, zurückhaltende Frau, die Alleingeburten gegenüber sehr aufgeschlossen ist.

Zur Situation in deutschen Kreißsälen

Hausgeburt ist so gefährlich? Oder sollte man doch eher Angst vor der Geburt im Krankenhaus haben?
Hier mal ein interessanter Artikel über die Realität in deutschen Kreißsälen.

Krise im Kreißsaal

Eine gute Freundin arbeitet seit ein paar Wochen in einem Kleinstadtkrankenhaus als Ärztin auf der Kinderstation. Es ist ihre erste Stelle nach dem Medizinstudium, das sich in Deutschland nicht gerade durch einen hohen praktischen Anteil auszeichnet.

Nach einer Einarbeitungszeit von zwei Wochen hatte sie bereits ihren ersten Dienst zu leisten. Das heißt, sie steht ab nachmittags bis zum nächsten Morgen erst einmal alleine für alles da, was da kommt: für die Betreuung des Neugeborenen-Notfalls im Kreißsaal ebenso wie für alle anderen mehr oder weniger akuten und vielleicht sogar lebensbedrohlichen Situationen in der Kinderheilkunde. Und als sie mir auf dem Spielplatz davon erzählt, ist es auf einmal wieder da – diese mulmige Gefühl, dass auch ich als „Junghebamme“ kurz nach dem Examen hatte, als ich nach nur drei Wochen Einarbeitungszeit nachts alleine im Kreißsaal eines kleinen Berliner Krankenhauses stand. Die Anwesenheitszahl der Hebammen in einem Kreißsaal berechnet sich nach der Geburtenzahl. Babys kommen aber nicht in gleicher „Stückzahl“ täglich zur Welt, sondern an manchen Tagen werden ganz viele geboren und manche Kreißsaaltage sind eher ruhig.

Mein erster Dienst allein als frische Hebamme war aber eher alles andere als ruhig – so waren zwei Frauen gleichzeitig unter der Geburt. Zwar in verschiedenen Stadien – eine gute, kontinuierliche Begleitung hätte ich aber gerne beiden Frauen ermöglicht. Aber neben der Arbeit in der gynäkologischen Ambulanz, die auch noch durch mich als anwesende Hebamme mit versorgt wurde, bleib da wirklich nur noch Zeit für das Allernötigste. Und das war, darauf zu schauen, dass den Kindern und Frauen nichts passiert. Und nein, eine hektische, zwischen zwei Kreißssälen hin und her laufende Hebamme vermittelt sicherlich nicht die Ruhe, die es für eine Geburt braucht. Dazu kam, dass die für diese Nacht eingeteilte Ärztin zwar schon viele Jahre Berufserfahrung hatte, aber durch eine mehrjährige Pause aufgrund eigener Kinder auch gerade wieder ein bisschen von vorne anfing.

Keine Zeit für Geburtshilfe

Und natürlich entwickelte sich ausgerechnet eine der beiden Geburten komplizierter als gedacht. Der von uns bald dazu gerufene Oberarzt brauchte eine gute halbe Stunde, um die Klinik zu erreichen, um danach die Geburt durch einen operativen Eingriff zu beenden. Mutter und Kind sind unversehrt aus dieser Geburt hervor gegangen, aber rückblickend war das mehr Glück als alles andere.

Denn eine kaum eingearbeitete Berufsanfängerin, die gleichzeitig zwei Geburten betreut sowie eine unsichere diensthabende Ärztin sind eine denkbar ungünstige Situation. Aber durch den großen Personalmangel an allen Ecken und Enden sieht es genauso in vielen Krankenhäusern in Deutschland aus. Auch meine damaligen Kolleginnen hätten mir sicher gerne eine längere Einarbeitungszeit ermöglicht, aber der knapp besetzte Dienstplan und das völlig übergelaufene Überstundenkonto gaben das einfach nicht her.

Warum ich das schreibe? Weil ich neulich mal wieder gefragt wurde, ob ich nicht Angst hatte, mein Kind zu Hause Welt zur bringen. Nein, ich habe ehrlich gesagt immer ein bisschen Angst gehabt, ins Krankenhaus zu müssen, weil es dort von so vielen externen Faktoren abhängt, wie die Geburt verläuft. Wenn man nicht gerade eine Beleghebamme hat, die ja zunehmend mehr und mehr aus der Gebärlandschaft verschwinden, weiß man nicht, wie viel Zeit die Klinikhebamme für einen haben wird. Wie viele Geburten wird sie parallel betreuen? Wie viel Andrang herrscht in der Schwangeren- bzw. der gynäkologischen Ambulanz? Wie viele CTGs, Einleitungen oder postoperative Überwachungen sind neben der eigentlichen Geburtshilfe noch abzuarbeiten an diesem Tag oder in dieser Nacht?

Selbstbestimmte Geburt?

Ich weiß, dass die Kolleginnen sich in der Klinik die Hacken abrennen. Ich weiß, dass sie sich mehr Zeit für die eigentliche Geburtsbegleitung wünschen, als stundenlang Daten in den Computer zu hacken. Die zunehmend höheren Auflagen in puncto Qualitätsmanagement sind sicher sinnvoll, wenn sie aber nur dazu führen, dass Klinikmitarbeiter zehn Seiten Papierkram mehr pro Patient ausfüllen müssen, ist damit am Ende sicher nicht den Patienten gedient. Dazu kommt die permanente Angst, rechtlich belangt zu werden, wenn man nicht dieses und jenes tut und alles entsprechend ausführlich dokumentiert. Während in der außerklinischen Geburtshilfe die Geburt auch einfach mal ein Weilchen „stagnieren“ darf (und die Frau neue Kraft schöpfen kann), wird man in der Klinik doch schon nervös, wenn sich zwei Stunden lang am Muttermund nichts tut. Und wenn sich von alleine nichts tut, muss man halt was tun… und eine Intervention bewirkt meist die nächste. Der PDA folgt meist der Wehentropf, dem Wehentropf die Saugglocke und so weiter…

Diese Kette hat meine in der Klinik arbeitende Kollegin Jana sehr eindrücklich beschrieben. Von der erwünschten selbstbestimmten Geburt bleibt da manchmal nicht mehr viel übrig. Zu Hause hatte ich den Luxus, dass sich eine Hebamme ganz exklusiv nur um mich und mein Baby gekümmert hat, in den letzten zwei Stunden vor der Geburt sowie danach war sogar eine zweite Hebamme zusätzlich vor Ort. Luxus für mich, aber finanziell sicher nicht für die Hebamme. 694,58 Euro brutto bekommt die Hebamme für eine Hausgeburt. Damit ist die Geburtshilfe acht Stunden vor und drei Stunden nach der Geburt beglichen einschließlich aller damit verbundenen Leistungen und der Dokumentation, die natürlich gerade in dem Bereich ein ordentlicher Zeitfresser ist. Davon gehen Steuern, Krankenversicherung, Rentenversicherung sowie sämtliche berufsbezogene Ausgaben ab. Und das ist nicht wenig, allein was die geburtshilfliche Haftpflichversicherung angeht. 4480 Euro im Jahr muss eine Hebamme dafür bezahlen.

Ab Juli 2014 ist mit einer weiteren Erhöhung im zweistelligen Prozentbereich zu rechnen. Ja, da darf eine Hebamme erst mal eine Menge Geburten begleiten, nur um die Haftpflicht bezahlen zu können. Eine Beleghebamme bekommt bei gleichen Konditionen für die Begleitung einer Geburt in der Klinik sogar nur ganze 273,22 Euro. Hinzu kommt, dass sich diese wertvolle Arbeit nun mal nicht Montags bis Freitags von 8 bis 18 Uhr erledigen lässt oder gar zu Zeiten, wo die Betreuung der eigenen Kinder durch Kita und Schule organisiert ist. Mehr muss man wohl zum zunehmenden Mangel an Beleghebammen und außerklinischer Geburtshilfe leistenden Hebamme nicht sagen…

Luxus Hebammenbetreuung

Ich bin dankbar, den Luxus einer „exklusiven“ Hebammenbetreuung während der Geburt des Babysohnes gehabt haben zu dürfen. Beide anwesenden Hebammen (die zweite Hebamme hat einen noch wesentlich geringeren Stundenlohn bei gleicher Haftpflichtprämie) hatten nur Zeit für mich – keine Kreißsaalklingel holte sie aus unserem Wohnzimmer, keine gynäkologischen „Notfälle“ hielten sie davon ab, mich in der anstrengenden Endphase zu unterstützen. Wie gerne hätte ich den Frauen in meinen Klinikzeiten auch so eine Betreuung ermöglicht, denn letztendlich ist nicht der Geburtsort allentscheidend, sondern die Qualität der Betreuung, die eine wehende Frau dort erfährt.

Ich behaupte mal, dass die meisten Klinikkolleginnen den Frauen kraftvolle, interventionsarme und selbstbestimmte Geburten wünschen, aber in der Klinik sind einem als Hebamme so oft die Hände gebunden, dies zu ermöglichen. Mit Zeit, mit Ruhe zum Gebären – und das nicht nur als Glücksfall, wenn der Kreißsaal gerade nicht übervoll ist. Die positiven Aspekte einer kontinuierlichen 1:1-Betreuung sind ausreichend belegt. Genug Zeit und Aufmerksamkeit für den Geburtsverlauf ist die beste Prophylaxe vor unerwünschten Interventionen, da eine Geburt nun mal nicht immer nach Leitlinien verläuft, sondern den individuellen Blick erfordert. Auch die Sicherheit für Frauen und Kinder steigt nicht durch eine hohe Anzahl möglicher Eingriffe in den Geburtsverlauf, sondern mit der Aufmerksamkeit und Zeit, die jeder Geburtshelfer der einzelnen Frau widmen kann.

Es braucht genug Personal, um den Stress in einem Kreißsaal nicht bei den Müttern ankommen zu lassen. Stress und Unruhe wirken sich nachweislich negativ auf den Geburtsverlauf aus. Die für die Geburt erforderlichen Hormone fließen nun mal am besten, wenn Intimität, Ruhe und Geborgenheit am Geburtsort herrschen. Das ist zu Hause in der Regel der Fall, sollte es aber auch an jedem anderen Ort gegeben sein, an dem Frauen ihre Kinder zur Welt bringen. Zumal durch die zunehmend weniger werdenden Kolleginnen, die noch außerklinische Geburtshilfe anbieten, faktisch schon längst keine Wahlfreiheit mehr gegeben ist. In manchen Regionen gibt es dieses Angebot überhaupt nicht mehr und in den Ballungszentren muss man sich eigentlich direkt nach der Befruchtung um eine außerklinisch oder in der Beleggeburtshilfe arbeitende Hebamme bemühen, weil diese chronisch überlaufen sind.

Ausreichend ist nicht gut

Aus Krankenkassensicht ist das Angebot für Gebärende aber ausreichend. Ausreichend ist aber nun mal nicht gut. Und genau das sollte es doch sein, wenn es um den Lebensbeginn unserer Kinder geht. Trotz Petitionen zum Thema, trotz guter Pressearbeit, trotz Lippenbekenntnissen kurz vor großen Wahlen scheint sich absehbar nicht wirklich etwas in der deutschen Geburtslandschaft zu verändern. Wahrscheinlich wird es Zeit, dass die „Krankenkassenkunden“ sich bei ihren Versicherern beschweren. Nämlich dann, wenn sie keine Hebamme finden oder wenn sie unter der Geburt nicht die Betreuung bekamen, die sie sich gewünscht haben und die der Klinikinfoabend (der natürlich immer das Idealszenario schildert) versprochen hatte. Denn wahrscheinlich kann nur eine anhaltende „Kundenunzufriedenheit“ nachhaltig etwas an der chronischen Unterbesetzung in den Kreißsäälen oder am beständigen Aussterben der Beleg-, Geburtshaus- oder Hausgeburtshebammen ändern.

Natürlich haben die meisten Eltern erst mal anderes nach der Geburt zu tun, als ihrer Krankenkasse oder den Gesundheitspolitikern zu schreiben. Aber wenn wir ein bisschen weiter denken, werden auch unsere Kinder irgendwann Eltern werden. Was für eine Begleitung für den Lebensbeginn unserer Enkel wünschen wir ihnen dann?

Übrigens hatte meine Freundin zum Glück in ihrem ersten Dienst nur zwei Scharlachfälle und eine allergische Hautreaktion zu behandeln…

Quelle: http://www.zockt.com/vonguteneltern/?p=1001

Beckenboden: Kegeln war gestern

Dank fb bin ich gestern über ein interessantes Thema gestolpert. Von allen Seiten wird einem als Frau nach der Geburt ja eingetrichtert, regelmäßig Kegelsche Übungen zu machen, die auch als Fahrstuhlfahren bezeichnet werden. Eine Übung eben, wo man die Beckenbodenmuskeln nach oben zieht.
Hier ist nun ein neuer und meiner Meinung nach sehr logischer Ansatz einer Wissenschaftlerin namens Katy Bowman und der geht so: Richtiges Hinhocken trainiert den Beckenboden mit all seinen Muskeln und Bändern umfassender als Kegelübungen. Letztere können unter Umständen sogar durch ihre Einseitigkeit schädlich wirken. Das empfohlene Hocken sieht man interessanterweise vor allem in Ländern der 3. Welt, wo natürlicherweise viel am Boden gehockt wird. Ich habe sogar etwas auf deutsch dazu gefunden. Im von mir verlinkten Artikel sind wiederum die englischen Originalartikel verlinkt für den, der weiter lesen will.

http://birthtimedoula.wordpress.com/2010/10/20/nie-wieder-beckenboden-training-nie-wieder-cantenicas-nie-inkontinent/

Alleingeburt bei Beckenendlage?

Ich verlinke euch hier eine informative Seite zum Thema Beckenendlage und Alleingeburt. Die Betreiberin der Seite hat nach ausführlicher Recherche ihr drittes Kind im heimischen Pool im Alleingang und mit dem Popo zuerst zur Welt gebracht. Auf ihrer Seite findet ihr nicht nur den Geburtsbericht, sondern viele nützliche Links zum Thema.

http://alleingeburt.jimdo.com/dritte-geburt/

Vom Papa aufgefangen – eine ungeplante Alleingeburt

Hallo ihr Lieben! Ich habe wieder einen schönen Geburtsbericht für Euch! Damit keine Missverständnisse aufkommen: Es ist nicht meine Geburt, sondern die einer anderen Frau, die bereit ist, die spannende Geburtsreise ihres zweiten Kindes mit Euch zu teilen. Viel Spaß beim Lesen!

Samstag Nacht, 06.04.2013, 37+0

Ich wache auf und bin munter. Ein Blick auf die Uhr sagt mir, es ist exakt 02:30 Uhr. Ich seufze und stehe resigniert mit dem Gedanken an eine weitere schlaflose Nacht auf. Ich gehe ins Wohnzimmer und schalte den Rechner an. Wie in den zahllosen vorangegangenen Nächten will ich mir die schlaflose Zeit mit Surfen im Netz vertreiben.
Ich trinke ein Glas Wasser und merke, dass ich zur Toilette muss. Auf dem Weg dorthin beginnt mein Unterleib zu schmerzen. Als ich auf der Toilette sitze, werden die Schmerzen stärker und ich merke, dass ich weder Harndrang noch Stuhlgang verspüre. Statt dessen tröpfelt Blut in die Toilette und ich werde laut, um die Schmerzen ertragen zu können. Es ist eine Wehe, die sich nicht mehr veratmen lässt, ich muss sie bereits vertönen.
Ich bin erschrocken – sollte es jetzt wirklich losgehen? So plötzlich? So stark? Beim ersten Kind hat die Geburt anderthalb Stunden gedauert – geht es jetzt wieder so schnell? Ich fühle mich überrumpelt und völlig unvorbereitet.
Ich gehe schnell ins Wohnzimmer, um die wichtigsten Vorkehrungen zu treffen.
Im Wohnzimmer werden die Schmerzen noch stärker und ich muss mich am Tisch festhalten und vertöne, während neues Blut auf den Boden läuft.
In meinem Kopf kreiselt es und ich realisiere, dass die Geburt nicht beginnt, sondern ich bereits mittendrin bin.
So schnell wie möglich gehe ich zurück ins Schlafzimmer, hole frische Spannbettlaken für das Sofa und wecke meinen Freund. „Es ist soweit!“, sage ich und laufe zurück ins Wohnzimmer, um die nächste Wehe zu vertönen. Er steht völlig verdattert hinter mir: „Was soll ich machen? Soll ich die Hebamme anrufen?“ Die Hebamme will ich selbst anrufen, er soll das Sofa ausklappen und beziehen und eine alte Decke davor legen.
Nach der nächsten Wehe schnappe ich mir mein Handy und wähle die Nummer von S., unserer Hebamme. Es ist genau 02:45 Uhr. Nach dem zweiten Klingeln geht sie ran. „S., ich glaube, es geht los!“ – „Gut, treffen wir uns im Geburtshaus? Ach nein, ich war grad bei der anderen Frau… Okay, wie sind die Wehen?“ – „Ich weiß nicht, schnell und heftig. Ich blute.“ – „Wie ist die Blutung?“ – „Frisch und hell.“ – „Mensartig?“ – „JA!“ – „Hm, schnelle Muttermundseröffnung. Ich fahre sofort los.“
Ich kann gerade noch auflegen, als mich die nächste Wehe auf die Knie zwingt. Den Vierfüßlerstand werde ich in der nächsten halben Stunde, die die intensivste meines Lebens werden sollte, nicht mehr verlassen.
Inzwischen hat mein Freund alles vorbereitet und sitzt bei der nächsten Wehe vor mir auf dem Couchtisch. Ich kralle mich an ihm fest und rutsche an seinen schweißnassen Armen ab. Ich öffne die Augen und sehe ihm das erste Mal in dieser Nacht ins Gesicht – der Schweiß rinnt ihm von der Stirn. Er tut mir leid; ich denke daran, dass er nur wenige Stunden zuvor mit Fieber, Schüttelfrost und Durchfall von der Arbeit nach Hause kam und ich mich um ihn gekümmert habe. Nun geht es ihm immer noch nicht besser, doch jetzt muss er mir beistehen.
Die Wehen werden unerträglich, ich visualisiere die blauen Satinbänder und die sich öffnenden Blüten. Doch alles wird gnadenlos von einem sich durch die Eingeweide schiebenden Nilpferd verdrängt. „Verdammt, uuuaaaahhhhhh, ich muss pressen… aaahhhhhhh… Ich glaube, ich kack gleich…uuuhhhhhhhh“ – „Mach ruhig, es ist alles gut.“
Er sitzt hinter mir auf dem Sofa, hält meine Hüften, massiert meinen Rücken und redet beruhigend auf mich ein. Seine Worte helfen mir, mich zu konzentrieren. Später wird die Hebamme die vollständige Muttermundseröffnung auf etwa 02:55 Uhr datieren.
Ich hangele mich von Wehe zu Wehe, bis ich dem Pressdrang nicht mehr widerstehen kann. Ich schiebe und brülle ein tiefes „uuuuhhhhhooooohhhh“ vor Schmerzen, als ich ein lautes „Platsch“ höre und alles unter mir nass wird. Ich spüre etwas zwischen meinen Beinen baumeln. Es ist ein Teil der Fruchtblase, die rosig aus mir raus hängt. Mein Freund schaut auf die Uhr, es ist 3:10 Uhr. Er ruft die Hebamme an, die gerade von der Autobahn runter fährt.
Der Pressdrang und die Schmerzen nehmen noch mehr an Intensität zu. „Ich platze gleich!“ – „Ruhig atmen, du machst das prima.“ Ich will ihm sagen, dass ich ihm unendlich dankbar bin, dass seine Worte und seine Hände mir helfen, am Boden zu bleiben, doch ich bekomme nur ein „Uuuuoooooohhhh…. huuuuu…. huuuuuu…“ heraus.
Ich kralle meine Hände an der Kante des Couchtisches fest und presse meine Stirn dagegen, während die nächste Wehe mich zu zerreißen droht. „Hilf mir, mich zerreißt es. Der Kopf muss doch schon da sein!“ – „Ich kann die Haare sehen!“
Er hält mit seinen Händen leicht dagegen, was mir wahre Linderung verschafft. Die folgende Wehe bringt mich an den Rand meiner Kräfte und ich muss weinen. „Der Kopf ist da! Die Nabelschnur ist um den Hals gewickelt. Ich rufe die Hebamme an!“ Später werde ich bedauern, dass ich in diesem Moment unseren Sohn nicht angesehen habe, aber in dem Augenblick bin ich mit geschlossenen Augen ganz bei mir und sammle mich. Ich weiß, die nächste Wehe wird uns unseren Sohn bringen. Es ist 03:20 Uhr und die Hebamme parkt gerade vor unserem Haus ein. Mein Freund kniet hinter mir, während eine letzte kräftige Wehe das Baby aus mir herausschiebt und es in seine Hände fällt.
Ich bin erleichtert und kann es noch nicht fassen. „Unser Baby … unser Baby…“, stammle ich.
Ich lehne mich an das Sofa, mein Freund holt ein Handtuch, gibt mir das Baby und deckt es mit dem Handtuch ab. Wir lachen und umarmen uns, unser neugeborener Sohn beginnt leise zu schreien. Ich sage meinem Freund, wie unendlich stolz ich auf ihn bin, wie sehr er mir geholfen hat. Er hat unser Kind zur Welt gebracht!
Die Hebamme klingelt und ist erstaunt, wie fit wir alle sind. Sie umarmt mich und begrüßt unseren Sohn. Wir bleiben alle eine Weile am Boden sitzen, bis ich nicht mehr so zittrig bin und auf das Sofa umziehen kann.
Dort schaut sie nach, ob ich Geburtsverletzungen habe und ob sich die Plazenta bereits löst. Bis auf einige Labienrisse beidseits bin ich unverletzt. Die Nabelschnur ist auspulsiert, die Hebamme und mein Freund nabeln unseren Sohn ab. Um 03:42 Uhr wird die Plazenta geboren.
Gegen 04:00 Uhr hören wir ein Weinen aus dem Flur. Unser großer Sohn Justus ist aufgewacht und irritiert, weil wir nicht im Schlafzimmer sind. Mein Freund geht hin und sagt „Dein Bruder ist da! Dein Bruder ist da!“ Sofort beginnt Justus zu lachen und kommt zu uns ins Wohnzimmer gerannt. „Schau, das ist dein Bruder Konrad!“ Justus lacht und sagt „Aaahhh nein, der heißt doch nicht Konrad!“
Wir genießen die erste Zeit zu viert, während die Hebamme den Papierkram erledigt. Konrad schaut sich um und Justus beginnt, herumzuturnen und mit einem Igelball zu spielen.
Gemeinsam schauen wir zu, wie S. die U1 macht. Konrad ist auf der Suche nach der Brust und als er sie findet, dockt er an und beginnt kräftig zu saugen. Die Nachwehen werden immens stark und ein Schwall Blut läuft aus mir heraus. S. kontrolliert den Fundusstand: „Deine Gebärmutter ist toll. Die zieht sich so schnell zusammen! Ganz wunderbar!“
Um 05:50 Uhr verabschiedet sie sich von uns und will am Nachmittag noch einmal nach uns schauen. Wir gehen zu viert ins Schlafzimmer. Justus Ist noch völlig aufgedreht und will, dass ich ihm ein paar Märchen erzähle. Es ist 06:44 Uhr, als endlich alle Männer schlafen. Es wird hell draußen und eine Amsel singt vor unserem Fenster. Ich schaue meine Männer an, wie sie wie die Orgelpfeifen nebeneinander liegen und könnte platzen vor lauter Stolz und Liebe.

Erzogen, verzogen, unerzogen – meine moderne Erziehungsverirrung

Schon bevor ich Kinder bekam, hatte ich recht genaue Vorstellungen davon, wie ich meine Kinder mal erziehen wollte: Mit Liebe, Großzügigkeit und so viel Freiheit wie möglich. Auf jeden Fall ohne die Strenge und Kleinkariertheit meiner eigenen Kindheit. Ich wollte meinen Kinder Selbstbewusstsein, Mut und ein gerades Rückgrat mitgeben. Sie sollten keine vor Angst eingeschüchterten Mäuschen werden so wie ich als Kind. Das wie erschien mir (jedenfalls in der Theorie) schnell klar. Einige Recherchen im Internet zum Thema überzeugten mich endgültig: Erziehen war schlecht, nicht erziehen, nicht einmischen besser. Der Gedanke dahinter: Erst durch die übliche Erziehung wird der moderne Menschen, was er heute ist: ein fauler, ständig unzufriedener, phobischer und anerkennungsheischender Egoist. Würde man die Kinder nur machen lassen, würden sie sich die Welt allein erforschen und unbeeinflusst von durch ihre eigene Kindheit traumatisierte Erwachsene zu einem friedliebenden Teil der Gesellschaft werden. Nach der Lektüre von „Auf der Suche nach dem verlorenen Glück“ (Liedloff) war klar: So muss die ursprüngliche Erziehung bzw. Nicht-Erziehung aussehen, wenn selbst die Indianer im Dschungel es so machen. Also, auf alle Bedürfnisse direkt reagieren, möglichst nie „nein“ sagen, keine Befehle erteilen, verständnisvoll ausweinen lassen und das Kind auf Augenhöhe an den alltäglichen Entscheidungen beteiligen. Für mich klang das gut und überzeugend. Ich war sicher, dass meine Kinder über so viel Freiheit dankbar sein würden und zu verantwortungsbewussten, freundlichen Menschen werden würden. Zunächst ging das auch wunderbar. Unser Baby wurde zu Hause geboren, durfte neben Mama im Bett schlafen, stillen, wann es wollte – hervorragend, nicht nur für das Baby, sondern auch für die Mama. Aber mein Baby wurde älter und es bekam erst ein Geschwisterchen, dann noch eins und noch eins. Sie war nicht mehr das Baby, auf dessen Mucks ich sofort reagieren konnte und wollte. Und dann rutschte mir das „verbotene“ Wort doch immer öfter heraus: „Nein!“
Zu meinem Verdruss zeigte unser Tochter keine Spur von Friedfertigkeit oder Dankbarkeit angesichts unserer einfühlsamen, freiheitlichen Behandlung. Nein, sie forderte. Mehr und mehr und mehr. Später diskutierte sie in Endlosschleife und wusste oft doch gar nicht, was sie eigentlich wollte. Sah so das Leben mit Kindern aus? Sollte ich mir das alles wirklich unkommentiert und ungebremst bieten lassen? Nach der xten Trotzattacke von gern auch an die 2 Stunden war mein liebevolles Verständnis auch aufgebraucht. Zu Hause lief es noch irgendwie, aber so bald wir irgendwo zu Besuch kamen, lagen die Nerven blank. Meine Eltern schenkten mir das Buch „Warum unsere Kinder Tyrannen werden“ (Winterhoff). Deutlicher kann man nicht mit dem Zaunspfahl winken. Hatten wir versagt? Oder war unsere Umwelt einfach Kindern gegenüber unsensibel? Ich kam jedenfalls nicht umhin, meine Theorie in manchen Punkten an die Realität anzupassen und musste einsehen, dass:

– ich nur ein Mensch bin. Meine Geduld, mein Mitgefühl und all das haben Grenzen. Wehe, wenn ich nachts nicht genug Schlaf bekommen habe!

– meinen Kindern der Respekt vor Mitmenschen leider nicht angeboren wurde. Sie müssen ihn erst lernen, unter anderem in dem ich ihnen ein authentisches Gegenüber mit Wünschen und Grenzen vorlebe.

– meine Kinder hartnäckige, kleine Egoisten sind, deren Gedanken vorwiegend darum kreisen, das größte Stück vom Kuchen und das schönste Spielzeug für sich zu haben. Ich freue mich natürlich, wenn sie über sich selbst hinauswachsen, und trotzdem teilen und großzügig sind. Aber ich wundere mich auch nicht über das alltägliche „Meins!“, „Ich will das!“, „Ich hatte das zuerst!“

– meine Kinder Hilfe brauchen, mit ihren Emotionen umzugehen. Einfach verständnisvoll ausweinen lassen ist nicht immer. Sie steigern sich manchmal in Launen und Gefühle rein, die eine liebevolle, aber deutliche Begrenzung brauchen. „So, das war jetzt aber nicht so schlimm. Jetzt kannst du wieder aufhören zu weinen.“ Wie überall ist hier Bauchgefühl gefragt, denn die gleichen Sätze können in einer anderen Situation völlig unpassend sein.

– meine Kinder, wenn sie müde oder krank sind, nicht mehr zurechnungsfähig sind. Dass, was sie sonst können, ist ausgeschaltet, und das einzige, was man tun kann, um das Elend zu beenden (und mitunter auch seine Wohnungseinrichtung zu retten), ist, sie schnell ins Bett zu bringen bzw. irgendwie bis zum Ende der Krankheit auszuharren.

– meine Kinder keine Engel sind. Und es ist auch nicht automatisch meine Schuld und mein Versagen, wenn sie rücksichtslos, laut, quengelig, uneinsichtig und gemein zu einander sind. Da sitzt meine Tochter (6 Jahre) beim Frühstück vor ihrem Frühstücksei. Der Morgen ist bis jetzt angenehm verlaufen. Bis jetzt. „Mama, ich finde, du bist eine blöde Mama. Ich will lieber bei der Oma wohnen.“ Ich (seufze innerlich, weil ich weiß, in was für einer Stimmung sie ist, wenn sie so anfängt): „Aha.“ Sie: „Ich finde, du bist die blödeste Mama auf der Welt. Immer machst du …“ Dann folgt eine Endlosschleife an Aufzählungen, wenn ich sie nicht abwürgen würde: „Hör auf damit! Ich möchte nicht, dass du so mit mir sprichst.“ Sie: „Ich finde aber …“ Und fährt unbeeindruckt mit ihren Tiraden fort. Ich: „Wenn du nicht sofort aufhörst, setze ich dich vor die Tür. Ich möchte sowas hier drin nicht hören.“ Sie setzt noch einen drauf: „Du bist eine blöde Hexe, Mama! Ich will dich nicht mehr sehen!“ Und schließlich landet sie vor der Tür. Natürlich nicht ohne um sich zu kratzen und zu schlagen und mich weiterzubeschimpfen. Und dabei benutzt sie üblere Worte als ich hier niederschreibe. Ich weiß nicht, warum sie sich so verhält, oder warum mein größerer Sohn (4 Jahre) Freude daran hat, seine Geschwister mit einem „xy ist böse“-Singsang bis aufs Blut zu reizen, warum sie sich manchmal beißen, bis es blutet, oder sich Holzklötze über den Schädel ziehen. Von uns haben sie das jedenfalls nicht. Ich glaube auch nicht mehr an das Menschenbild vom lieben Kind, das nur durch seine Umwelt zum unausstehlichen Egoisten wird. Meine Beobachtung ist eine andere: Der Egoist steckt irgendwo in jedem von uns und wir lernen (durch eine hoffentlich gute Erziehung begleitet), mit ihm konstruktiv umzugehen.

– meine Kinder feste Strukturen und klare Ansagen lieben. Abgesehen davon, dass es unseren Zeitrahmen sprengen würde, wären meine Kinder davon überfordert, jeden Morgen ihre Kleider selbst auszuwählen (außer die Große, da darf ich nicht ran), zu wählen, was und wann sie frühstücken usw.. Sie äußern zwar ihre Wünsche, von denen sich auch einige umsetzen lassen, aber im Großen und Ganzen genießen sie es, ihren Tag von Mama und Papa strukturieren zu lassen und einfach dem zu folgen, was wir vorgeben.

– Erziehen Arbeit bedeutet und anstrengend ist. Mein 4jähriger jammert mir in Endlosschleife ins Ohr: „Mama, ich will Melone“. Nach dem zwanzigsten Mal ist mein Schädel weich. Nach dem dreißigsten Mal will ich explodieren. Ich (zum wiederholten Mal und nicht mehr ganz so freundlich und verständnisvoll): „Du hattest Melone! Heute gibt es keine Melone mehr! Es ist spät und sonst schwimmt heute Nacht das Bett.“ Seine Ohren sind wie zubetoniert. Es wäre verlockend jetzt nachzugeben. Er kriegt seine Melone, ich meine Ruhe. Solche und ähnliche Situationen auszuhalten ist nicht angenehm und warum soll man sich das wegen einer dummen Melone antun? Und doch ist es für meinen Sohn eigentlich das Beste, was ihm passieren kann. Wenn er jetzt lernt, dass Frust ein Gefühl ist, das man aushalten kann, dann wird er das auch später können und seinen Frust nicht durch Drogen betäuben oder durch Nichtstun oder Hinschmeißen umgehen. Wenn er jetzt lernt, dass sein Wunsch nicht alles ist, sondern dass auch andere Leute Wünsche haben, dann wird er auch später auf die Wünsche anderer Rücksicht nehmen können, anstatt nur seinen Kopf durchzusetzen. Frust auszuhalten will gelernt sein. Aber dafür muss ich bereit sein, sein Genörgel, Geschrei und Generve auszuhalten. Und das zehrt mitunter ganz schön an den Kräften. Da wünsche ich mir insgeheim doch, dass das Nicht-Erziehen bei uns funktionieren möge.

Der Versuch, nicht zu erziehen, ist bei uns nicht zuletzt dank der Kinder vor den Baum gegangen. Mit einem Kind mag es möglich sein, keine Vorgaben zu machen und nicht einzugreifen. Aber spätestens wenn Nummer 1 unbeirrt und mit Wonne auf Nummer 2 herumspringt, muss man sich etwas überlegen. Gerade bei intellektuellen, bewusstlebenden Menschen scheint Nicht-Erziehen momentan richtig in Mode zu sein. Darin spiegelt sich meiner Meinung nach auch eine tiefe Unsicherheit. Die Unsicherheiten dieser Gesellschaft gepaart mit der Verwirrung unzähliger sich widersprechender Erziehungsratgeber und Wissenschaftler und nicht zuletzt ein fehlendes Vertrauen in das eigene Bauchgefühl. Man will alles richtig machen, weiß aber nicht wie. Ich kenne diese Unsicherheit. Ich wollte nicht dauernd herumschreien und schimpfen wie meine Mutter. Ich wollte nicht, dass meine Kinder sich so eingeengt und übergangen fühlen wie ich mich damals. Ich dachte: Nicht erziehen? Das Kind lernt alles selbst, solange ich mich nicht einmische? Super! Da kann ich ja nichts falsch machen! Die Realität hat meine Ideen inzwischen gerade gerückt. Wie beim Gebären denke ich, hilft auch hier nur eine Rückkehr zum eigenen Bauchgefühl. Das heißt natürlich nicht, das eigene Handeln nicht ab und zu zu reflektieren. Und genauso wichtig ist es, die Folgen des eigenen Erziehens zu beobachten. Aber wenn wir in der großen Unsicherheit verbleiben, von wem sollen unsere Kinder Mut und Selbstbewusstsein vorgelebt bekommen?
Ich lese bewusst eigentlich keine Erziehungsliteratur mehr. Es verunsichert mich einfach zu sehr. Ich mache sicher nicht alles richtig, aber unter den gegebenen Umständen mache ich es so gut wie möglich. Und das muss reichen.

Natürlich gibt es auch Sachen aus meiner Kindheit, die mir gefallen haben und die ich übernommen habe. Ich fand es gut, dass meine Mutter uns bis zum Beginn der Schule zu Hause groß werden ließ und dass sie immer für gutes Essen auf dem Tisch sorgte. Ich schätze ihre Fähigkeit, Dinge, auch unangenehme Dinge, durchzuziehen, weil man ein Ziel vor Augen hat. Als Kind hat mich das unglaublich genervt. Wir mussten (gefühlt) stundenlang Johannisbeeren von Sträuchern pflücken oder tote Äste mit der Schere zerkleinern. Aber jetzt, im Rückblick, bin ich dankbar, dass sie mir ein hohes Maß an Frustrationstoleranz beigebracht hat, das viele der jüngeren Generation nicht mehr zu besitzen scheinen.

Also, ja, ich erziehe meine Kinder. Ich erziehe nicht wie meine Eltern, versuche aber, gute Anteile zu übernehmen. Ich hoffe, dass ich einen guten Mittelweg zwischen Strenge und Milde, Regeln und Freiheit gefunden habe. Meine Kinder sind alle sehr aufgeschlossen, auf keinen Fall eingeschüchtert und ängstlich. Das freut mich. Sie sind selbstbewusst, manchmal auch ziemlich frech und unverschämt. Das ist wohl die Kehrseite ihres Selbstbewusstseins. Sie können sich hauen und beißen und zum Kuckuck wünschen, aber auch friedlich zusammen spielen. Sie helfen mir sogar unaufgefordert regelmäßig beim Kochen oder Putzen! Ob sie sich nun wegen oder trotz ihrer Erziehung so entwickeln, weiß ich nicht. Aber augenscheinlich ist ihre Entwicklung gar nicht so sehr davon abhängig, dass ich alles richtig mache.

Alleingeburt im Pool

Ich darf wieder einen schönen Geburtsbericht mit euch teilen! 
(Damit keine Verwirrung aufkommt: Dies ist nicht mein Bericht, sondern ich veröffentliche hier neben meinen eigenen auch die Geburtsfreudenfeste anderer Frauen, die damit natürlich einverstanden sind.)

Die perfekte Geburt unseres Sohnes (Töchter sind 5 und 2) im März 2013
Geplante Alleingeburt im Pool
Dauer: 5 Stunden

Vorab, das Erstaunlichste an der Geburt unseres dritten Kindes war, dass die Wehen gänzlich anders waren, als ich sie kannte, nämlich von Anfang an sehr schmerzhaft. Es war wie zum ersten mal Gebären, aber trotz der stärkeren Schmerzen war es die schönste Geburt – kraftvoll, selbstbestimmt, spirituell. Auch erstaunlich: Nach 5 Std war der Muttermund erst bei 4 cm, dann öffnete er sich innerhalb von 10 Min auf 10 cm!! Aber lest selbst …

Die Vorsorgen machte unsere Hebamme. Ich war nicht beim Gyn, wollte keinen Ultraschall und ließ mich auch nicht vaginal untersuchen, statt dessen spürte ich intensiv in meinen Körper und kommunizierte sehr stark mit meinem Kind. Schon vor der Schwangerschaft konnte ich mein Kind „sehen“ und wissen, dass es ein Junge ist.

Wir hatten uns intensiv auf eine Alleingeburt vorbereitet, sprich: medizinisches Fachwissen angeeignet (v.a. über Dr. Rockenschaub), „Unassisted Childbirth“ gelesen sowie „Luxus Privatgeburt“ und Bücher von Odent und anderen Autoren, Geburtsvideos auf You Tube angesehen, die Wunschgeburt visualisiert, Selbst- und Gottvertrauen gestärkt, Umgang mit Menschen reduziert, die uns nicht gut tun, ausreichend Bewegung usw.

Am 26.03., eine Woche vor ET, beschloss ich, zu einer Freundin zu fahren, um mir die Wartezeit zu verkürzen. Während die Kinder im Garten spielten, bei eisigen Temperaturen, tranken die Freundin und ich unseren Kaffee. Ich spürte 4 bis 5 Wehen, die nicht schmerzten, aber meine Aufmerksamkeit erregten, da in den letzten Tagen Stille herrschte und ich mich schon fragte, geht denn hier nie was los. Okay, werden wohl Senkwehen sein, dachte ich mir.

Als die Kinder im Bett waren, ging ich duschen und stellte fest, dass der Bauch merklich tiefer gerutscht war. Unter der Dusche stellte ich einen Schleimabgang fest, der nur der Schleimpfropf sein konnte, da er aussah und sich anfühlte wie Leim.
Kurz darauf im Bett wurde plötzlich mein Laken nass und das machte mich stutzig. Da dämmerte mir, dass die Fruchtblase geplatzt war! Männlein und ich freuten uns, dass die Geburt losging. Ich war so voller Glückshormone, dass ich vor Freude hätte springen können.

Nach etwa einer halben Stunde Schlaf schreckte ich auf, geweckt durch eine Hammerwehe. Sie rollte so schmerzhaft an, dass ich aufstöhnte und mich gleichzeitig freute: Jetzt geht es wirklich los! Die Uhr zeigte 00.00 Uhr an. Ich weckte meinen Mann. Bis halb eins blieben wir noch liegen, in der Zeit hatte ich schon fünf Wehen. Also bereiteten wir die Geburtsräume vor. Stellten in Schlaf- und Wohnzimmer Kerzen auf, schützten Boden und Bett teilweise mit Wickelunterlagen, Männlein pumpte den Pool mitten im Wohnzimmer auf und befüllte ihn. Die Wehen waren von Anfang an so schmerzhaft wie bei den anderen Geburten in der Übergangsphase! Daher war mir recht schnell klar, dass unser Kind im Wohnzimmer kommen wird, wo der Pool war, der Erleichterung versprach.

Nach der ersten halben Stunde kamen die Wehen mit einer Minute Pause dazwischen bis keine Pause! Also bis zur eigentlichen Geburt insgesamt viereinhalb Stunden Hammerwehen von einer unglaublichen Schmerzintensität. Zum Glück konnte ich in den Pool steigen (ca. 01.35 Uhr), wo es halbwegs auszuhalten war. Ich schaute ins Kerzenlicht und lauschte der Gitarre meines Mannes. Es war so schön, im eigenen Haus zu sein, die Kinder und den Hund in der Nähe zu wissen, das warme Kerzenlicht, die Stille…

Ich bin mit Wehen immer super klargekommen, hab sie veratmet und war ziemlich ruhig dabei. Aber diese Geburt sollte anders werden. Ich konnte die Wehen nur mit lautem Tönen auf A und O ertragen. Kaum Pausen zu haben machte mir zu schaffen. Der Muttermund öffnete sich nur langsam, was mich verwunderte angesichts der Wehenstärke. Die Wehen strahlten vom Kreuzbein bis in die Beine, Bewegen war nur eingeschränkt möglich, und die Wehen dauerten teils fast 2 Minuten. Wenige Male habe ich den Versuch gewagt, aus dem Wasser zu steigen und mich zu bewegen. Aber Vierfüßer ging gar nicht, am Seil hängen auch nur kurz, Umherlaufen ebenso. Ohne das warme Wasser hätte ich die Wehen nicht ausgehalten.

Um 04.50 Uhr tastete ich, wieder im Pool liegend, wieder nach dem Muttermund. Er war noch immer sehr weit oben und hinten und erst 4 cm geöffnet. Ich war frustriert, obwohl ich wusste, dass es auf einen Schlag schneller gehen kann. Es kamen aber Gedanken wie: Was, wenn die Kinder bald wach werden? Kommt unser Kind evt. erst mittags zur Welt? Jetzt wäre es doch perfekt! So eine Ruhe! Und was, wenn ich diese Wehen noch stundenlang aushalten muss?

Also rief ich die Hebamme an (04.55 Uhr). Sie sollte kommen und eine Vermutung äußern, wie lange es wohl noch dauern wird. Übergangsphase. Aber das wusste ich in dem Moment nicht, denn die Wehen waren die ganze Zeit so heftig, dass ich die Eröffnungs- und die Übergangsphase nicht trennen konnte. Die Hebamme sagte, sie fährt bald los. Kaum hatte ich aufgelegt, verstärkte sich der Druck im Becken. Ich spürte schon seit 2 Stunden einen Pressdrang, der schwer zu ertragen war, aber jetzt wurde er übermächtig. Ich saß in der hohen Hocke am Beckenrand und legte die Arme über den Rand, Männlein saß mit einem Stuhl rechts neben mir. Ich wollte den Muttermund wieder tasten, da stellte ich fest, dass er vollständig eröffnet war! Und ich spürte den Kopf meines Babys und sagte meinem Mann, dass das Baby kurze, aber viele Haare hat!

Ich konnte es einfach nicht glauben, innerhalb von etwa 10 Minuten war der Muttermund von 4 auf 10 cm aufgegangen und ich hatte Presswehen!

Mit der nächsten Wehe spürte ich, wie der Kopf sehr tief ins Becken rutschte. Es war so befreiend! Ich redete und redete irgendwas von „Gleich kommt der Kopf! Komm, Kind, komm! Komm!“ und mit der nächsten Wehe war der Kopf am Ausgang. Ich hielt die ganze Zeit meine Hand hin und drückte bei der nächsten Wehe mit. Erst leicht, dann einmal unter einem Schrei kräftig, und ich spürte, wie der Kopf meines Kindes geboren wurde. Ich hielt meine Hand immer noch am Kopf und sagte „Er ist da, der Kopf ist da!“. Ich fühlte, ob die Nabelschnur um den Hals ist, aber was ich ertastete, was nur Halsspeck von meinem Kind:-) Und mit der nächsten Presswehe kam mit einem weiteren Schrei der Körper hinterher. 05.10 Uhr. Vor 15 Minuten hatte ich die Hebamme angerufen, nicht ahnend, dass ich bereits kurz vor der Geburt war.

Ich nahm mein Kind sofort hoch, drehte mich im Wasser um, setzte mich hin und legte mein Kind auf meine Brust. Ich war die ganze Zeit in einem vollbewussten, gar nicht tranceartigen Zustand, und überglücklich und stolz. Von 4 cm bis zur Geburt waren vielleicht 15 Minuten vergangen, unser Sohn war mit zwei Presswehen geboren. Der Durchtritt war im Vergleich zu den Wehen vorher ein Leichtes. Ich spürte, dass ich nicht verletzt war. Mein Sohn ist wirklich fast rausgefallen. Er schrie, sobald ich ihn aus dem Wasser gehoben hatte, und hörte lange nicht auf. Er röchelte ein wenig, atmete aber gut und ich streichelte ihm den Rücken, der als einziges noch Käseschmiere hatte.

Ich stand nach einigen Minuten auf, wir wickelten Babylein in ein rotes, dickes Handtuch, und dann stieg ich aus der Wanne. Ich legte mich in mein Bett, mein Kind dauernd bei mir, und kaum 10 Minuten nach der Geburt saugte er kräftig an meiner Brust. So herrlich! So ein hübscher kleiner Mann, so ein süßer Saugmund, so dicke Backen!

Um 05.35 Uhr, also noch keine halbe Stunde nach der Geburt, wurden die Kinder wach. Was für ein Glück, dass sie durchgeschlafen hatten und nun, im genau richtigen Moment, aufwachten! Sie bestaunten ihr Brüderchen bei mir im Bett, waren voller Ehrfurcht. Schön war dieser Moment, aber gleichzeitig hatten bei mir die Presswehen noch nicht so richtig aufgehört. Die Plazenta wollte kommen, aber ich hatte solche Schmerzen im Kreuzbein, dass ich mich kaum bewegen konnte. Ich fühlte mich wie gelähmt in den Beinen und konnte, mit Baby auf dem Arm, dessen Nabelschnur auch noch so kurz war, dass es gerade zum Stillen reichte, der Plazenta nicht helfen.

Als die Nabelschnur auspulsiert hatte, durchtrennte ich sie um 05.45 Uhr mit einer sterilen Schere und war froh, meinen Sohn seinem Papa auf den Arm geben zu können, als kurz darauf die Hebamme vorbeikam. Die Geburt war bereits 1 Stunde vorbei. Alle gingen ins Wohnzimmer und die Hebamme half mir bei der Nachgeburt. Natürlich hätte ich die Plazenta gerne einfach kommen lassen, von mir aus hätte sie auch stundenlang auf sich warten lassen können, aber ich wollte die Schmerzen endlich los sein. Ich kannte nur Nachgeburten binnen 15 Minuten, ohne große Schmerzen, aber das hier war etwas völlig Anderes. Ich spürte einen lähmenden Schmerz aus dem Kreuzbein bis in die Beine, gab mir aber alle Mühe, in unterschiedlichsten Positionen die Plazenta zu gebären. Es half nichts, also ließ ich mich akupunktieren mit zwei Nadeln auf dem Bauch. Ich erlaubte der Hebamme auch, an der Nabelschnur zu ziehen, denn ich hatte selbst durch leichtes Ziehen festgestellt, dass die Plazenta sich gelöst hatte. Gleichzeitig drückte sie sanft auf den Bauch. Ein paar mal pressen, was sehr schmerzhaft war, und da kam sie endlich. Es war ca. 06.15 Uhr, also mehr als eine Stunde nach der eigentlichen Geburt.
Später machte ich noch einen Plazentaabdruck auf ein Papier und trank mit meinem Schatzemann einen Plazenta-Shake.

Unser Baby durfte stundenlang in seinem roten Handtuch mit mir kuscheln und wurde erst am Vormittag von mir angezogen. Mein Mann und ich haben ihn auch selbst gewogen und gemessen, so kamen wir auf 4000-4100 g und ca. 51 cm, der Kopfumfang war 37 cm (der bisher dickste Kopf kam am leichtesten durch!).

Die Hebamme kam dann am 3. Tag wieder, untersucht wurde unser Kind aber nicht und mich auch nicht.

Nicht nur bei der Geburt, auch im Wochenbett herrschten Ruhe und Frieden. Die heilige Stimmung in den Wochen vor der Geburt gipfelte während der Geburt in einem völligen Gottvertrauen, in dem Wissen, dass es richtig ist, was wir tun, und keine Sekunde waren wir uns unsicher – es war selbstverständlich, dass wir unser Kind alleine bekommen, und wunderschön trotz der Schmerzen. Insgeheim hatte ich nach der schmerzarmen Geburt meines zweiten Kindes auf eine fast schmerzlose Geburt gehofft, aber so war es auch gut, denn es hat mir gezeigt, was ich zu leisten in der Lage bin. Ich hoffe, unser Kind hat genau die Geburt bekommen, die er sich gewünscht hat. Und ich fühle mich als Frau noch einmal mehr bestätigt und bin unendlich stolz darauf, empfangen, gebären und nähren zu können.

frisch geschlüpft