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Die Geburt eines Buchbabys!

Hallo liebe BlogleserInnen,

ich darf Euch eine weitere Geburt kundtun. Lange hat’s gedauert, viel Spaß hatte ich beim Schreiben und Zeichnen, einige Nachtstunden habe ich durchwacht, aber jetzt ist es da und die Anstrengung schon fast vergessen:
Das Buch

„Alleingeburt – Schwangerschaft und Geburt in Eigenregie“

ist ab jetzt auf der Welt und im Handel erhältlich.
Ich wünsche Euch viel Freude damit und hoffe, dass es ganz Frauen vielen Mut macht, die Geburt ihres Kindes selbstbewusst, gut informiert und angstfrei in die eigenen Hände zu nehmen! 🙂

Für Fragen, Verbesserungsvorschläge und gefundene Fehler dürft ihr euch gern an mich wenden.
(Kontakt-Email-Adresse: siehe Impressum)

Schwangerschaftstagebuch – mein erstes eigenes Buch

Ich habe ein Buch geschrieben! 🙂
Nicht, dass ich nicht schon viel geschrieben hätte, aber das ist meine erste Veröffentlichung. In ein paar Wochen folgt auch noch, etwas umfangreicher an Inhalt und Seiten, „Alleingeburt“.
Aber jetzt erst einmal: „Babyzauber“. Ein Schwangerschaftstagebuch und kurzer Ratgeber in einem mit viel Platz zum Selber-Eintragen. Wer also gerade schwanger ist oder etwas zum Verschenken braucht, schaut’s euch mal an!

Ein Baby zum 11. Jahrestag

Im Folgenden habe ich die Ehre, euch den Bericht einer weiteren schönen, unspekatulären Geburt zu präsentieren. (Es ist nicht mein Geburtsbericht, sondern der einer Frau, die bereit ist, ihn mit euch zu teilen.) Viel Spaß beim Lesen! 🙂

Die Haus-Wasser-Alleingeburt unseres dritten Kindes

Dienstag, 30.04.2013 (SSW. 38+5)

Hebamme A. kommt zur Vorsorge. Baby hat guten Bezug zum Becken, wohl aber noch abschiebbar. Herztöne sind bilderbuchmäßig, nichts deutet auf baldige Geburt hin, was mich nicht wundert. Ich hatte eh immer geglaubt, es bis in den Mai zu schaffen. Zu einer Gewichtsprognose lässt sie sich nicht hinreißen. „Wenn 4,5kg drin sind, dann müssen 4,5kg raus.“, sage ich. Das Wissen übers Gewicht würde ja an der Situation nichts ändern. Weiter brüten und abwarten.
Nachmittags kommen mein Bruder und Freundin vorbei, zeigen ein US-Bild auf dem Handy. Ich werde Tante, wie geil. ET ist der 20.12. – der gleiche Tag, wie damals in meiner ersten Schwangerschaft, die in der 7. Woche endete. Man sieht sich immer zwei Mal im Leben, denke ich.
Abends ab 21 Uhr hab ich wieder Senkwehen, oder doch Wehen? 10-Minuten Abstände. Schmerzloses Rumgewehe bis 0 Uhr. Ich gehe schlafen, wer weiß, was kommt. Wenn, dann möchte ich wenigstens ausgeruht sein.

Mittwoch, 01.05.2013 (SSW. 38+6)

Um 4:41 die erste spürbare Wehe, wie kräftige Regelschmerzen. Ich gehe aufs Klo und finde keine Ruhe mehr. Putze oben das Badezimmer. Leichte Wehen, noch unregelmäßig, aber nicht mehr zu missachten. Ich glaube, es kommt in Gang. Inzwischen ist es 5:45. C. (mein Mann) und die Kinder pennen.
Nach einem Toilettengang kommt mir Sohni entgegen. Er fragt, warum heute kein Kindergarten ist. „Weil heute der 01. Mai ist und da ist der Kindergarten zu.“
M.: „Mai? Dann kommt heute unser Baby.“
Ich hatte immer gesagt, dass im Mai das Baby kommt. „Ja, vielleicht kommt heute unser Baby – also wahrscheinlich kommt heute unser Baby! Die Chancen stehen gut.“
„Heut kommt unser Baby, darum feiern wir, alle meine Freunde freuen sich mit mir“, singt er und auch unsere Mittlere freut sich diebisch.
Ich schicke C. runter, um meine Eltern anzurufen. So können sie in Ruhe die Kinder holen und gemeinsam frühstücken. Um halb 8 sind sie da. Ich wehe unregelmäßig in unterschiedlicher Intensität, kann mich dabei unterhalten und auch noch sitzen.

Wir frühstücken. Es ist so leise ohne Kinder. Heute ist unser 11. Jahrestag. Wir beginnen den Pool aufzubauen, räumen noch ein bisschen auf. Ich stelle eine gefüllte gelbe Tulpe in Sichtweite auf die Fensterbank und denke an Ina May Gaskin und den Strauss sich öffnender Blumen.
Ich gehe noch kurz durch den Garten und staune, dass dieses Jahr wirklich alles zur gleichen Zeit blüht. Alle Nachbarn schlafen offenbar noch ihren Rausch vom Tanz in den Mai aus. Es ist so still. Dann wird mir die Frühlingsluft zu kühl. Wir haben Zeit und beschließen, dass wir auf natürlichem Wege etwas zur Zervixreifung unternehmen könnten – Sperma enthält doch Prostaglandine.
Jetzt ist es 9:15, ich wehe mit mal kürzeren, mal längeren Abständen, aber sie tun weh.
10:30: Ich lege mich aufs Sofa, schlafe auch noch mal ein und hab dabei eine größere Wehenpause bzw. nur 3 mäßig schmerzhafte Wehen, bis etwa 12 Uhr.
Ich koche schnell Nudeln mit Tomatensauce. Wir essen auf der Terrasse – bei Sonnenschein und leichter Brise. Jetzt fehlt nur noch der Meerblick.
Wir beschließen, spazieren zu gehen, um wieder Bewegung in die Sache zu bringen. Eine Runde durchs Dorf, Nachbars Magnolie blüht traumhaft schön. Einige Dörfler wundern sich, dass wir ohne Kinder unterwegs sind. Die Sonne scheint und wir überlegen uns, den Spaziergang noch auszudehnen. In den Wald.
Dort kommen die Wehen dann in Gang, regelmäßig, alle 5-6 Minuten. Ich kann noch gut laufen, aber bepusten muss ich die Wehen schon.

Um 14:30 kommen wir zurück nach Hause, mit 5-Minuten Abständen. Ich bin guter Dinge. Kaum drinnen, wieder längere Pausen. Ich frage mich, woran es liegt, befinde den Gedanken dann aber für blöd und verwerfe ihn. Ich schmiere meinen Bauch mit Geburtsöl ein, der Geruch erinnert mich an irgendwas aus der Veterinärmedizin oder doch eher Straßenbau?
Um 14:50 ne fiese Wehe – wir lassen Wasser in den Pool.
Um 15:15 bin ich im Wasser und beobachte, wie sich das Meersalz im Kissenbezug flott auflöst und bereue es, mir vor kurzem die Achseln rasiert zu haben.
Ich schaff es, in keiner Position auch nur ansatzweise, den Muttermund zu tasten. Ich kann mich verrenken wie ich will, ich komm nicht ran. Genauso wenig hab ich den Schleimpfropf zu Gesicht bekommen bzw. ne Zeichnungsblutung gehabt. Ich hab den Gedanken, dass da noch nicht viel Eröffnung geschafft sein könnte. Obwohl ich nicht recht dran glauben mag und denke trotzdem, dass es eine gute Idee ist, sich im warmen Wasser zu entspannen.
C. reicht mir ein Handtuch, was ich über die Körperstellen lege, die nicht von Wasser bedeckt sind.
Ich bin etwa 2 Stunden drin und „ziehe meine Bahnen“. Linke Seite, rechte Seite, Hocke, Vierfüßler, immer im Wechsel. Die Wehen kommen regelmäßig mit gut aushaltbarer Intensität. C. sitzt einen halben Meter vor mir, im Schaukelstuhl, strahlt Ruhe und Gelassenheit aus. Zwischendrin fallen ihm die Augen zu, er legt sich auf das Sofa, schläft auch noch mal. Eine Zeit lang läuft noch eine Doku über Wildtierschutz in Afrika im TV, was ganz gut ablenkt. Die Duftlampe beduftet das Wohnzimmer angenehm mit Entbindungsduft, die Tulpe auf der Fensterbank zeigt sich in voller Pracht. Was mein Muttermund macht, weiß ich immer noch nicht, auch jetzt komm ich nicht ran. Das einzige was passiert, ist, dass ich mit der Fummelei die nächste Wehe auslöse. Ich hab die Uhr im Blick, 4 Minuten, 4 Minuten, 5 Minuten, 3 Minuten, 8 Minuten,…
Das Telefon klingelt, Sohni ist dran. Er ist nervös, hat so oft gefragt, ob das Baby schon da ist. C. kann ihn beruhigen. Abends wird er noch Fieber bekommen und früh ins Bett gehen. Ich merke ein bisschen Anspannung, weil alle mit einem schnelleren Fortschritt zu rechnen scheinen, ich selbst nehme mich da nicht raus.
Um 16 Uhr marschiert Frau K., unsere Nachbarin, durch ihren Garten und sieht meinen aus dem Geburtspool ragenden Kopf hinterm Wohnzimmerfenster. Den Blick werde ich nicht vergessen. Ihr Kopf blieb quasi stehen, während ihr Körper weiter lief und man ihr ansah, wie sie sich fragte, was wir dort tun. Großartig.
C. massiert meinen Rücken, was mir sehr gut tut. Die Intensität der Wehen nimmt zu, ich bitte Männe, A. anzurufen. Sie hört mich im Hintergrund eine Wehe veratmen. Fragt, ob ich Kindsbewegungen fühle, was ich bejahe. Wir bleiben entspannt, beschließen, dass wir uns melden, wenn mir danach ist.
Das eigentlich für nachmittags bei Schwiegers geplante Waffelessen hat C. morgens abgesagt. Somit waren die informiert und prompt klingelt um 17:23 das Telefon. Schwiemu dran. Sie wolle mal hören, weil sie ja so nervös sei, ob die Hebamme schon da sei etc. C. teilt ihr, wie schon morgens, mit, dass ich Wehen hab und er sich wie bereits vereinbart melden wird, sobald es was zu vermelden gibt und ist stinksauer, dass man nicht mal mehr in Ruhe gebären darf. Ich hab daraufhin eine 20-minütige Wehenpause.
C. kippt mit dem Wasserkocher zwischendurch heißes Wasser nach.
Die nächste Wehe gegen 17:45 ist heftig. Ich will einen Muttermundsbefund – jetzt. Männe soll A. anrufen. Sie muss noch schnell was organisieren und will sich dann auf den Weg machen.
Ich bin ganz klar in der Übergangsphase angekommen. Es zieht bis zu den Knien, im Rücken, im Bauch. Ich muss ständig aufstoßen, was ich bei allen Kindern so hatte, und ich bin irgendwie in einer anderen Welt, weiß nicht mehr so recht, wohin mit mir.
Es kommt eine Hammerwehe. Ich liege gerade auf der rechten Seite im Pool. Ich jammere nicht, ich schreie auch nicht, aber ich atme so laut, dass C. sich beeindruckt zeigt. Eigentlich will ich: „Oh weia, die Wehen tun echt weh und ich weiß nicht, ob der Muttermund vollständig ist und ich weiß auch nicht, warum ich keinen Pressdrang habe und ich will auch nicht sinnlos gegen einen unvollständigen Muttermund pressen und überhaupt, ich will jetzt einen Muttermundsbefund“, sagen. Ein Bruchteil dessen kommt mit leichtem Unterton der Verzweiflung raus. In C. Gesicht sehe ich einen Hauch Hilflosigkeit.
Ich knie, liege, und mache und tue im Pool, die Wehen sind heftig. Ich spüre nach jeder Wehe Kindsbewegungen, merke, wie die Maus sich hin- und her dreht und versucht, sich richtig einzustellen. Ich stehe auf, weil ich wissen will, was passiert, wenn die Schwerkraft mehr wirken kann, hocke mich aber ganz schnell wieder hin. Im Wasser ist’s angenehmer. Ich knie im Wasser, lehne mich mit dem Oberkörper über den Rand, und beschließe, dass ich jetzt das tue, wonach mir ist, dass ich jetzt mitdrücke und bin mir in meinem Entschluss unheimlich sicher und völlig ohne Angst.
Nächste Wehe. „Jetzt rutsch endlich rein!“ Ich kann diese Wehen nicht mehr veratmen und tolerieren. Nächste Wehe, ich drücke mit. Vorsichtig, nur ein oder zwei Mal je Wehe. Der Kopf überwindet irgendwas im oberen Beckenbereich. C. guckt im Flur rum, ob A. kommt…
Nächste Wehe, ich veratme, will ihr Zeit lassen. Nächste Wehe, ich bin in halbaufrechter Rückenlage, C. ist im Flur, ich drücke, die Fruchtblase springt. Es fühlt sich an, als würde sich ein kleiner Wasserballon innerlich vorwölben und dann aufplatzen. „C., ich glaub die Fruchtblase ist gesprungen.“ Er kommt und guckt. Käseschmiereflöckchen im Poolwasser, er sieht das Fruchtwasser auch noch ausströmen. „Ja, das war die Fruchtblase.“
Nächste Wehe, ich drücke. Ich merke, wie sich mein Becken mit Kind füllt. Sie rutscht quasi von allein rein. „C., das Baby kommt. Kamera an und Handtuch her!“
Mein armes Männlein muss springen. Jetzt geht alles ganz schnell. Nächste Wehe, ich sitze halb aufrecht im Pool. Der Kopf kommt, ich merke ein minimales Brennen innerlich. Ich fasse hin. So weich! Der Kopf ist so wahnsinnig weich, ich fühle weiche Babyhaare.
Als C. am Poolrand steht und auch fühlt, ist der Kopf zur Hälfte geboren. Ich versuche langsam zu machen, lege meinen Kopf nach hinten auf den Poolrand, aber mein Körper macht ganz von alleine. Der Kopf kommt. Nächste Wehe. Ich drücke ein bisschen mit, die Schultern drehen sich und J. taucht auf. Mit offenen Augen und Mund sehe ich sie der Wasseroberfläche entgegen schwimmen. Die Welt steht still und es ist, als würde Mutter Natur auf uns herab blicken, wohlwollend mit dem Kopf nicken und „Gut gemacht, Tochter“, sagen. Ich hebe J. zügig aus dem Wasser. Sie ist bildhübsch und irgendwie ist mir klar, dass sie ein Mädchen ist, ein absolutes Mädchengesicht. „Hallo Baby, hey Baby.“ Wir heulen und reden wirres Zeug und staunen und freuen uns. C. guckt auf die Uhr: 18:33 Uhr. Wir decken sie mit Handtüchern zu, ich hebe ein Beinchen an, um nachzugucken. Tatsächlich ein Mädchen! Wir freuen uns riesig, unser Gefühl hat uns nicht getrügt. Sie schrie sofort, wurde schnell rosig und guckt mich mit großen Augen an. Willkommen in unserer Mitte J.! Interessehalber fühle ich an der Nabelschnur. Sie pulsiert kräftig.
C. ruft A. an. Sie kann sich Zeit lassen. Nach einer Weile wird’s dann doch etwas kalt im Pool. Ich steige aus, C. drapiert einige Handtücher aufs Sofa und ich setze mich mit der Maus hin. Nach ner Weile wird’s aber doch ungemütlich, wir legen uns. Die Nabelschnur reicht gerade so, dass sie an die Brust kommt. Sie saugt kräftig und beschert mir die ersten Nachwehen. Jede Bewegung an der Nabelschnur löst ebenfalls eine Nachwehe aus. Eine ganze Stunde nach der Geburt merke ich, dass die Plazenta raus möchte. C. holt eine Schüssel. Hintern hoch, sie kommt quasi von selbst. Wir stellen die Schüssel neben mir ab und C. guckt, ob ich irgendwelche Rissverletzungen habe. Nichts zu sehen. 5 Minuten später trifft A. ein. Sie hört sich erstmal unsere Story an und lässt sich anstecken von unserer Begeisterung. Sie beguckt J. und wir sind uns einig, dass sie etwas mehr wiegen wird, als ihre Geschwister. Wir entscheiden uns, die Nabelschnur am Kind möglichst lang zu lassen, damit Sohni am Tag drauf noch mal abnabeln kann. Er hatte sich das so gewünscht. C. nabelt ab. Wir begutachten die Plazenta. Etwas über 60cm lange Nabelschnur, die Plazenta hat einen Durchmesser von 17-18 cm und ist relativ dick. Keine Verkalkungen, keine Fetteinlagerungen, aber eine recht große Einblutung zwischen Chorion- und Amnionhülle. A. vermutet erst eine Nebenplazenta, unter Umständen vielleicht eine frühere Zwillingsschwangerschaft. Wir schneiden rein, aber es ist lediglich Blut drin zu finden, was auch recht frisch zu sein scheint. Also entweder kurz vor oder aber während der Geburt entstanden. Gefährlich hätte die wohl nicht werden können, weil es zwischen die Fruchthüllen blutete und nicht hinter die Plazenta, also keine Ablösegefahr. Mein Blutverlust ist so gering, dass A. nicht so recht weiß, was sie da überhaupt dokumentieren soll. Sie zupft ein winziges Stück von der Plazenta ab, was ich mit einem großen Schluck Wasser zu mir nehme.
Auch A. findet an mir keine Geburtsverletzungen. Ich ziehe mir was an, währenddessen kuschelt die Maus auf Papas Brust. Wir wiegen und messen sie. 3730g, 52cm, 34,5 KU.
Wir schauen uns gemeinsam das Geburtsvideo an. A. verkündet, dass sie eh nur dagestanden und „Machst du gut.“ gesagt hätte, wäre sie denn da gewesen und schenkt mir spontan den Geburtsort unserer J. – den Geburtspool.
So um 22 Uhr fährt A. nach Hause und wir gehen ins Bett. Die Kleine hat noch ein bisschen Mühe mit der Temperatur und ich ziehe ihr entgegen meiner Planungen was an. Die Nacht verbringt sie auf mir schlafend.

Vergleiche ich meine Geburten, kann ich nicht sagen, welche die einfachste war. Diese Geburt war nicht einfacher, als die anderen zwei, aber ganz anders. Ich bin daran gewachsen. Ich habe keine Verantwortung abgegeben, ich war die ganze Zeit voll da und konzentriert. Nie wieder würde ich freiwillig einen Teil der Geburt in die Hände anderer legen.
C. hat mich sehr überrascht. Er war total souverän und ruhig. Ich wusste, dass ich mich zu jeder Zeit auf ihn verlassen kann und so haben wir 11 Jahre nach dem ersten Kuss zusammen ein Kind geboren.

Zur Situation in deutschen Kreißsälen

Hausgeburt ist so gefährlich? Oder sollte man doch eher Angst vor der Geburt im Krankenhaus haben?
Hier mal ein interessanter Artikel über die Realität in deutschen Kreißsälen.

Krise im Kreißsaal

Eine gute Freundin arbeitet seit ein paar Wochen in einem Kleinstadtkrankenhaus als Ärztin auf der Kinderstation. Es ist ihre erste Stelle nach dem Medizinstudium, das sich in Deutschland nicht gerade durch einen hohen praktischen Anteil auszeichnet.

Nach einer Einarbeitungszeit von zwei Wochen hatte sie bereits ihren ersten Dienst zu leisten. Das heißt, sie steht ab nachmittags bis zum nächsten Morgen erst einmal alleine für alles da, was da kommt: für die Betreuung des Neugeborenen-Notfalls im Kreißsaal ebenso wie für alle anderen mehr oder weniger akuten und vielleicht sogar lebensbedrohlichen Situationen in der Kinderheilkunde. Und als sie mir auf dem Spielplatz davon erzählt, ist es auf einmal wieder da – diese mulmige Gefühl, dass auch ich als „Junghebamme“ kurz nach dem Examen hatte, als ich nach nur drei Wochen Einarbeitungszeit nachts alleine im Kreißsaal eines kleinen Berliner Krankenhauses stand. Die Anwesenheitszahl der Hebammen in einem Kreißsaal berechnet sich nach der Geburtenzahl. Babys kommen aber nicht in gleicher „Stückzahl“ täglich zur Welt, sondern an manchen Tagen werden ganz viele geboren und manche Kreißsaaltage sind eher ruhig.

Mein erster Dienst allein als frische Hebamme war aber eher alles andere als ruhig – so waren zwei Frauen gleichzeitig unter der Geburt. Zwar in verschiedenen Stadien – eine gute, kontinuierliche Begleitung hätte ich aber gerne beiden Frauen ermöglicht. Aber neben der Arbeit in der gynäkologischen Ambulanz, die auch noch durch mich als anwesende Hebamme mit versorgt wurde, bleib da wirklich nur noch Zeit für das Allernötigste. Und das war, darauf zu schauen, dass den Kindern und Frauen nichts passiert. Und nein, eine hektische, zwischen zwei Kreißssälen hin und her laufende Hebamme vermittelt sicherlich nicht die Ruhe, die es für eine Geburt braucht. Dazu kam, dass die für diese Nacht eingeteilte Ärztin zwar schon viele Jahre Berufserfahrung hatte, aber durch eine mehrjährige Pause aufgrund eigener Kinder auch gerade wieder ein bisschen von vorne anfing.

Keine Zeit für Geburtshilfe

Und natürlich entwickelte sich ausgerechnet eine der beiden Geburten komplizierter als gedacht. Der von uns bald dazu gerufene Oberarzt brauchte eine gute halbe Stunde, um die Klinik zu erreichen, um danach die Geburt durch einen operativen Eingriff zu beenden. Mutter und Kind sind unversehrt aus dieser Geburt hervor gegangen, aber rückblickend war das mehr Glück als alles andere.

Denn eine kaum eingearbeitete Berufsanfängerin, die gleichzeitig zwei Geburten betreut sowie eine unsichere diensthabende Ärztin sind eine denkbar ungünstige Situation. Aber durch den großen Personalmangel an allen Ecken und Enden sieht es genauso in vielen Krankenhäusern in Deutschland aus. Auch meine damaligen Kolleginnen hätten mir sicher gerne eine längere Einarbeitungszeit ermöglicht, aber der knapp besetzte Dienstplan und das völlig übergelaufene Überstundenkonto gaben das einfach nicht her.

Warum ich das schreibe? Weil ich neulich mal wieder gefragt wurde, ob ich nicht Angst hatte, mein Kind zu Hause Welt zur bringen. Nein, ich habe ehrlich gesagt immer ein bisschen Angst gehabt, ins Krankenhaus zu müssen, weil es dort von so vielen externen Faktoren abhängt, wie die Geburt verläuft. Wenn man nicht gerade eine Beleghebamme hat, die ja zunehmend mehr und mehr aus der Gebärlandschaft verschwinden, weiß man nicht, wie viel Zeit die Klinikhebamme für einen haben wird. Wie viele Geburten wird sie parallel betreuen? Wie viel Andrang herrscht in der Schwangeren- bzw. der gynäkologischen Ambulanz? Wie viele CTGs, Einleitungen oder postoperative Überwachungen sind neben der eigentlichen Geburtshilfe noch abzuarbeiten an diesem Tag oder in dieser Nacht?

Selbstbestimmte Geburt?

Ich weiß, dass die Kolleginnen sich in der Klinik die Hacken abrennen. Ich weiß, dass sie sich mehr Zeit für die eigentliche Geburtsbegleitung wünschen, als stundenlang Daten in den Computer zu hacken. Die zunehmend höheren Auflagen in puncto Qualitätsmanagement sind sicher sinnvoll, wenn sie aber nur dazu führen, dass Klinikmitarbeiter zehn Seiten Papierkram mehr pro Patient ausfüllen müssen, ist damit am Ende sicher nicht den Patienten gedient. Dazu kommt die permanente Angst, rechtlich belangt zu werden, wenn man nicht dieses und jenes tut und alles entsprechend ausführlich dokumentiert. Während in der außerklinischen Geburtshilfe die Geburt auch einfach mal ein Weilchen „stagnieren“ darf (und die Frau neue Kraft schöpfen kann), wird man in der Klinik doch schon nervös, wenn sich zwei Stunden lang am Muttermund nichts tut. Und wenn sich von alleine nichts tut, muss man halt was tun… und eine Intervention bewirkt meist die nächste. Der PDA folgt meist der Wehentropf, dem Wehentropf die Saugglocke und so weiter…

Diese Kette hat meine in der Klinik arbeitende Kollegin Jana sehr eindrücklich beschrieben. Von der erwünschten selbstbestimmten Geburt bleibt da manchmal nicht mehr viel übrig. Zu Hause hatte ich den Luxus, dass sich eine Hebamme ganz exklusiv nur um mich und mein Baby gekümmert hat, in den letzten zwei Stunden vor der Geburt sowie danach war sogar eine zweite Hebamme zusätzlich vor Ort. Luxus für mich, aber finanziell sicher nicht für die Hebamme. 694,58 Euro brutto bekommt die Hebamme für eine Hausgeburt. Damit ist die Geburtshilfe acht Stunden vor und drei Stunden nach der Geburt beglichen einschließlich aller damit verbundenen Leistungen und der Dokumentation, die natürlich gerade in dem Bereich ein ordentlicher Zeitfresser ist. Davon gehen Steuern, Krankenversicherung, Rentenversicherung sowie sämtliche berufsbezogene Ausgaben ab. Und das ist nicht wenig, allein was die geburtshilfliche Haftpflichversicherung angeht. 4480 Euro im Jahr muss eine Hebamme dafür bezahlen.

Ab Juli 2014 ist mit einer weiteren Erhöhung im zweistelligen Prozentbereich zu rechnen. Ja, da darf eine Hebamme erst mal eine Menge Geburten begleiten, nur um die Haftpflicht bezahlen zu können. Eine Beleghebamme bekommt bei gleichen Konditionen für die Begleitung einer Geburt in der Klinik sogar nur ganze 273,22 Euro. Hinzu kommt, dass sich diese wertvolle Arbeit nun mal nicht Montags bis Freitags von 8 bis 18 Uhr erledigen lässt oder gar zu Zeiten, wo die Betreuung der eigenen Kinder durch Kita und Schule organisiert ist. Mehr muss man wohl zum zunehmenden Mangel an Beleghebammen und außerklinischer Geburtshilfe leistenden Hebamme nicht sagen…

Luxus Hebammenbetreuung

Ich bin dankbar, den Luxus einer „exklusiven“ Hebammenbetreuung während der Geburt des Babysohnes gehabt haben zu dürfen. Beide anwesenden Hebammen (die zweite Hebamme hat einen noch wesentlich geringeren Stundenlohn bei gleicher Haftpflichtprämie) hatten nur Zeit für mich – keine Kreißsaalklingel holte sie aus unserem Wohnzimmer, keine gynäkologischen „Notfälle“ hielten sie davon ab, mich in der anstrengenden Endphase zu unterstützen. Wie gerne hätte ich den Frauen in meinen Klinikzeiten auch so eine Betreuung ermöglicht, denn letztendlich ist nicht der Geburtsort allentscheidend, sondern die Qualität der Betreuung, die eine wehende Frau dort erfährt.

Ich behaupte mal, dass die meisten Klinikkolleginnen den Frauen kraftvolle, interventionsarme und selbstbestimmte Geburten wünschen, aber in der Klinik sind einem als Hebamme so oft die Hände gebunden, dies zu ermöglichen. Mit Zeit, mit Ruhe zum Gebären – und das nicht nur als Glücksfall, wenn der Kreißsaal gerade nicht übervoll ist. Die positiven Aspekte einer kontinuierlichen 1:1-Betreuung sind ausreichend belegt. Genug Zeit und Aufmerksamkeit für den Geburtsverlauf ist die beste Prophylaxe vor unerwünschten Interventionen, da eine Geburt nun mal nicht immer nach Leitlinien verläuft, sondern den individuellen Blick erfordert. Auch die Sicherheit für Frauen und Kinder steigt nicht durch eine hohe Anzahl möglicher Eingriffe in den Geburtsverlauf, sondern mit der Aufmerksamkeit und Zeit, die jeder Geburtshelfer der einzelnen Frau widmen kann.

Es braucht genug Personal, um den Stress in einem Kreißsaal nicht bei den Müttern ankommen zu lassen. Stress und Unruhe wirken sich nachweislich negativ auf den Geburtsverlauf aus. Die für die Geburt erforderlichen Hormone fließen nun mal am besten, wenn Intimität, Ruhe und Geborgenheit am Geburtsort herrschen. Das ist zu Hause in der Regel der Fall, sollte es aber auch an jedem anderen Ort gegeben sein, an dem Frauen ihre Kinder zur Welt bringen. Zumal durch die zunehmend weniger werdenden Kolleginnen, die noch außerklinische Geburtshilfe anbieten, faktisch schon längst keine Wahlfreiheit mehr gegeben ist. In manchen Regionen gibt es dieses Angebot überhaupt nicht mehr und in den Ballungszentren muss man sich eigentlich direkt nach der Befruchtung um eine außerklinisch oder in der Beleggeburtshilfe arbeitende Hebamme bemühen, weil diese chronisch überlaufen sind.

Ausreichend ist nicht gut

Aus Krankenkassensicht ist das Angebot für Gebärende aber ausreichend. Ausreichend ist aber nun mal nicht gut. Und genau das sollte es doch sein, wenn es um den Lebensbeginn unserer Kinder geht. Trotz Petitionen zum Thema, trotz guter Pressearbeit, trotz Lippenbekenntnissen kurz vor großen Wahlen scheint sich absehbar nicht wirklich etwas in der deutschen Geburtslandschaft zu verändern. Wahrscheinlich wird es Zeit, dass die „Krankenkassenkunden“ sich bei ihren Versicherern beschweren. Nämlich dann, wenn sie keine Hebamme finden oder wenn sie unter der Geburt nicht die Betreuung bekamen, die sie sich gewünscht haben und die der Klinikinfoabend (der natürlich immer das Idealszenario schildert) versprochen hatte. Denn wahrscheinlich kann nur eine anhaltende „Kundenunzufriedenheit“ nachhaltig etwas an der chronischen Unterbesetzung in den Kreißsäälen oder am beständigen Aussterben der Beleg-, Geburtshaus- oder Hausgeburtshebammen ändern.

Natürlich haben die meisten Eltern erst mal anderes nach der Geburt zu tun, als ihrer Krankenkasse oder den Gesundheitspolitikern zu schreiben. Aber wenn wir ein bisschen weiter denken, werden auch unsere Kinder irgendwann Eltern werden. Was für eine Begleitung für den Lebensbeginn unserer Enkel wünschen wir ihnen dann?

Übrigens hatte meine Freundin zum Glück in ihrem ersten Dienst nur zwei Scharlachfälle und eine allergische Hautreaktion zu behandeln…

Quelle: http://www.zockt.com/vonguteneltern/?p=1001

So kam es zur Alleingeburt im Wald

Ich habe meine Geschichte an verschiedenen Stellen zwar schon erzählt (und alle, die sie kennen, können hier einfach drüber springen), aber auf meinem Blog findet sie sich noch nicht, worauf ich von einer Leserin berechtigter Weise hingewiesen wurde. Hier also noch mal von Anfang an:

Alles begann noch bevor ich das erste Mal schwanger wurde. Im Medizinstudium galt es, diverse Famulaturen und später das Praktische Jahr zu absolvieren. Da ich später einmal Kinder wollte, nutzte ich die Gelegenheit, und famulierte vier Wochen lang in der Gynäkologie/Geburtshilfe eines kirchlichen Krankenhauses. Ich war unvoreingenommen und neugierig. Wartete mit Spannung auf jede Geburt, bei der ich dabei sein durfte. Einmal sogar eine Zwillingsgeburt! Und einmal, aber auch nur einmal, war ich bei einer Geburt dabei, die aufrecht und nicht in Rückenlage stattfand. Ich sah mir an, wie die Säuglingsstation organisiert ist und assistierte bei ein paar Kaiserschnitten. Das waren Highlights! Ich musste mit dem Sauger das Fruchtwasser auffangen, wenn die Fruchtblase kaputtgemacht wurde. Die Ärzte waren nett. Unter den Hebammen gab es ganz unterschiedliche Typen. Eine junge ist mir bis heute im Gedächtnis (bei ihr fand übrigens auch die Geburt im Knien statt, bei der ich dabei sein durfte!). Sie bekam immer ganz rote Wangen, wenn die Geburt kurz bevorstand. Sie musste quasi gar nicht den Muttermund tasten, um zu wissen, dass die Frau vollständig eröffnet war. Das hat mir inmitten aller Technik und Überwachung imponiert.

Meine nächste Begegnung mit der Geburtshilfe bekam ich im Praktischen Jahr. Ich war inzwischen verheiratet und frisch schwanger mit unserem ersten Kind. Ich durfte jetzt so ziemlich nichts Praktisches mehr machen (wie Blut abnehmen etc.), sondern war aus Sicherheit vorwiegend zum Zugucken und Papier hüten verdammt. Aber zugeguckt habe ich dafür um so genauer. Diesmal war ich im größten Krankenhaus der Stadt zwei Monate lang auf der Geburtsstation, auf der ich selbst einmal geboren worden war. Die Hebammen waren solche vom alten DDR-Schlag. Im Kreißsaal herrschte nicht selten Feldwebelton. Die Frauen wurden angeschrien und beleidigt, wenn sie nicht so taten, wie die Hebammen verlangten. Ein ordentlicher Dammschnitt war Routine und oft sehr wohl schmerzhaft, obwohl den Frauen vorher was anders erzählt wurde. Die Hebammenschülerinnen ubertrumpften sich damit, wer von ihnen schon die meisten Dammschnitte gemacht hatte. Ich habe vergessen, wie viele sie gemacht haben mussten, aber es waren nicht wenige. Es gab einige Szenen, die ich ganz schrecklich fand. Als hätte ich ein Verbrechen beobachtete, ohne etwas tun zu können, um das Opfer zu schützen. Die Entscheidung zur Hausgeburt fiel mir da nicht mehr schwer. Das Risiko, so gebären zu müssen, wollte ich nicht eingehen. Und mein Mann war mit meiner Entscheidung zufrieden, da besagte Klinik von unserem Haus nur fünf Minuten mit den Auto entfernt lag. Im Notfall war der „sichere“ Hafen ja nicht weit.

Ich fand auf Empfehlung eine ältere, erfahrene Hebamme. Ich hatte mit ihr ein gutes Gefühl und dachte, dass nun ja nichts mehr schief gehen könne. In dieser Zeit wohnten wir am Waldrand. Das PJ war stressig. Mein erstes Tertial (das PJ ist in drei Abschnitte a 4 Monate unterteilt, die Tertiale genannt werden) absolvierte ich in der Notaufnahme. Es verlief zwar spannend und lehrreich … aber ich konnte kaum aufs Klo gehen. Es gab dafür zum Glück ein wunderbares Heilmittel und das wirkte zuverlässig und oft schon nach einer Viertelstunde: Der Wald. Sobald ich dort spazieren ging, kam sozusagen alles in Bewegung. Und während ich durch den Wald streifte und sich in mir Entspannung breit machte, dachte ich immer wieder: Hier müsstest du gebären. Du verkriechst dich einfach, ohne dass einer weiß wo du bist, und dann kommst du mit dem Baby zurück. Kein Trubel, kein Stress, keiner, der etwas von dir erwartet, verlangt oder auf die Uhr guckt. Das muss doch herrlich sein! Wenn ich hier so schön meine Verstopfung lösen kann, muss das doch ein hervorrangender Ort sein, um auch die ganz große Verstopfung, also das Baby, herauszubekommen.
In diesem Wald war das allerdings nicht machbar. Zu viele Jogger und Hundegänger. Es gab da kein mit Sicherheit ruhiges, ungestörtes Örtchen. Trotzdem war der Gedanke so schön, dass ich ihm gern nachhing.

Unser erstes Kind kam dann in unserer Mietswohnung zur Welt. Ich dachte, ich hätte alles für eine sichere Geburt getan und war guter Dinge. Als ich über Termin ging, weigerte ich mich standhaft, alle zwei Tage zum CTG aufzukreuzen. Meine Hebamme meinte, ich wär der Typ, dem sie zutraut, die Geburt auch allein durchzuziehen und sie spät zu rufen. Und ich hatte mir insgeheim auch offen gehalten, genau das zu tun. Aber weil wir nett sein wollten, riefen wir am Morgen, als die Wehen begannen, schon mal an, um Bescheid zu sagen, dass es heute was werden würde. Dann trafen zwei Dinge ein, die sich nicht im Voraus hatten berechnen lassen: Meine Hebamme war just zu diesem Moment bei einer anderen Geburt. Und: Eine Vertretungshebamme aus dem Geburtshaus kam vorbei, obwohl wir gesagt hatten, dass noch keiner zu kommen bräuchte, sondern wir nur Bescheid sagen. Da war sie also, die Vertretungshebamme. Ich fühlte mich nicht wohl mit ihr und wollte eigentlich, dass sie so schnell wie möglich wieder verschwindet. Sie war schon auf dem Weg nach draußen, wir hatten ihre Nummer, unter der wir sie erreichen konnten und … plötzlich setzten bei mir die Wehen heftig ein. Sie blieb. Ich hatte nicht den Mut und die Nerven, sie herauszuschmeißen. Ich dachte: Augen zu und durch. Aber diese Rechnung ging nicht auf, wie sich schnell herausstellte. Ich war zwar bald vollständig eröffnet, eine zweite Hebamme wurde dazu gerufen, wie das so üblich ist, wenn die Geburt kurz bevorsteht. Aber dann ging stundenlang nichts vorwärts. Nur Wehen und Schmerzen. SCHMERZEN! Dann irgendwann die Erkenntnis: hoher Geradstand!
Nun schwebte also auch noch das Damoklesschwert Krankenkenhaus und Kaiserschnitt über mir. Dabei hatte ich die Geburt innerlich an die Hebammen abgegeben. Erst als ich merkte, dass sie auch nicht weiterwussten und ICH hier was tun muss, wenn ich nicht im Krankenhaus auf dem OP-Tisch landen wollte, nahm ich die Geburt wieder an mich. Wenn mein Körper wusste, wie er das Kind herausbekommen kann, dann musste ich auf ihn hören und nicht auf die Hebammen mit ihren sich so wirkungslos anfühlenden Schaukellagerungen. Das tat ich und fand es ganz angenehm, stehend das Becken hin und her zu bewegen und dabei meine Tochter aufzufordern, dich zu drehen. Glücklicherweise kam dann auch endlich MEINE Hebamme. Sie massierte eine angeschwollene Muttermundskante weg (sehr schmerzhaft, aber effektiv). Der Kopf des Babys hatte sich nun gedreht und kurze Zeit später hielt ich sie im Arm. Völlig fertig aber sehr sehr froh!

Nach dem ersten Glücksrausch begann ich, die Geburt zu analysieren. Was war schief gelaufen? Wie hätte ich die vielen schmerzhaften Stunden vemeiden können? Woran lag es, dass das, was bis zum Eintreffen der Hebamme so unspektakulär verlaufen war, danach so kompliziert wurde?

Ich las mich durch das Internet, las über Alleingeburt und das Aha ließ nicht lange auf sich warten. Ich war nicht die einzige, die sich von der Anwesenheit bestimmter Leute so aus dem Takt bringen ließ. Fremde Leute zu seiner Geburt einzuladen ist nicht selten ein Risiko an sich. Aber wenn ich noch ein Kind bekäme, wie konnte ich meine Geburt wirklich sicher machen? Wie konnte ich sicher sein, niemanden einzuladen, der mich hemmte, der meinem Körper nicht vertraute und mir mit seiner Angst die emotionale Kraft aussaugte, die ich zum Gebären brauchte? So wuchs in mir der Entschluss, dass das nächste Kind nur in Anwesenheit von Menschen kommen sollte, die keine Angst vor dem Ereignis Geburt hatten. Ob ich so jemanden finden würde?

Kurz nach der Geburt der Großen zogen wir nach Schweden um. Der Wald begann nun direkt hinter unserem Haus. Ich brauchte nur aus der Haustür zu fallen. Ein kurzer Weg, um jede Verstopfung aufzulösen. Und eines Tages, bei einem meiner Spaziergänge quer waldein, fand ich ihn, den Platz, an dem unser Sohn später geboren wurde. Weiches Moos, das von umgefallenen Fichten wie mit Wänden umgeben wurde. Daneben ein plätscherndes Bächlein. Hier war der Wald wild, ungepflegt und kein Wanderer, kein Pilzsammler oder Jogger würde sich jemals hierher verirren. Ich war begeistert. Von nun an pilgerte ich immer öfter zu diesem Platz. Plante, malte mir aus, wie es sein würde, hier zu gebären … und als mein Mann endlich überzeugt war, weihte ich auch ihn ein. Na klar, es war verrückt. Oder war es das? Betrachtet man die Menschheitsgeschichte, ist diese Art zu gebären durchaus üblich gewesen. Nur, weil etwas anderes heute Mode ist, muss das andere ja nicht gleich undenkbar sein.
Wie anders war diese Schwangerschaft als meine erste! Ich war einfach nur schwanger. Die Vorsorgeuntersuchungen bei der Großen hatten mich immer verunsichert und irritiert. Jetzt war ich frei. Ein unglaubliches, wenn auch manchmal beängstigendes Gefühl. Aber mir ging es gut, mein Baby bewegte sich in mir … alles war gut. Zuerst dachte ich: Gehst du ab der und der Woche zur Vorsorge. Das reicht auch noch. Aber dann kam die besagte Woche und in mir sträubte sich alles. Ich hatte das Gefühl, es würde meine selige Blase der guten Hoffnung zerstören, wenn ich mich von jemandem Frenden vermessen und beurteilen lassen würde. Irgendwann ließ ich den Plan fallen und war glücklich, dass ich den Vorsorgestress einfach boykotierte. Eine Hebamme zu suchen hatte ich noch früher aufgegeben. Erstens gibt es in Schweden fast keine Hausgeburtshebammen. Aus diesem Grund hätte sie sehr weit anreisen müssen. Zweitens hätte ich die 2000 Euro als Kosten für die Geburt selbst tragen müssen. Aber das auf die Gefahr hin, dass die Hebamme es zur Geburt gar nicht rechtzeitig schaffte. Das schien mir das viele Geld dann doch nicht wert zu sein. Und drittens: wie hätte ich die Hebamme von meinen Waldplänen überzeugen sollen?

Natürlich hätte es sein können, dass es regnet oder ein anderer Umstand mir den Wald vegrault. Ich war nicht stur darauf festgelegt, dass es unter allen Umständen der Wald werden musste. Aber alles passte am Schluss und der Rest ist Geschichte. Seitdem habe ich noch zwei weiteren Kindern im Alleingang auf die Welt geholfen. Der Wald hat sich aus verschiedenen Gründen nicht noch einmal als Geburtsort ergeben. Dafür einmal die Wiese und einmal das Wohnzimmer. So hat jedes Kind seinen ganz eigenen, besonderen Geburtsplatz.

Meine Ausbildung hat bei meiner Entscheidung eine untergeordnete Rolle gespielt. Vorallem hat sie mir geholfen, die Geburtsmedizin in ihren Begrenzungen zu sehen und keine falschen oder überhöhten Erwartungen an sie zu haben. Sicher, ein Arzt kann ein Baby auf die Welt holen. Das geschieht heute ja immer öfter, am liebsten per Bauchschnitt. Aber ein Kind zu gebären, über sich selbst hinauswachsen und im hormonalen Freudenfeuer das Fest des Lebens feiern, das kann nur die Frau selbst. Und dafür verdient sie die beste und demütigste Behandlung durch alle, denen sie die Ehre erweist, sie dabei begleiten zu dürfen. Wir Menschen mit all unsere angehäuften Wissen sind viel weniger schlau als wir denken. Wir haben viel weniger in der Hand, als wir uns gern vormachen. So vieles wird verkompliziert, nicht weil es gefährlich ist, sondern weil wir Angst haben und mit unserem Einmischen den natürlichen Prozess erschweren oder verhindern. Es erscheint mir sicherer, mich zuerst auf mich selbst, meinen Körper und meinen Schöpfer zu verlassen. Ich will nicht, dass Fremde für mich zweitklassige Entscheidungen treffen, wenn ich selbst eine bessere Entscheidung treffen kann.

Diese Jahr wird unser Waldvöglein schon fünf. Sich für die Geburt zu entscheiden, die zu einem passt, ist nur eine von vielen Entscheidungen, die man im Leben mit Kindern treffen muss. In einem Monat ziehen wir ins Elsass (Frankreich) um, weil Kinder dort die Freiheit haben zu lernen, ohne dafür jeden Tag in ein Schulgebäude eingesperrt zu werden.

Lebensgefährlich oder doch nicht so schlimm?

Mir macht so schnell ja nichts Angst (bin eine abgebrühte Haut ;-)), aber vor zwei Dingen hatte ich im Zusammenhang mit der Geburt immer Respekt: vor einer nachgeburtlichen, nicht zu stoppenden Blutung und vor einem Baby, das nicht atmet.
Jetzt habe ich mal wieder im „Emergency Childbirth“ von Gregory J. White herumgelesen, einem Büchlein über Geburt für Notfallhelfer und Laien, und bin auf ganz interessante Aussagen gestoßen (Übersetzung von mir):

Über nachgeburtliche Blutungen:

„Glücklicherweise stirbt eine Frau selten schnell an einer nachgeburtlichen Blutung. Die größte Blutung direkt nach der Geburt ist für gewöhnlich sehr kurz und hört auf, bevor der Blutverlust lebensgefährlich werden kann. Eine gefährliche nachgeburtliche Blutung ist gewöhnlich eine langsame, andauernde Blutung. Eine neuere Studie, in der 52 Todesfälle von Frauen untersucht wurden, die an einer nachgeburtlichen Blutung gestorben waren, ergab, dass keine dieser Frauen innerhalb der ersten 1,5 Stunden nach der Geburt verstorben war. Das heißt, dass der Notfallhelfer fast immer die Möglichkeit haben wird, in einem solchen Fall die notwendige medizinische Hilfe zu beschaffen.“

Über die Wiederbelebung eines nicht atmenden Babys:

„Die beschriebenen Methoden (zur Wiederbelebung) werden in der Mehrheit der Fälle Erfolg haben. Ist das nicht der Fall, würden andere Methoden mit großer Sicherheit auch erfolglos bleiben.“

Das heißt für mich zusammengefasst: So schnell verblutet sich’s nicht und ein Baby, das lebensfähig ist, kann ich mit entsprechenden Maßnahmen auch ins Leben holen. Also alles noch undramatischer als ich bisher dachte.

Mysterium Nabelschnur

„Und wie habt ihr das mit der Nabelschnur gemacht?“

Das ist die häufigste Frage, die ich bekommen, wenn ich jemandem über unsere Art zu gebären erzähle. Meist wird sie in einer Mischung aus Bewunderung und Erstaunen vorgebracht. Wenn ich dann antworte: „Wir haben sie einfach durchgeschnitten“, folgt meist ein ungläubiger Blick und der alles erklärende Satz für diese von uns vollbrachte Meisterleistung:
„Na, ihr seid ja Ärzte!“, was mich wiederum irritiert zurücklässt, weil ich den simple Vorgang des Durchschneidens noch nie im Licht meiner medizinischen Ausbildung betrachtet habe. Durchschneiden kann schließlich jeder, der eine Schere und die motorischen Fähigkeiten, sie zu bedienen, besitzt – sprich ein Kind im Kindergartenalter. Na gut, eine Nabelschnur ist derberes Material, etwas Kraft braucht man also auch. Sagen wir ab Schulkindalter sollte man in der Lage sein, eine Nabelschnur zu durchtrennen. Was ist also so kompliziert daran, das man dazu meint, dringend ein Krankenhaus und Ärzte zu brauchen?

Betrachtet man das Tierreich, wird generell ziemlich achtlos mit der Nabelschnur umgegangen. Als ich einmal der Geburt eines Kälbchens zuschaute, riss die Nabelschnur einfach durch, als Mama Kuh sich hinstellte, um ihren Nachwuchs abzuschlecken. Das eine Ende baumelte dort, wo das Kalb gerade herausgekommen war. Das andere (wobei da kaum mehr etwas hing) hing als blutiger Stummel am Kälbchen, das im nicht gerade sterilen Stroh liegend das herzhafte Abschlecken seiner Mutter über sich ergehen ließ. Nabelklemme? Sterile Schere und Umgebung? Fehlanzeige. Mama Kuh und ihr Kind schien das nicht zu stören und soweit mir bekannt ist, hat der Nachwuchs unbeschadet überlebt.
Tatsächlich geschieht es ja dauernd. Katzen, Hunde, Kaninchen, Rehe… kurz alle Tiere, die im Bauch ihrer Mutter mit einer Nabelschnur versehen sind, pfeifen bei der Geburt auf die Profis und eine professionelle Abnabelung. Keiner schreit nach einem Arzt oder einer Nabelklemme. Da geht es eher sehr beherzt und mitunter rau zur Sache. Da wird wahlweise gekaut, gebissen oder gerissen. Hauptsache ab, egal wie, aber auf jeden Fall unsteril.
Warum machen wir Menschen es eigentlich so kompliziert? Brauchen wir Profis und Rituale, um das Überleben unseres Nachwuchses als gesichert anzusehen? Wenn ich sage: „Wir haben sie einfach durchgeschnitten.“ habe ich oft das Gefühl, mir wird nicht geglaubt. Dabei haben wir genau das getan: sobald die Nabelschnur auspulsiert war, Küchenschere her und durchgeschnitten. Na gut, bei unserer ersten Geburt im Alleingang fühlte mein Mann sich wohler, als er einen kleinen Bindfaden um das Ende der durchgeschnittenen Schnur gebunden hatte. Aber wenn man einmal angefangen hat, gesellschaftliche Konventionen und Ängste in Frage zu stellen und stattdessen selbst zu denken, geht einem schnell der Sinn für die der Gesellschaft eigenen, angstdänpfenden Rituale abhanden. Stattdessen kann man in Erfahrung bringen, dass die Nabelschnur eine feine Sache ist. Sie versorgt nicht nur das heranwachsende Kind neun Monate lang zuverlässig mit allem, was es braucht, um heranzuwachsen, nein, sie verklebt und verschließt sich von innen, sobald ihre Funktion nicht mehr benötigt wird. Wenige Minuten nach der Geburt hört der Blutfluss auf und die Gefäßwände kollabieren. Hier und da mögen sich ein paar Blutklumpen verfangen und ein bißchen feucht ist es innen drin auch noch, was dazu führt, dass das durchtrennte Nabelschnurende in den ersten Stunden ein bißchen Restblut an Windel oder Kleidung schmiert – aber es fließt nichts mehr.

Worauf sind dann unsere Ängste begründet? Glauben wir, das Kind könnte plötzlich ausbluten und dann plötzlich ohne Blut dastehen? Haben wir Angst vor den bösen Bakterien überall? Hat man diese Angst, ist es sicherlich sinnvoll, entweder ein paar Stunden mit der Durchtrennung der Nabelschnur zu warten, oder ein langes Stück stehen zu lassen (und später zu kürzen). Neulich las ich einen interessanten Bericht über den Neugeborenen-Tetanus in manchen Teilen der Welt. Dort ist es vielfach üblich, zur Nabelpflege getrockneten Kuhdung aufzulegen. Klar, sagen wir gebildeten Westler, so was Dummes muss ja Folgen haben. Mit etwas mehr Hintergrundwissen ergibt sich ein differenzierteres Bild: In diesen Teilen der Welt war dieses Vorgehen schon immer üblich. Zu vermehrten Tetanusfällen kam es erst, als die Hebammen eine westlich geprägte Ausbildung erhielten, die vorsieht, die Nabelschnur recht nah am Kind zu durchtrennen. Traditionell war es bis dahin üblich, die Nabelschnur nahe der Plazenta zu durchtrennen. Welche Bakterie mag diesen langen Weg klettern? Hier vermischen sich also westliche und überlieferte Traditionen zu einer unguten Mischung. Aber anstatt das zu erkennen, pocht man auf noch mehr westliche Traditionen: die Impfung muss es richten. Kauf P*mpers und du tust was Gutes!

Stimmt es nun, dass nur ein Profi in einem Krankenhaus eine Nabelschnur durchtrennen kann? Nein, außer man will die Nabelschnur bereits vor dem Auspulsieren, ein paar Sekunden nach der Geburt, durchgeschnitten haben. Dann fließt darin tatsächlich noch Blut, und will man kein Blutbad anrichten, braucht man natürlich Klemmen und Co.. Dieses Vorgehen war bis vor Kurzem allgemein in Krankenhäusen Gang und Gäbe. In Schweden wurden diesbezüglich letztes Jahr die Richtlinien geändert. Wie es in Deutschland derzeit aussieht, weiß ich nicht. Ich kenne es jedenfalls noch so, dass nach der Geburt sofort die Klemme gesetzt wurde, um Blut zu entnehmen – man braucht ja das Nabelschnurblut für die ph-Messung und die Qualitätssicherung. Und dann durfte der meist zögerlich dreinblickende Papa feierlich durchschneiden – oder das Ganze dankend dem Personal überlassen. „Ach, machen Sie das mal.“ Ist doch besser, man lässt die Profis ran. Oder?

Elisabeth – meine dritte Alleingeburt

Jetzt habe auch ich mal wieder ein Baby bekommen und darf euch davon berichten. Es schon wieder fast 3 Wochen her, dass unser viertes Kind auf die Welt gekommen ist. Wie schnell die Zeit vergeht und wie schnell man den großen Bauch vergisst, den man so lange mit sich herumgetragen hat!
Meine Schwangerschaft verlief wie die anderen auch: unspektakulär. Ich verzichtete wieder auf die offizielle Vorsorge und den damit verbundenen Stress und sorgte selbst dafür, dass es mir und dem Baby gut ging. Deshalb gab es auch keinen Termindruck, als der von mir errechnete Geburtstermin überschritten war. Fünf Tage über Termin hatte ich dann ab dem Nachmittag immer mal eine deutliche Wehe, aber das war auch schon ein paar Tage eher passiert, ohne dass die Geburt begonnen hatte. Nachts nahmen die Wehen an Intensität zu, so dass ich sie beatmen musste. Die Abstände waren aber mit 15 bis 30 Minuten zu groß um eine baldige Geburt erwarten zu lassen. Ich zwang mich, im Bett liegen zu bleiben und zwischendurch zu schlafen. Gegen 2 Uhr in der Nacht dachte ich dann doch, dass ich das im Liegen nicht mehr aushalte. Ich begann, die notwendigen Sachen im Wohnzimmer zusammenzutragen – für eine Draußengeburt war es auch jetzt Ende April immer noch deutlich zu kalt – und mich auf die Geburt einzustellen. Aber während ich räumte kam keine einzige Wehe mehr. Also ging ich wieder ins Bett, wo die Wehen wie gehabt in großen Abständen aber kräftig wiederkamen. Ich schlief trotzdem in jeder freien Minute. Man weiß ja nie, wie lange man noch durchhalten muss. Vormittags ging es dann so weiter. Ab und zu eine kräftige Wehe. Bald fiel es mir immer schwerer, die Kinder mit ihren vielen Forderungen zu bedienen und gleichzeitig meine Wehen zu beatmen. Ich ging schnell ins Bad, schloss zu, beatmete die Wehe, und kam wieder raus, um den davor wartenden Jungs eine Banane zu geben, den Popo zu putzen und was sonst so minütlich mit kleinen Kindern anfällt. Jetzt kamen die Wehen auch dichter und wollten vertönt werden. Es ging also endlich richtig los! Die Jungs kriegten das nicht wirklich mit und begannen mich zu stören.
„Mama, mach mir Apfelsterne!“, forderte unser Zweiter fröhlich, während ich tönend über dem Küchentisch hing.
„Ich kann jetzt nicht, ich muss jetzt das Baby kriegen.“
„Mama, ich will Apfelsterne!“
„Jonathan, ich kann jetzt echt nicht. Das Baby will rauskommen!“
„Mama, mach mir APFELSTERNE!“
Dummerweise war unsere Oma gerade an diesem Vormittag unterwegs, und zwar recht weit weg. Wir hatten sie auch ohne Vorwarnung ziehen lassen, weil es bei den großen Wehenabständen ja nicht klar gewesen war, wann es nun richtig losgeht. Mein Mann rief eine Nachbarin an, die sich angeboten hatte, einzuspringen. Da ging aber keiner ans Telefon. Also schlug mein Mann vor, die Kinder zu nehmen und einfach wegzufahren, damit ich in Ruhe gebären konnte. So ein Vorschlag von meinem Mann! Ich war platt. Aber das wollte ich dann doch nicht. Jetzt hatte ich mich darauf eingestellt, dass er dabei war, und wer sollte denn sonst die Fotos machen und filmen?
Gleichzeitig brütete die Große noch an ihrem letzten Trotzanfall. Ich hatte ihr eigentlich versprochen, dass sie bei der Geburt dabei sein durfte, aber jetzt reizte sie mich mit ständigem „Nö, aber“ und ihren Diskussionen so sehr, dass ich sie mit den Jungs ausquartieren wollte. Mein Mann telefonierte noch einmal mit seiner Mutter, die irgendwo unterwegs war. Die hatte den Einfall, noch eine andere Nachbarin zu fragen. Wir riefen also Bodil an, die tatsächlich zuhause war und Zeit hatte. Gegen halb 12 brachte mein Mann die Jungs dorthin. Johanna versprach hoch und heilig lieb zu sein und durfte im allerletzten Moment bleiben. Endlich kehrte Ruhe im Haus ein und ich konnte mich auf mich und meine Wehen konzentrieren. Ich hatte das Bedürfnis herumzulaufen und wanderte im Wohnzimmer auf und ab. Die Wehen veratmete ich mal auf das Klavier, mal gegen den Türrahmen gestützt. Mein Mann war schnell wieder da. Er setzte sich mit Johanna hin und die beiden guckten ein Buch an, während ich mich durch die Wehen tönte. Erst begann er laut vorzulesen, aber das konnte ich gar nicht ertragen. Stille war das Beste. Ich wanderte weiter wehend durch die Stube. Bei den Übergangswehen zog es mich dann nach nebenan ins Spielzimmer. Das Bedürfnis, nicht gesehen und beobachtet zu werden machte sich bemerkbar. Die Übergangswehen waren schon heftig. Ich versuchte zu singen, was mir bei den letzten beiden Geburten so gut geholfen hatte, aber das ging diesmal irgendwie gar nicht. Dann die erste Wehe, die sich am Schluss schon nach Pressen anfühlte. Endlich! Jetzt war es bald geschafft. Viel mehr von diesen Übergangswehen hätte ich nicht haben wollen.
„Jetzt kannst du filmen“, sagte ich zu meinem Mann.
Stehend, abgestützt zwischen Kachelofen und Regal, ließen sich die Presswehen am besten bewältigen. Ich presste was ich konnte. Ich musste pressen. Sanft rausatmen? Pustekuchen. Presslust trifft es eher. Ich spürte, wie der Kopf sich zu bewegen begann. Nach der ersten Presswehe rutschte er wieder zurück, bei der nächsten kam er tiefer. Es war heftig, gewaltig, wenn auch nicht ganz schmerzfrei. Dann spürte ich schon den Kopf kommen und im nächsten Moment glitt unser Baby in meine Hände. Ein Mädchen! Ich habe ein Mädchen! Ein kurzer Blick auf die Uhr: 12.16 Uhr. Dann wurde unser Lieschen ausführlich bewundert, nicht zuletzt von seiner großen Schwester, die eifrig alles beobachtete und kommentierte. Wir zogen schließlich aufs Sofa um und eine halbe Stunde nach der Geburt stillte sie zum ersten Mal richtig. Dann kam auch die Oma von ihrer Fahrt zurück (hat zum Glück trotz aller Aufregung keinen Unfall gebaut). Sie ging zur Nachbarin, die Jungs holen, die ihre kleine Schwester schon eine Stunde nach ihrer Geburt ebenfalls begrüßen konnten.

Gewicht: 3400g, Länge: 49 cm, Kopfumfang: 35 cm

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Benedikts Geburt – wenn die Hebamme zum Frühstück kommt

Ich hab die Ehre, euch wieder an einem schönen Geburtsbericht teilhaben zu lassen. :yes:

Donnerstag, 15.03.: Nach gut 2 Wochen mit Nebenhöhlen- und Mittelohrentzündung und der Befürchtung, mein Ältester könne seinen Grippevirus mit mir teilen, bin ich über Nacht wieder topfit und tobe mich den ganzen Tag aus: Rosen schneiden, Küche Aufräumen, Kuchen backen und, und, und. Abends kommen dann immer mal wieder Wehen, nix aufregendes, eigentlich so, wie ich es seit inzwischen Wochen hab. Gegen Mitternacht gehe ich ins Bett und wundere mich noch ein bißchen, daß ich nicht gleich einschlafen kann wo der Tag doch eigentlich anstrengend war…

Um 2:00 Uhr werde dann wieder wach und springe aus dem Bett, Fruchtblase ist geplatzt. Gibt eine schöne Fruchtwasserspur vom Bettrand durch Schlafzimmer und Flur bis zur Toilette. Super, genau so hab ich’s mir gewünscht! Mann schläft beim kranken Sohn und kriegt nix mit, also schnell Kinderzimmertür schließen.

Nach den letzten Blasensprüngen hat es je 3 Stunden gedauert, bis die Wehen anfingen. Was mach ich jetzt? Nach nochmal hinlegen is mir nicht. Also Ablenken. Mal schnell ins Netz schauen, dann mein Arbeitszimmer für die Geburt herrichten. Bügelbrett und den ganzen Haufen Bügelwäsche (oh Gott, wann hab ich zuletzt gebügelt??) ins Gästezimmer räumen, Couch beziehen, Schreibtisch aufräumen (WER hat meine Schokoriegel aus der Schreibtischdose geklaut?!), Bassin zurechtrücken, Handtücher raussuchen, Plazentagefäß holen, Kerzen aufstellen, … Achja: Will nachher ja nicht durch’s ganze Haus brüllen, sollte also mein Handy laden und später geladen zu meinem Mann ins Kinderzimmer legen…

Beim nächsten Blick auf die Uhr ist es 3:30 Uhr. Man bin ich langsam. Außer nem Ziepen ab und an nix zu spüren. Nur Fruchtwasser läuft permanent weiter, Kopf ist also doch noch nicht in Startposition…

Ich beschließe mich doch nochmal auszuruhen und lege mich auf die Couch. Interessant, das einzige was grad erträglich im TV ist ist das Kaminfeuer auf dem KIKA. Sehr entspannend, das Knacken und Knistern. Um 4:00 Uhr geht da dann irgendein Talk oder so los und ich schalte aus. Oh, Toilette! So langsam kommen Wehen, laufe auf und ab. Ich beschließe daß es jetzt an der Zeit ist, den Pool einzulassen, schließe den Schlauch im Bad an und versuche, die Knicke aus dem Schlauch zu bringen.

Gegen halb fünf rollt mein Wehenzug langsam los. Ich versinge und –summe die Wehen und muß immer an die Wasserfälle in Yosemite denken, aus dem Urlaub in dem das Babyle gezeugt wurde. Vielleicht auch wegen des Wasserrauschens im Hintergrund? Inzwischen sind die Wehen ziemlich heftig. Ich sehe die Kerze mit der Aufschrift „LUXUS Privatgeburt“ und muß lachen: Wie soll das hier grad LUXUS sein? Nee, Champagnertrinken fühlt sich anders an… Auuuhuuuuutsch, nächste Wehe.

Nach ner guten Stunde ist der Pool voll. Sehr verlockend! Aber ich mag nicht zu früh in den Pool, nicht daß es noch ewig dauert und mein Kreislauf abklappt. Nächste Wehe, ich gehe auf alle Viere. Na denn schau ich doch mal, was mein Muttermund so sagt? Dem Gefühl nach dürfte er so halb offen sein. Aber: MIST: er ist immernoch nicht zu tasten. Also volle Cervix. SCH… wozu mach ich das hier eigentlich alles wenn‘s sich da unter noch immer anfühlt wie vor 3 Wochen?? Bin echt angesäuert. Nächste Wehe, auch recht heftig. Hm, wenn ich meinen Mann jetzt nicht wecke, schaff ich das nachher vielleicht nicht mehr? Außerdem isses eh 6:00 Uhr, bringe ihn also nicht um zu viel Schlaf. Hey Schatz, das Baby ist unterwegs, Fruchtblase ist geplatzt, oh is mir schlecht – ab auf’s Klo.

Jetzt: die heftigste Wehe meines bisherigen Lebens. Der ganze Körper krampft, die Beine schlagen im Sitzen 10 cm vom Boden hoch und runter, lehne mich an die Wand damit ich nicht vom Klo falle. Als diese Megawehe vorbei ist und ich grad wieder zu mir komme steht mein Mann in der Tür: Katharina, und was soll ich jetzt mit den Kindern machen? Später hat er mir erklärt, daß ich die ganze Zeit nur leise „Laudate omnes gentes“ vor mich hin gesummt hab und er die Situation daher völlig unterschätzt hat. Ich keuche was von wegen MIRGRADSCHEIßEGALISTECHTDEINPROBLEM und schleppe mich in den Pool. Das einzige, was mir jetzt hilft ist warmes Wasser, Muttermund hin oder her. Mein Mann kommt hinterher, kaum kniee ich im Becken rollt die nächste heftige Wehe an, diesmal aber besser zu verkraften. Er hat die Hand auf meinem Rücken, tut gut. Die Wehe geht und mein Mann meint, er geht sich jetzt mal anziehen. Ich bin etwas verwirrt (Hää?) bin aber eigentlich ganz froh, wieder allein zu sein. Oh, ich war doch grad auf dem Klo, kam da nicht alles? Naja, jetzt auch egal, dann muß Moritz die Sauerei halt gleich rausfischen. Drücke ein wenig. Tut sich nix. Noch ein wenig. Hoppla, das Gefühl kennst Du. Dann eine PRESSWEE-fühlen, ja das ist der Kopf, wo kommt der denn plötzlich her? Brennt nur ein bißchen, gutes Gefühl!-EEEHHHEEEE. Kopf ist da. Kurze Pause, fühle den behaarten Schopf. Leichte Wehe, bringt uns nicht weiter, dann noch eine und der Körper schlüpft zwischen meinen Beinen durch in meine Hände. Ich lehne mich nach hinten, nehme das Baby hoch oder versuche es wenigstens, sehr kurze Nabelschnur und die um den Hals gewickelt. Also kurz noch abwickeln und dann SCHMUSEN! Baby quakt. Liebe. Und noch völlige Überraschung. Eben war der Muttermund nicht mal zu fühlen und jetzt ist das Kind da! Höre, wie Moritz den großen auf’s Klo schickt und rufe „Unser Baby ist da“ durch die halboffene Tür. Er kommt und kann’s nicht glauben. Und fragt, ob’s denn nun ein Bab oder ein Mädchen ist. Ich muß lachen denn ich hab noch gar nicht geschaut… EIN JUNGE!

Unser Benedikt ist also am 16. März um 6:10 Uhr wie geplant völlig ungestört zuhause auf die Welt gekommen. Er war 49 cm groß, 3280g schwer und KU 36cm.

Die Hebamme kam kurz nach 7:00 Uhr. Wir waren immer noch im Pool und ich mußte dann leider zum AusdemWassersteigen Abnabeln, die Nabelschnur reichte grad so um Benedikts Kopf über Wasser zu halten. Nach über einer Stunde war sie noch voll durchblutet, Abbinden war nach dem Schnitt leider nötig. Platzentalösung hat noch recht lang gedauert, knappe 3 Stunden.

Anschließend hat mein Mann dann ein herrliches Frühstück gezaubert und wir haben zu dritt geschlemmt, naja, zu viert, Benni liebt die Brust und trinkt wie ein Tiger (leider hat er eine sehr eigene Technik, malmt die Warzen mit den Zahnleisten, AUA!)

Ansonsten:

Wir sind alle wohlauf, die Verwandten alle schockiert, die Hebamme begeistert. Ich bin wie erwartet weder gerissen noch geschürft! Und: irgendwann zwischen den heftigsten Wehen hab ich mich gefragt, ob die Anwesenheit einer Hebamme grad was ändern würde. NEIN. Gebären tu ICH. JA. Ich könnte mich nie so gut auf mich und das Baby konzentrieren. Grad bei dieser Geburt wär‘ wohl fast jeder Geburtshelfer in den letzten 10 Minuten in Hektik verfallen, war bei den letzten, nicht so schnellen Geburten ja schon so – so konnte ich in unserem Thempo ohne Einmischung und in ruhiger Atmosphäre gebären.