Einmal Kaiserschnitt, immer Kaiserschnitt? – Ein Interview

Ich hatte das Vorrecht, eine Frau zu interviewen, die sieben Kinder geboren hat. Von diesen sind sechs per Kaiserschnitt auf die Welt gekommen. Im Folgenden schildert sie, wie es dazu gekommen ist, was sie heute darüber denkt und was sie anders machen würde, wenn sie noch einmal die Wahl hätte.

Sarah: Du hast bisher sechs Kinder per Kaiserschnitt bekommen. Das sind drei mehr, als Ärzte einer Frau in der Regel erlauben wollen. Aber erzähl mal, wie alles begann! Wie kam es zum allerersten Kaiserschnitt? War der geplant oder hattest du ursprünglich ganz andere Geburtspläne?

Andrea: Meinen ersten Sohn gebar ich spontan, wenn man das so schreiben darf/kann. Nach ungefragter Eipollösung durch die Ärztin, Blasensprung, gezwungen, liegen zu bleiben, und auch gezwungen zur PDA, war nicht wirklich von selbstbestimmter Geburt zu sprechen. Unser Sohn kam schließlich mit der Zange und den Ärzten auf meinem Bauch zur Welt. Es war eine schwere Geburt, die mir lange noch nachhing und mir einen Dammriss dritten Grades bescherte, der mich lange noch schmerzte.

Dann war ich schwanger mit unserem zweiten Kind und ich war sicher, dass diese Geburt leichter und besser werden würde als die erste Geburt. Ich war zuversichtlich. Zwei Tage nach dem Entbindungstermin ging es dann auch langsam Richtung Geburt. Mir war nicht mehr gut, die Wehen wurden regelmäßiger, gegen Abend begann ich zu zeichnen und es wurde schmerzhafter, was auch nach dem Bad in der Wanne blieb. Ich fühlte mich wohl zuhause, mein Mann wollte lieber los. Und im Krankenhaus angekommen, waren die Wehen weg. Wir liefen direkt dem Chefarzt in die Hände, der auch schon unseren ersten Sohn entbunden hatte. Und dieser sprach plötzlich von einem Kaiserschnitt. Davon war nie zuvor die Rede gewesen. Ich war so geschockt und im Fluchtmodus, sodass ich keine Wehen mehr bekam. Man ließ uns aber auch nicht nach Hause gehen und unerfahren, wie wir waren, glaubten wir auch, dass wir tatsächlich nicht nach Hause durften. Mir tut es heute noch leid.

Am nächsten Morgen stand dann der Chef mit der mir vom Geburtsvorbreitungskurs vertrauten Hebamme vor mir. Man hätte zwei Optionen, erklärte er. Direkt einen Kaiserschnitt zu machen, weil dieses Baby größer und schwerer als das Geschwisterkind sei und damit die Geburt noch schwerer werden würde oder man öffnete die Fruchtblase, was eine Geburt wie beim ersten Sohn zur Folge haben würde. Alle rieten mir zum Kaiserschnitt. Ich war überrumpelt und willigte ein.
Unser Sohn wurde kurz darauf geboren. Nach alter Kaiserschnittmanie. Ich sah ihn kurz, er kam weg, wurde angezogen und mir nachher fertig angezogen präsentiert. Das ist noch heute schlimm für mich, denn ein richtiges Bonding hat es für uns zwei nie gegeben.
Als ich ihn dann hielt, bekam ich auch noch eine Atonie. Mir wurde sehr schlecht und schwarz vor Augen. Das erste Sehen, Riechen, Fühlen meines zweiten Sohnes verbinde ich immer mit der Atonie. Da ist immer noch Trauer. Und der krönende Abschluss dieser Geburt: Es hätte natürlich nicht sein müssen, das sagte sogar der Professor anschließend zu mir.

Sarah: Das klingt nicht nach schönen Geburten. War beim dritten Kind dann einfach „einmal Kaiserschnitt – immer Kaiserschnitt“? Gab es eine Hebamme oder eine andere Person, die dich ermutigt hat, es doch auf natürlichem Wege zu versuchen? Wie ging es nach dem ersten Kaiserschnitt für dich weiter?

Andrea: Unsere Dritte wollte ich unbedingt normal gebären. Ich habe mir extra eine Hebamme gesucht, die mich dabei unterstützt hat. Eine Beleghebamme, die einen guten Draht zum Chef der Geburtsklinik hatte, welche ich nicht kannte, denn auch die habe ich gewechselt. In meinem ursprünglichen Krankenhaus gab es nicht die Möglichkeit, eine eigene Hebamme mitzubringen. Es standen alle Vorzeichen auf normale Geburt, alle waren zuversichtlich.
In der 39. Woche wurde ich dann krank. Ich brauchte ein Antibiotikum. Es ging einfach nicht ohne. Und plötzlich stiegen meine Leberwerte ganz bedrohlich. Ich musste ins Krankenhaus und sie stiegen fröhlich weiter. Niemand dachte an das Antibiotikum, das sollte ich sogar weiter nehmen. Alle tippten auf HELPP, wobei dazu eindeutige Marker fehlten. Man versuchte noch einen Wehentropf, der aber nichts weiter brachte, denn ich und unser Baby waren noch nicht so weit. Aber man wollte mir ein wenig Zeit geben. Am Abend waren die Werte so hoch und es wurde doch noch die Sectio gemacht. Spät, um 23 Uhr, war unsere Tochter da. Alle Ärzte wurden zurück geordert, es war ein ganz schöner Rummel. Es war damals aber in Ordnung für mich. Es sollte wohl so sein, dachte ich mir. Dieser Kaiserschnitt war nicht so schlimm und einschneidend wie der erste, denn ich hatte meine Hebamme, die mit meiner Tochter bei mir im OP blieb. Es war eine sehr schöne Geburt, wenn man alle anderen Umstände ausblendet.

Sarah: Wie kam es dann zum dritten und allen weiteren Kaiserschnitten? Hast du irgendwann aufgeben, dass es auch wieder auf normalem Weg gehen könnte? Wie haben die Ärzte reagiert, als du auch ein viertes, fünftes und sechstes Kind bekommen hast?

Andrea: In der Schwangerschaft mit unserer Nummer vier machte ich mich wieder auf die Suche. Ich wollte wieder im Krankenhaus der vorherigen Geburt entbinden. Wollte wieder eine freie Hebamme. Meine Hebamme von damals. Nur leider gab es sie nicht mehr. Sie hatte ihre eigene Praxis aufgegeben und war nicht mehr zu haben. Die Hebammenalternativen machten mir so wenig Hoffnung, taten mir nicht gut. Zudem war ich beim Chefarzt meiner ersten Geburtsklinik in Behandlung, weil dieser mir bei meiner Fehlgeburt vor dieser Schwangerschaft tatsächlich eine echte Hilfe war. Ich fühlte mich bei ihm wohl und aufgehoben.
Für ihn war die Narbe an sich nie ein Thema, sehr wohl aber bei den Hebammen. Ich bekam schon Vorwürfe, wie ich mich angesichts meiner Geschichte wieder für ein Kind entscheiden konnte. So oft den Bauch aufschneiden, dass sei einfach nicht gut.
Letztendlich hat auch mein Arzt nicht mitgemacht und auf einen Kaiserschnitt gedrängt. Unser Baby selbst lieferte in den letzten Schwangerschaftswochen immer wieder eingeschränkte CTG´s und deswegen wurde zur Eile gedrängt.
In der 38. Woche wurde sie dann letztendlich geholt. Ich war vollends verunsichert und resigniert und willigte ein.
Ihr Kaiserschnitt war nicht so wie mein Letzter. Sie durfte im OP nicht bei mir bleiben, war dann aber die ganze Zeit bei mir und das trotz ihrer erheblichen Anpassungsstörungen. Die Hebamme wollte sie gerne auf die ITS legen, aber da erwachte mein Kampfgeist. Ich habe sie nicht hergegeben und die Kinderkrankenschwester hat mich letztendlich unterstützt. Wir hatten eine schwere Nacht, zweimal schaute ein Arzt nach meiner Maus, aber sie blieb bei mir. Ich war einfach nur froh und glücklich, dass ich diese Schwangerschaft hinter mich gebracht hatte und ein gesundes Kind geboren hatte. Die Fehlgeburt im Vorfeld hat diese Schwangerschaft begleitet. Angst und Unsicherheit waren von vornherein meine starken Begleiter. Ich kam nie zu einem guten und sicheren Bauchgefühl. Fühlte mich oft so unfähig. Entlassen wurde ich aber mit der Ansage meines Arztes, dass ich gerne weitere Kinder haben könnte. Ich neigte nicht zu Verwachsungen, mein Bauch heilte immer gut und es sprach einer weiteren Schwangerschaft nichts entgegen.

Unsere Nummer fünf kam ganz unverhofft in unser Leben. Wir hatten noch nicht damit gerechnet und brauchten ein wenig Zeit, ihn anzunehmen. Ich hatte eine gute Schwangerschaft mit ihm. Es ging mir immer gut. Nur hatte ich immer wieder mit unsicheren Begleitern zu tun. Meine Hebamme machte mich schlichtweg verrückt, was die Narbe anging. Mein Arzt hingegen war ruhig. Gott sei Dank. Ich war bis zum Schluss aktiv. Aber ich habe nie über eine Alternative zum Kaiserschnitt nachgedacht. Ich habe das Thema völlig ausgeblendet.
Das Ende der Schwangerschaft kam abrupt. Immer mal wieder hatte ich plötzlich in der 37. Woche Wehen und ich fühlte mich zusehends schlechter. Plötzlich kamen starke Narbenschmerzen dazu und ich ging widerwillig ins Krankenhaus. Einer Notsectio ging ich aus dem Weg. Ich kämpfte für Ruhezeit, die ich bekam. Weg gingen die Wehen aber nicht, die die Narbe belasteten. Das war mir klar. Zudem wurde ich sehr bedrängt – mein Arzt war im Urlaub – eine Sterilisation machen zu lassen. Von meinen Eltern, wir selbst wollten vernünftig sein und wollten es machen lassen, auch von den Ärzten, die vor Ort waren. Mir war nicht wohl.
Bei 36+5 SSW wurde unser Sohn geholt. Für ihn viel zu früh. Er war eine Weile bei uns, es schien im gut zu gehen. Aber ich konnte ihn nicht stillen. Er war schlapp und schwach. Mir war klar, dass etwas nicht stimmt. Alle wollten mich beruhigen, aber ich war nicht ruhig. Er kam in ein Wärmebettchen, reagierte gestresst auf jede Störung. Als er dann wieder zu mir kam, wurde er blau. Die Schwester nahm ihn, rannte mit ihm weg. Ich werde das wohl nie vergessen, denn ich konnte nicht hinterher. Schlimme Stunden im Leben einer Mutter.
Aber ich habe Kampfgeist und war recht fix im Rollstuhl und fuhr mit meinem Mann zu meinem Kind. Keine zwei Stunden später war ich bei ihm. Am nächsten Morgen lief ich schon selbst hin. Es war keine leichte Zeit, aber wir haben sie geschafft. Er war und ist unser besonderes Kind, welches besonderes viel Zuwendung braucht.

Die Sterilisation stellte sich recht bald als absolute Fehlentscheidung heraus. Und irgendwann – ein Jahr nach seiner Geburt – fand ich Ärzte, die diese Entscheidung rückgängig machen konnten. Nach einem langen Weg und Rücksprache mit meinem Frauenarzt, der der OP und weiteren Schwangerschaften zustimmte, ließ ich mich ein weiters Jahr später operieren.

Ganz bald nach der OP kam unserer Nummer sechs zu uns ins Leben. Ich hatte mich lange schon mit allem rund um die Geburt beschäftigt und mir war endlich aufgegangen, welches Unrecht mir passiert ist. Nun war ich also auf der Suche nach einem fähigen Geburtsbegleiter, der eine normale Geburt begleiten würde. Ich fuhr in die antroposophische Klinik, die für uns erreichbar ist. Sprach viele Leute, fand aber niemanden. Nur eine Hausgeburtshebamme wäre eine Alternative. Und das wollte ich damals nicht. Das war mir zu riskant. Das nächste KKH ist einfach zu weit weg.
So kam auch unsere Nummer sechs per Kaiserschnitt auf die Welt. Aber selbstbestimmt. Mein Arzt holte ihn ins Leben. Langsam, wie von mir bestimmt. Und er blieb bei mir. Keiner machte etwas an ihm, was nicht mit uns abgesprochen war. Wir waren gewachsen an unserer Verantwortung. Waren auch durch die Krankenhauszeiten von Nummer fünf nun mündige Patienten und ließen uns kein X mehr für ein U verkaufen. Das Krankenhaus hatte mit uns zu tun, es war uns egal. Denn alles war so, wie wir es wollten.
Auch nach dieser OP war für meinen Arzt klar, dass weitere Kinder möglich wären. Er sagte es schon im OP. Alles war weiterhin gut. Meine wiederhergestellten Eileiter waren für ihn die Sensation schlechthin. Auch daran hat er gelernt.

Auch bei Nummer sieben machte ich mich wieder auf die Reise. Ich wollte keinen Kaiserschnitt. Mein Bauchgefühl war gut und ich war sicher, es ginge auch anders. Nur fand ich wieder niemanden. Es war zum Weglaufen. Die einzige Alternative wäre eine Klinik weit weg gewesen und das hätte bedeutet, dass ich alleine dort auf die Geburt hätte warten müssen. U. U. Einige Zeit. Das wäre hier zuhause nicht mal eben machbar gewesen. Das hätte ich nicht gewollte. Nummer sieben kam wie Nummer sechs selbstbestimmt auf die Welt und ich trug ihn sehr weit. Ich kam fast in die 40. Woche. Ich habe mich nicht mehr drängen lassen. Da ich meinen Arzt lange kenne, weiß er, dass ich komme, wenn es nicht gut ist. Er hat mich gelassen. Hat in Kauf genommen, dass ich seinen Urlaub unterbreche mit der Geburt und sich bereit gehalten. Es lief alles gut.
Nur leider ging es mir nach der Geburt nicht so gut. Mein Kreislauf stimmte nicht. Ein Gefäß blutete nach und kostete mich Kraft. Aber alles ging gut aus und ich kann meinen Frieden damit machen. Warum auch immer es so gekommen ist.

Weiter gilt: weitere Kinder sind okay. Mein Arzt gibt sein OKAY. Und ich habe mich von einem Ultraschallspezialisten betreuen lassen, der die Narbe in der Schwangerschaft im Blick hielt. Ich wollte nicht wieder unsicher gemacht werden. Und er bestätigte immer mein gutes Gefühl und sagte auch, dass viele Kaiserschnitten bei Frauen an sich kein Thema sind, wenn sie verlaufen, wie bei mir. Auch ist es kein Problem nahe an den Entbindungstermin zu gehen. Selbst Wehen sind nicht schlimm. Man sollte dann nur bald einen Kaiserschnitt machen. Es gab dort Frauen, die neun Kaiserschnitte bekamen. Ich war mit meinen sechs Kaiserschnitten keine Exotin.

Eine VBAC (vaginal birth after cesarean = vaginale Geburt nach Kaiserschnitt) bleibt weiter unpopulär. Nun habe ich aber Frauen kennengelernt, die nach so vielen Kaiserschnitten noch normal entbunden haben. Ich habe eine Hausgeburtshebamme gesprochen und bin mir sicherer. Aber ob ich diesen Weg nochmal gehen werde? Ich weiß es nicht.
Ich habe sehr viel über VBACS gelesen und für mich war immer auch ausschlaggebend: die Sicherheit der Kinder geht mir vor allen anderen Plänen. Mir ist einfach auch klar, dass das nach diesen vielen Kaiserschnitten das Risiko für Komplikationen unter einer natürlichen Geburt auch für die Kinder unkalkulierbar ist. Das war immer bei allen Entscheidungen ausschlaggebend.

Sarah: Wünscht ihr euch weitere Kinder? Und gibt es etwas, was du im Nachhinein bereust oder dir wünschst, anders gemacht zu haben?

Andrea: Sicher bin ich noch nicht, ob ich mir ein weiteres Kind wünsche. Grundsätzlich sage ich nicht nein. Ich kann mir eher nicht vorstellen, dass der Jüngste auch der Jüngste bleibt. Das trifft es wohl am ehesten.
Ich bereue, dass ich bei meiner zweiten Geburt, dem ersten Kaiserschnitt, nicht einfach nach Hause gegangen bin. Das ich nicht einfach gewartet habe, egal, was alle anderen gesagt haben. Das tut mir sehr leid. Leid tut mir auch, dass man Nummer fünf zu früh geholt hat. Das würde ich nie wieder so mit mir machen lassen.
Ich bereue schon, dass ich bei der letzten Geburt dem guten Bauchgefühl nicht getraut habe. Das ich nicht auf Wehen gewartet habe. Es kamen Wehen, aber noch keine Geburtswehen.
Und ich würde mir, sollte ich nochmal schwanger werden, eine Hausgeburtshebamme zur Betreuung suchen. Eine Gute. Zu einer hatte ich ja bereits nach der Geburt Kontakt. Die habe ich angerufen, weil ich erfahren habe, dass sie die Entbindung eines achten Kindes nach sieben Kaiserschnitten betreut hat. Es war ein gutes Gespräch.
Letztendlich nehme ich es aber auch an. Ich weiß nicht, was Gott mit mir vor hat. Warum war meine Geschichte so? Wenn ich darauf vertraue, dass alles in seinen Händen liegt, dann muss es ja seinen Sinn haben, dass es so gelaufen ist.
Nummer sechs hätte in Herd*cke zur Welt kommen können. Ich war dort. Dann gab es dort kein grünes Licht für den KreißsaalOP. Ich hätte in den ZentralOP ohne Bondingmöglichkeit gesollt. Das habe ich nicht mitgemacht. Ich bin in unser Heimatkrankenhaus gefahren und habe selbstbestimmt meinen Kaiserschnitt gehabt. Ich frage mich immer noch, warum das so gekommen ist?!

Sarah: Willst du den Lesern noch etwas mitgeben, was dir durch deine Erlebnisse wichtig geworden ist?

Andrea: Es ist ganz wichtig, dass man seinem Bauchgefühl vertraut. Den eigenen Instinkten. In sich hinein hören, auf sich und das Baby horchen, das ist ganz, ganz wichtig. Ich bin davon überzeugt, dass zu viel medizinische Kontrolle in der Schwangerschaft gegen das eigene Bauchgefühl arbeitet und man schnell von seiner inneren Überzeugung abweicht, weil man sie verliert.
Wichtig ist es, eine gute Hebamme an seiner Seite zu haben. Die auch in der Schwangerschaft schon an der Seite der Schwangeren ist.
Der Körper kann gebären. Er kann schwanger werden, das Kind wachsen lassen – er kann auch gebären. Und das kann er meistens ganz alleine. Dazu braucht es nicht viel.
Ich würde nie wieder aus so kleinen Gründen einen Kaiserschnitt machen lassen. Ich würde gehen und warten.
Wenn es aber doch ein Kaiserschnitt sein muss, weil es keinen anderen Weg gibt, dann würde ich ihn so selbstbestimmt machen, wie ich es getan habe. Was bedeutet: kaum eine Trennung vom Kind. Das Kind gehört auch im OP schon auf die Brust der Mama und danach dann sowieso. Und dann ist es wichtig, den Kaiserschnitt aufzuarbeiten, denn er macht nicht nur eine körperliche Narbe. Und der Spruch: Freu dich, dass dein Kind gesund ist!, der tut nur noch mehr weh. Das Kind ist Gott sei Dank hoffentlich gesund auf der Welt, aber es geht um die Geburt der Mutter.

Sarah:Vielen Dank für das Interview!

Die Geburt eines Buchbabys!

Hallo liebe BlogleserInnen,

ich darf Euch eine weitere Geburt kundtun. Lange hat’s gedauert, viel Spaß hatte ich beim Schreiben und Zeichnen, einige Nachtstunden habe ich durchwacht, aber jetzt ist es da und die Anstrengung schon fast vergessen:
Das Buch

„Alleingeburt – Schwangerschaft und Geburt in Eigenregie“

ist ab jetzt auf der Welt und im Handel erhältlich.
Ich wünsche Euch viel Freude damit und hoffe, dass es ganz Frauen vielen Mut macht, die Geburt ihres Kindes selbstbewusst, gut informiert und angstfrei in die eigenen Hände zu nehmen! 🙂

Für Fragen, Verbesserungsvorschläge und gefundene Fehler dürft ihr euch gern an mich wenden.
(Kontakt-Email-Adresse: siehe Impressum)

Wie der kleine Bruder geboren wurde – Alleingeburt beim zweiten Kind

Ich darf euch wieder an einem wunderschönen Geburtsbericht teilhaben lassen. Es ist nicht mein eigener, sondern der einer Frau, die bereit ist, ihn mit euch zu teilen. Viel Spaß beim Lesen! 🙂

„Ach, vor dem 1. Juli wird das eh nichts, vorher passt es mir nicht.“ Diesen Satz habe ich gefühlte Hundertmal zu allen möglichen Leuten gesagt. Insbesondere, als sich mein Kindchen getraute, über den Termin(!) zu bummeln. Hätte ich mir echt aufs T-Shirt drucken können …
Der Donnerstag passte mir tatsächlich gar nicht ins Konzept. Der Mann hatte von acht Uhr an bis open end Prüfungsbeisitz an der Uni und ich hatte mir meinen Tag mit allerlei Erledigungen vollgepackt. Außerdem hatte ich meinem Körper befohlen, dass mir Anfang Juli zum Gebären besser passt als Ende Juni. Ich hätte es ahnen sollen, schon die Nacht war irgendwie komisch. Der Bauch wurde ständig hart und nervte mich, weil ich weder bequem liegen, geschweige denn schlafen konnte. Zudem grübelte ich mal wieder über unangenehm Aufgeschobenes nach. Da konnte ich doch froh sein, dass mich meine Tochter um fünf in der Früh mit dem Schlachtruf „Mama, mein Bauch tut weh, ich glaub ich muss kotzen.“ aus dem Bett riss. Na prima. Pullern, trinken und eine Banane später, schlief das Kind wieder. Keine Stunde danach kam alles wieder raus und in 30 weiteren Minuten folgte der Rest. Das war es heute also mit Kindergarten. Ob das Nervosität war oder eine Vorahnung – man weiß es nicht! Sie war danach wieder ganz die Alte. Aber das Szenario: Kind-ist-während-des-Tages-daheim, hatte keiner von uns eingeplant. Naja, ist sie eben dabei. Vormittags hummelte ich wie ein aufgescheuchtes Huhn in der Wohnung umher und bemerkte blutigen Ausfluss. War das jetzt der Schleimpfropf?! Egal, heute gebäre ich ja eh nicht und bei E. kam er auch einige Tage vorher. Trotzdem befand ich mich in einer Art nervöser Unruhe. Ich beschloss, doch mal lieber einkaufen zu gehen, so hatte ich wenigstens alles da. Noch schnell Wäsche ansetzen und los. Da war es gegen 10 Uhr. Ich radelte mit E. zum Konsum, ließ mich von der Tochter zu Pommes bequatschen und ging noch schnell in die Apotheke. Mein Geburtsöl traf gerade rechtzeitig ein, prima! Beim Bezahlen merkte ich einen Druck nach unten und ich drückte – warum auch immer – mit.
PLATSCH! Och nee.
Ich kam mir vor wie in so einem billigen Ami-Kitschfilm, wo die Frauen an den ungelegensten Orten sofort nach Blasensprung ihre Kinder unter lauten Schmerzensschreien (und genug Panik) in drei Wehen zur Welt brachten. Ich tat Wahrheit kund: „Ähm, mir ist gerade die Fruchtblase geplatzt.“ Stille. Danach rannten und riefen alle durcheinander. „BrauchenSieetwas?EineToilette?HabenSieSchmerzen?Sollenwirjemandenrufen?“ Es war kein weiterer Kunde da, aber bestimmt sechs Mitarbeiter. Ich: „Eine Toilette und Vorlagen sind gut und bleiben Sie doch bitte ruhig, mir geht es gut!“ Auf dem Klo bemerkte ich dreckige grüne Brühe. Mist, ist das jetzt ok oder gefährlich? Aber wie soll das Kind Mekonium einatmen, wenn es doch noch gar nicht atmen kann?! Ich beruhigte mich und versuchte mich so gut wie möglich abzuputzen. Der meiste Schladder wurde durch meine schwarze Leggings und meinen Rock aufgefangen. Man sah gar nicht mal so viel von außen, obwohl es im Rinnsal lief. Draußen ging die Panik indes weiter. Ich konnte die Damen und den Herr beruhigen, ja, ich rufe gleich meinen Mann und die Hebamme an, ich habe keine Schmerzen und mir geht es wirklich und echt gut! Selbstverständlich lag mein Handy zuhause. Ich zahlte und eilte unter Glückwunschbekundungen, mit Kind und Fahrradkörbchen im Schlepptau, zum Rad. Also doch heute ein Kind! Jetzt war ich sogar ein bisschen aufgeregt. Es war kurz vor halb zwölf mittags.
„Mama beeile dich, es läuft!“ „Ich kann nicht schneller.“ Schon am Fahrradschuppen fingen leichte Wehen an. Ich wuchtete mich mit dem schweren Korb ins dritte Obergeschoss und hinterließ eine verräterische Tröpfelspur auf der Treppe. Auf dem Klo reinigte ich mich ausgiebig und zog so einen sexy Netzschlüpfer mit Surfbrett an. Es lief und lief und lief. Die Wehen wurden stärker und kamen schneller hintereinander. Der Mann war nicht gleich zu erreichen, rief mich aber zurück. „Es geht los, halt dich bereit!“ Die Amme war auf keinem Kanal zu empfangen, so hinterließ ich SMS und WhatsApp-Nachrichten. Ich wollte sie zumindest informieren, dass die Blase gesprungen war. Brauchen konnte ich sie noch nicht. Die Wehen wurden intensiver und ich konnte mich kaum auf meine Hausarbeit konzentrieren. Die Große malte, spielte und tönte mit.
Ich orderte den Ehemann heim. Kurz nach zwölf Uhr war er dann da und ließ gleich Wasser in den Pool und fotodokumentierte mein Leiden. Die Amme meldete sich auf unsere zahlreichen Anrufe nicht. „Warum zahl ich der eigentlich 450 Euro Rufbereitschaft, wenn die nicht ans Telefon geht?!“ Aber noch brauchte ich sie ja nicht.
Das Warmwasser war schnell alle. Kacke, ich will doch in diesen Pool rein! Also haben wir alle großen Töpfe mit Wasser befüllt und auf dem Herd kochen lassen. Wie im Film! Um meine Würde wenigstens etwas zu wahren, zog ich mir ein Shirt und einen Rock über den Netzschlüppi, hängte mein Tragetuch in die Klimmstange und räumte in der Wohnung umher. Die Hebamme rief endlich zurück und entschuldigte sich vielmals. Wir hatten nicht die Rufbereitschaftsnummer angerufen, sondern Privathandy. Alles gut. Wehen aller 5-7 Minuten. Brauchst noch nicht zu kommen. Ah, diese blöden Wehen kamen aber verdammt schnell und schmerzhaft hintereinander. Das waren doch keine fünf Minuten mehr?! Sie waren intensiv aber sehr kurz. Ich stöhnte und röhrte wie ein Tier. Ich schaffte es aber noch, die Pommes mit den Nuggets in den Ofen zu schieben, denn das große Kind war hungrig.
Beim Saugen des Schlafzimmers gab ich aber auf. Das ging nicht mehr, ohne viele Wehen dazwischen. Ich hechtete immer wieder zum Tuch und hing mich rein. „Hör auf mit dem blöden Geknipse, das nervt mich jetzt.“ Zwischenzeitlich überredete ich den Mann dazu, dass Ding aus der Hand zu legen und das Schlafzimmer zu Ende zu saugen, weil mich die Wollmaus unterm Schrank störte. In der Stube stand alles bereit, der Pool war zu einem Drittel voll und wunderbar temperiert. Gut! Schnell noch das Öl in die Duftlampe, das Kind will bald raus. Ich hinterließ eine Nachricht im Forum und die Amme rief nochmal an. Ach, das ist noch gut auszuhalten, Wehen aller 2-3 Minuten. „Was stinkt und raucht denn hier so?!“ „Hast du das Duftöl mit Wasser vermischt?“ „Nö.“ „Das musst du doch mit Wasser vermischen!!!“ „Weiß ich doch nicht! Mach das aus, das stinkt ja furchtbar!“ Ich stieg in mein neues Luxusbadebecken. Herrlich!!! Aber nur ganz kurz, denn jetzt ging es Schlag auf Schlag. Die Wehen (und ja, ich sage nicht Wellen, weil es einfach scheiße weh tat) kamen ohne Pause hintereinander. Ich konnte nicht in einer Position bleiben und bewegte mich in einem fort, um diesen furchtbaren Schmerz zu umgehen. Ich ließ mich völlig gehen, war animalisch, laut, scham- und hemmungslos. Mann und Tochter standen fasziniert am Beckenrand und beobachteten eine Frau, die sie so noch nicht kannten.
13.25 Uhr. Es drückte. Ich drückte mit und sofort setzten die Presswehen ein. Was?! Jetzt schon? Bin ich denn überhaupt soweit? „Ruf die an, ruf K. an, das Kind kommt jetzt!!!“ Ich wühlte in mir rum und alles war matschig. Ei verbibbsch! Keine Ahnung wie sich ein völlig geöffneter Muttermund anfühlt. A. brachte mir auf mein Verlangen einen Handspiegel. Haare! Dunkle nasse Haare. Ich kann weitermachen! Die Amme war mir eigentlich völlig schnurz, die brauchte ich nicht. Und sie würde es jetzt auch nicht mehr schaffen. Mein Körper stellte auf Automatik und funktionierte einfach von selbst. Ich war laut und mein Mann schloss schnell die Stubenfenster. Was sollen denn sonst die Leute denken?! Ich schob mein jüngstes Kind mit aller Kraft zum Ausgang und nutzte die zwei Sekunden Pause zum Jammern. Das Wasser war in der Zwischenzeit recht unappetitlich geworden. Der Kopf war nun von außen sichtbar und wurde von der Fankurve freudig kommentiert. „Mama, da ist der Kopf, ich seh‘ den Kopf!“ „Die Schädelplatten überlappen sich!!!“ Es brannte, ich merkte wie ich innen reiße und es tat so weh. Mit einer Hand versuchte ich, meine Scheide zu retten, mit der anderen Hand meinen Hintern. Den Kopf drückte ich händisch nach oben und er kam nach einem kraftvollen Schub heraus. Pause. Erleichterung. Die knochigen Schultern wollten hinterher und ich gebar mein Kind in meine Hände. 13.40 Uhr am 26. Juni 2014.
Oh mein Gott, ein Junge, ich habe einen Sohn!!! Ich war ganz und gar überwältigt. Ein Junge. Mein Junge. Mein Ruben. Ich hab geheult und war froh, dass diese Geburt vorbei war. Es war so viel schmerzhafter als bei E. damals. Er schrie, als ich ihn aus dem Wasser hob und wurde langsam rosig. A. hatte etwas Angst, weil er so lila-grau aussah. Ich wusste, dass es ihm gut ging. Spürte seine Mimik und sah seinen ersten Atemzug. Die Schnur hing ihm locker über eine Schulter. Ihn an mich drückend machte ich es mir im Becken bequem und konnte wieder lachen. Jetzt klingelte auch meine liebe Amme. E. war furchtbar aufgedreht! 20 Minuten später zog ich die gelöste Plazenta aus mir raus und wandelte den Pool in ein wunderbares Prinzessinnen-Pink um. Wir bestaunten uns noch eine Weile und der Mutterkuchen schwamm in seinem Tupper-Boot umher. Langsam zogen wir ins Schlafzimmer um. Ich duschte mich fix. Im Bett wurde mein Riss in der Schamlippe bestätigt. Jetzt ist sie also vorbei, meine Schwangerschaft, meine Geburt und an deren Stelle ein ganz wunderbar duftendes brandneues Menschlein und eine ganz neue Familie.
Zusammen banden wir die Nabelschnur mit einem dunkelgrünen Satinbändchen ab, die die große Schwester mit der Schere durchschneiden durfte. Wireless wie er nun war, hat sich der kleine Kerl das Wiegen und Messen anstandslos gefallen lassen, danach gab es auch ausgiebigste Kuscheleinheiten von Papa und Schwester. Mutters Busen fand er aber doch am besten. Erst sehr viel später haben wir ihn angezogen. Zur Krönung des Tages saßen wir alle im Bett und haben ein ganz wunderbares Vanilleeis mit frischen Erdbeeren genossen, dazu eine Tasse Haselnusscappuccino. Lecker! Der Tag hat sich doch gelohnt, so schnell kommt man zu einem zweiten Kind. Und die gewünschten Himalaya-Gesänge, die ich mir so schön als Geburtsmusik ausmalte, wurden – wie so viele andere Kleinigkeiten – auf einmal ganz unwichtig.
„Kleiner Bruder“, sagt E., Ruben „Rübchen“ sagen wir.
13.40 Uhr
3430g
50cm und ein bisschen
36cm Kopfumfang
Perfekt.

Eine geplante Alleingeburt im Pool

Ich darf wieder einen ganz unspektakulären, dennoch oder gerade deswegen sehr schönen Geburtsbericht mit euch teilen. Die Geburt fand dieses Jahr im April statt. Es ist nicht meine Geburt, sondern die einer Frau, die dieses Erlebnis gern mit euch teilen möchte. Viel Spaß beim Lesen! 🙂

Die Schwangerschaft dauerte länger als erwartet. Die jeweils 4 Geburten meiner Mutter und Großmutter und
auch die Geburt meiner ersten Tochter fanden allesamt vor dem errechneten Termin statt. Eine
Terminüberschreitung kam mir völlig seltsam vor und ich rechnete ca. eine Woche vor dem offiziellen Termin
mit der Geburt.
Doch der Termin kam und ging vorüber und ich wurde allmählich immer ungeduldiger und gereizter. Auch fing
ich schon bei ET+6 an mir ernsthaft Gedanken über die weitere Vorsorge und mögliche Einleitungsversuche zu
machen. Ich hatte mich doch nicht die ganze Schwangerschaft von allem medizinischen fern gehalten, um die Geburt
hinterher mit Einleitung oder gar Sectio im KH zu beenden?
Selbst einer sehr zurückhaltenden Hebamme hatte ich mich nur zögerlich geöffnet, um sie für den Notfall in
Rufbereitschaft zu haben. Das war auch meinem Mann R sehr wichtig. Ansonsten hatte er sich schon lange
immer mehr mit dem Gedanken an eine Haus- und Alleingeburt angefreundet.
Die Hebamme kam bei ET+7 und wir besprachen die Möglichkeiten für die nächsten Tage. Sie hätte gerne
spätestens bei ET+14 einen Ultraschall gehabt und vorher noch 2 mal selbst Herztöne gehört und den Bauch
abgetastet. Auch hatte sie verschiedene Möglichkeiten im Angebot mit Akupunktur, Homöopathie oder Tee
nochmal selbst einen Anstoß für die Geburt zu geben.
Das klang für mich alles sehr vernünftig und nach einem echten Minimalprogramm.
Am nächsten Morgen wachte ich auf, meine große Kleine wollte Aufwach-Stillen und ich spürte dabei mal
wieder ein leicht schmerzhaftes Ziehen im Bauch. Soweit nichts Ungewöhnliches oder war es diesmal doch
unangenehmer als sonst? Schon seit Wochen hatte ich beim Stillen immer mal wieder ein paar Wehchen
gehabt. Auf der Toilette wieder ein nettes aber uneindeutiges Zeichen: Etwas Schleim mit braunem Blut drin.
Aber Schleim hatte ich auch schon vor einer Woche ein wenig gesehen und zum Glück niemandem etwas
verraten.
Als aber beim Frühstück um 9:30 Uhr gleich 3 Wehen in 15 Minuten Abständen zu spüren waren, da war ich mir
sicher: Jetzt kommt die Geburt wirklich in Gang. Ich freute mich heimlich ein bisschen und weihte dann sehr
bald Mann R. und Tochter M. ein. Wir frühstückten in Ruhe fertig. Danach begann R den Pool zu füllen und sonst
alles vorzubereiten. Ich blieb mit M oben in der Wohnküche und legte mir eine Matte vor unser Sofa.
Inzwischen musste ich mich tatsächlich etwas konzentrieren, wenn eine Wehe kam. Ich kniete vor dem Sofa
und legte meinen Kopf in ein Kissen. Die Schmerzen waren vor allem hinten am Kreuzbein zu spüren. Mit
einem heißen Körnerkissen am Rücken waren sie aber gut auszuhalten. Zwischendurch hörte ich mir noch an,
was M so beim Spielen zu erzählen hatte und sie ließ mir meine Pausen und meinen Platz auf dem Sofa, wenn
die Wehen kamen.
Gegen 11 Uhr hatte R den Pool fertig. Ich war mir nicht sicher, ob mir die Zeit im Wasser nicht lang werden
würde, wollte aber zumindest mal probieren. So zogen wir um ins EG. Mein Töchterchen plantschte ein wenig
mit den Händen im Wasser und spielte Hebamme, die den Pool putzt. Mein Mann erleichterte mir die
Schmerzen im Rücken mit Gegendruck.
Um 12 Uhr – die Wehen kamen etwa alle 10 Min. – riefen wir eine liebe Freundin N an, die sich während der
Geburt um unsere Große kümmern wollte und – je nach spontanem Gefühl – auch dabei sein
konnte/sollte/wollte.
Auch mit der Hebamme hat mein Mann dann irgendwann telefoniert und Bescheid gegeben, dass es wohl
heute etwas wird und sie nicht noch weit weg fahren soll, falls wir sie dann doch dazu holen möchten.
Etwa um 13 Uhr kam N dazu. Ich hatte zwischen den Wehen noch Zeit ihr ein wenig zu erklären, was es mit
den Rückenschmerzen auf sich hat. R zeigte ihr wie sie mir helfen konnte und nun wechselten sich die beiden
ab mit Tee kochen und ähnlichem drum herum und der direkten Hilfe an meinem Rücken. Ich hätte keine Wehe
mehr darauf verzichten wollen, dass mir jemand den Rücken drückt, es linderte die Schmerzen wirklich ganz
enorm.
Auch im Pool fühlte ich mich unglaublich wohl. Ich werde nur noch im absoluten Notfall jemals wieder ohne
Pool gebären! Während der Wehen kniete ich, lehnte meine Stirn auf den Rand und schaute vor mir ins Wasser.
Die Wasserhöhe reichte grade, dass mein Kreuzbein noch gut bedeckt war. Zwischendurch rutschte ich ins
Wasser und lag auf dem Rücken, möglichst weit drin im warmen Wasser. Ich fühlte mich total wohl dort.
M wurde dann sehr aufgeregt und hüpfte um den Pool herum und wackelte am Poolrand. Weil ich auf keinen
meiner Helfer verzichten wollte, schlug ich ihr vor mit der Oma draußen Laufrad zu fahren. Sie nahm die Idee
an und ich dachte sogar noch an „in der Nähe bleiben und Handy mitnehmen“ und äußerte das kurz und
knapp.
Als mich R gegen 13:40 Uhr fragte, ob ich mal auf Toilette wolle (stand so in meinem Geburtsplan), da war mir
klar: Nein, ich gehe nirgendwo mehr hin! Er meinte es wäre dann auch mal Zeit zu lüften. Ich bat ihn vorher
noch heißes Wasser nachzufüllen. Ich wollte es warm genug haben, falls das Kind plötzlich da ist. Zum Wasser
austauschen kamen wir noch, zum Lüften blieb schon keine Zeit mehr…
Mir fiel außerdem ein: 1. Wie gut, dass ich nirgendwo hin muss während der Geburt und 2. Wie locker ich alles
öffnen kann, wenn ich ganz sicher bin, dass niemand da am Geburtsweg herum untersuchen will! Jede andere
Möglichkeit fand ich gradezu absurd.
Kurz darauf um 13:50 Uhr wurden die Wehen intensiver und die Pausen kürzer. Einmal nahm ich ein leichtes Zittern in meinen Beinen wahr und dachte mir: „Aha, Übergangs-Phase!“. Das gab mir neuen Mut. Die Wehen
waren jetzt doch sehr schmerzhaft. Ich klammerte mich in den Pausen an die Uhr und setzte mir 14 Uhr als
„Zwischenziel“, keine Ahnung warum. Dann begannen auch schon die Presswehen. Das war mir gar nicht
richtig klar, aber ich nahm eine etwas veränderte Haltung ein. Ich rundete meinen Rücken soweit es ging ohne
das Gesicht ins Wasser zu tauchen.
Ein paar Wehen später richtete ich mich auf und fühlte mit der Hand schon den Kopf. Ich behielt die Hand
während der Wehen dort. Bei der nächsten Wehe sprang die Fruchtblase, zwei oder drei Wehen später kam der
Kopf und ich wusste: Jetzt ist das Schlimmste überstanden. R und N saßen vor dem Pool und konnten durch die
durchsichtigen Wände sogar schon das Gesicht sehen. Ich hielt den Kopf in meinen Händen und wartete auf die
nächste Wehe. Gleichzeitig kam mir schon der Verdacht, dass wohl die alte Naht wieder aufgegangen sei. Als
die Wehe kam, drehte sich das Kind (ein ziemlich merkwürdiges Gefühl) und – schwupp – kam der Körper
heraus.
Unter Wasser nahm ich mein Kind sicher in die Hände und hob es dann heraus. Ich setzte mich hin und legte
es mir auf die Brust. Zuerst war es noch ganz bläulich, aber man konnte zuschauen wie schnell es rosiger
wurde. Ich ließ mir eine Mullwindel geben und deckte es zu, wo es aus dem Wasser schaute. Das Kindlein
atmete schnaufend und röchelnd, aber doch schön regelmäßig. Die Nabelschnur pulsierte weiter. Wir saßen
einige Minuten staunend da und schauten es uns an.
R hat als Geburtszeit 14:13 Uhr rekonstruiert. Dann riefen wir die große Schwester M an. Etwa 15 Min. nach der
Geburt kam sie herein und schaute sich ihr Geschwister vorsichtig an. Erst jetzt guckten wir nach und stellten
fest: Es ist ein Junge. Er machte einen kleinen Still-Versuch und blinzelte vorsichtig in die neue Welt.
Nach ca. 40 Min. kam die Plazenta und nun wollte ich auch aus dem Pool heraus, auch um die Blutung besser
sehen zu können. Das Wasser im Pool war seit dem Blasensprung trüb und inzwischen schon deutlich rot
gefärbt. Ich fühlte, dass die alte Narbe wieder gerissen war und wir riefen die Hebamme an. Sie fragte, ob es
eilig sei. Nein, sie könne ruhig noch ihren Kaffee austrinken und sich dann langsam auf den Weg machen.
Wir nabelten ab und ich gab den Kleinen zu seinem Papa auf den Arm in ein warmes rotes Handtuch. Dann
nahm ich im Pool noch eine kurze Schlauch-Dusche. Ich fischte noch die Plazenta heraus und legte sie in einen
Eimer. Mit Ns Hilfe stieg ich über den Poolrand auf eine Einwegunterlage. Ich trocknete mich ab und zog mich
an. Dann wagte ich den Aufstieg ins erste Stockwerk, um mich dort ins Bett zu legen. Ganz langsam und
vorsichtig, Stufe für Stufe, kam ich ohne Schwierigkeiten im Bett an.
Nun durften auch die Schwiegereltern ihren neuen Enkel begrüßen. Sie standen ganz ergriffen am Bett. Der
Opa brachte seine Kamera mit, um ein paar schöne Fotos vom frisch geborenen Kind zu machen. Es dauerte
nicht lange, da fiel meiner Schwiegermutter die Abwesenheit der Hebamme auf… Wir beruhigten sie, sagten
die Hebamme sei „schon“ auf dem Weg und es ginge uns ja auch offensichtlich allen gut. Ich gab dann auch in
den nächsten Stunden zu, dass wir das durchaus so geplant hätten und ich ihr nur den Gedanken nicht vorher
zumuten wollte. So im Nachhinein kann sie das sogar akzeptieren. Interessant wird es dann möglicherweise,
wenn die nächste Geburt bevor steht? Aber schon toll, dass es jetzt kein Problem ist!
Die Hebamme kam dann zu uns als unser Kleiner etwa 2 Stunden alt war. Ich bat sie um ihre Einschätzung
wegen der Verletzung. Sie empfahl mir einen Stich zu nähen, aus dem dann während der Arbeit nach
Absprache doch 3 wurden. Als Betäubung reichte ein Tupfer mit Gel. Ich schaute mir vorher im Spiegel die
Wunde an und auch beim Nähen wollte ich zusehen. Wenn ich es schon nicht selbst machen kann, dann muss
ich zumindest genau wissen was da passiert und mich auf die Piekser einstellen. Sie gab mir noch ein Arnikagel
und Kompressen für die Wunde.
Wir baten sie einen Blick auf die Plazenta zu werfen, einmal die Blutung und die Gebärmutter zu beurteilen und
besprachen die weitere Betreuung. Das Tasten der Gebärmutter übernahm ich selbst – wieder ein Beispiel für
ihre angenehm zurückhaltende Arbeitsweise. Sie füllte uns eine Geburtsanzeige für’s Standesamt aus und ließ
uns ihre Babywaage da. Damit war der Besuch auch schon beendet und wir verabredeten uns für den nächsten
Mittag, um dann noch etwas U1 nachzuholen und weitere Fragen zu besprechen. Unser Baby war inzwischen
eingeschlafen und wir wollten ihn nicht stören.
Den Rest des Tages verbrachten wir mit Essen, Baby bestaunen und ein paar Anrufen.
Ich bin total dankbar, dass wir so eine Geburt erleben durften. Alle Beteiligten haben ihre Sache ganz ganz toll
gemacht und uns genau so geholfen, wie es für uns gut und richtig war. Überhaupt gab es so viele Helfer drum
herum: Mein Mann R, meine Tochter M, unsere Freundin N, Hebamme T, Schwiegermutter K und
Schwiegervater U (der doch tatsächlich den Pool entleerte).
Die ersten Tage:
Schon die erste Nacht war ein wenig anstrengend. Der Kleine war noch bis 3:30 Uhr damit beschäftigt sein
Mekonium los zu werden. Er lässt sich auch furchtbar leicht gleich wieder wecken, wenn er eingeschlafen ist.
Einmal hatte er beim Einschlafen seinen Kopf unter meiner Brust vergraben. Da reichte es schon, dass ich ihm
die Atmung erleichtern wollte und schon war er wieder wach. Wir schafften es dann aber doch zumindest 4-5
Stunden zu schlafen, er lag dabei natürlich in meinem Arm.
Am nächsten Mittag kam meine Schwester zu einem 24-Std-Besuch angereist. Das war schön und vor allem für
M richtig gut. Die ist nämlich weiterhin sehr aufgekratzt und zappelig, braucht außerdem sowieso jeden Tag
mehrere Stunden Bewegung. Es stört nur leider den Kleinen und mich, wenn sie dann durchs Bett hüpft und
dabei quietscht…
Der Papa ist ausgelastet mit Aufräumarbeiten und Haushalt. Natürlich will und soll R auch immer wieder Zeit haben für seinen neuen Sohn. Das Abhalten auf dem Töpfchen macht z.B. hauptsächlich er, denn sitzen ist ja
nicht so vorteilhaft im Wochenbett und mit Verletzung.
Windelfrei klappt auch schon super. Von den 5 Portionen Mekonium ist eine im Pool, eine im Handtuch, eine in
der Windel und zwei im Töpfchen gelandet. Seitdem erwischen wir ungefähr die Hälfte aller Pipis und die
meisten Kakas, was uns viel ungeliebtes Liegen auf dem Wickeltisch erspart. Natürlich gibt es auch immer
wieder Missverständnisse, wenn er eigentlich doch Weiter-Stillen möchte und wir denken er muss mal. Oder
umgekehrt, wenn er mal muss und ich es mit Stillen oder Tragen versuchen bis dann die Windel nass ist.
Ich bin eine anspruchsvolle Wöchnerin, vor allem was die Versorgung mit viel gutem Essen angeht. Immer
muss der Mann Obst und Gemüse nachliefern und dann lege ich auch noch Wert darauf nichts Stopfendes zu
essen. Er hat es wirklich nicht leicht, kennt sich im Supermarkt und in der Küche nur halb aus, usw.
Das Stillen hat der Kleine nach den ersten paar Versuchen ganz schnell gelernt. Jetzt möchte er meistens im 20
Min. Takt für etwa 2 Stunden immer wieder an die Brust. Dann kommt dazwischen wieder eine 3-5-stündige
Schlafpause. Die Milch ist nach 2 Tagen auch schon voll da gewesen. Nur meine Brustwarzen sind jetzt sehr
empfindlich. Stillen im Liegen ist zwar toll für die Rückbildung und zum Ausruhen, für die Brustwarzen ist es
aber nicht so der Hit. Ich hoffe es wird einfach wieder besser und lasse immer mal Luft dran. Wenn sie noch
richtig wund werden, probiere ich es mal mit schwarzem Tee.
Die Große möchte gerne ihr gewohntes Einschlaf- und Aufwach-Stillen und ich möchte ihr das auch unbedingt
und sehr gerne ermöglichen. Es ist allerdings schon mehrmals schwierig gewesen, wenn dann der Kleine
gleichzeitig beim Papa weint und auch an die Brust möchte. Da müssen wir unseren Weg noch finden … Beide
gleichzeitig im Liegen Stillen wäre eigentlich schön, kriegen wir aber bisher nicht hin, erst recht nicht mit so
empfindlichen Brüsten und dem extrem wichtigen Ellbogen-Gepuhle, das untrennbar mit dem Einschlaf-Stillen
verbunden ist.
M ist wirklich sehr lieb und so rücksichtsvoll, wie sie nur kann. Dennoch ist sie eine sehr mama-bedürftige 4-
Jährige und von der Situation natürlich verunsichert. Da tut sie mir manchmal sooo leid und ich muss wirklich
gut auf sie achten, grade weil sie sich so viel Mühe gibt und sich eher zurück zieht. Was sehr schön läuft: Seit
Geburtsbeginn bin ich wieder ganz interessiert an den Dingen die sie mir erzählen und zeigen mag. Vorher war
ich wirklich nörgelig und ungeduldig mit ihr. Jetzt kann ich ihr oft ganz ruhig sagen, wenn mich etwas stört oder
sie aufrichtig um etwas bitten ohne Anspruchshaltung. Das finde ich sehr sehr schön.
Ab nächste Woche darf sie dann endlich mit dem Papa zur Eingewöhnung in den KiGa. Ich denke es wird ihr
gefallen und vielleicht bekommt sie dort dann auch gleich genug Bewegung.
Der Hebammenbesuch verzögerte sich dann noch um einen Tag. Sie rief an, sie habe die ganze Nacht
gearbeitet, ob es in uns Recht wäre das zu verschieben. Als sie dann am übernächsten Tag nach der Geburt
kam, hatte sie allerdings die nächste Nacht auch nicht mehr Schlaf bekommen …
Wir holten noch das Abhören und Messen von der U1 nach: Lunge und Herz klingen normal, Kopfumfang 35cm,
Länge 50cm. Gewogen hatte ich 12 Stunden nach der Geburt: 3400g (mit kl. Korrektur für Mekonium und Pipi).
Ich bat sie noch einen Blick auf die Naht zu werfen: Alles in Ordnung. Dann wünschte ich ihr einen erholsamen
Schlaf nach zwei durchgearbeiteten Nächten. Nachdem sie nun alle anstehenden Geburten geschafft hat,
möchte sie nach Ostern gerne verreisen und so werden wir uns evtl. gar nicht mehr sehen.
Vielleicht lasse ich nächste Woche noch eine andere Hebamme nach der Naht und der Rückbildung sehen,
denn ich bin noch nicht ganz entschlossen, ob ich 2 Wochen nach Geburt verreise … Der Stillkongress lockt. Im
Moment traue ich es mir eher zu als meinem Baby. Ob er sich dann immernoch so leicht stören lässt? Naja,
noch muss ich mich ja nicht entscheiden.