Bei einer Mutter, die mit dem ersten Kind schwanger ist, stellt sich das Baby normalerweise spätestens zwei Wochen vor der Geburt ins Becken ein. Bei später geborenen Kindern ist das in der Regel auch so, aber nicht immer. Die meisten der Kinder, die zu Geburtsbeginn noch über dem Beckeneingang stehen, stellen sich aber unter den Geburtswehen ein. Passiert das nicht, gibt es gewöhnlich ein Problem am Beckeneingang.
Ausnahme: Bei eingeleiteten Geburten kann so etwas auch vorkommen unabhängig vom Becken, einfach weil das Baby noch nicht bereit ist.
Die meisten Babys nehmen vor der Geburt gut Kontakt mit dem Becken auf und liegen „schön tief im Becken“. Ein Problem zeigt sich erst, wenn trotz stundenlanger Wehen nichts vorangeht. Der Muttermund öffnet sich oft nur minimal. Das Baby schafft es aus irgendeinem Grund nicht, tiefer in das kleine Becken einzutauchen und bleibt am Beckeneingang „hängen“.
Ursachen können sein:
Ungünstige Lage. Am häufigsten, wenn das Baby sich in der hinteren Hinterhauptslage (Sternengucker) befindet. Dann zeigt der Rücken nach hinten und das Baby kann den Kopf nicht so beugen wie nötig. Die Stirn hängt meist auf der Symphyse fest und verursacht dort Schmerzen oder quetscht die Blase, so dass Wasserlassen problematisch wird. Bei einem Sternengucker tastet man typischerweise den kindlichen Rücken schlecht, der Po tastet sich prominent und man fühlt viele Teile (Arme und Beine). Die Tritte vom Kind sind in Nabelnähe spürbar.
Ungünstige Einstellung: Wenn der kindliche Kopf nicht ausreichend gebeugt ist oder assymmetrisch ins Becken ((Asynklitismus) eingestellt ist. Oder wenn das Baby die Hand am Kopf hat. Oder wenn der Kopf nicht richtig auf den Muttermund drückt, weil das Baby wegen schwacher Bauchmuskeln oder ausgeprägter Rektusdiastase weit nach vorn hängt, der Eintrittswinkel ins Becken also sehr groß ist. (Häufiger bei Mehrgebärenden)
Probleme am Beckeneingang durch:
- Flache Beckenform,
- Hohlkreuz,
- Kreuzbeinblockaden,
- assymmetrisch verspannter Beckenboden,
- straffe Mutterbänder, die die Drehung in eine bessere Position behindern
Woran kann man erkennen, dass das Baby Probleme hat, ins Becken einzutreten?
Das habe ich hier beschrieben.
Was kann man tun?
Der rote Kreis zeigt, wie der Kopf in den Beckeneingang eintreten muss: quer. Zu den Seiten hin bietet jedes Becken auf dieser Ebene genug Platz. Eng kann es aber zwischen Symphyse und Kreuzbein, also von vorn nach hinten werden. Hier setzt man an und kann mit verschiedenen Übungen mehr Platz im Beckeneingang schaffen.

Beginne am besten mit den Fantastischen Vier: vier Übungen, die Becken, Beckenboden, diverse Bänder und Muskeln ins Gleichgewicht bringen helfen und die ich hier näher beschreibe.
In der Situation, dass sich das Baby sich nicht ins Becken einstellt, kannst du folgende Übungen anschließen:
Den Bauch anheben und heranziehen (Abdominal Lift and Tuck)
Der Bauch wird während 10 Wehen hintereinander angehoben und gleichzeitig der untere Rücken flach gemacht, wobei man das Becken nach hinten kippt. Dabei bewegt sich der obere Vorsprung vom Kreuzbein (Promontorium genannt) ein Stück nach hinten und der Beckeneingang vergrößert sich.




Die Übung lässt sich auch mit einem großen Tuch (Tragetuch, Rebozo) machen. Das kann man entweder selbst halten oder der Partner kann den Bauch mit dem Tuch halten und man kann sich rückwärts gegen ihn lehnen, wenn man will. Bestehen Probleme mit schwachen Bauchmuskeln, kann es sinnvoll sein, den Bauch schon in den letzten Wochen der Schwangerschaft zu unterstützen.


Wichtig bei dieser Übung ist, zusammen mit dem Bauchanheben den Rücken flach zu machen und das Becken zu kippen – und zwar in die richtige Richtung: nach hinten.

Diese Übung schafft auch für den Fall mehr Platz, dass das Baby aus anderen Gründen (Sternengucker, flaches Becken) nicht ins Becken kommt.
Hier mal im Video demonstriert:
Um ein Sternenguckerbaby in eine bessere Lage zu bekommen, lohnt es sich vorher, die drei Übungen des
Miles Circuit
zu versuchen. Wenn das fehlschlägt, zurück zu diesen Übungen hier.
Weitere Übungen, die den Beckeneingang öffnen:
Wenn man im Pool ist, die Füße über den Poolrand haken. (eine Variante des Walchers Manövers, siehe unten)

Flying Cowgirl
In Seitenlage die Füße so weit wie möglich nach hinten strecken, bis der Körper wie ein Halbmond gebogen aussieht. Ein Kissen zwischen die Knie, für maximalen Platz am Beckeneingang. Meist reichen drei Wehen in dieser Position, um das Baby ins kleine Becken zu bringen. Auch diese Übung ist eine Variante des Walchers Manövers.
Walchers Manöver
Wenn alle bisherigen Übungen nichts bringen: Beine von der Bettkante hängen lassen ohne den Boden zu berühren, durch 3 Wehen halten. Öffnet den Beckeneingang, die Wehen drücken das Baby ins Becken. Nicht einfach mit dickem Bauch, aber hat schon so manche Geburt gerettet. Diese Übung gilt als etwas effektiver als seine oben beschriebenen kleinen Schwestern „Flying Cowgirl“ und die Pool-Variante.


Vermeiden:
Solange das Baby nicht im Becken ist, sollte man alle Positionen vermeiden, die den Beckeneingang kleiner machen. Dazu gehören die tiefe Hocke und die Knie-Ellenbogen-Lage.
Woran merkt man, dass man Erfolg hatte?
Ist das Baby endlich im Becken, passiert es typischerweise, dass die Wehen erst einmal aufhören. Die Mama eine Pause bekommt zum Schlafen, Ausruhen, Essen und Trinken. Dann nehmen die Wehen wieder Fahrt auf und das Baby wird in der Regel rasch geboren.
Wenn alle Maßnahmen bringen nichts
Hält der Stillstand trotz guter Wehen länger als 2 Stunden an, versucht man, das Baby wieder aus dem Becken herauszubringen und ihm eine neue Chance zu geben, sich einzustellen.
Dafür geeignet ist die
Offene Knie-Ellenbogen-Lage (open knee-chest)
Wie macht man’s?
Wie der Name schon sagt, befindet sich die Frau dazu auf den Knien und Ellenbögen. Der Hintern ragt in die Luft. Im Gegensatz zur normalen Knie-Ellenbogenlage werden die Knie weiter nach hinten platziert, weg vom Bauch. Ein Helfer kann die Frau von vorn an den Schultern stützen und/oder einer kann von hinten die Oberschenkel entlasten – das geht am besten mit einem langen Tuch, das um die Oberschenkel gelegt und mit Zug nach hinten gehalten wird.
Die Übung erfordert Ausdauer und Durchhaltewillen, da die Position am besten 40 Minuten gehalten werden sollte, um Erfolg zu bringen. Ohne regelmäßige Wehen sollte man die Übung aber nicht länger als 5 Minuten machen.
Diese Übung ist besonders effektiv in Kombination mit
Das Bäumchen schütteln (shake the apple tree)
Mit den Händen oder dem Rebozo-Tuch schüttelt man für ca. 20 Minuten rhythmisch den Po der Mutter – in sanften, schnellen Bewegungen, die es in dieser Situation dem Baby erleichtern sollen, wieder aus dem Becken rauszurutschen. Die Frau kann sich dazu vorn übergebeugt auf etwas lehnen oder stützen oder sich in der eben beschriebenen offenen Knie-Ellenbogenlage befinden.
Dies ist die erste Übung des Miles Circuit. Die anderen beiden lohnt sich gewöhnlich, daran anzuschließen.
Möglichkeiten:
Blasensprengung: Regt stärkere Wehen an, die das Kind möglicherweise ins Becken bringen. Das verspricht aber nur dann Erfolg, wenn der Beckeneingang groß genug ist und das Kind gut liegt. Das ist oft der Fall, wenn das Baby sich wegen schwacher Bauchmuskeln der Mutter und stärker nach vorn geneigter Gebärmutter nicht ins Becken einstellen kann. Die Maßnahme bringt nichts, wenn der Beckeneingang zu klein ist oder das Kind aufgrund ungünstiger Lage nicht ins Becken kommt oder sich bereits festgefahren hat. Dann tickt nur die Zeit, bis Geburtshelfer Interventionen beginnen, weil sie eine Infektion fürchten. Und es besteht es erhöhtes Risiko für einen Nabelschnurvorfall.
Wehentropf: Ähnlich wie beim Blasensprung. Kann bei nach vorn geneigter Gebärmutter den letzten Kick geben, um das Baby doch ins Becken zu bringen. Führt nur zu fruchtlosen Wehen und verkeilt das Baby im Beckeneingang, wenn der Beckeneingang zu klein ist oder das Kind ungünstig liegt. In dem Fall werden nach einer Zeit die Herztöne schlecht oder die Mutter ist so erschöpft, so dass ein Kaiserschnitt gemacht wird.
Funktioniert alles nicht, ist ein Kaiserschnitt der letzte Ausweg.














