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30. SSW

Nun ist unsere Zeit in Deutschland herum, morgen geht’s wieder gen Norden. Die letzte Woche haben wir zum Freunde besuchen genutzt und zum Einkaufen. Bei Baby-Walz haben wir einen Buggie erstanden, der sogar mir altem Kinderwagenhasser ganz gut gefällt. Farblich unauffällig und geschlechtsneutral, klein aber mit verstellbarer Liegefläche, gefedert und vorallem leicht. In traumatischer Erinnerung habe ich die wenigen Male, bei denen ich den riesigen Kinderwagen in und aus dem Kofferraum befördert habe. Nein danke. Dann doch lieber Tragetuch. Aber wenn jetzt Nummer zwei kommt und der Papa noch länger mit seinen Sehnenscheiden Probleme hat, ist ein kleines, handliches Wägelchen schon nicht zu verachten. Im Internet haben wir noch etwas ganz Tolles für’s Kleine bekommen: eine Babyhängematte. Ich hoffe natürlich nicht, daß Kind Nr. 2 wieder ein Kolikkind wird, aber für den Fall ist gesorgt. Kind Nr. 1 hat das Teil schon getestet (obwohl offiziell nur bis 12 Monate zugelassen) und war ganz begeistert vom „gauga machen“ (schaukeln). Das war einfach nichts bei ihr, egal wo man sie hinlegte, Schreierei und der alte Stubenwagen mit seinen schiefen Achsen fuhr bei der üblichen hin-her-Bewegung immer weiter nach rechts. So eine Hängematte, so hoffe ich, schaukelt ja fast von selbst.
Gestern hab ich meine alte Hebamme getroffen, die, die es bei Johannas Hausgeburt am Ende doch noch schaffte, das Ende mitzuerleben. Wir haben ihr Fotos aus Schweden gezeigt und ein bißchen geplaudert. Viel Zeit hatte sie leider nicht. Ich konnte ihr noch sagen, daß ich wieder eine Hausgeburt vorhab. Daß ich das ohne Hebamme plane, dazu sind wir dann leider nicht mehr gekommen, obwohl Tim das wohl gern gehabt hätte. Sozusagen um Gedanken einer Fachfrau zu meinen Verrücktheiten zu hören.

Es ist ja schon deutlich, wie viel weniger Kinder es in Deutschland als in Schweden gibt. Schon auf der Fähre hierher war mir das aufgefallen. Gestern beim Stadtbummel war ich dann aber doch ganz angenehm davon angetan, recht viele Kinderwägen zu sehen. Und ich hab auch die Tage (bei Baby-Walz) eine Frau mit Tragetuch gesichtet. Allerdings war ich eher etwas, nun ja, verwundert. Denn wenn ich mich schon zum Tragen entschließe und ich mich schon mal so weit informiere, daß ich auf Babybjörn und Nachbau verzichte, müßte ich doch mitgekriegt haben, daß man das Kind nicht mit dem Gesicht nach vorn tragen sollte. Wegen der Reizüberflutung, der das Kind ausgesetzt ist, ohne sich abwenden zu können und weil die Wirbelsäule in dieser Haltung übermäßig gestaucht wird. Wahrscheinlich wissen die Trageexperten es noch besser, mein kurzes Drüberweglesen im Netz hat mich jedenfalls überzeugt, es nicht so zu versuchen. Ist aber schon irgendwie schlimm, daß Tragehilfen wie Babybjörn und das Nachaußentragen das sind, was den meisten Müttern über den Weg läuft, wenn sie sich zum Tragen entschließen. Dabei gibt es im Netz zum dem Thema echt alles, was man wissen muß. Empfehlen kann ich z.B. das Forum bei www.stillen-und-tragen.de. Da hat es u.a. ein Unterforum zum Tragen und da tummeln sich auch ein paar Experten.
Ich freu mich jedenfalls schon sehr drauf, den kleinen Bauchzwerg bald mit mir herumtragen zu können. So klein und leicht wie die am Anfang sind, merkt man das noch gar nicht. Johanna ist da ja inzwischen schon ein ganz schöner Brocken. Aber wenn sie mal völlig übermüdet gar nicht an Mittagsschlaf denken will, dann pack ich sie mir auch schon noch mal in den Mai Tei auf den Rücken und nach ein paar Minuten Spazieren durch die Natur ist Ruhe da hinten.

29. SSW

Bauchbaby und ich haben den Lernmarathon samt Prüfung gut über- und bestanden. Jetzt bin ich wirklich mit meinem Studium fertig und kann meine restliche Schwangerschaft genießen ohne an Lernen u.ä. denken zu müssen. Bauchzwerg scheint der Stress der letzten Tage nicht beeindruckt zu haben. Strampelt und knufft wie eh und je da drinnen. Eine meiner Mitprüflinge meinte, sie wundert sich, wie ich das mache. Sie hätte schon längst vorzeitige Wehen gekriegt.
Habe in dem ganzen Trubel vergessen, mein alle-4-Wochen-Bauchfoto zu machen. Vielleicht heute abend. Morgen will ich mal zum Zahnarzt. Ich wette, ich hab ein Loch. Ich hoffe, der behandelt mich ganz normal trotz meiner Schwangerschaft.

28. SSW.

Bauchzwerg und ich sind wieder eine Woche weiter. Ich glaub, der Kleine hat einen ordentlichen Schub gemacht. Gestern hat es sich so angefühlt, als ob er einmal komplett umgeräumt hätte. Am Freitag hatte ich meinen letzten Arbeitstag! Morgen fahren wir nach Deutschland und am 9.4. hab ich das 3. und damit letzte Staatsexamen. Dann kann ich das Kapitel Medizinstudium erstmal abhaken und mich ganz auf meine zwei Kinder (außer und inner Bauchs) konzentrieren.
Eigentlich wollten wir heute zur Kreißsaalbesichtigung fahren, aber es wird wohl zu stressig mit der Packerei. Das machen wir also ein andermal, wenn wir wieder zurück sind aus Deutschland. Ich hab ja nicht vor, im hiesigen Kreißsaal zu entbinden, aber neugierig bin ich trotzdem. Nachdem ich einige deutsche Kreißsäle im Rahmen von Praktika von innen gesehen hab, interessiert mich der Unterschied zwischen Schweden und Deutschland.
Die Packerei ist diesmal zäh. Packen für ein Kleinkind und dann noch die Ansichten der Oma, welches Spielzeug aber unbedingt noch mitmuß. Ich hoffe nur, daß ich die 12 Stunden Fahrt ohne viele Wehwehchen übersteh. Bin ja eigentlich noch nicht sooo dick.

Meine 2. Schwangerschaft: 27.SSW

Da ich bisher meine Meinung allgemein gehalten habe, habe ich mich nun entschlossen, etwas mehr über mich zu erzählen. Ich hab eine Weile hin und her überlegt, ob ich bereit bin, mich der Öffentlichkeit in dieser Weise auszusetzen oder ob es zu viel Stress für meine sensiblen Schwangeren-Nerven bedeutet. Ich lasse es auf einen Versuch ankommen. B)Also:

Ich bin mit meinem 2. Kind schwanger und aktuell in der 27. SSW angekommen. Bisher war alles ungefähr genauso wie in meiner ersten Schwangerschaft: ein bißchen Übelkeit und viel Müdigkeit zu Beginn, um die 20. SSW ein bißchen Wasser in den Beinen, in letzter Zeit ein bißchen Sodbrennen, wenn ich abends zuviel gegessen habe. Ansonsten geht’s mir gut, der Bauch wächst und der Zerg strampelt tüchtig. Der einzige wirkliche Unterschied zu meiner ersten Schwangerschaft ist, daß ich beschlossen habe, mich dieses Mal auf meine eigenen Sinne zu verlassen und die Schwangerenvorsorge selbst zu machen. Ich bin ausreichend informiert und ich weiß, daß ich wissen werde, wenn es an der Zeit ist, einen Arzt aufzusuchen. Und was soll ich sagen? Im Vergleich zu meiner ersten Schwangerschaft ist diese viel entspannter, angstfreier und ich fühle mich stark und fähig, ein Kind hervorzubringen.
Keine blank liegenden Nerven vor Ultraschalluntersuchungen (oh Gott, gestaute Nieren! Ein Softmarker für Trisomie 21!), kein Aneinandergeraten mit einer Ärztin wegen unterschiedlicher Meinungen, keine Bevormundung in irgendeiner Form, als wüßte ich nichts über meinen Körper. Einfach nur ich und das kleine Wesen in mir, der sich rundende Bauch, die kleinen Tritte von innen. Und es wächst, einfach so. Sogar ohne daß ein Arzt es erlaubt. 😉

Die Hausgeburt meines ersten Kindes

Nach einigen unschönen Besuchen bei einer Frauenärztin (wo meine Schwangerschaft festgestellt wurde) und den Beobachtungen in den Kreißsälen eines hiesigen halleschen Krankenhauses während meines Praktischen Jahrs als Medizinstudentin stand für mich sehr schnell fest, dass ich, wenn irgend möglich nicht in die Hände von Ärzten geraten wollte, solange Schwangerschaft und Geburt normal verliefen. Ich „kündigte“ also meiner Frauenärztin und teilte ihr mit, dass ich von jetzt an die Schwangerenvorsorge bei der Hebamme machen lassen wollte. Sie erwiderte entsetzt: „Da kann ich aber keine Verantwortung für übernehmen.“ Ich war die ewige Bevormundung durch sie leid und verabschiedete mich mit einem freudigen „Dafür brauchen Sie auch nicht verantwortlich zu sein.“ Ich würde sie nie wiedersehen und war glücklich mit meinem Plan, obwohl ich bis dahin noch gar keine Hebamme hatte. Allerdings eine Empfehlung von einem Kollegen meines Mannes, dessen Frau bei Constanze im Geburtshaus entbunden hat. Ich war im 4. oder 5. Monat und Constanze war noch nicht ausgebucht. So ging ich ab da zu ihr und Schwangersein begann Spaß zu machen. Endlich wurde ganz natürlich mit meiner Schwangerschaft umgegangen und nicht so, als lauerte die Katastrophe hinter jeder Ecke. Ich durfte selbst bestimmen, was ich wollte und was nicht, wurde ernst genommen und niemand kam mit dem erhobenen Zeigefinger und apokalyptischen Szenarien, wenn ich ein CTG nicht wollte oder sonst etwas nicht. Nur zum Ultraschall ging ich zum Frauenarzt, was ich mir im Nachhinein aber lieber hätte schenken sollen. Der Befund zeigte einen leichten, beidseitigen (und wie sich später herausstellte vorübergehenden) Nierenstaus und handelte mir nur unnötigen Stress ein. Ich war zur Fein-Sono und Worte wie „Softmarker für Trisomie“, „Fruchtwasserpunktion“ und „eventuell aus der Schwangerschaft aussteigen“ fielen. Natürlich lässt einen das nicht unberührt, aber ich entschied, lieber ein behindertes Kind zu kriegen, als ein gesundes durch eine invasive Untersuchung zu gefährden. Wie in allem wollte ich Gott vertrauen, dass er die Dinge in der Hand hat. Ich war mir irgendwie auch sicher, dass mein Kind gesund sein würde.

Mir ging es bis zum Schluss blendend, ich fühlte das Baby strampeln und wusste, auch als ich fast eine Woche über den Termin ging, dass alles in Ordnung ist. Ab und zu ging ich in der Zeit, als ich über dem Termin war, dann doch zum CTG. Weil es die Hebammen beruhigte und weil es nett war sie zu sehen.

Der 13. September war der errechnete Entbindungstermin nach der letzten Regel. Da ich in dem Zyklus, in dem ich schwanger geworden bin, die Temperatur gemessen hatte, wußte ich, daß der Eisprung später gewesen war und stellte mich schon darauf ein, daß das Kind länger brauchen würde. Ich rechnete mit dem 17.9., schließlich dauerte es aber noch 6 Tage länger.

Zum Ende hin wurden wir dann doch ungeduldig, da der Urlaub meines Mannes dem Ende entgegen ging und unser Umzug ins Ausland näher rückte.

Am 21. und 22. hatte ich nachts schon mal ein paar Wehen und mein Darm verhielt sich anders als sonst. Es würde also bald losgehen.

Gegen Mitternacht auf den 23. versuchten wir es noch einmal mit natürlichen Prostaglandinen, woraufhin der Schleimpfropf kam. Erstmal sind wir aber schlafen gegangen. Gegen drei kamen die Wehen schon so, daß ich aus dem Bett sprang, um sie zu veratmen. Dann legte ich mich jeweils wieder hin, schlief/döste 10 oder 15 Minuten, um für die nächste Wehe aufzuspringen. Ich wollte keine Pferde scheu machen, schließlich dauert so eine Eröffnungsphase eine ganze Weile. Mein Mann war zwar aufgeregt, schlief aber trotzdem noch ein paar Stunden. Ich hatte mich früh für Hausgeburt entschieden, weil es mir das Natürlichste erschien, das Kind dort zu bekommen, wo es gezeugt wurde. So mußten wir uns auch keine Gedanken über einen Aufbruch irgendwohin machen. Als es draußen hell war, hatte ich endgültig keine Lust mehr auf Bett. Wir standen auf und gingen an diesem stillen, schönen Morgen spazieren. Die Sonne schien und alles war so frisch und friedlich und ich dachte mir: Ein schöner Tag zum Geborenwerden!

Die Wehen waren gut im Laufen auszuhalten, kamen in 10-15 Minuten Abständen. Mein Mann stoppte sie mit seiner Stoppuhr, was mich bald so nervte, dass die Wehen eine Weile in größeren Abständen kamen und schwächer wurden.

Wieder zu Hause war auch meine Schwester wach, die bei uns zu Besuch war, in der Hoffnung, die Geburt noch mitzuerleben. Sie hatte ab Montag Prüfungen und es war schon Samstag. Sie wunderte sich, dass wir so früh auf waren. Normalerweise schliefen wir bis mindestens 10 Uhr. Ich sagte, wir hätten eine kurze Nacht gehabt, aber sie schnallte lange nicht, was wir ihr sagen wollten. Als ich sagte, ich habe Wehen, war sie ganz aus dem Häuschen. Sie würde dabei sein!

Mein Mann ließ mir derweil ein Bad ein. Es war ganz nett, die Wehen im Wasser zu beatmen, aber mir war schnell klar, daß das mit der Geburt nichts ist für unsere schmale, rutschige Wanne. Um 11 rief mein Mann die Hebamme an. Constanze war gerade bei einer anderen Geburt im Krankenhaus und so kam Hebamme Maria vorbei, die ich so vom Sehen kannte. Ich stieg aus der Wanne, sie untersuchte mich. Muttermund war bei 4 cm. Das war doch schon mal was.

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Mein Mann begann also, die Geburtssuppe aufzutauen, die er vorher gekocht hatte und mit Nudeln zu versehen. Maria fragte mich, ob es mir lieber wäre, wenn sie später wiederkäme oder ob sie dableiben soll. Ich sagte: „Ach, geh ruhig. Ich kann das noch eine Weile alleine händeln.“

Sie schrieb mir ihre Nummer auf, damit ich sie anrufen kann, aber dann wurden die Wehen stärker und sie blieb, obwohl ich mir eigentlich wünschte, dass sie wieder ginge. Ich sagte aber nichts und dachte nur: „Augen zu und durch.“ Was keine so gute Idee war, wie sich später rausstellte. Mein Mann kam fast nicht zum Suppe machen, weil er mir in jeder Wehe das Kreuzbein massieren musste. Das half ungemein.

Die Suppe war kaum fertig, da bekam ich richtig Hunger und mit vielen Unterbrechungen zum Wehen veratmen aß ich. Vorsorglich stellte ich mir noch einen Eimer hin, falls es wieder herauskommen sollte (was es aber nicht tat).

Der Geburtsplatz mit meiner Schwester im Hintergrund

In der Stube hatten wir die Geburtsstätte hergerichtet: Die Couch ausgeklappt, davor eine dünne Matratze, alles mit alten Laken bedeckt. Kaum war die Suppe gegessen, ging’s so richtig los. Ich hatte kein Gefühl mehr für Zeit. Eine Wehe nach der anderen kam. Irgendwann war ich bei 8 cm. Eine zweite Hebamme war dazugekommen, weil sie die Geburt nun bald erwarteten. Allerdings stand noch ein Saum vom Muttermund und sie konnten die Pfeilnaht zuerst nicht tasten. Ich bekam irgendwelche Globuli, was nicht half, wohl weil ich auch nicht dran glaube. Mein Mann (ist auch Arzt) legte mir eine Braunüle und sie spritzten mir Buscopan während einer Wehe, in der Hoffnung, es würde den Muttermund weicher machen. Schließlich stellten sie fest, daß der Kopf gerade stand, sich nicht ins Becken gedreht hatte. Sie ließen mich im Wechsel jeweils drei Wehen auf der einen und dann auf der anderen Seite liegen, schüttelten mein Becken und gaben sich optimistisch, daß das Kind sich sehr wahrscheinlich noch drehen würde. Ich merkte trotzdem, daß sie besorgt waren und hatte Angst, im Krankenhaus zu enden. Ich konnte mich erinnern, daß ein hoher Geradstand im Krankenhaus sehr oft Kaiserschnitt bedeutet und den wollte ich auf keinen Fall. Die Wehen waren zu der Zeit sehr schmerzhaft, wohl weil Babys Kopf immer gegen den Muttermundsaum drückte. Ich kämpfte mit dem Schmerz und mein Mann war mit den Nerven fertig, weil ich dauernd jammerte: „Es tut so weh! Wann hört das auf?“

Die zweite Hebamme ging wieder und Maria telefonierte mit Constanze, schilderte ihr den Fall. Constanze kam endlich und irgendwie brachte ihr Erscheinen den Wendepunkt. Sie strahlte so viel Optimismus aus, daß ich wieder sicher war, es schaffen zu können. Ich stand auf (dieses auf der Seite Liegen hatte sich von Anfang an so ineffektiv angefühlt), wiegte mein Becken hin und her und versuchte, trotz der Schmerzen und der anwesenden Leute tief in mich rein zu hören und meinen Instinkten nachzugehen. Irgendwie war mir ab einem bestimmten Punkt bewußt, daß die Hebammen keinen wirklichen Plan hatten und ich selbst aktiv werden mußte. Ich glaube, gespürt zu haben, als der Kopf dann endlich ins Becken kam. Die Wehen waren weiterhin echt übel und ich atmete eine Zeit lang in eine Tüte, weil mir die Hände und das Gesicht vom zu hektischen Atmen kribbelten. Constanze untersuchte mich noch mal und drückte dabei den immer noch stehenden, schmerzenden Muttermundsaum über das Köpfchen weg, was ebenfalls sehr schmerzhaft war. Dann meinte sie, ich solle mal versuchen anzudrücken. Das tat ich und schon waren die Preßwehen da. Ich gab mich den Urgewalten hin, so froh zu wissen, daß das Baby auf dem richtigen Weg war. Ich schrie und machte Laute jenseits von dieser Welt. Die Fenster standen offen, weil mir so warm war, aber mir war es so egal, was die Nachbarn dachten. Mein Mann feuerte mich mit „pressen, pressen“ an, wie er es gelernt hatte, bis die Hebamme meinte, es reiche, wenn ich während der Wehen presse. Am Schluß war ich im Vierfüßler auf unserer Couch und krallte mich in einen dauernd zusammenfallenden Kissenstapel vor mir. Es brauchte ein paar Anläufe, um den Kopf über den Damm zu bringen. Constanze machte Dammschutz und Massage mit Dammassageöl und heißem Kaffee, soweit ich mitbekommen habe. Die Massage fand ich unangenehm und herrschte sie an: „Was machst du da?“

Es brannte, als der Kopf kam und ich dachte: Ist der immer noch nicht draußen? Wie groß ist der denn noch? Ich war ganz ungeduldig, ihn rauszukriegen und schaffte es schließlich, auch weil die Hebamme damit drohte mitzuhelfen, wenn ich’s bei der nächsten Wehe nicht schaffe.

Dann ein Ruckeln und Ziehen. Die Schultern, dachte ich. Und dann lag sie unter mir. Streckte die Arme von sich und guckte mit ihren großen Augen ganz erstaunt in die Welt. Es war 17.13Uhr. 

Ich blutete wohl stärker, so daß die Hebammen sich beeilten, sie abzunabeln (die Nabelschnur durfte der Papa durchschneiden) und die Plazenta zu holen. Aber ich fühlte mich gut und wußte, daß alles in Ordnung ist. Es war ein Scheidenriß, der blutete, wie sich dann herausstellte (wohl vom Pressen außerhalb der Wehen). Ich bekam sie auf den Bauch und war so erleichtert und froh.

Nur mein Zwischenbeinbereich brannte ganz unangenehm und ich war zuerst gar nicht begeistert, als Constanze meinte, daß sie nähen wollte. Ich hatte im Krankenhaus oft gesehen, wie schmerzhaft die Naht für Frauen war, trotz Betäubung. Am Ende hab ich so gut wie gar nichts gemerkt. Johanna Luise wurde gewogen, gemessen, angezogen und ich telefonierte mit meiner Mama, um das freudige Ereignis mitzuteilen.

Dann zogen wir um ins Schlafzimmer. Die anderen räumten ein bisschen auf.

Ich schlief wie ein Stein in dieser Nacht. Mein Mann beruhigte die Kleine, die sich mit dem Absetzten des Kindspechs plagte. Meine Schwester war ganz gerührt. Es war die erste Geburt, die sie gesehen hat und ich freue mich, daß sie dabei sein konnte. Die Nachbarn haben wider Erwarten gar nichts mitbekommen.

Die Maße: 3120 g schwer, 50 cm lang, 35 cm Kopfumfang

Die Babys bringt der Storch…

Krankheiten treffen einen wie ein Blitz aus heiterem Himmel und Geburtskomplikationen, bei denen es um Leben und Tod geht, treten von einer Sekunde auf die andere auf, ohne daß man sie voraussehen kann.

Es gibt viele Märchen, die uns früher oder später im Leben erzählt werden und die wir geneigt sind zu glauben.
Ziemlich früh lernen wir heutzutage zum Glück, daß Kinder gewöhnlich nicht durch Windbestäubung entstehen, vom Klapperstorch abgeworfen oder durch den Heiligen Geist gezeugt werden. Wir wissen, was wir tun müssen, um Kinder zu bekommen, und wenn wir uns genauer informieren, wissen wir auch, was wir tun können, um das zu verhindern.
Ähnlich verhält es sich mit Krankheiten aller Art. Die allerwenigsten überfallen uns, während wir nichts ahnend zum Doktor gehen. Wenn wir uns informieren, erfahren wir, daß wir viel dafür tun können, gesund zu bleiben. Wer zu viel ißt, wird dick und kriegt Diabetes. Wer immer unter Stress steht, bekommt schneller einen Herzinfarkt oder ein Magengeschwür. Wer sich für andere aufopfert und sich selbst dabei vernachlässigt, brennt innerlich aus.
Das ist das Prinzip von Ursache und Wirkung. Daran ist nichts Mythisches, das nur Ärzte verstehen könnten. Und nach dem gleichen Prinzip funktionieren Schwangerschaft und Geburt. Wenn ich in der Schwangerschaft rauche, wenn ich zu viel Süßes esse oder viel Stress habe, dann hat das Auswirkungen auf mich und das Kind. Natürlich trifft nicht jeden jedes. Menschen sind unterschiedlich. Deswegen es ist gut, sich und seinen Körper zu kennen. Zu wissen, wofür man anfällig und sensibel ist.
Es gibt Frauen, die kriegen ihr Kind ohne mit der Wimper zu zucken vor einem Publikum aus Hebamme, Hebammenschülerin, Student, Ärztin und Oberärztin, während die Ärztin ihr auf dem Bauch sitzt und die Hebamme ihr Beleidigungen zuschreit. Doch im Allgemeinen funktioniert es auch hier nach dem Ursache-Wirkung-Prinzip. Die schlechten Herztöne des Kindes fallen nicht einfach vom Himmel. Die Wehen hören nicht ohne Grund auf. Der Muttermund bleibt nicht ohne Grund verschlossen. Es gibt immer eine Ursache und in diesem Fall ist es meistens Angst. Angst vor der Geburt an sich, Angst vor der fremden Umgebung, davor, fremden Menschen und unbekannten Prozeduren im sensibelsten aller Momente ausgeliefert zu sein. Ob eine Frau sich dessen bewußt ist oder nicht: Tief in ihren Instinkten ist das gleiche Verhalten verankert, daß auch Tiere zeigen, wenn sie gebären: Sich zurück ziehen wollen, Ruhe und Geborgenheit suchen, ungestört sein. Wird ihr das verwehrt, bekommt sie Angst. Wäre die Frau ein Tier, würde sie fliehen und ihr Kind bekommen, wenn sie die Sicherheit und Abgeschiedenheit ihrer Höhle erreicht hat. Aber da sie gelernt hat, zivilisiert zu sein, verdrängt sie ihre Gefühle. Sie ist vernünftig, würde nie auf die Idee kommen, die Sicherheit zu verlassen, die die Anwesenheit der Experten und der Technik verspricht. Ihr Körper aber läßt sich nicht betrügen. Er spürt die Angst, das Adrenalin. Er verspannt genauso wie der Mutternmund, der sich öffnen sollte. Er ist sicher, eine solche Situation ist zu gefährlich, um in ihr ein Kind zu gebären. Aber niemand nimmt das Rebellieren des Körpers wahr. Es wird als sein Versagen gedeutet, daß er das Liebeshormon Oxytocin nicht ausschütten will und man hilft nach mit künstlichen Oxytocin, dem Wehentropf. Zu den Schmerzen einer gegen einen störrischen Muttermund ankämpfenden Gebärmutter kommen die Schmerzen künstlich ausgelöster Wehen. Kein Wunder, daß die Frau spätestens jetzt nicht mehr ohne Rückenmarksbetäubung weitermachen kann. Und so ist sie auf dem besten Weg hin zum klassischen verlängerten Geburtsverlauf mit allen folgenden Komplikationen bis hin zur Notwendigkeit einer schnellen, chirurgischen Geburtsbeendigung. Hat sie das alles aus heiterem Himmel getroffen? Sie mag es annehmen, hat sie doch freudig und ohne Angst der Geburt entgegen gesehen. Sie ist ausführlich darüber informiert worden, was bei einer Geburt passieren kann und was man tut, um dieses Ereignis sicher zu machen, sie hat sich den Kreißsaal angesehen und mit den Ärzten und Hebammen geredet. Aber niemand hat ihr gesagt, daß ihr gesunder Körper einfach so streiken könnte. Niemand hat ihr gesagt, daß Gebären nicht mit dem Verstand zu steuern ist. Was mit ihr geschehen ist, hat viele wissenschaftlich klingende Namen und hinterher wird der Arzt sagen, daß solche Sachen einfach passieren, ohne daß man sie vorhersehen kann. Aber dank heutiger Geburtsmedizin ist alles noch einmal gut gegangen. Glaubt auch der Arzt, die Komplikationen sind vom Himmel gefallen? Er hat doch studiert und müsste es wissen. In seinen Lehrbuechern steht viel ueber Komplikationen und was er machen muss, um der Frau und dem Kind aus der Patsche zu helfen. Aber es findet sich fast nichts dazu, was die Ursachen fuer solche Komplikationen sind. Dass seine Anwesenheit und Einstellung zur Geburt Geburtskomplikationen bei der Frau hervorrufen kann, dass eine Geburt auch ganz ohne sein Zutun mit ziemlicher Sicherheit einen guten Ausgang nehmen wuerde, all das hat er wahrscheinlich noch nie gehört.
„So etwas passiert halt.“ sagt er. Und die Frau denkt: „Ein Glueck, dass ich im Krankenhaus war, wo die Ärzte mich und das Kind gerettet haben!“ Sie wird ueberzeugt, dass trotz aller Vorsorge Geburt eine Art Lotterie ist, auf die sie keinen Einfluss hat.
Ich wuenschte, keine Frau wuerde sich mit so einer Antwort zufrieden geben.

Eine ganz gewöhnliche Geburt…?

Eine Frau kommt ins Krankenhaus. Sie ist hochschwanger mit ihrem ersten Kind und hat nun regelmäßige Wehen alle 5 Minuten. Die 9 Monate ihrer Schwangerschaft sind bilderbuchmäßig verlaufen, abgesehen von ein bißchen Übelkeit am Anfang, ein bißchen Wasser in den Beinen zum Schluß und dem einen oder anderen Wehwehchen, die Schwangere so plagen. Nun sieht sie mit freudiger Erwartung dem Moment entgegen, in dem sie ihr Baby in die Arme schließen kann. Sie wird von der Hebamme aufgenommen, liegt eine halbe Stunde am Wehenschreiber, der schöne Wehen zeigt und rege kindliche Herztöne. Alles ist in Ordnung, die Untersuchung der Ärztin zeigt, daß der Muttermund bei 4 Zentimetern ist. Jetzt darf Frau spazieren gehen und zusammen mit ihrem aufgeregten und ein bißchen eingeschüchterten Ehemann spaziert sie wehend durch die Korridore und im kleinen Park des Krankenhauses herum. Nach einer Weile kommt sie wieder, die Wehen sind stärker geworden. Kontrolle des Muttermundes: 4 Zentimeter. Frau begibt sich wieder auf Wanderschaft, kehrt wenig später mit starken Wehen zurück. Eine weitere halbe Stunde am CTG zeigt kräftige Wehen und gute kindliche Herztöne. Da der Muttermund immer noch bei 4 Zentimetern ist, schlägt man der Schwangeren eine PDA vor, die sie dankend annimmt. Auch wenn sie sich vorgenommen hatte, es ohne zu versuchen, jetzt ist sie sicher, daß ihr das helfen wird. Es dauert ein bißchen, aber dann kommt der Anästhesist, sie muß den Rücken krumm machen, was bei den schmerzhaften Wehen nicht so einfach ist, er versticht sich einmal, aber dann klappt es. Der Wehenschmerz verschwindet und die Frau ist erleichtert und froh um ein bißchen Erholung. Es macht ihr auch nicht so viel aus, von nun an die ganze Zeit am CTG zu liegen. Eine Wehe nach der anderen kommt, aber sie spürt nur das regelmäßige Hartwerden des Bauches. Der Muttermund öffnet sich nun. 6 Zentimeter, 8 Zentimeter, 9 Zentimeter. Nur die Wehen werden schwach. Man beschließt, die Sache mit einem wehenbeschleunigenden Tropf anzuschieben. Es wirkt, die Wehen werden wieder stärker. Die Frau ist nun fast vollständig eröffnet, sie beginnt die Wehen wieder zu spüren und atmet schwer. Der Schmerz ist kaum auszuhalten, sie schreit und bettelt, daß man etwas tut. Die Hebamme bemerkt, daß die Herztöne des Kindes absacken. Der Wehentropf wird höher gedreht. Die Herztöne werden schlechter. Die Fruchtblase wird gesprengt. Grünes Fruchtwasser ergießt sich. Der Arzt entnimmt eine Blutprobe aus dem Kopf des Kindes, die sofort ausgewertet wird. Der ph-Wert ist schlecht, das Kind also mit Sauerstoff unterversorgt. Hektik beginnt. Der Arzt erklärt der Frau, daß man einen Kaiserschnitt machen muß, wenn das Kind nicht in den nächsten Minuten kommt. Das OP-Team wird zusammengerufen, die Frau willigt in den Eingriff ein. Sie wollte eigentlich auf normalem Weg entbinden, aber sie will auch das Leben ihres Kindes nicht gefährden. Die Herztöne sind weiter schlecht, aber die Wehen ineffektiv. Steckt das Kind fest? Und schon ist sie auf dem Weg in den OP. Jetzt verläuft wieder alles nach Plan. Wenige Minuten später heben die Ärzte ein blutverschmiertes, schreiendes Bündel aus ihrem Bauch. Sie darf es kurz sehen, bevor es verschwindet, um von den Kinderärzten untersucht zu werden. Ein paar Stunden später liegt die Frischentbundene auf der Wöchnerinnenstation, ihr Baby im Arm. Vielleicht schafft sie es zu stillen, trotz der Schmerzen von der Operation. Alles ist noch einmal gut gegangen.
Oder?
Hat der Körper der Frau 9 Monate alles richtig gemacht, um in den letzten Stunden zu versagen?
Im Gespräch mit den Ärzten erfährt sie, daß ihr Kleines die Nabelschnur zweimal um den Hals hatte. Warum mußte ein Kaiserschnitt gemacht werden? Wehenschwäche. Das kommt vor. Eine knappe Woche später wird sie entlassen und ist sicher: Wäre sie nicht im Krankenhaus gewesen, wäre ihr Kind sicherlich gestorben oder ernsthaft zu Schaden gekommen. Sie hat zwar das Gefühl, versagt zu haben, aber sie tröstet sich damit, daß das Wichtigste ein gesundes Kind ist. Und das nächste Mal wird sie sich um so bereitwilliger in die Arme der Ärzte begeben, die ihr bewiesen haben, daß sie es nicht allein kann.
Solche und ähnliche Geschichten passieren jeden Tag. Sie sind heutzutage ganz gewöhnlich. Was wäre passiert, wenn diese Frau zu Hause geblieben wäre? Wäre ihr Kind gestorben oder ernsthaft geschädigt? Kaum.
Ich glaube, ihr Körper hätte mit Bravour beendet, was er angefangen hat, sie hätte mit großer Wahrscheinlichkeit auf ganz normalem Weg ein gesundes Kind bekommen. Aber ob sie das je erfahren wird?

Was ist eigentlich das Problem?

Warum sind wir Menschen scheinbar die einzigen Lebewesen auf der Welt, die konstant Probleme dabei haben, Kinder zu gebären? Die Atheisten sagen: „Jaja, der aufrechte Gang, der große Kopf!“ Aber sagen sie nicht auch, daß der Stärkere überlebt? Wie soll etwas überleben, was fehlkonstruiert ist? Hätte das die Evolution nicht genauso richten müssen, wie alles andere auch?
Die Christen sagen: „Na, es heißt doch: Unter Schmerzen sollst du Kinder gebären.“ Wenn man genauer guckt, steht da aber nicht Schmerzen, sondern Mühen. Wir Frauen sind eben nicht mit dem Geburtsschmerz verflucht. Und ist nicht im neuen Bund durch Christus der Fluch aufgehoben?
Egal welches Weltbild man zugrunde legt, es erklärt nicht hinreichend, warum eine Frau bei der Geburt, ganz anders als ihre tierischen Kollegen, die Hölle erleben muß. Ich glaube, der kleine Unterschied liegt zwei Etagen höher. Das Kind kommt gewöhnlich aus dem Bauch, nicht aus dem Kopf. Aber wie soll man in einer fremden Umgebung vor fremden Leuten, die einem die intimste Körperöffnung inspizieren, den Kopf abschalten und den Bauch arbeiten lassen? Genauso wenig wie man entspannt Stuhlgang haben könnte, wäre man auf einer Liege festgezurrt, umgeben von einer Schar fremder Leute, die einen anfeuert: „Pressen! Feste pressen!“ Oder wer kann Sex haben, während jemand dabei steht und Haltungsvorschläge macht. „Also das Bein noch ein Stückchen weiter nach oben! Und vielleicht mit dem Becken noch höher, immer schön rhythmisch! Das Atmen nicht vergessen!“
Wer ist nun Schuld an der scheinbaren Geburtsunfähigkeit der heutigen Frauen, die eine Kaiserschnittrate von inzwischen 26 % in Deutschland erfordert? Ich glaube nicht, daß man einer einzelnen Gruppe die Schuld geben kann. Unsere Kultur ist mit vielen Vorstellungen, Erwartungen und Tabus rund um die Geburt belegt. Wer nicht gerade überskeptisch und informationssüchtig ist, wird sich kaum bewußt, wie er stets danach strebt und es für das Beste hält, den kulturellen und gesellschaftliche Erwartungen seiner Zeit gerecht zu werden. In anderen Zeiten war die oberste Autorität die Kirche. Ihr schenkte man uneingeschränkten Glauben und demütige Ergebenheit. Diese Rolle hat die Kirche nicht mehr. Jetzt sind es die Wissenschaft und die Ärzte, der wir voller Glauben alles anvertrauen, was uns wichtig ist. Und es ist auch nicht verkehrt, einen Experten zu fragen, wenn man ein gesundheitliches Problem hat. Aber was erwarten wir von ihm, wenn wir gesund (und zufällig gerade schwanger) sind? Solange unser Stuhlgang, das Urinieren und das Atmen funktioniert, suchen wir niemanden auf, oder?
Ist Gebären nicht genau so ein gewöhnlicher, körperlicher Vorgang (vorrausgesetzt man ist eine Frau)? Jede Frau hat alle benötigten Organe schließlich von Anfang an eingebaut und sie funktionieren zuverlässig seit Jahrtausenden. Nur den heutigen Frauen wird gern eingeredet, sie könnten ohne die Hilfe eines Experten ihren Körper nicht verstehen, geschweige denn ein Kind hervorbringen. Anstatt der Frau zu versichern, daß sie eben gebären kann, wird ihr Angst vor allem gemacht, was der Arzt in seinem Lehrbuch so gelesen hat. Sie begibt sich in Abhängigkeit gegenüber Leuten, die sie glauben machen, es besser zu wissen, geht in die Geburt fixiert auf das, was andere ihr über ihren Körper und den Fortschritt der Geburt sagen, dabei hat sie dieses Wissen die ganze Zeit in sich, so wie es Katzen, Meerschweine und Giraffen auch haben. Wenn wir Frauen wirklich verstünden, daß wir es können, und sogar ziemlich gut und ohne daß uns jemand sagt, wann wir pressen sollen, wenn wir verstünden, daß wir selber auf intuitive Weise wissen können, ob es unserem Kind gut geht und wie wir uns bewegen müssen, um das Kind optimal und schmerzarm zu gebären, wenn wir in uns hereinhören und nicht länger der Versuchung erliegen würden, uns an Experten zu klammern, dann hätten wir ein anderes Bild von Geburt. Dann wäre Geburt etwas Kraftvolles, etwas Berauschendes, etwas Wunderschönes, nichts wovor man Angst hat, sondern etwas, auf das man sich freut – und was ganz selten mal professionelle Unterstützung braucht.
Und jede Geburt würde uns stark machen.
Bin ich ein Illusionist? Vielleicht. Dabei hat unsere Generation so gute Voraussetzungen wie kaum eine vorher. Wir sind nicht unterernährt und durch Krankheiten geschwächt, nicht rachitisch verformt und wir haben Hilfe, wenn wir sie brauchen. Wir sollten so leicht und gut Kinder kriegen können, wie kaum jemand vor uns.

Urschrei

ein Schrei in der Nacht
nicht wie das angstvolle Pfeifen eines Hasen
oder das Klagen eines verwundeten Rehs
ein Ruf so alt wie die Zeit
das wilde Grollen einer Bärin in ihrer Höhle
wie lauter Donner zwischen den Bergen
ungehemmt wie die stürmische See
ein Blitz, als berührte der Himmel die Erde
dann Stille
und in der Stille
das leise Weinen eines Neugeborenen

Geburt? Macht das ohne mich!

In diesem Blog soll es um Geburt und Schwangerschaft gehen. Aber nicht in rosa-bläulichen Pastelltönen und auch nicht um das Standardprozedere oder die Standardwehwehchen. Jedenfalls nicht vorwiegend.
Vor nicht langer Zeit entdeckte ich einen Cartoon, der mich immer noch bewegt und inspiriert:
Eine Frau, offensichtlich in den Wehen, umgeben von ihrem treusorgenden Ehemann und einer kompetenten Hebamme. Ein Gebärstuhl ist da, ein Ball, ein Seil. Sie ist nicht in unbequemer Lage an ein CTG gefesselt oder von sterilem Krankenhaus umgeben. Es sieht so aus, als ob diese Frau nach ihrem Wunsch gebären darf und bald ihr Kind in den Armen halten wird. Trotz allem sieht sie nicht zufrieden aus. Mit dem Ausspruch „Ich hab’s mir anders überlegt. Macht das ohne mich!“ läuft sie davon.
Der Cartoon hängt jetzt an unserer Badtuer und amüsiert mich immer wieder.
Vor allem soll er wohl den plötzlichen Wunsch der Gebärenden darstellen, dem was vor ihr liegt, der Geburt, zu entkommen. Jemand anderen die Sache zu Ende fuhren zu lassen aus Angst vor Schmerzen, Rissen oder Komplikationen.
Aber vielleicht, und das geht mir durch den Kopf wenn ich das Bild sehe, wünscht sie sich nur einen stillen Ort ganz allein für sich. Einen Ort ohne die angstvolle Aufmerksamkeit des Partners, ohne die sie in ihrer Konzentration unterbrechenden Untersuchungen und Bemerkungen der Hebamme, ohne das ganze Tamtam und Gewese. Einfach nur für sich sein, um mit ihrem Körper zu arbeiten.
Und da sind wir bei dem Tabu, um das es mir geht: Was, wenn eine Frau sich ausdrücklich wünscht, ohne die Hilfe einer Hebamme, eines Arztes, eines Krankenhauses (und vielleicht sogar ohne ihren Mann) ein Kind zu kriegen?
Darum soll es unter anderem in diesem Blog gehen.