Die Frau, die im Folgenden von ihrer Alleingeburt berichtet, ist alleinerziehend. Eine Freundin und ihre Mutter unterstützten sie bei der Umsetzung ihrer Alleingeburt. Es war ihr zweites Kind und kam dieses Jahr im Januar zur Welt.
Am Tag des errechneten Entbindungstermins war ich sehr ungeduldig und schlecht gelaunt, weil sich nichts tat, ich immer noch nicht wusste, wie das Baby heißen soll und mein Sohn die Tage zuvor noch heftig Magen-Darm hatte.
Einen Tag später ging ich schon um 21 Uhr ins Bett und führte noch ein ernstes Gespräch mit der kleinen Bauchbewohnerin. Ich erklärte ihr, dass sie jetzt mal langsam kommen könne und ihr Bruder auch wieder gesund sei. Ich wolle vorher nur noch ein wenig schlafen, bat ich, um für die Geburt fit zu sein.
Offensichtlich kamen meine Worte an, denn am nächsten Morgen ging es los:
4:55 Uhr – ich gehe zur Toilette und verliere dort Fruchtwasser. Unmittelbar danach setzen die Wehen ein und werden kontinuierlich stärker.
5:30 Uhr – ich rufe meine beste Freundin an, welche bei der Geburt dabei sein wird und sage ihr, sie soll schon mal frühstücken und sich bereit halten, um jederzeit kommen zu können.
5:45 Uhr – ich rufe meine Mutter an, welche um 6 Uhr dann schon da ist und eine halbe Stunde später meinen fast vierjährigen Sohn mitnimmt. Er möchte ausdrücklich nicht bei der Geburt dabei sein, also darf er in der Zeit schön bei Omi frühstücken und spielen.
6:30 Uhr – meine Freundin kommt dazu und mir ist klar, dass es wieder eine schnelle Geburt werden würde. Die von meinem Sohn dauerte nur 2,5 Stunden.
Meine Freundin holt die letzten Sachen, die ich benötige und stellt alles in Reichweite. Sie lässt mich mein Ding machen, bleibt aber die ganze Zeit bei mir und ist mit ihrer zurückhaltenden und ruhigen Art eine tolle Bereicherung.
Die Wellen der Übergangsphase sind heftig, viel stärker als beim ersten Kind und ich bin ziemlich laut dabei. Das hilft mir sehr. Die Austreibungsphase ist dann wiederum ein wahres Wunder und unvergessliches Erlebnis:
Ganz ohne zu pressen und komplett ohne Schmerzen gebäre ich auf den Knien meine Tochter in meine Hände. Ich befinde mich wie in Trance, werde ganz still, halte die Augen geschlossen und fühle einfach nur mit ihr. Als das Köpfchen zur Hälfte geboren ist, schaue ich mit einem Handspiegel einmal nach. Alles in völliger Ruhe und Entspannung. Als das Köpfchen ganz draußen ist, kann ich ihr Gesicht ertasten und kurz darauf gleitet der ganze Körper in meine Hände. Sie weint einmal kurz, ich nehme sie hoch und sofort beruhigte sie sich und ist ganz friedlich. Sie sieht nicht aus wie frisch geboren, sondern sehr perfekt und sauber. Dunkle Haare, ein wunderschönes rundes Köpfchen ohne Verformungen und ganz wache, pechschwarze Augen. Es ist unglaublich! So wird um 8:03 Uhr mein kleines Mädchen geboren.
8:25 Uhr – die Plazenta kommt problemlos.
10:00 Uhr – meine Mutter kommt mit meinem Sohn und er ist ganz stolz und glücklich, traut sich aber erst nach einer Weile, seine kleine Schwester zu berühren. Inzwischen küsst und herzt er sie ständig und liebt sie über alles.
11:00 Uhr – die Hebamme kommt und checkt mich und die Kleine einmal durch. Ich habe keine nennenswerten Geburtsverletzungen und fühle mich gut. Das Baby wiegt 3560 g, ist 53 cm groß und hat einen Kopfumfang von 35 cm. Die Hebamme ist erstaunt, wie „fertig“ sie schon aussieht. „Wie heißt sie denn?“ fragt sie. „Ich weiß es nicht“ sage ich.
13:00 Uhr – meine Freundin, Mutter und mein Sohn sind nicht mehr da, ich liege alleine mit der Kleinen im Bett. Sie schaut mich aus großen, aufmerksamen Augen an. Und da erscheint mir ihr Name: Livia Jolien
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