Gedanken einer dreifachen Alleingeburtsmutter

Diese Gedanken einer Mutter, die drei Alleingeburten hatte, darf ich mit euch teilen:

Meine drei Kinder habe ich ohne Ärzte und Hebammen zur Welt gebracht.

Ich war voller Vertrauen, dass mein Körper ganz genau wusste, wie das ginge. Ich hatte nie das Bedürfnis nach den üblichen Untersuchungen. Es waren drei wunderschöne Geburten, an die ich mich mit Freuden erinnere. Auf diesem Weg ist mir ein Licht nach dem anderen aufgegangen. Ich habe immer deutlicher erkannt, wie sehr Frauen ihre Kraft genommen wird, wie sehr Frauen sich ihre Kraft nehmen lassen und wie sehr die kleinen Wesen schon am Anfang ihres Lebens geschwächt werden.

In mir schreit es, ich will allen schwangeren Frauen zurufen: Gebt euch nicht in die Hände der Apparatemedizin! Lasst euch nicht ultrabeschallen, durchscreenen und von Plastikhandschuhen und kalten Metallgeräten betatschen! Hört nicht auf die ganzen Horrorgeschichten, was alles Schreckliches passieren könnte! Hört nicht auf all diese Lügen, dass ihr zu wenig Fruchtwasser hättet, dass der Kopf eures Kindes etwas zu klein sei, dass es bei euch eine Risikoschwangerschaft wäre, dass deshalb in Kürze die nächste Untersuchung nötig sei, um sicherzugehen, dass …

Die vielen Komplikationen, die vielen Kaiserschnitte sind vor allem der Angst geschuldet, die den Frauen gemacht wird und die sie sich machen lassen. Angst führt zu Anspannung, und damit ist ein Loslassen nur schwer möglich und wird die Geburt ein schmerzvolles Erlebnis. Je mehr alles ängstlich und gründlich abgesichert wird, desto mehr Unfälle passieren. In Wahrheit braucht es für eine Geburt keinerlei Geräte und keine guten Ratschläge. Das kleine Wesen weiß selbst am besten, wann der richtige Zeitpunkt ist, um ans Licht der Welt zu kommen. Es drängt ganz von selbst heraus. Und unser Körper weiß, wie er ihm die Tür öffnet. Pressen ist da ganz fehl am Platze. Es geht nur um Öffnen, um Loslassen. Es braucht keine Geburtsvorbereitungskurse und keine Atemtechniken. Davon werden wir nur abgelenkt und sind im Kopf, während doch unser Fühlen gebraucht wird! Wenn wir uns den Wellen in uns überlassen, geschieht alles ganz von selbst. Da braucht es keine Anleitung von außen. Unser Körper hat alle Weisheit, um sich dem Ans-Licht-Drängen des kleinen Wesens hinzugeben.

Und das sage ich – eine Frau, die in ihrem Körper nicht zu Hause ist. Wie wir alle bin ich nicht „drin“ in meinem Körper und denke meine Gefühle zum größten Teil nur. Ich fühle mich oft von mir selbst abgeschnitten und zerteilt. Wenn mein Mann mich liebt, ist es mir oft besonders schmerzhaft bewusst, dass ich nur sehr reduziert fühle. Wir sind alle im gleichen Gefängnis, aber es ist nur den wenigsten bewusst, wie gefühllos wir alle gemacht wurden. Wir werden kontrolliert und klein gehalten. Wir wurden unser Leben lang mit Lügen und Halbwahrheiten gefüttert. Die meisten funktionieren nur noch und merken gar nicht mehr, wie leer sie sind.

Und doch haben viele Frauen sich noch einen Teil bewahren können, etwas, wo sie noch heil sind. Ich kenne Frauen, die ihren Eisprung ganz deutlich spüren und nie verhütet haben. (Ich selbst merke gar nichts davon). Ich kenne eine Frau, die den Moment der Empfängnis gefühlt hat, als einen Lichtblitz, der in ihren Körper drang. (Ich merkte erst am Ausbleiben meiner Regel, dass ich schwanger war). Ich kenne Frauen, die das kleine Wesen während der Schwangerschaft deutlich wahrnahmen und mit ihm kommunizierten, und oftmals schon zu Beginn der Schwangerschaft den Namen erfuhren. (Ich spürte die Kindsbewegungen und streichelte manchmal meinen Bauch; aber eine wirkliche Verbindung zu meinem Kind hatte ich immer erst nach der Geburt.) Ich selbst hatte das unumstößliche Vertrauen, dass mein Körper genau wüsste, wie er gebären konnte.

Das alles sind Puzzleteile, die uns ahnen lassen, wie viel mehr Frauen eigentlich empfinden können; wie es wäre, wenn wir ganz bei uns und in unserem Körper wären.

Während meiner ersten Schwangerschaft fühlte ich mich rundum wohl und machte mir nur wenig Gedanken über die Geburt. Das einzige, was ich las, war „Unassisted Childbirth“ von Laura Kaplan Shanley*, einer Frau, die ihre vier Kinder allein zur Welt gebracht hat. Eines davon kam sogar mit den Füßen zuerst. Dieses Buch bestärkte mich sehr in meinem eigenen Gefühl, dass mit meiner Schwangerschaft alles gut ging und auch die Geburt wundervoll sein würde.

Im Nachhinein wurde mir klar, wie gut es war, dass ich kaum etwas wusste von all den angeblichen Risiken und Problemen, bei denen normalerweise sofort eingegriffen wird.

Bei meinen ersten beiden Geburten dauerte es vier Stunden, bis die Plazenta sich löste. Später erfuhren wir, dass die Mutter meines Mannes, die im Krankenhaus arbeitet, deshalb in heller Panik war. Sie hatte zwei Stunden nach der Geburt angerufen und war angesichts der Nachricht, dass die Nachgeburt noch in mir war, furchtbar beunruhigt. Sie sagte uns zum Glück nichts davon, weil sie uns nicht verunsichern wollte, konnte aber nicht mehr stillsitzen und begann fieberhaft im Internet zu recherchieren.

Bei meiner dritten Geburt dauerte es dann sogar achteinhalb Stunden, bis die Nachgeburt kam. Wie auch schon bei den ersten beiden Geburten löste sie sich ganz leicht und ich wäre nicht im Traum auf die Idee gekommen, dass irgendetwas nicht in Ordnung sein könnte. Nach gängiger Lehrmeinung müsste die Plazenta spätestens nach einer halben Stunde aus dem Körper sein, erzählte die Mutter meines Mannes uns später, ansonsten wird den Frauen im Krankenhaus ein Mittel verabreicht, das zur Ablösung führt. Und dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen und sie sagte bestürzt: „Oh mein Gott, ich wünschte, ich könnte all das Lehrbuchwissen wieder vergessen! Jetzt wird mir klar, warum so viele Frauen sagen, wie froh sie seien, dass sie ihr Kind im Krankenhaus entbunden hätten, weil sie nach der Geburt heftige Blutungen gehabt hätten. Aber diese Blutungen kommen daher, dass die Ablösung der Plazenta künstlich beschleunigt wird, mit Medikamenten und indem an der Nabelschnur gezogen wird. So wird sie regelrecht von der Gebärmutterwand abgerissen!“

Bei meiner dritten Geburt war außerdem ein Knoten in der Nabelschnur und sie war um den Hals meines Sohnes gewickelt. Die Geburt verlief jedoch völlig problemlos. Im Krankenhaus hätte man mir sehr wahrscheinlich einen Kaiserschnitt verpasst. Die allermeisten Fachleute würden mir voller Entrüstung sagen, wie verantwortungslos und leichtsinnig ich wäre und was für ein unglaubliches Glück ich gehabt hätte.

Merkt ihr, was alles an scheinbaren Problemen herangezogen wird, um Kaiserschnitte und zahlreiche andere Eingriffe zu rechtfertigen? Könnt ihr die ungeheuerlichen Ausmaße erkennen? Geburt ist eigentlich gemeint als ein rauschendes Fest, als eine ekstatische und beglückende Erfahrung! In dieser wahnsinnigen Welt wird daraus jedoch eine mühe- und schmerzvolle Angelegenheit voller Gefahren und Komplikationen gemacht.

Das Anschließen der Mütter an all die Apparate und die unzähligen Eingriffe sind nicht nur zutiefst entwürdigend, sie schwächen auch Selbstvertrauen und Körpergefühl von Mutter und Kind. Ich habe viele Frauen kennen gelernt, die noch Jahre später unter ihren traumatischen Geburtserfahrungen leiden.

Vor einiger Zeit wurde ich in der Bibliothek Zeugin eines Gesprächs dreier etwa zwölfjähriger Mädchen, die sich darüber austauschten, ob sie einmal Kinder haben wollten. Eine sagte, dass sie dann auf jeden Fall einen Kaiserschnitt machen lassen würde, weil eine Geburt schrecklich anstrengend wäre und furchtbar weh tun würde. Die beiden anderen stimmten ihr zu. Ich war erschüttert, wie stark das Gedankengift schon in den Köpfen so junger Mädchen wirkt und erzählte ihnen von meinen Geburten.

Ich kenne viele Frauen, die mit einer Hebamme an ihrer Seite wunderschöne Hausgeburten erlebt haben. Allerdings hat sich für die freiberuflichen Hebammen in den letzten Jahren viel verändert. Ganz schleichend werden ihnen immer mehr Steine in den Weg gelegt – so sind z.B. die Versicherungsprämien für ihre Berufshaftpflicht ins Unbezahlbare gestiegen. Unzählige Geburtshelferinnen haben ihren Beruf aufgegeben, und es ist schwierig geworden, eine Hebamme für eine Hausgeburt zu finden. Unter dem zunehmendem Versicherungsdruck sehen sie sich auch eher gezwungen, eine Mutter doch ins Krankenhaus zu überweisen, wenn nicht alles ganz reibungslos verläuft.

Ich selbst hätte mir eine vertraute Freundin und Mutter an meiner Seite gewünscht; keine Frau, die während der Schwangerschaft ein paar Mal vorbeikommen würde und die ich erst kennen lernen müsste. Bei meinen ersten beiden Geburten war mein Mann mir am nächsten und schlüpfte sehr einfühlsam in die Frauenrolle. Er massierte mir bei den Wehen den Rücken, war als verlässlicher Anker voll und ganz da und fing unsere Töchter in seinen Händen auf.

Einige Jahre später hatte ich dann bei der Geburt meines Sohnes das Glück, neben meinem Mann und meinen beiden Töchtern (sie waren inzwischen acht und zehn Jahre alt) auch noch eine Frau um mich zu haben. Sie hatte noch keine Erfahrungen mit Geburten gemacht, aber sie brachte das Wichtigste mit: ein feines Gespür für das, was gerade gebraucht wurde. Ich hockte in der warmen Morgensonne auf unserer Gartenwiese und sie streichelte und massierte meinen Rücken. Zuvor hatte sie sich um meine ältere Tochter gekümmert, der die Geburt zu nahe ging und die lieber in einiger Entfernung dabei war. Meine jüngste Tochter war die ganze Zeit neben mir und verfolgte gebannt alles, was passierte.
Die Wehen waren kaum schmerzhaft und die Abstände von Anfang an kurz. Ich fühlte mich verrückt und lebendig, musste gleichzeitig weinen und lauthals lachen  – und da konnte ich auch schon das kleine Köpfchen in meiner Scheide ertasten! Welch unbändige Freude durchströmte mich! Kurz darauf war das Köpfchen da und meine Familie konnte das kleine Gesichtchen sehen. Mein Mann empfing unser Kind in seinen Händen und rief beglückt „Es ist ein Junge!“ Wir alle waren selig! Den ganzen Tag verbrachten wir noch in Festtagsstimmung auf unserer sonnigen Gartenwiese.

Am nächsten Morgen erwachte ich voller Kraft und unbändigem Tatendrang. Ich band meinen nackten Sohn vor meiner Brust liegend in ein Tragetuch und lief weit in den Wald hinein zu meinem Lieblingsplatz in einem verwunschenen Kesselmoor. Ich war voll innerem Jubel: Ich habe einen Sohn! Der ganze Wald war Zeuge meines Glücks. Ich hatte nicht die geringsten Schmerzen und fühlte mich frisch und zu neuem Leben erwacht.

*Ich kann dieses Buch nur eingeschränkt empfehlen. Mir war es teilweise zu esoterisch.

Ein Gedanke zu „Gedanken einer dreifachen Alleingeburtsmutter“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert