Liebe voll verbunden statt lieblos entbunden – Alleingeburt beim zweiten Kind

Hallo, liebe Leser! Ich darf heute einen – wie ich finde – ganz bezaubernden Bericht mit euch teilen. Die erste Geburt dieser Frau fand im Krankenhaus statt. Die zweite dann daheim in Eigenregie. Hier berichtet sie über diese Geburt Geburt, aber auch über ihren Weg hin zu mehr Selbstbestimmung. Eine Lieblingsstelle von mir: 

„Wenn es um einen herum ganz still wird, kann man unglaubliche Dinge wahrnehmen.“

Aber lest selbst. 🙂

Nach der Geburt meines ersten Sohnes war mir klar, so entmündigt möchte ich mich in meinem Leben nimmer mehr fühlen. Eine angstbesetzte Schwangerschaft, mit eingeleiteter Geburt als Finale. Durch Unwissenheit ließ ich all die Interventionen zu und fühlte mich dabei oft gar nicht mehr wie eine erwachsene Frau. Trotzdem war der Moment, in dem ich meinen Sohn das erste Mal im Arm halten und stillen durfte, der schönste meines Lebens. Nun hatte ich für das Leben meines Sohnes ab Geburt recht konkrete Vorstellungen: Stillen nach Bedarf, keinerlei Impfungen, Familienbett, Tragen, windelfrei … Ich hatte nur leider die Schwangerschaft und Geburt schlicht nicht berücksichtigt. Aber man entwickelt sich ja weiter. Von nun an machte ich die bewusste Erfahrung, dass wildfremde Menschen über mich und das Leben meines Sohnes bestimmen wollten. Da fiel irgendwie über die Zeit der sprichwörtliche Groschen.

Die Schwangerschaft mit meinem zweiten Sohn begann leider mit einer recht starken Blutung, was mich doch wieder in die Hände meiner Frauenärztin trieb. Dort wurde mir auch sogleich die Hoffnung auf eine intakte Schwangerschaft genommen. Meine Anmerkung, ich hätte einen sehr langen Zyklus und das kleine Wesen in meinem Bauch sei zwei Wochen jünger als es die gängigen Errechnungsmethoden sagen, wurde belächelt. Nun gut, zwei Termine später war da „plötzlich“ ein Kindlein und der voraussichtliche Geburtstermin wurde um meine bereits bemerkten zwei Wochen nach hinten korrigiert ;-).

Ich fühlte mich von Mal zu Mal unwohler und erlaubte keine vaginalen Untersuchungen mehr, was ich stichhaltig begründen sollte. Ich spürte die Verärgerung meiner doch sonst so zurückhaltenden Ärztin. Dann sagte sie mir, dass sie schließlich die Verantwortung trüge und das war der letzte Schups in die richtige Richtung. Von nun an gab ich mir und meiner innewohnenden Intuition eine Chance. Arztstimmen können ja so laut sein! Wenn es um einen herum ganz still wird, kann man unglaubliche Dinge wahrnehmen.

Von dieser Warte aus betrachtet, schmerzte mich mein erstes Schwangerschafts- und Geburtserlebnis noch bewusster. Eine Zeit der Aufarbeitung und Selbstfindung begann, was für eine Chance. Ich bin heute tatsächlich eine andere. Die, von der ich schon sooft träumte, wird realer und ich habe solch eine Freude, ihrer Entwicklung zuzusehen. Werde, wer du bist, sagte ein wissender Philosoph.

Meine Vorbereitung auf die Geburt, über Bücher und Geburtsberichte all dieser mutigen selbstbestimmten Frauen, mündete aufgeregt freudig und etwas ungewiss am 09.05.16, in mittäglichen regelmäßigen Zehnminutenwellen. Etwa zwei Stunden lang und dann plötzlich alle fünf Minuten regelmäßig ebenfalls zwei Stunden lang, jedoch nicht sehr kräftig. Dann… Ruhe. Die sprichwörtliche vor dem Sturm, obwohl es Sturm nicht wirklich trifft, ehr Brise.

So war es Abend geworden und ganz still um uns, meinen Sohn, meine Frau und mich. Gegen 21.00 Uhr dann eine sehr kräftige Welle, gerade zu Beginn vom aufgezeichneten Börne und Thiel Tatort. Den haben wir bis heute nicht zu Ende gesehen 😉 … Ab dort zehnminütig gut zu veratmen bis 23.00 Uhr, dann hielt ich es liegend im Bett nicht mehr aus und weckte meine Liebste aus ihrem wohlverdienten Schlaf.

Wir betteten unseren schlummernden Sohn auf dem Sofa und verkrümelten uns still und leise im Bad. Dort blieb ich, bis zum Impuls in die Wanne zu steigen, recht komfortabel mit jeweils einem Buch als Erhöhung unter den Füßen (alte und neue Rechtschreibung, hihi…), auf der Toilette sitzen und ganz in meinem Geburtsmikrokosmos versunken. Alle drei Minuten ganz mitreißende Wellen auf mein Baby zu. Ich war wie im Rausch. Es war urgewaltig wundervoll. Dann ein zartes Plop, Fruchtblase geplatzt, im gleichen Zuge der Schleimpfropf gelöst und nun wusste ich, es ist ganz bald soweit.

Meine Liebste war meine stille Begleiterin, meine Gefährtin, einfach nur da. Ich stieg in die warme Badewanne und die Wellen wandelten sich unmittelbar in den unbezwingbaren Drang zum Pressen. Es war ein so mächtiges Gefühl, ich lachte glücklich und flüsterte: Langsam… Ich tastete nach seinem Köpfchen, aber dort war nur absolute Weichheit zu spüren. Meine Berührung löste sogleich die nächste Welle aus und als ich wieder tastete, spürte ich die Wölbung des Kopfes. Mit einem euphorischen Lachen wurde der Kopf geboren und bewegte sich zwischen meinen Schenkeln hin und her. Ein irres Gefühl. Ein kleiner selbstbestimmter NEIN-Sager. Und so unendlich weiches Haar. Liebste, dass musst du fühlen und schon ihre Hand gepackt und an seinen Kopf geführt. Pure Glückseligkeit. Die nächste Welle brachte mit einer Drehung seinen kleinen Körper zu uns.

Die Zeit war dahin geflogen, um 1.57 Uhr am 10.5.16 entließ mein Tor zur Welt meinen zweiten Sohn ins warme Nass. Unter der Wasseroberfläche konnten wir ihn das erste Mal betrachten. Er hatte seinen Mund zu einem Begrüßungsschrei geöffnet und es fiel mir schwer, ihn nicht in einem Anflug von Panik unsanft aus dem Wasser zu reißen. Kaum mit dem Kopf aus dem Wasser gehoben, brüllte er auch schon ein kräftiges Hallo und kuschelte sich im warmen Wasser auf meiner Brust zusammen. Alles gut, rosig und wundervoll. 3400g, 57 stolze cm und einen Kopfumfang von 36 cm.

Für die Geburt der Plazenta zogen wir auf’s Sofa nach nebenan. Etwa zwei Stunden nach der Geburt, gegen vier Uhr, mit einer recht starken Welle war es soweit. Unser verschlafener Erstgeborener kam im perfekten Moment dazu und bestaunte seinen kleinen Bruder und auch die Plazenta interessierte ihn sehr. Wir hatten im Vorfeld viel darüber gesprochen und er hatte so überhaupt keine Berührungsängste.

Ein traumhaftes Wochenbett mit Lotusgeburt und Selbstabnabelung vier Tage nach der Geburt folgten. Ein kräftiger Tritt und der Übergang in unsere Welt war vollendet. Eine Geburt, welche so wundervoll perfekt, in unserem heutigen Gesundheitssystem niemals möglich gewesen wäre.

Danke, Sarah und all den tollen Frauen da draußen, welche um diese vollkommene Weiblichkeit wissen.

 

 

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