Elisabeth – meine dritte Alleingeburt

Jetzt habe auch ich mal wieder ein Baby bekommen und darf euch davon berichten. Es schon wieder fast 3 Wochen her, dass unser viertes Kind auf die Welt gekommen ist. Wie schnell die Zeit vergeht und wie schnell man den großen Bauch vergisst, den man so lange mit sich herumgetragen hat!
Meine Schwangerschaft verlief wie die anderen auch: unspektakulär. Ich verzichtete wieder auf die offizielle Vorsorge und den damit verbundenen Stress und sorgte selbst dafür, dass es mir und dem Baby gut ging. Deshalb gab es auch keinen Termindruck, als der von mir errechnete Geburtstermin überschritten war. Fünf Tage über Termin hatte ich dann ab dem Nachmittag immer mal eine deutliche Wehe, aber das war auch schon ein paar Tage eher passiert, ohne dass die Geburt begonnen hatte. Nachts nahmen die Wehen an Intensität zu, so dass ich sie beatmen musste. Die Abstände waren aber mit 15 bis 30 Minuten zu groß um eine baldige Geburt erwarten zu lassen. Ich zwang mich, im Bett liegen zu bleiben und zwischendurch zu schlafen. Gegen 2 Uhr in der Nacht dachte ich dann doch, dass ich das im Liegen nicht mehr aushalte. Ich begann, die notwendigen Sachen im Wohnzimmer zusammenzutragen – für eine Draußengeburt war es auch jetzt Ende April immer noch deutlich zu kalt – und mich auf die Geburt einzustellen. Aber während ich räumte kam keine einzige Wehe mehr. Also ging ich wieder ins Bett, wo die Wehen wie gehabt in großen Abständen aber kräftig wiederkamen. Ich schlief trotzdem in jeder freien Minute. Man weiß ja nie, wie lange man noch durchhalten muss. Vormittags ging es dann so weiter. Ab und zu eine kräftige Wehe. Bald fiel es mir immer schwerer, die Kinder mit ihren vielen Forderungen zu bedienen und gleichzeitig meine Wehen zu beatmen. Ich ging schnell ins Bad, schloss zu, beatmete die Wehe, und kam wieder raus, um den davor wartenden Jungs eine Banane zu geben, den Popo zu putzen und was sonst so minütlich mit kleinen Kindern anfällt. Jetzt kamen die Wehen auch dichter und wollten vertönt werden. Es ging also endlich richtig los! Die Jungs kriegten das nicht wirklich mit und begannen mich zu stören.
„Mama, mach mir Apfelsterne!“, forderte unser Zweiter fröhlich, während ich tönend über dem Küchentisch hing.
„Ich kann jetzt nicht, ich muss jetzt das Baby kriegen.“
„Mama, ich will Apfelsterne!“
„Jonathan, ich kann jetzt echt nicht. Das Baby will rauskommen!“
„Mama, mach mir APFELSTERNE!“
Dummerweise war unsere Oma gerade an diesem Vormittag unterwegs, und zwar recht weit weg. Wir hatten sie auch ohne Vorwarnung ziehen lassen, weil es bei den großen Wehenabständen ja nicht klar gewesen war, wann es nun richtig losgeht. Mein Mann rief eine Nachbarin an, die sich angeboten hatte, einzuspringen. Da ging aber keiner ans Telefon. Also schlug mein Mann vor, die Kinder zu nehmen und einfach wegzufahren, damit ich in Ruhe gebären konnte. So ein Vorschlag von meinem Mann! Ich war platt. Aber das wollte ich dann doch nicht. Jetzt hatte ich mich darauf eingestellt, dass er dabei war, und wer sollte denn sonst die Fotos machen und filmen?
Gleichzeitig brütete die Große noch an ihrem letzten Trotzanfall. Ich hatte ihr eigentlich versprochen, dass sie bei der Geburt dabei sein durfte, aber jetzt reizte sie mich mit ständigem „Nö, aber“ und ihren Diskussionen so sehr, dass ich sie mit den Jungs ausquartieren wollte. Mein Mann telefonierte noch einmal mit seiner Mutter, die irgendwo unterwegs war. Die hatte den Einfall, noch eine andere Nachbarin zu fragen. Wir riefen also Bodil an, die tatsächlich zuhause war und Zeit hatte. Gegen halb 12 brachte mein Mann die Jungs dorthin. Johanna versprach hoch und heilig lieb zu sein und durfte im allerletzten Moment bleiben. Endlich kehrte Ruhe im Haus ein und ich konnte mich auf mich und meine Wehen konzentrieren. Ich hatte das Bedürfnis herumzulaufen und wanderte im Wohnzimmer auf und ab. Die Wehen veratmete ich mal auf das Klavier, mal gegen den Türrahmen gestützt. Mein Mann war schnell wieder da. Er setzte sich mit Johanna hin und die beiden guckten ein Buch an, während ich mich durch die Wehen tönte. Erst begann er laut vorzulesen, aber das konnte ich gar nicht ertragen. Stille war das Beste. Ich wanderte weiter wehend durch die Stube. Bei den Übergangswehen zog es mich dann nach nebenan ins Spielzimmer. Das Bedürfnis, nicht gesehen und beobachtet zu werden machte sich bemerkbar. Die Übergangswehen waren schon heftig. Ich versuchte zu singen, was mir bei den letzten beiden Geburten so gut geholfen hatte, aber das ging diesmal irgendwie gar nicht. Dann die erste Wehe, die sich am Schluss schon nach Pressen anfühlte. Endlich! Jetzt war es bald geschafft. Viel mehr von diesen Übergangswehen hätte ich nicht haben wollen.
„Jetzt kannst du filmen“, sagte ich zu meinem Mann.
Stehend, abgestützt zwischen Kachelofen und Regal, ließen sich die Presswehen am besten bewältigen. Ich presste was ich konnte. Ich musste pressen. Sanft rausatmen? Pustekuchen. Presslust trifft es eher. Ich spürte, wie der Kopf sich zu bewegen begann. Nach der ersten Presswehe rutschte er wieder zurück, bei der nächsten kam er tiefer. Es war heftig, gewaltig, wenn auch nicht ganz schmerzfrei. Dann spürte ich schon den Kopf kommen und im nächsten Moment glitt unser Baby in meine Hände. Ein Mädchen! Ich habe ein Mädchen! Ein kurzer Blick auf die Uhr: 12.16 Uhr. Dann wurde unser Lieschen ausführlich bewundert, nicht zuletzt von seiner großen Schwester, die eifrig alles beobachtete und kommentierte. Wir zogen schließlich aufs Sofa um und eine halbe Stunde nach der Geburt stillte sie zum ersten Mal richtig. Dann kam auch die Oma von ihrer Fahrt zurück (hat zum Glück trotz aller Aufregung keinen Unfall gebaut). Sie ging zur Nachbarin, die Jungs holen, die ihre kleine Schwester schon eine Stunde nach ihrer Geburt ebenfalls begrüßen konnten.

Gewicht: 3400g, Länge: 49 cm, Kopfumfang: 35 cm

OLYMPUS DIGITAL CAMERA
OLYMPUS DIGITAL CAMERA

16 Gedanken zu „Elisabeth – meine dritte Alleingeburt“

  1. WUNDERSCHÖN!
    Hab Tränen in den Augen……………UND ich mußte auch lachen zwischendurch über deinen Kampf mit dem Glibber des Schleimpfropfes…..grins…..
    Danke für dieses schöne Video, das wieder mal zeigt, wie unproblematisch und unspektakulär frau gebären kann, wenn man nicht drin rummurkst!
    Alles Glück dieser Erde Eurer kleinen Tochter!

    1. So, bitte nicht wundern: Ich hab den Link zum Video hier rausgenommen. Ich möchte zwar, dass das Video zwecks Aufklärung und Mutmachen öffentlich ist, aber nicht, dass es so leicht mit meiner Person und meinem Namen in Verbindung gebracht werden kann. Aus meiner Verwandtschaft gab es da wenig begeisterte Reaktionen. Also wer das Video sehen will, schreibt mich an oder sucht selbst bei Youtube unter den entsprechenden Suchbegriffen. Danke!

  2. Liebe Sarah,

    ich bin begeistert von deinen Erlebnissen und du bestärkst mich trotz heftigem Gegenwind aus Familie, Freunde, Bekannte, usw. dies in gut 3 Monaten auch durch zuziehen.

    Ich würde Dich gerne in ein paar Punkten noch um Rat fragen – in einer Email wenn es möglich ist – finde aber nirgends eine Adresse… Könntest du Dich vielleicht unter XXXX bei mir melden?

    Vielen lieben Dank im Vorraus,
    Lena

  3. Hallo,

    ich will dir erst einmal sagen, dass ich es wirklich beeindruckend finde mit welcher Natürlichkeit, Stärke und Zutrauen in deinen Körper du deine kleine Elisabeth bekommen hast. Wenn man auf Youtube die anderen Filme im Vergleich sieht (CTG Gürtel, weiße Kittel und Rückenlage), dann wird der Kontrast besonders deutlich…und macht mich doch nachdenklich und hat meine Sicht der Dinge schon verändert.

    Nur eine Frage: warum denn in der Schwangerschaft keine einzige Untersuchung? Hat denn medizinische Vorsorge zwangsläufig zur Folge keine selbstbestimmte Geburt mehr haben zu können? Du hast nach Körpergefühl und wahrscheinlich auch mit einem dir eigenen Gottvertrauen die Geburt angstfrei geschehen lassen, ABER warum das Risiko für dein Kind eingehen, nicht zu wissen, ob es z.B. nach der Geburt sofort medizinische Hilfe braucht? Nicht weil du es alleine gebierst oder eine Geburt Komplikationen haben kann, sondern weil es z.B. einen Herzfehler haben könnte oder eine andere organische Fehlentwicklung, die eine medizinische Versorgung nach der Geburt notwendig und überlebenswichtig macht. Okay – das sind alles seltene Fälle, aber doch Realitäten, die eine halbe Stunde Ultraschall zumindest mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus dem Weg räumen kann. Würde es dabei nicht einfach um dein Kind gehen und nicht darum, dich als Frau einer Krankenhausroutine zu unterwerfen? Nur eine Untersuchung und dann mit dem Wissen, dass dein Kind gesund entwickelt ist, selbstverantwortlich und allein in eine Geburt gehen…warum bist du diesen Weg nie gegangen? Warum nicht die Vorteile der Medizin fürs Kind nutzen und dann wieder den eigenen Weg verfolgen…? Das kann ich schwer verstehen.
    LG

    1. Danke für deinen Beitrag.
      Ja, man könnte meinen: einmal Ultraschall machen und man weiß, ob das Kind gesund ist. Schön wäre es, wenn dem so wäre. Bei meinem ersten Kind habe ich noch jeden US brav mitgemacht. Ergebnis? Man sah gestaute Nierenbecken beim Kind. Ein Soft-Marker für Trisomie 21! Uns wurde vom untersuchenden Arzt eine Fruchtwasserpunktion angeraten, damit man im Fall des Falles „aus der Schwangerschaft aussteigen“ kann. Ich war die restliche Schwangerschaft über beunruhigt (Fruchtwasserpunktion wegen hohem Fehlgeburtsreisiko dankend abgelehnt), aber viele US-Kontrollen folgten. Am Ende war unser Kind kerngesund. Ich hätte diese Schwangerschaft unbeschwert genießen können, wäre da nicht der blöde Ultraschall gewesen! Es ist nämlich leider nicht so, dass der Ultraschall eine 100%ige Aussagekraft hat. Wenn er das hätte, dann wäre ich sicherlich dafür gewesen, eine Untersuchung machen zu lassen. Aber solange man Dinge sieht, die nicht schlimm sind, dafür dann aber verrückt gemacht wird, und auf der anderen Seite schwere Fehlbildungen übersehen werden (auch das ist nicht so selten),will ich keine Ultraschallorakel.

  4. Vielen Dank für das Video! Total faszinierend! Respekt! Ich würde mir das nie zutrauen. Hatte immer zu große Schmerzen. 1. Geburt PDA, Sterngucker, Dammschnitt und -riss, 2. Geburt ganz natürlich wider Willen, innert 2,5h, grad noch ins Spital geschafft, dachte die Schmerzen bringen mich um, war total panisch, hab laut geschrien. Es war schnell vorbei aber der Horror für mich. Allein Zuhause? Unmöglich… Aber es wäre schön!

  5. Deine Berichte machen mir wirklich Mut, es dieses Mal auch alleine zu versuchen. Es ist mein 7. Kind und ich kriege Zustände beim Gedanken daran, ins Krankenhaus zu gehen. Leider lässt meine meine Hebamme, die auch Hausgeburten betreut dieses Mal leider im Stich.

  6. Danke für Eure herrlichen Geburtsberichte, die sind wirklich unglaublich bereichernd und beruhigend, einfach wunderbar!

    Ich bin gerade in der 38. Ssw und plane eine
    Alleingeburt für mich und unser zweites Kind, denn unsere erste Tochter kam per Sectio zur Welt, sie war 16 Tage über Termin, BEL und unsere Hebammen damals haben uns daher mal eben an die Klinik weitergegeben, die dann so entschied – wir hatten damals zu viel Angst, es allein zu machen, es war dramatisch!
    Diesmal habe ich so ziemlich alles abgelehnt, was nur geht, habe – primär um später Konflikte beim „Kind anmelden“ und KiA zu vermeiden – eine Hebamme gefunden, die am wenigsten verlangt und Verständnis zeigt und von ihr nur die „nötigsten“ Blutuntersuchungen, Bauch ausmessen, Herztöne hören lassen – wenn auch äußerst widerwillig. Die Vertretungshebamme allerdings, die gerufen werden soll, falls unsere bei der Geburt gerade weiter weg sein sollte, hat uns dann gestern zum Gespräch zu sich diktiert und uns recht grob ihre Bedingungen genannt: 1. Möchte sie eine weitere Blutuntersuchung auf Hep B, da sie nicht zur Verantwortung gezogen werden möchte, wenn sich ein Kind bei der Geburt bei seiner Mutter ansteckt. Wir müssen „Verantwortung für unser Kind übernehmen!“.
    2. Möchte sie mich bei einem FA vorstellen, der per Ultraschall die Lage meiner Plazenta herausfindet. Ihre Worte waren: „Wenn die Plazenta auf der KS-Narbe liegt verblutest du, so schnell kannst du nicht gucken, diese Blutung lässt sich nicht stoppen! Und jetzt denk mal an deinen Mann, der steht dann mit zwei kleinen Kindern plötzlich alleine da.“ Sie hätte mal so einen Fall gehabt, da hätte sie den Rettungswagen gerufen und sie hätten die Frau dann in der Klinik ausgeschabt, so dass sie dann auch abends schon wieder heim gekonnt hätte. (Sorry, aber wo war da jetzt der Tod?)
    Ihr ginge es ja um das Wohl des Kindes und da müsse sie an unseren Verstand appelieren, da dürfe man einfach nicht so verantwortungslos sein!

    Wir waren nach diesem Gespräch gestern Abend echt platt, wollen sie auch als Vertretung ablehnen, hoffen jetzt nur, dass sich unsere Hebamme nicht noch auf den letzten Metern von Ihr anstecken lässt.

    Ich versuche mit allen Mitteln mir meinen Mut zu erhalten.
    Wisst Ihr vielleicht irgendetwas für den Notfall bei Sturzblutungen?

    1. Es ist ziemlich ausgeschlossen, dass du nach der Geburt innerhalb von ein paar Minuten verblutest. Bei einer Untersuchung mütterlicher Todesfälle starb keine Frau früher als 1 1/2 Stunden nach der Geburt. Das heißt, du verlierst pro Zeiteinheit nicht so viel Blut, dass es zum schnellen Sterben reicht. Sollte die Plazenta wirklich an der Narbe festgewachsen sein, wird sie sich nicht vollständig lösen und es kann auch ordentlich bluten, weil sich die Gebärmutter nicht richtig zusammenziehen kann, solange die Plazenta noch drin ist.
      Da du den Kaiserschnitt im Gepäck hast, wäre es allerdings eine gute Idee, festzustellen, wo die Plazenta liegt, bzw. sich zu vergewissern, dass sie nicht tief, also über der Narbe sitzt. Dazu brauchst du nicht unbedingt einen Ultraschall. Mit dem Fetoskop kann man die Plazenta, wenn sie an der Vorderwand sitzt, anhand ihres Rauschens (man hört den Blutfluss darin) lokalisieren. Die Lage des Kindes gibt außerdem Aufschluss über den Sitz der Plazenta. Meist legt sich das Kind der Plazenta gegenüber, mit dem Bauch zu ihr gerichtet. Ist das Kind vorn gut zu tasten, liegt die Plazenta wahrscheinlich nicht dort, sonst wäre das mit den Tasten schwierig.
      Ich kann verstehen, dass ihr nach dem Hebammengespräch platt wart. Sie ist halt die, die nachher zur Verantwortung gezogen wird, und hat Angst.
      Dein Risiko ist im Vergleich zu einer Geburt ohne KS-Vorgeschichte aber kaum erhöht. Du solltest halt im Hinterkopf haben, dass starke Dauerschmerzen unter der Geburt ein Alarmzeichen sei können. Vor allem musst du, wie jede andere Alleingebärerin, gut in dich reinhören, mutig und umsichtig vorwärts gehen und der Angst keine Chance geben. Diese Vertretungshebamme wäre dir unter der Geburt mit ihrer Angst sicher keine große Hilfe, das weißt du wahrscheinlich auch. Ich wünsche euch Gelassenheit, Weisheit und Vertrauen für euren Weg!

Schreibe einen Kommentar zu Melian Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert