Eine Freundin von mir erwartete ihr erstes Kind. Sie hatte Angst vor der Geburt, wollte zuerst einen Wunsch-KS. Wir redeten viel, ich schenkte ihr ein gutes Buch und schließlich sah sie der Geburt doch recht optimistisch entgegen. Aber dann kam und ging der Termin und kein Baby kam. Das beunruhigte sie auch nicht weiter, sie war gern schwanger. Allerdings mußte sie nun alle 2 Tage zum CTG. Auch das war zunächst nicht weiter schlimm. Eine Woche verging, immer noch kein Baby. Jetzt sollte sie jeden Tag zum CTG erscheinen. Als der Termin um 8 oder 9 Tage überschritten war, erwähnte der Arzt im Nebensatz, daß man doch morgen die Sache ein bißchen anstupsen wollte. Meine Freundin horchte auf. So hatte sie sich das nicht vorgestellt. Sie rief mich an und mit allem was mir an Fakten und Ermunterung einfiel, ermutigte ich sie, die Sache abzulehnen. Was sie auch tat. Der Arzt war natürlich nicht begeistert, das Wochenende stand bevor und schon sein letztes war schlecht gewesen. Er meinte, er akzeptiere natürlich ihre Meinung, müsse aber darauf hinweisen, daß die Plazenta schon ein bißchen verkalkt sein und man nie wisse, wie lange die noch richtig arbeite. Die Herztöne seien ja auch gut, also solle man doch die Geburt beginnen, bevor sich das ändert. Von nun an ging meine Freundin jeden Tag zum CTG und jeden Tag wurden die Drohungen der Ärzte etwas schärfer. Sie traf gleichzeitig auch Hebammen, die sie ermutigten, zu warten, aber die verschwanden, sobald der Arzt auftauchte. Schließlich war sie mit den Nerven so fertig, daß sie auf dem Parkplatz vor dem Krankenhaus in Tränen ausbrach. Aber ihr Glaube an die Ärzte und das CTG (das immer gut war), war stärker als alle widerstrebenden Gefühle und so ging sie weiter brav hin, hörte sich jeden Tag von neuem an, wie verantwortungslos es wäre, zu warten und das Leben des Kindes zu gefährden, bis sie am 14. Tag nach Termin der Einleitung zustimmte („Die Geburt nur ein bißchen anstupsen!“). Es wurde Gel gelegt, früh und nachmittags. Leichtes Ziehen für 2 Stunden, sonst nichts. Nächster Tag: Gel früh und nachmittags. So wie am Tag vorher: Etwas Ziehen kurz danach, sonst nichts. Dritter Tag: Gel früh und nachmittags. Leichtes Ziehen, unreifer Muttermundbefund. Nichts passierte! Gar nichts. Es gab hitzige Diskussionen über das weitere Vorgehen zwischen dem Oberarzt und meiner Freundin, während sie mit ausgebreitetem Unterleib auf dem Gynstuhl lag. Es gab nämlich zwei Ärzte und die waren sich nicht einig, was man jetzt tun sollte und meine Freundin vertraute dem einen, der aber nicht für sie zuständig war. Der hielt den Tropf für die letzte Möglichkeit, bevor man einen Kaiserschnitt machen müßte, der andere wollte einfach mit dem bisherigen Schema des Einleitens weitermachen und ein dritter hatte eher am Tag geäußert, daß der Tropf bei dem unreifen Muttermundbefund Quatsch sei.
Nach 3 Tagen zermürbendem Hoffen und Warten und unzähligen vaginalen Untersuchungen, war meine Freundin schließlich am Ende. Da der Oxytocintropf die einzige Alternative war, die ihr angeboten wurde, verlangte sie den Kaiserschnitt. Das würde wenigstens die Quälerei endlich beenden. Der Arzt meinte, die Herztöne seien gut, es gäbe keinen Grund zur Eile, aber wenn sie darauf bestehe….
Dann aber siegte die Natur in letzter Stunde doch noch. Meine Freundin bekam am selben Abend einen Blasensprung und Wehen und in der Nacht wurde ihr Mädchen geboren, gesund, mit nur leichten Übertragunszeichen. Unter Anwendung von PDA, Wehentropf, Kristellern, Dammschnitt und in Rückenlage, aber es wurde wenigstens kein Kaiserschnitt!
Ich bin erleichtert, aber es tut mir weh, solche Geschichten zu hören. In welcher Erinnerung wird sie diese Geburt behalten? Wie wird sie das Trauma verarbeiten? Warum hat man ihr nicht die Traumgeburt gelassen, die ihr zugestanden hätte? Warum hat sie sich nicht die Bedingungen geschaffen, die ihre Traumgeburt möglich gemacht hätten?
Übrigens: Hier in Schweden darf man völlig unbehelligt 14 Tage über Termin gehen. Ohne CTG-Termin, ohne überhaupt irgendeine Kontrolle. Bis vor kurzem war es noch so, daß man nach 14 Tagen wieder hinging und dann wurde weiter gesehen. Weil die Frauen aber so ungeduldig sind, wird jetzt nach Punkt 14 Tagen eingeleitet. Ein Drama ist über den Termin gehen trotzdem nicht. Vielleicht liegt es daran, daß Ärzte mit der Schwangerenbetreuung nichts zu tun haben, solange alles normal läuft. Dafür sind hier ganz allein die Hebammen zuständig. Mit einer enstprechend niedrigen Kaiserschnittrate von immerhin nur 18%. (Deutschland inzwischen:30%)
Seufz. Jaul. Wein.
mich wundert es nicht dass bei so einer Außenwelt die Babys lieber drinnen bleiben wollen…
Bei so viel Dilettantismus bekomme ich jedes Mal von Neuem einen Zorn – hier von Fachleuten zu sprechen ist völlig ungerechtfertigt, da kann ich mir gleich selber einen weißen Kittel anziehen und mich Ärztin nennen.
Bangemachen gilt nicht. Erhöht auf jeden Fall die Wahrscheinlichkeit für Komplikationen, wie neulich in der FAS zum Thema Nocebo Effekt gelesen.
In D ist man auch gleich verantwortungslos wenn man sich während der Schwangerschaft nur durch eine Hebamme beteuen lässt. Hier wurde den Eltern alles aus der Hand genommen. Natürlichkeit, Würde, das Gefühl für sich selbst und sein Baby, das Vertrauen auf seine eigenen Fähigkeiten als Frau…
Ich selbst habe meinen nun fast 6 jährigen per KS geboren, lag 24 stunden in den Wehen, hätte so gern normal entbunden, aber meine Blutwerte wurden laut Ärzten so schlecht, dass ein KS nötig war.
Ich habe mich bis zuletzt sehr gut gefühlt und konnte keine Veränderung an mir feststellen.
Mein Sohn war sehr groß und schwer, ich hätte noch ein wenig Zeit gebraucht für eine normale Geburt.
Mein Muttermund war voll geöffnet und ich hatte bereits Presswehen.
Daraus nehme ich mit, dass ich soetwas nie wieder mit mir und meinem Kind machen lassen würde.
Ich würde trotz vorangegangenem KS nicht in ein Krankenhaus gehen, mich alle halbe Stunde von vielen verschiedenen Ärzten untersuchen lassen wie eine Kuh.
Wer kann sich dabei schon entspannen und ein Kind zur Welt bringen?
Ich würde mir mein Gefühl und mein Instinkt als Mutter nicht nocheinmal nehmen lassen.
Zum Glück konnte deine Freundin doch normal entbinden. Die Umstände sind natürlich nicht so traumhaft.
Ich könnt grad heulen, echt.
Das liest sich ganz genau wie meine zweite Geburt. Am schlimmsten empfand ich das kristellern, ich fühlte mich wie vergewaltigt. Die erste endete, dank solcher Ärzte, im Kaiserschnitt.
Ein drittes Kind ist geplant. Ich werde dieses Kind auf keinen Fall im KH entbinden und ich werde auch keine VU mehr durch den Gyn machen lassen. Ich hab diese ständige Kontrolle so satt. Wenn dem Kind was passieren wird, so tut es das auch mit Kontrolle, das machts nicht besser.
Meine Schwägerin wurde im KH der MuMu aufgedehnt und über das Köpfchen gezogen, weils der Hebamme nicht schnell genug ging. Von oben wurde noch hzusätzlich kristellert. 🙁 Ich finde das so schlimm.
LG
>Ich finde das so schlimm.
Ja, ich auch! Es tut mir leid, was dir passiert ist. Wenn man als Frau heutzutage nicht zufällig ein Quäntchen Vertrauen in die eigene Intuition und das eigene Körpergefühl behalten hat, hat man als Schwangere kaum eine Chance dem „Schlächter“ zu entkommen, bei aller Fehl- und Nichtinformation, bei aller Angstmacherei. Bis dahin, daß die Frauen von heute ihrem eigenen Körper und seiner Gebärfähigkeit wieder vertrauen (und die Maßnahmen der Experten hinterfragen), ist noch ein weiter Weg.
Tja, wer denkt daß ihm eine (Zitat) Traumgeburt zusteht, sollte sich schonmal mehr anstrengen und dem ungeborenen Kind auch gleich mehr Dampf machen. Nicht immer den Ärzten die Schuld für das eigene Versagen geben. So von wegen selbstbestimmte Schwangerschaft und Geburt – hat alles zwei Seiten.
Im Kontext lesen, bitte. Mir ist schon klar, dass besagte Frau ihre Schwangerschaft nicht selbstbestimmt gelebt und erlebt hat. Obige Geschichte soll beispielhaft zeigen, wo man landen kann, wenn man sich dem geburtshilflichen System ausliefert.
Von Übertragung kann ich auch ein Lied singen – bei mir wollten die Ärzte nach 10 Tagen die Geburt einleiten, ich war dagegen, musste mich vor Gott und der Welt rechtfertigen. Und gleichzeitg natürlich eigene Zweifel: Ist es richtig, standhaft zu bleiben und auf die eigene Intuition zu hören? Ich habe durchgehalten und am 11. Tage ging die Geburt spontan los und verlief ohne Komplikationen. Der Beginn der Wehen war für mich übrigens die spannendste Sache der Welt. Ich habe ihn als einen fast schon spirituellen Moment erlebt, der in dieser Sekunde einen neuen Lebensabschnitt eingeläutet hat. Ich werde ihn nie vergessen und es macht mich traurig, dass mir diese Spontanität der Geburt beinahe durch unser medizinisches System genommen worden wäre – und so vielen Frauen, die vielleicht nur unsicher sind, genommen wird.
Meine zwete Geburt in ein paar Wochen wird zuhause stattfinden. Ich freue mich, selbst bestimmen zu dürfen, wie und in welchem Umfang ich bei der Geburt unterstützt werde.