Meine erste Alleingeburt

Am 1.7. 2008 war berechneter Termin. Von Johanna ausgehend rechnete ich schon damit, wieder über den Termin zu gehen. Als ich dann noch ein paar Tage vor Termin nachts mit Wehen wach lag, dachte ich, dass es nun wohl nicht mehr lange dauern würde. Aber dann beruhigte sich wieder alles. Ab dem 6.7. ungefähr hatte ich dann tagsüber immer mal harmlose Wehen. Am 8.7. waren sie stärker als die Tage zuvor, aber ich sagte noch niemandem was, weil ich nicht umsonst die Pferde scheu machen wollte. Irgendwie hatte ich aber schon so meinen Verdacht, denn am Abend kochte ich noch die Geburtssuppe (eine Hühnersuppe, wie wir auch zu Johannas Geburt hatten). Als ich abends im Bett gegen 11 Uhr noch Tagebuch schrieb, machte es plötzlich in meinem Bauch „plopp“. Ich merkte wie ich auslief, sprang schnell auf und klemmte mir das Handtuch zwischen die Beine, das ich für diesen Zweck bereitliegen hatte. Dann schrieb ich zu Ende Tagebuch und dachte mir, wie interessant, dass es diesmal so anfängt. Tim kam, ich erzählte ihm, dass ich einen Blasensprung hatte und weil ich immer weiter auslief und ich nicht sicher war, wie groß das Fassungsvermögen eines Handtuchs ist, bin ich in die Dusche gesprungen, wo es einen großen Platsch gab und alles aus mir rausfloss. Wir kicherten und fanden’s lustig, aber da sonst nichts weiter passierte, beschlossen wir, wieder ins Bett zu gehen und zu schlafen solange es ging.
Bei mir war an Schlafen dann doch nicht zu denken, da Bauchbaby wach war und um sich trat, ich weiter auslief und die Wehen nun alle 5 Minuten kamen. Veratmen musste ich zwar nicht, aber im Liegen war das einfach unangenehm. Ich bin durch’s Haus gewandert, aber das war nichts. Oben schlief Tim, unten Schwiegermama mit Johanna. Kein Platz um entspannt rumoren zu können. Gegen Mitternacht bin ich also raus in den Garten. Es war kühl, aber angenehm, still und unsere beiden Katzen schlichen um mich herum und leisteten mir Gesellschaft. Die Wehen wurden stärker und es half mir, währenddessen zu singen. Ich wanderte im dunklen Garten herum, besuchte meine Kaninchen oder saß auf dem Rand der Terrasse. Bald brauchten die Wehen immer mehr Aufmerksamkeit und ich wusste, dass es Zeit wurde, meinen Geburtsplatz aufzusuchen. Ich nahm den bereitstehenden Korb mit allen Utensilien, die ich dachte zu benötigen und wanderte den 5-Minuten-Weg in den Wald bis zu der Stelle, die mir mit ihren umgefallenen Bäumen, sitztauglichen Steinen und weichem Moos für die Geburt geeignet erschien. Ich breitete die Picknickdecke auf das nasse Moos und zwischen den Wehen saß ich da, lauschte der Stille des Waldes und dachte mir, wie unwirklich das alles ist. Mir wurde recht kühl und Durst bekam ich auch und bereute, weder Trinken noch eine Extra-Jacke mitgenommen zu haben. Wenn die Geburt sich länger hinziehen sollte, würde ich mir das holen müssen oder von meinem Mann bringen lassen. Die Wehen der Übergangsphase kamen bald, sämtliche Kälte war plötzlich verflogen und ich warf die Klamotten von mir. Keine Wehe ging in derselben Stellung auszuhalten und ich nutzte wirklich alle vorhandenen Möglichkeiten zum Sitzen, Hocken, Liegen etc.. Die Übergangsphase war wie bei den meisten Frauen am anstrengendsten, aber da ich das gelesen hatte, erkannte ich es wieder und wusste, dass es jetzt bald geschafft ist. Die Pressphase war noch mal recht intensiv und auch schmerzhaft. Ich gab mir Mühe, den Kopf langsam kommen zu lassen um nicht zu reißen (was auch klappte). Dann klemmte da so eine Melone direkt zwischen meinen Beinen und ich wusste gar nicht, wie ich mich positionieren sollte, ohne das da was im Weg war. Das Baby machte einen unangenehmen Strampler in mir, ich spürte, wie die Schultern sich bei der nächsten Wehe drehten und flutsch kam es raus in einem Schwall von Fruchtwasser. Dann (es war 3.19 Uhr auf meiner Uhr) lag er unter mir. Ein Junge! Also doch ein Junge! Ich nahm ihn hoch, spürte sein Herz schlagen, rubbelte ihn ein bisschen, hielt ihn ein Stück vorn übergebeugt, falls da noch Fruchtwasser rauswollte. Aber nichts dergleichen fehlte ihm. Es gab einfach keinen Anlass zu schreien. Er schaute nur interessiert um sich im ersten Zwielicht der Morgendämmerung. Ich wickelte ihn in das mitgebrachte Handtuch, machte ein Foto von ihm und rief dann den frischgebackenen Papa auf dem Handy an. Irgendwie hängte sich der Apparat auf, aber beim zweiten Rückrufversuch erreichte er mich. Ich sagte, er könne sein Kind begrüßen kommen, solle was zu trinken für mich mitbringen und was zum Putzen. Selbst in der Dämmerung sah ich, dass wir die Picknickdecke ganz schön eingesaut hatten. Letzteres war in dem Moment dann eigentlich unnötig und wurde später erledigt. Tim kam bewaffnet mit Taschenlampe, Küchentüchern und einer Kanne Wasser. Als er Jonathan sah, riet er am Gesicht, dass es ein Junge ist. Ich ließ ihn selber nachgucken. Dann sind wir zurück zum Haus gewandert. Nach ein paar Schritten merkte ich, dass die Plazenta kam. Die haben wir dann auch eingesammelt (hing ja noch am Kind) und dann sind wir heim. Ich hab geduscht und dann haben wir uns ins Bett gekuschelt und geschlafen. Am Nachmittag haben wir die Nabelschnur durchgeschnitten, den kleinen Kerl gemessen und gewogen: 3648 g (auf der Küchenwaage), 51 cm lang, 36 cm Kopfumfang.

Für Fotos von dieser Geburt hier entlang.

13 Gedanken zu „Meine erste Alleingeburt“

  1. Das klingt so schön. Ich hoffe ich darf meine nächste Geburt in ähnlicher Weise erleben. Meine Hebamme hat bereits zugesagt mich zu unterstützen. Ich wünsche dir und deiner Familie weiterhin diese Intuition, diese Kraft, diese Stärke.

    Carmen

  2. Was für ein wunderschöner Geburtsbericht. So würde ich mir meine Geburt auch wünschen.
    Mit einem vorangegangenen Kaiserschnitt und einer wirklich mies gelaufenen Geburt fürchte ich dass mir dazu der Mut fehlt. Ich wünschte ich hätte noch diesen beeindruckenden Optimismus denn Du in Deinem Blog (auch vor der Geburt) zum Thema hattest. Ich war bei meiner letzten Geburt auch völlig angstfrei. Im Vorfeld. Auch nach dem Blasensprung… Und dann lief es leider trotzdem schief…
    Dein Bericht hat mir echt nochmal zu denken gegeben, ich wünsche Euch alles Gute

    Anna

  3. Ich finde Deine Alleingeburt großartig und bin überzeugt davon, dass uns Frauen leider der Instinkt zu diesem archaischen, natürlichen Vorgang verloren geht! Ich hatte bei meinem zweiten Kind vor drei jahren eine Einleitung die im Not KS endete. Noch heute ist meine Tochter verhatensauffällig und ich hab ein Trauma. Vor genau einem Jahr wurde unser zweiter Sohn geboren und diesmal wollte ich keinen Pfusch riskieren und blieb zu Haus. Es war eine Traum-Haus-Wassergeburt und eigentlich auch eine Alleingeburt, weil mein Mann und die Hebamme nur zugeguckt haben. Keine Anfeuerungen oder Eingriffe. Aus diesem Erlebniss habe ich soviel Kraft geschöpft, dass mich Nichts mehr umhauen kann. Ich würde mir sogar zutrauen andere Babys auf die Welt zu holen. Leider brauchen die Frauen immer einen Hubschrauber über sich kreisen. Wo ich mich immer frage: Geht ihr um Sex zu haben auch ins KH? Eine Geburt ist meiner Meinung nach noch intimer als Sex. Die Energie folgt dem Gedanken, wer Angst hat und kein Selbstvertrauen wird auch im KH „Pannen“ erleben. Kann den Frauen nur empfehlen Bücher wie „Die selbstbestimmte Geburt“ zu lesen, oder „The Secret“. Liebe Grüße aus Hamburg!

  4. Hallo,

    wunderbare Seite…schöne Fotos…sehr bewegend….

    Ich danke dir für diesen Blog, dass du uns teilhaben lässt an deinen Erlebnissen und dazu beiträgst, dass mehr Frauen glücklich(e) Babys bekommen!

    Weiter so!

  5. Liebe Sarah,
    habe gerade Deinen Geburtsbericht gelesen, als ich im Zusammenhang mit dem Buchprojekt auf Deine Seite gestoßen bin. Welch ein wundervolles Erlebnis trägt da Dich und Deine Familie! Was bist Du für eine starke und naturverbundene Frau! Diese Verantwortung, die Du mit der Entscheidung Jonathan alleine in der Natur zur Welt zu bringen, übernommen hast, bewußt und mit ganzem Herzen Dich dafür entschieden hast, bewußt auch aller Konsequenzen – wirklich großartig! Ich wünsche Dir und Deinen Lieben alles Gute, für die Kids gutes Gedeihen in unserer Welt! Herzliche Grüße, Sonja.

  6. Sorry, ich finde eine solche Geburt einfach nur verantwortungslos. Ich selbst habe per Kaiserschnitt entbunden und würde jedes Mal wieder so entscheiden – eine sanfte und sichere Geburt fürs Kind.

    1. *lol* Also ich hab ein paar Mal bei KS-Entbindungen assistiert. Sanft war das sicherlich nicht. Und sicher? Statistiken geben klar dem normalen Weg den Vorrang. Ich kann aber verstehen, wenn man es aufgrund der eigenen Geschichte so glauben will.

  7. Kaiserschnitt käme für mich nicht in frage! man sollte nicht vergessen das es eine OP ist! ebenso ist es schade das man sein kind nicht sofort nehmen und stillen kann also für mich sehr unnatürlich –

  8. Hier noch eine späte Kritik:
    Das mit dem Langsamkommen stimmt nicht. Erstens reißt der Damm sowieso nicht, und zweitens ist die Depolarisation der Muskeln dann am Maximalsten, wenn auch die Presslust am Größten ist. Zsammzwicken zwickt zsamm, wie beim Scheißen.

  9. Ein toller Bericht!!
    Ich finde es super, dass Du ein ganz natürliches Ereignis so wunderbar im Einklang mit der Natur erleben wolltest und konntest.
    Es sollte viel selbstverständlicher sein, auf seinen Körper zu hören und der Natur nicht ins Handwerk zu pfuschen. Ich wünsche Dir und Deiner Familie noch eine Menge so schöner Erlebnisse.

  10. Wow, ich muss wirklich sagen, du hast mich bekehrt!!
    Ich habe mit 27 mein erstes Kind bekommen u. es war, naja ich konnte am Anfang nicht drüber reden ohne in Tränen auszubrechen; Ich hab mich immer sehr auf meinen Körper u. mein Gefühl verlassen u. wusste sehr schnell (ohne die typischen Ssw Anzeichen, dass ich ein Baby erwarte). Ich wollte es aber genau wissen, weil ich einen Op-Termin hatte, den ich bei positiv nicht wahrnehmen wollte. Meine FA hatte Urlaub u. die Vertretung hat mir sofort sämtliche Untersuchungen (Nackenfaltenmessung,…bis zur „selbstgemachten Creme gegen SswStreifen inkl. Preisliste hingeknallt) u. gleich den Terminplaner aufgeschlagen. Das hab ich denn mit der Begründung einfach erstmal „schwanger“ sein zu wollen abgelehnt u. als ich dann noch ihre „Vitaminpräparate 2×30 St. für 40€“ ablehnte hatte ich es ganz versch…. Die Frage warum denn diese Nackenfaltenmessung so wichtig sei, bekam ich mit der Gegenfrage „Wieso, wollen sie vielleicht ein behindertes Kind!!??!!“ „beantwortet“ Ich war so froh, als meine FÄ wieder da war, denn auf einmal hörte ich von diesen ganzen Sachen gar nichts mehr! Ich ließ ihr den mal die Liste samt Preisen lesen u. sie lachte u. sagte nur „oh mein Gott wie haben wir früher nur Kinder bekommen,nein nein das brauchen wir alles nicht“ Super,jetzt fühl ich mich wohl! Dann wollte mein Mann unbedingt zum „Baby watching“ (ich wusste schon, warum ich nicht wollte, wollte es ihm aber nicht verwehren … Würde ich heut nicht mehr tun!!) Schwupps, sagt mir doch die „äußerst Qualifizierte HEBAMME“ das wir eine Nabelschnurarterie haben, es aber zwei sein MÜSSEN u. das unser Kind im schlimmsten Fall nicht überlebensfähig wäre aber zumindest viel früher „geholt werden muss“ weil ich es nicht genügend versorgen kann!!; Aha,Termin beim „Spezialisten“ Kind ok aber MM 2 cm auf (24. Woche), nur noch liegen!! Heim, geheult, nach 2 Tagen auf der Couch solche Schmerzen gehabt, dass ich aufgestanden bin u. 3 Std. mit meinem Hund einfach über Wiesen u. durch Wälder spaziert bin – es ging mir wunderbar!! Wieder Termin bei meiner FÄ -> „Mädel, hör auf dein Herz, deinen Bauch, dein Gefühl u. sonst auf nix!“ Ok, ab jetzt nur noch ab u. zu zu ihr (war mir einfach wohler). Einen Tag vor Et machen wir mal ein CTG. „Oh schön, da sind Wehen drauf. Ab nach Hause u. entspannen.“ Ok, ich muss dazu sagen, bei meiner Mam kam ich innerhalb von 12 Min. ohne dass sie vorher „schmerzhafte Wehen“ hatte! Ich sagte meiner Fä noch, dass ich gar nix spürte u. ob es wirklich Wehen sind. „Überraschen lassen, alles geht seinen Weg“, sagte sie. Ok, ich daheim, ich muss putzen! Hab 6 Std. geputzt wie wild – es ging mir gut! Hab Essen gemacht u. um 17 Uhr hab ich ein Wehenprotokoll gemacht (mein Bauch wurde hart, aber ich hatte überhaupt keine Schmerzen!) Hm 18:15 Uhr Oh oh Hose nass; Fruchtwasser?? Oje,nein alles voller Blut, viel Blut, immer mehr. Ab ins Kh – Mm 9 cm, ich so: „Super, dann geh ich in 2 Std. heim.“ Ärztin meinte, er liegt falsch, Kaiserschnitt. Meine Hebamme: Nein bei 9 cm probieren wir es erstmal so! Ok, auf einen Schlag Schmerzen, die ich kaum aushielt, aus einer Hebamme wurden 3, aus einer Ärztin auch 3 u. dann kamen noch 2 Neonatologen (muss dazu sagen, ich bin OP Schwester, kannte mich bissl aus). Bekam ein Mittel gespritzt für den Kaiserschnitt, wirkte nicht. Irgendwann schrie die Oberärztin (!!!): „Was machen wir jetzt, da stimmt was nicht!!“ Alles durcheinander, Dammschnitt (alles immer ohne was zu sagen) bis dann die „zuständige Hebamme“ eingriff u. meinte: Einmal probieren wir es noch!! Die Ärztin schmiss sich voll auf meinen Bauch u. er kam in einem Flutsch mit gestrecktem Kopf als Sternengucker raus. Frage nicht, wie ich trotz Dammschnitt da unten gerissen bin … Mit dem Kind war alles ok. Die Hebamme meinte, wäre er richtig gelegen, wäre es ne Sache von 10 Min. gewesen u. ich hab mir daheim, nachdem über alles Gras gewachsen ist, nur gedacht: „Ein weiteres Kind ja, aber so nicht mehr!!!“ Meine Hebamme ist aus einer Gemeinschaftspraxis mit 4 anderen u. man kann mit jeder Kontakt aufnehmen, weil man zur Geburt theoretisch jede bekommen kann. Bei einer der 5 war ich mal zur Akupunktur u. als sie mir die Tür aufmachte, sagte sie: „Oh, da ist mal eine, die ihr Kind auch allein auf die Welt bringen könnte!“ Sie meinte, es gibt Frauen, die wissen einfach was zu tun ist u. „zu viele Ärzte u. auch so manche Hebamme verderben den Brei“. Wie recht sie doch hatte! Im Nachhinein bereue ich es, das Zepter so aus der Hand gegeben zu haben, aber gleichzeitig weiß ich auch,dass es mir beim zweiten nicht mehr so gehen wird!! Und du hast mich da sehr darin bestärkt!!

  11. Hallo Alexandra,
    was für ne Chaos-Geburt! Gut, dass du zu Hause bis 9 cm gearbeitet hast, sonst wäre es doch noch ein KS geworden. Schön, dass deine FÄ so cool war. Ihren Spruch „Hör auf dein Herz, deinen Bauch und dein Gefühl und sonst auf nix!“ sollten sich wohl alle Schwangeren zu Herzen nehmen.
    Alles Gute für ein nächstes Mal! 🙂
    Sarah

    (P.S.: Nicht wundern, habe ein bisschen Fehler korrigiert, damit dein Text besser zu lesen ist.)

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