Alleingeburt nach zwei Kaiserschnitten

Hallo liebe Leser, 

der Geburtsbericht, den ich heute mit euch teilen darf, stammt von einer Mama, die ihr viertes Kind bekommen hat. Die ersten beiden Kinder kamen per Kaiserschnitt, das dritte wurde im Krankenhaus auf natürlichem Weg mit Hilfe der Saugglocke geboren. Und das vierte kam gut informiert und vorbereitet in Eigenregie. Nach der Geburt gab es eine Verlegung in die Klinik, die die Mutter im Rückblick unnötig fand. Aber lest selbst!

Die Geburt unseres vierten Kindes am 03.10.2016

Vorgeschichte: Meine Tochter kam 2008 per sekundären Kaiserschnitt zur Welt, dessen Gründe im Nachhinein nicht mehr nachvollziehbar waren. Ich kam damit überhaupt nicht zurecht, dass die Geburt so endete und fing an im Internet zu recherchieren. Dabei stieß ich auf die Seite von Sarah Schmid. Mir war sofort klar, so ganz alleine könnte ich am besten gebären.

Daraus wurde aber erstmal nichts, denn 2011 kam dann mein Sohn wegen Querlage/ immer auch mal wieder BEL per geplanten Kaiserschnitt zur Welt. Ein Drehversuch scheiterte, weil die Herztöne abfielen.

Nach diesen zwei Sectios traute ich mir noch keine Alleingeburt zu, fand auch keine Hausgeburtshebamme, die mich mit meiner Vorgeschichte betreuen wollte. So kam 2013 meine Tochter im Krankenhaus zur Welt. Bei dieser Geburt wurde viel untersucht und angeleitet. Schließlich kam es, nach einer Untersuchung durch die Hebamme und danach angeleitetem Pressen in Rückenlage zu einem Riss und starkem Blutverlust (ca. 1000ml). Aber ich war stolz, wenigstens vaginal entbunden zu haben, denn ich habe eine Wirbelsäulenversteifung und war mir nicht 100% sicher, ob ich so überhaupt gebären kann. Ich hatte während der Geburt viel diskutieren müssen, über Wehentropf und liegen bleiben. Ich habe mich gegen vieles gewehrt, trotzdem war es eine interventionsreiche Geburt.

Umso mehr ich mich informierte,  umso mehr ich die Abläufe der Geburten revue passieren ließ, desto überzeugter bin ich, dass Geburt 1 und 3 nur wegen der vielen Eingriffe, der mangelnden Ruhe und dem vorgegebenen Zeitdruck so gelaufen sind.

Vorbereitung: Für diese Geburt wünschte ich mir eine Alleingeburt. Mein Mann war etwas skeptisch und bekundete, er habe davor gehörigen Respekt. Wir einigten uns darauf, dass ich erst mal daheim bleibe und wenn einer von uns beiden ein ungutes Gefühl bekommen würde, wir uns ins Krankenhaus begeben würde. Dort meldete ich mich im Vorfeld ganz normal an.

Vorbereitet habe ich mich durch die Bücher von Sarah Schmid, Ina May Gaskin, die Internetseiten von Jobina Schenk und Sarah Schmid. Außerdem halfen mir die Berichte und der Austausch in den Natürlichen Geburtsgruppen (Facebook).

Wir haben eine größere Badewanne, die sich ideal zum gebären eignet. Damit ich auch in den Genuss eines Gebärhockers kommen konnte, stellte ich zwei Ikea-Kinderhocker links und rechts neben die Toilette, auf die ich meine Füße stellte und so tiefer „in der Hocke“ sitzen konnte.(Idee ist ebenfalls geklaut, von einem Geburtsbericht auf Sarahs Seite). Für eine evtl. auftretende Wehenschwäche, bei der sie mir zweimal im Krankenhaus den Wehentropf aufdrängten, bereitete ich ein Glas Wasser mit aufgelösten Calcium vor.

Zur Vorsorge war ich zweimal beim Ultraschall und dreimal bei meiner lieben Hebamme, die bedauerte, dass sie mich nicht begleiten könne, aber sie traue es sich nicht zu. Außerdem war sie zur Geburtszeit sowieso im Urlaub. Ich erzählte ihr dann auch nicht direkt, dass ich mit einer Alleingeburt liebäugelte. Trotzdem war es für sie klar, dass das eine Option für mich ist.

 

Geburt unserer Tochter vom 03.10.20160 (SSW 39+3)

Wie auch schon am Tag vor der Geburt meiner zweiten Tochter, beschlossen wir an diesem Feiertag, mal wieder meinen Lieblingschinesen zu beehren. Nach dem Zahlen um ca. 13:30 spürte ich tatsächlich die erste Wehe. Evtl lag es am  scharfen, ingwerreichem Essen, aber auch, dass wir uns am Morgen geliebt hatten, könnte die Wehen angestoßen haben.

Zu Hause fing ich an, das Haus sauber zu machen und die Kleintiere am Hof zu füttern. Dabei kamen immer wieder erträgliche Wehen in recht kurzen Abständen. Als sie schmerzhafter wurden nutze ich den Türstocktrick, von dem ich im Internet gelesen hatte. Es war, als könnte ich die Wehen fast ausschalten, wenn ich mich mit beiden Händen von einer Türstockseite abdrückte und so mein Kreuzbein gegen die andere Seite drückte. Die Wehen wurden intensiver und mussten dann immer mehr veratmet werden. Es war jetzt ca. 16 Uhr und mein Mann ging zur Stallarbeit. Ich beruhigte ihn und meinte, wenn das jetzt kein falscher Alarm sei, dann würde ich mit dem Baby erst nachts rechnen. War doch die erste Geburt nach 12 Stunden mit einem Kaiserschnitt beendet worden und die dritte nach etwa 10 Stunden mit Saugglocke.

Um ca. halb fünf kam mein Sohn vom Spielen rein, weil er sich mit den Geschwistern und Nachbarkindern gestritten hatte. Er konnte sein Glück gar nicht fassen, als ich ihm bereitwillig den Fernseher anbot, denn damit bin ich normalerweise sehr knausrig. Doch nun wollte ich meine Ruhe und in die Badewanne. Dass sich seine Geschwister ebenfalls bereitwillig vor der Glotze niederlassen würden, davon konnte ich mit Sicherheit ausgehen.

In der Badewanne verschwanden die Wehen für ca. 15-20 Minuten komplett. Ich konnte mich nochmal richtig ausruhen und döste sogar etwas weg, trank aber von meinem Calciumwasser. Als es wieder losging, diesmal mit verstärkter Intensität, konnte ich aber gut mitarbeiten. Sowohl mit der Atmung als auch beim Positionswechsel hatte ich das Gefühl, intuitiv das Richtige zu machen.

Die Übergangsphase war dann nicht mehr so schön. Ich fing an rum zu jammern und sogar laut vor mich hin zu schimpfen, wollte Hilfe und dass mir das Ganze jetzt jemand abnimmt. Als mich mein Mann besuchen kam und mich fragte, was ich brauche und ob wir doch jetzt ins Krankenhaus fahren sollten, war das genau die richtige Frage. Ich wurde plötzlich wieder ganz klar im Kopf. Nein, ins Krankenhaus wollte ich nicht. Ich spürte nach jeder Wehe mein Kind, ich hatte das Gefühl alles läuft genauso, wie es soll. Am liebsten wollte ich meine Ruhe und dass sich mein Mann um die drei Geschwister kümmert, jedoch immer mal wieder nach mir schaut. Irgendwie war das der Punkt der Entscheidung, dass wir das jetzt wirklich hier zu Hause zu Ende bringen.

In einem Interview sagte die Hebamme Anna Rockel-Loenhoff sinngemäß: Die Frau müsse erkennen, dass die Wehen nichts Böses seien, dass sie ertrage müsse, sondern dass sie von dem Körper der Frau kommen und sie damit arbeiten müsse. Diese Worte, die mir wieder in den Sinn kamen und der Entschluss, ich zieh das jetzt durch, ließen mich wieder aktiver werden. Mit Pferdeschnauben und in der Hocke schon ein bisschen mitdrückend löste ich vermutlich den Pressdrang aus. Es war eine Erlösung, denn die erste Presswehe war nicht mehr schmerzhaft. Ich stand auf, wollte auf die Toilette, weil ich auch etwas Stuhl verloren hatte, doch die nächste Wehe zog mich fast in die Knie. Sie war nicht schmerzhaft, sondern sie hatte eine so wahnsinnige Kraft. Ich glaube, ich habe gebrüllt wie eine Löwin. Hier kam nochmal ein kurzer Zweifel, ob wir vielleicht doch ins Krankenhaus sollten. Dieser dauerte aber nur ganz kurz, denn auf der Toilette merkte ich ein Brennen an der Scheide und rief meinen Mann zu, dass nun der Kopf komme. Als er ins Bad kam, meinte er erst noch „Nein, das ist die Fruchtblase, da kommt noch lange kein Kopf“. Ich fasste selbst hin und spürte auch die Blase weit rausragen. Nun kniete ich mich vor die Badewanne und hielt mich am Rand fest. Der Kopf kam mit der nächsten Wehe ohne Fruchtblase darüber. Dann kam eine Wehenpause von ca. einer halbe Minute und mein Mann wurde nervös. Dank Eurer Geburtsberichte und den Videos konnte ich ihn jedoch beruhigen, dass das völlig normal sei. Mit der nächsten Wehe wurde dann problemlos unsere kleine Tochter in die Hände meines Mannes geboren. Wir einigten uns auf 18:50 Uhr als Geburtszeit.

Mein Mann gab sie mir unten durch und wir waren nur noch glücklich.

Vermutlich, weil mit dem Baby erst das meiste Fruchtwasser, vermischt mit etwas Blut, ablief, sah es nach einer erschreckend starken Blutung aus. Auf Grund der starken Blutung bei der vorherigen Geburt, riefen wir den Rettungswagen. Nach ein paar Minuten war jedoch klar, dass es sich um einen Fehlalarm handelte.

In der nächsten halben Stunde erlebte ich, wie es sich anfühlt, wenn Raum und Zeit keine Größen mehr darstellen. Für mich waren es nur Sekunden, ich war so erfüllt vom Glück und Liebe, ich nahm kaum mehr etwas wirklich und doch alles so intensiv war. Meine Kleine trank schon nach kürzester Zeit, bevor der Rettungsdienst da war, kräftig an meiner Brust. Die Geschwister begutachteten ihre kleine Schwester. Während die Mädchen begeistert waren, war mein Sohn (5 Jahre) richtig schockiert. Er meinte später, er habe sein Herz in den Ohren gehört. Der Grund war, weil sie so verknautscht und schmierig war und noch dazu kein Junge.

Die Sanitäter hatten sich total verfahren und fanden deshalb erst nach einer halben Stunde zu uns. Ich denke diese Zeit das war ein kleines Geschenk von wem auch immer. Die Blutung hatte ja längst aufgehört, mir war nicht einmal schwindelig, sondern ich war topfit. Wären die Sanitäter nicht so nett gewesen, hätten sie mich wohl nicht überreden können noch kurz zur Sicherheit ins KH mit zu fahren.

Dort fühlte sich dann alles eher nach einer Vergewaltigung als nach medizinischen Hilfe an. Ich werde nicht näher darauf eingehen, aber es ist einfach schade, dass man diese hektische, schmerzhafte Viertelstunde und die völlig respektlose Behandlung nicht rückgängig und vergessen machen kann. Denn ansonsten war diese Geburt zwar nicht schmerzfrei aber mit Sicherheit das intensivste und schönste Erlebnis meines Lebens. Nach zwei Stunden gingen wir aber auf eigene Verantwortung wieder nach Hause.

Ein Gedanke zu „Alleingeburt nach zwei Kaiserschnitten“

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