Der Geburtsbericht einer Mama, die beim dritten Kind eine Alleingeburt macht. Mit cooler Hebamme im Hintergrund, die selbst zwei Wochen nach Termin noch keine kalten Füße kriegt. Viel Spaß beim Lesen! 🙂
Mein erstes Geburtserlebnis im Krankenhaus habe ich leider als traumatisch in Erinnerung. Für die Geburt meines zweiten Sohnes drei Jahre später kam für mich dann nur eine Hausgeburt infrage. Damals ging ich auch 16 Tage über Termin, aber diese Geburt gab mir letztendlich wieder Vertrauen in meinen Körper und die natürlichen Vorgänge. Die Hebamme kam erst zu den Presswehen und fing mein Baby nur auf. 🙂
Nun beim dritten Kind weitere dreieinhalb Jahre später hatte ich also das Gefühl, niemand Fremden dabei haben zu wollen und auch durch meine Erfahrungen und Sarah Schmids Buch „Alleingeburt“ das nötige Vertrauen und die nötigen Informationen, um ganz meinem Gefühl folgen zu können. Ganz besonders gefiel mir die praktische sachliche Herangehensweise von ihr.
Die Schwangerschaft verlief bis auf starkes Unwohlsein im ersten Drittel und leichten Juckreiz im zweiten Drittel unauffällig. Leider konnte ich die Schwangerschaft nicht so genießen, weil ich gerade eine Selbständigkeit im Bereich solidarischer Gemüseanbau aufbaue und dementsprechend Stress hatte. Ich nahm die drei Ultraschalluntersuchungen beim Frauenarzt wahr, ging aber am Ende nicht mehr hin, weil ich mir bei Übertragung nicht reinreden lassen wollte, wurde aber bis zuletzt von einer tollen Hausgeburtshebamme begleitet. Sie meinte, je mehr Erfahrung sie habe, desto weniger greife sie in eine Geburt ein.
Auch bestätigt von Sarah Schmids Büchern versuchte ich weitestgehend auf Weißmehl und Zucker zu verzichten, aß zum ersten Mal selbstgemachte Knochenbrühe und gab meinem Heißhunger nach Sahnequark pur nach.
Nun musste ich mich aber ganz schön in Geduld üben. Ich hatte schon ab der 30. Woche viele Übungswehen, die aber nicht muttermundswirksam waren. Um den Termin rum wurde ich ständig nachts wach und dachte freudig: Jetzt geht es los, da einige Wehen schon alle 5 Minuten kamen. Irgendwann schlief ich dann aber wieder ein und morgens war alles unverändert.
Als 14 Tage nach dem Termin immer noch alles fest verschlossen war, meine großen Kinder eine Woche außer Haus und die Hebamme mir nochmals einen hohen Einlauf anbot, stimmte ich zu. Ich wollte die Sache endlich hinter mich bringen. Ich hatte zwar nicht übermäßig an Gewicht zugenommen, der Alltag wurde aber immer beschwerlicher. Ich musste schon seit einigen Wochen alle 3 Minuten zur Toilette und hatte immer wieder stechende Schmerzen im unteren Rücken, wenn der Kleine bestimmte Bewegungen machte.
Am Abend des gleichen Tages, um 20 Uhr beim Pflaumenhefekuchen backen, platzte die Fruchtblase und ich spürte einen kleinen warmen Schwall Wasser in meiner Hose. Aufgeregt lief ich zu meinem Freund ins Bad und dachte noch: Das muss die Fruchtblase sein, so inkontinent kann ich gar nicht sein.
Ich ließ über der Toilette beckenkreisend noch etwas Fruchtwasser ab, aber es kam immer wieder schwallweise beim Umherlaufen.
Auf Betreiben meines Freundes hin rief ich noch die Hebamme an und berichtete ihr, wie die Dinge standen. Ich hatte mir offen gehalten, sie im Notfall dazu zu rufen, hatte ihr aber auch gesagt, dass ich sie eigentlich nicht dabei haben wollte. Sie riet mir noch, alle 2 Stunden 5 Globuli zu nehmen, damit sich die Wehen regelmäßiger einstellen und mich später mit Wärme ins Bett zu legen und die Decke über Kopf zu ziehen.
Ich lief aber voller Freunde wie ein aufgescheuchtes Huhn hin und her. ENDLICH ging es los 🙂 !
Um 21 Uhr kamen die Wehen dann schon teilweise alle 2 Minuten. Noch konnte ich in der Küche mit den Wellen mitschwimmen ohne wirklich Schmerzen zu haben. Das gelang mir aber bald nicht mehr. Ich wurde nun zu meiner Ins-Bett-geh-Zeit müde und legte mich ins Wohn-Kinder-Zimmer auf die Liegewiese und bat meinen Freund um warme Kirschkernkissen. Bald fand ich heraus, dass die Kontraktionen mit Tönen, Kirschkernkissen auf Kreuzbein und im Vierfüßlerstand vor und zurück wippend leichter zu ertragen waren. Ich pendelte nun immer zwischen Toilette (pullern), vor Badewanne kniend, im Wohnzimmer kniend und in Wehenpausen mit meinem Freund kuschelnd hin und her. Gerne hätte ich gewusst, wie weit geöffnet ich schon bin, aber da hatte ich tatsächlich zu wenig Erfahrung, um zuverlässige Aussagen zu treffen. Etwas nach Mitternacht wurde mir kalt. Mein Freund ging noch heizen, brachte seine dicken Socken und machte mir auf meinen Wunsch hin einen Kaffee, den ich in den Wehenpausen auch halb leerte und der gut tat. Mir wurde wieder warm und bald tönte ich immer lauter und wackelte mit unserem Badhocker im Vierfüßlerstand kniend immer doller vor und zurück. Als ich etwas Druck nach hinten verspürte, meinte ich zu meinem Freund, wenn er dabei sein wolle, müsste er sich nun bald mal auf die Toilette setzen und er solle das Baby dann auffangen. Er wollte aus Rücksicht auf mich nur indirektes Licht anmachen und rückte mit einer Kabelrolle und Nachttischlampe an. Ich meinte in einer kurzen Wehenpause: Lass das verdammte Kabel weg und mach das große Licht an. Dann schickte ich ihn aber nochmal raus, da etwas Kot abgehen wollte und mir das doch etwas peinlich war. Wieder auf Badhocker gestützt kniend, schrie ich bestimmt dreimal: Ich will nicht mehr!! (Übergangsphase?), fühlte weiter hinten in der Scheide schon den Kopf und ließ meinen Freund auch nachfühlen. Dann fing ein etwas brennendes Gefühl an, ich merkte den Kopf kommen, hatte aber noch keinen richtigen Pressdrang und versuchte mich noch zurückzuhalten und auszuhalten. Dabei verfiel ich automatisch in eine Art Hecheln, obwohl mich noch nie jemand dazu angeleitet hatte. Meine Hebamme hatte mir vorher nur gesagt, dass ich erst pressen solle, wenn der Kopf ganz vorne steht.
Ein, zwei Presswehen später war der Kopf da und der Kleine machte sich schon durch Schreien bemerkbar! Mit der nächsten Wehe kam er bis zur Hüfte raus und mein Freund hielt ihn fest. Als vorsichtiges! Ziehen nichts brachte, warteten wir bis zur nächsten Wehe, mit der unser Baby um 2.43 Uhr vollständig in Papas Arm landete. Ich sah ihn und sagte als erstes: der sieht genauso aus wie du 🙂 – unendlich erleichtert, den Schmerz überstanden zu haben und direkt verliebt in den neuen Erdenbürger. Nun gab mein Freund mir unseren Sohn durch die Beine durch, ich wickelte ein Handtuch um ihn und er nickte in meinem Arm gleich wieder ein. Ungefähr 20 min später hatte ich erneut leichten Druck nach unten, gab das Baby meinem Freund zurück, zog in der Hocke vorsichtig an der Nabelschnur und gebar die Plazenta auf eine Einmalunterlage. Bis dahin hatte ich noch keinen Tropfen Blut verloren. Nun ging ich mich kurz abduschen und mit Einlage und Unterlage ins Bett. Baby lag nun auf meinem Bauch, die Nabelschnur war längst auspulsiert und mein Freund holte die Küchenschere, um die Nabelschnur ca. 30 cm lang abzuschneiden. Ca. eine Stunde nach dem Schlüpfen legte ich den Kleinen auf der Seite liegend an meine Brust und nach kurzem Hallo sagen, fing er direkt an eifrig zu nuckeln.
Ich machte mir jetzt doch etwas Sorgen, ob meine Blutung im normalen Rahmen lag und ließ meinen Freund noch mal nachlesen. Nach einem ersten Toilettengang beschloss ich aber, dass alles normal war und wir schlummerten alle drei friedlich ein.
Morgens schien strahlend die Sonne ins Schlafzimmer, mein Freund rief die Hebamme an und diese führte dann eine Stunde später die U1 durch und gratulierte: ein kerngesundes Baby mit 4175g, 56 cm lang und 38 cm Kopfumfang. Als Besonderheit vermerkte sie, dass mein Damm völlig unverletzt war. 🙂
Ich bin der im obigen Artikel erwähnte Freund und möchte als Vater meines zweites Sohnes und Lebensgefährte hier auch einen kurzen Kommentar schreiben (habe jetzt nicht weiter gelesen, ob das so üblich ist für Väter).
Meine Freundin hat die Geburt schon sehr gut beschrieben. Beim Lesen dieses Geburtsberichtes kamen die ganzen Erinnnerungen an dieses tolle Ereignis wieder hoch. Es war und ist immer noch ein sehr emotionales Erlebnis. Es war „meine“ erste Allein- und Hausgeburt. Ich habe bereits einen 14-jährigen Sohn und war bei dessen Geburt (im Krankenhaus) auch schon dabei gewesen.
Als die Fruchtblase „platzte“ lag ich gerade entspannt in der Wanne und freute mich schon auf den leckeren Hefekuchen, den meine Freundin gerade gebacken hatte :-). Plötzlich ging die Badtür auf und meine Freundin sagte mir voller Freude, das wohl gerade ihre Fruchtblase „geplatzt“ sei (20 Uhr). Zuerst dachte ich an einen Scherz, denn immer wieder dachten wir schon vorher, das die Geburt nun endlich losging. Aber diesmal sollte es tatsächlich so sein. Den ganzen Abend lang, bis tief in die Nacht (also während der gesamten Geburt), war ich sehr entspannt, hatte keinerlei Ängste, das vllt. etwas schief gehen könnte und blieb vollkommen ruhig. Ich vertraute voll auf die Intuition meiner Freundin und darauf, das die Natur-schon-alles-richtig-macht.
Wir hatten vor der Geburt viel über eine mögliche Alleingeburt gesprochen. Ich hatte Videos gesehen und Berichte gelesen. Ich wusste, das ich bei dem ganzen Geburtsvorgang „einfach nur meine Klappe halten“ 😉 und meiner Freundin in jeder Hinsicht Unterstützung geben sollte. Das hieß also für mich: Kirschkernkissen im Herd aufwärmen, Heizen, Kirschkernkissen im Herd aufwärmen, für Licht sorgen (Kabeltrommel 😉 ), Kirschkernkissen im Herd aufwärmen, Freundin im Arm halten, Kirschkernkissen im Herd aufwärmen, Tee machen, Kirschkernkissen im Herd aufwärmen, Unterlagen auf dem Boden zurechtlegen, Kirschkernkissen im Herd aufwärmen, Kirschkernkissen im Herd aufwärmen, Kirschkernkissen im Herd aufwärmen … .
Die Geburt selbst war unbeschreiblich. Ich kniete/hockte seitlich hinter meiner Freundin. Es war so wunderbar, als ich den kleinen süßen Babykopf zum ersten mal sehen konnte. Als der Kopf und die Schulter draußen waren, fing er gleich an zu schreien. Jetzt war ich doch ziemlich aufgeregt, aber „nur“ vor Freude. Meine einzige Sorge bestand darin, den Kleinen bloß richtig in den Händen zu halten. Ich hatte „Angst“, das er mir vielleicht aus den Händen gleiten könnte. Das passierte aber nicht. Als unser kleiner Sohn nun komplett den Körper meiner Freundin verlassen hatte, war das ein äußerst emotionaler Moment. Da kommen einfach die Tränen. Ich war total stolz auf meinen zweiten Sohn und auf meine Freundin, das beide das so toll geschafft hatten. Später lagen wir alle gemeinsam im Bett und ich schnitt die Nabelschnur durch. Das war ebenfalls ein sehr bedeutender Moment für mich.
Ich als Vater kann nur Positives von dieser Art der Geburt berichten. Manche (Väter) würden vielleicht vermuten, das eine solche Geburt eine besonders blutige oder sonstwie eklige Sache ist. Ist es aber nicht gewesen. Ich empfand keinerlei Ekel oder Abscheu vor irgendwelchen Dingen. Im Gegenteil, es war ein wunderschönes Gefühl meinen kleinen süßen glitschigen Sohnemann in Empfang nehmen zu dürfen und ihn dann auf dem Arm halten zu können. Da bin ich auch ein bißchen stolz auf mich ;-).
Danke für diesen schönen Bericht und den fast noch schöneren Zusatz vom Freund 🙂
Da kommen einem wirklich die Freudentränen. Alles Gute eurer Familie!