Leilas Geburt

Hallo ihr lieben Leser! Heute lest Ihr von der ersten Geburt einer Mama, die diese Geschichte und ihre Gedanken dazu gern mit euch teilen möchte. Wünsche viel Spaß beim Lesen!

Leila erblickt das Licht der Welt in der heimischen Badewanne … Hier lag ich die letzten Monate täglich drin. Meine  Haut konnte sich hier quasi entspannen, denn in meiner Schwangerschaft war alles rosig, aber eben meine Haut etwas zu sehr: ich blühte am ganzen Körper. Die einen haben Symptomverbesserungen, die anderen – einschließlich meiner Person – erleiden ihre „chronische Erkrankung“ um ein vielfaches schlimmer. Die Schulmedizin bezeichnet mein Leiden landläufig als „Neurodermitis“: diese starke Ausprägung mit all seinen Eigenheiten ist eine sogenannte „Schwangerschaftsdermatose“. Die Gänsefüßchen verraten, dass ich mit solchen Deklarationen wenig anfangen kann, beziehungsweise meiner Meinung nach diese die Symptome manifestieren. Kurz: Ich war feuerrot, habe mich blutig gekratzt, sah öfter aus wie verprügelt oder verbrannt und hab die Beine jetzt voller Narben, die an Pocken, Masern oder Akne erinnern. Das war ein kurzer Abriss zu „Beschwerden“ in  meiner Schwangerschaft. Ich habe kaum zugenommen (die obligatorischen Kilos, aber numerisch benennen kann ich es jetzt nicht, weil ich mich nur sporadisch gewogen habe), hatte im zweiten Drittel ziemlich üble Launen dem Kindsvater gegenüber, der diese aber freudestrahlend weggesteckt hat und konnte die letzten zehn Tage der Schwangerschaft (inklusive der ersten zehn nach Geburt) so gut wie gar nicht laufen. Wenn dann nur unter großen Schmerzen: wie sich im Nachhinein klärte, passiert das ab und zu, dass sich ein weibliches Becken so verschiebt, dass das Resultat dann Schmerzen verursacht … So, nun aber zum schönsten uuuuund doch schmerzhafter als erwartetem Teil der Schwangerschaft … 😀 Leilas Geburt.

Es wurde auch für mich ein Termin errechnet, an dem ich fällig sei … Ich nehme mal an, dass die meisten genau wissen, wann der erste Tag ihrer letzten Periode war? Nein? Na ja, ich hab es grob gewusst, weil ich meine Periode immer in einem 28-Tage-Zyklus bekomme. Es war Donnerstag 1 oder Donnerstag 2 … irgendwann in den letzten Arbeitszügen meiner Masterarbeit.

So, also ein errechneter Entbindungstermin ist ja per se kein Problem. Es wird erst zum Thema, wenn es um das sogenannte „Übertragen“ geht. Sätze wie „Mädchen brauchen etwas länger, sie müssen sich noch putzen.“ oder „Erste Kinder kommen meist später.“ konnte ich längst nicht mehr hören … Die Hebammenrufbereitschaft für eine geplante Hausgeburt ist fünf Wochen lang: drei Wochen vor dem errechneten Termin und zwei Wochen danach. Zumindest bei meiner Hebamme oder dem Geburtshaus, wo ich betreut wurde. Also sollte das Baby sich irgendwann in dem Zeitraum auf den Weg machen. Damit kein Körnchen Staub die hier vorliegende Erzählung trocken macht, verzichte ich weitestgehend auf Zahlen und Fakten, erwähne dennoch woher jeweiliges „Wissen“ stammt.

Jeder Tag über den Termin hinaus machte mich nervöser … Hauptsache nicht ins Krankenhaus müssen … Die leiten ja eine Geburt gerne ein … bei plus 7 oder 10 Tagen ist für die meisten Krankenhäuser gängig. Dass dann auch mal Babys geholt werden, oder Geburten synthetisiert, bei denen die Babys noch Käseschmiere haben und keinerlei Übertragungszeichen, zeigt, wie individuell doch das Ganze ist. Auch (Fehl)Diagnosen via Ultraschall geben keine sicheren Auskünfte. Ich sagte: „Bevor ich ins Krankenhaus gehe, (und mir diesen intimen und sicherlich auch sehr bewusstseinserweiternden Moment der Geburt meiner Tochter nehmen lasse) bekomme ich mein Kind allein im Wald.“ Etwas überspitzt formuliert, aber meinen Standpunkt etwas klar werden lassend, oder?

Wie komme ich dazu? Als ich wusste, dass ich schwanger bin, erzählte mir eine frisch entbundene Freundin, dass sie im Geburtshaus X war.  „Oh, toll, da werde ich auch entbinden!“ Zack. Impuls. Es gab keine Debatte, dass Geburtshaus mehr nach Geburt klingt als Krankenhaus, zumindest in meinen Ohren eine ganz logische Sache. Ich hatte von Beginn der Schwangerschaft eine sehr intensive Bindung mit meinem Baby. Ständig kamen Impulse aus dem Bauch. Ich habe sie gar nicht hinterfragt, sondern wohlwollend akzeptiert, dass da jemand mit mir spricht oder eben sagt, wo es lang gehen soll J. Das war selbstverständlich für mich, denn ob ich das eine essen soll, wann ich schlafen soll, welche Musik ich hören soll … Das war ziemlich selten noch wirklich „ich“… Wer ist denn „ich“ überhaupt? In dieser Situation sah ich mich als Medium, einer neuen Seele ein Zuhause zu schenken: neugierig und vollkommen ahnungslos, was mich erwartet. Meinen Wissensdurst gepaart mit der nötigen Zeit (ich entschied nach meinem Master und mit Beginn der Schwangerschaft erst einmal die Beine hochzulegen und weiß um diesen Luxus, sich nur mit Themen auseinander setzen zu können, die einen interessieren) stillte ich (hach schönes Wort) mit Lektüre über Schwangerschaft und Geburt. Schnell kristallisierte sich heraus, dass ich eine selbstbestimmte Geburt möchte: bei vollem Bewusstsein, aus eigener Kraft und in Einklang mit meinem Baby und seiner Physiologie. Natürlich. Das geht sicher auch im Krankenhaus, aber die wenigsten Frauen sehen sich dort in entspannter Atmosphäre. Und die ist notwendig, um den passenden Hormoncocktail zu produzieren, der eine Geburt so entspannt und einfach wie möglich ablaufen lassen kann. Es gehört natürlich auch die Überzeugung dazu, eine Frau zu sein, die fähig ist, einem Menschen auf die Welt zu helfen. Wenn man die Verantwortung am liebsten abgeben möchte, sind vielleicht alle Alternativen zum Krankenhaus nur fahrlässig und stehen wohl gar nicht zur Debatte. Gleich vorweg: für Komplikationen und Notfallmedizin ist so ein Krankenhaus super. Aber bevor nach dem zweiten Weltkrieg die Krankenhausbetten irgendwann leer waren und man die vorher normalen Hausgeburten zu „Zwangs-Krankenhausgeburten“ machte, war es NORMAL, zu Hause zu gebären. Die Menschen erinnern sich nur nicht.

Es war ebenso immer normal, dass nur Frauen bei Geburten anwesend sind. Es war sogar sehr lange verboten, dass Männer Geburten beiwohnen. Irgendwann (Jahreszahlen sind in gelesener Lektüre vorhanden) kam dann mal ein männlicher Arzt zu einer gebärenden Frau ins Zimmer. Diese hatte sich so erschreckt, dass die Geburt vorübergehend stagnierte. Dies ist ein physiologisches Phänomen. Geburten stoppen, wenn die Frau sich nicht sicher fühlt. Es ist also etwas sehr natürliches, wenn ein Muttermund auch einmal wieder zugeht. Im Krankenhaus werfen sich dann betreuende Ärzte und Hebammen gegenseitig vor, dass sie sich vermessen hätten. Der Muttermund war bereits so und so viele Zentimeter geöffnet. Er kann ja nicht einfach wieder zugehen. Doch, das kann er. Manche Frau kommt mit Wehen ins Krankenhaus. Sobald sie im Neonlicht und unter Weißkitteln und dem Geruch von Desinfektionsmitteln steht, befindet sie sich unter Umständen gefühlt in einer Gefahrensituation. Alles um sie herum vermittelt ihr, dass etwas „Schlimmes“ passieren muss. Geborgen fühlen sich die wenigsten im Krankenhaus. Also schüttet der Körper der Schwangeren plötzlich viel Adrenalin aus. Die Geburt stoppt. Was passiert im Krankenhaus? Wehentropf. PDA. Oftmals stundenlange künstliche Wehen. Sobald die Chemie zum Einsatz kommt, hört der weibliche Körper auf, selbst die passenden Hormone für die Geburt zu produzieren. Der Drops ist also gelutscht. Jetzt greift das System. Nach häufig sehr langen schmerzhaften Stunden oder auch schon eher, fragen die Frauen oder eben die Geburtsassistenten nach einer Peridualanästhesie. Wenn die Frau sich für ein Schmerzmittel unter der Geburt entschieden hat, kommt es häufig zu weniger positiven Reaktionen der Ungeborenen. Ihre Herzfrequenz nimmt ab. Sie werden quasi mit betäubt. Wenn ihre Werte kritisch werden, schlagen die Ärzte meist das Unabwendbare vor: einen Kaiserschnitt. Und das sind in Deutschland „relativ wenige“ mit einem Drittel der Geburten. Dabei ist nur einer von zehn Kaiserschnitten dringend notwendig (siehe hier). In den USA kommen mitunter bis zu 80% der Kinder mit Kaiserschnitt zur Welt. Geringe Kaiserschnittraten haben wir im Hausgeburtsland Nummer eins in Europa: den Niederlanden. Eine niederländische Studie belegt auch, dass Hausgeburten sicherer seien, als Krankenhausgeburten, weil es eben nicht zu häufigen Eingriffen kommt. (Ich hab die Uni und das wissenschaftliche Arbeiten hinter mir: Ich habe keine Muße, alle Bücher noch einmal durchzulesen, um die Seitenzahl und die Quelle exakt zu nennen. Google hilft allerdings bei fast jedem Punkt weiter und abschließend liste ich die gelesenen Bücher auf. J)  Wie bereits erwähnt: die meisten Eingriffe sind unnötig. Risikoschwangerschaften und Mütter, die sich einfach absichern wollen, sind im Krankenhaus gut aufgehoben. Nicht alle Krankenhäuser sind nur am Verdienst interessiert. Es gibt wirklich welche, die den Frauen spontane Geburten „gönnen“. Kurz angemerkt: ein Kaiserschnitt und alle möglichen Mittelchen zur Einleitung und Betäubung bringen natürlich mehr Geld ein als eine spontane Geburt ohne Hilfe. Eine Krankenhausgeburt wird hierzulande komplett von der Krankenkasse bezahlt. Die Rufbereitschaft für Hebammen für Geburtshaus und Hausgeburten werden nur anteilig übernommen. Es ist also ein teurer Spaß. Manche Ärzte der Geburtsmedizin möchten auch einfach „etwas tun“ und nicht „sinnlos umherstehen“: viele Dammschnitte (und selbstverständlich auch Kaiserschnitte) sind also auch damit begründet. Ich habe auch von einer Frau gelesen, die bereits vier Kinder zu Hause gebar. Bei ihrem fünften Kind hatte sie ein Gefühl: Sie wollte unbedingt auf der Stelle ins Krankenhaus und einen Kaiserschnitt haben. Sie traf nicht unbedingt auf Verständnis, weil sie ja bereits eine erfahrene „ZuHauseGebärende“ war. Ihr Gefühl wurde bestätigt: ihr Kind wurde mit mehrfach um den Hals umwickelter Nabelschnur und schon leicht blau via Kaiserschnitt geboren. Wenn alle Frauen wieder lernen können, auf ihre Intuition zu hören, sich selbst und dem Frausein zu vertrauen, dann kann es eine schöne Kooperation zwischen selbstbestimmten natürlichen Geburten und der Geburtsmedizin geben.

Ich könnte hier noch sehr ausführlich über das berichten, was ich gelesen habe und was Leila und mich bewegt hat … Ich möchte viel lieber jetzt von der Geburt meiner süßen Tochter schreiben und gerne aufkommende Fragen in persona beantworten.

Ich wollte also eine Geburtshausgeburt. Leilas Papa sollte dabei sein. Er hat bereits einen siebenjährigen Sohn und hatte nicht so gute Erinnerungen an dessen Geburt. Für mich war aber erst einmal selbstverständlich, dass der Vater dabei ist. Die Mutter seines Sohnes sagte mir, ich solle ihn nicht mitnehmen. Das hat mich erst einmal nicht bewogen, etwas anderes zu wollen. Die Mutter meines Partners sagte: „Vielleicht willst du ja auch lieber allein sein, beziehungsweise ungestört.“ Das fand ich zu dem Zeitpunkt auch noch nicht so überzeugend. Das war, glaube ich, zu Weihnachten. Leila sollte Ende Mai kommen. Im Januar flogen wir nach Mexiko: Leilas Papa und ich mit wachsendem Bauch. (Ich hatte wirklich immer eine relativ kleine Murmel). Die Kommunikation von meinem Mädchen und  mir wurde immer intensiver. Ihr Name stand übrigens nicht zur Auswahl: Dieser kam eines Tages (im Urlaub) aus meinem Bauch in den Kopf gestiegen. Sie hat ihn sich selbst ausgewählt.

Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, aber ich glaube das Thema „Alleingeburt“ kam zu einem Seminar auf, das ich im Februar besuchte. Ich möchte jetzt nicht zu sehr ausschweifen, deshalb überspringe ich einfach dessen Inhalt. Ich wage mich noch so viel zu erinnern, dass die Seminarleiterin nach drei Tagen beim Verabschieden zu mir sagte: „Du bekommst dein Kind alleine ganz entspannt zu Hause in der Badewanne.“ Ich lächelte und nahm diesen Gedanken mit: Ohne eine Sekunde etwas wie „So ein Quatsch“ zu denken. Als ich wieder zu Hause war, begann ich mich mit diesem Thema zu beschäftigen. Es ist via Google natürlich ein heiß umstrittenes Thema. Wichtige Namen an dieser Stelle und gleich an großes Dankeschön an ihr Wirken und Dasein: Sarah Schmid und Laura Kaplan Shanley. Eine Deutsche und eine Amerikanerin, die alle ihre Kinder alleine gebaren. Sarah Schmid selbst ist Ärztin und Shanley musste mit vielen Widerständen kämpfen. Ich las Sarah Schmids Buch „Alleingeburt“. Es klärt über Risiken auf und was alles passieren kann, wie man agieren sollte und wann der Besuch im Krankenhaus doch notwendig sei. Ein Großteil des Buches sind Erfahrungsberichte Alleingebärender. Komplikationen, Krankenhausbesuche und sogar Alleingeburten von bereits im Bauch (früh) gestorbenen Kindern kann man nachlesen. Ich las das Buch und dachte nicht eine Sekunde: „Verrückt“ oder „Ich habe Angst.“. Für mich war klar, dass das was diese Frauen machten und was sie bewegte, das Natürlichste der Welt sei. Ist es ja auch. Also mal ehrlich: Geburt und Tod. Nichts ist natürlicher und mit beidem wird in unserer Welt so viel Geld gemacht! Für alle, die sich jetzt vor Augen halten, was denn an Krankenhausgeburten und Schulmedizin alles gut sei und inwiefern das in den letzten 150 Jahren Frauen und Kindern das Leben rettete: es gibt genügend Belege dafür, dass es an anderen Faktoren liegt: wir Leben in keiner Mangelwelt, haben genug zu essen, Hygiene und müssen auch nicht im Krieg Kinder bekommen. Das sind auch die Bedingungen, die eine Frau dazu bringen können, eine Geburt alleine zu „überleben“. Es gibt ja einige Orte auf dieser Welt, wo eine Frau „mal eben schnell ihr Kind im Busch gebärt und dann weiter Reis pflückt“. Wie kann man so etwas abwerten und als primitiv bezeichnen? Ich finde es unglaublich stark und bin nur beim Lesen der anderen Frauen, stolz auf diese. Auch wenn ich sie nicht kenne. Was Frauen schon immer leisten, ist das Natürlichste und auch das Größte auf unserem Planeten.

Ein Baby, was sich auf die Welt aus Mamas Bauch heraus begeben will, bestreitet wohl seinen schwierigsten Kampf. Es entscheidet, wann es kommen möchte und wenn es ihm vergönnt sei, arbeitet es mit seiner Mutter zusammen: in seinem Tempo, auf seine Art. Ein Wunschkaiserschnitt oder ein nicht zwingend notwendiger nimmt dem kleinen Menschen so viel Selbstbestimmung. Er „muss“ ohne „eigenen Kampf“ in unsere Welt kommen. Eine Freundin, die selbst per Kaiserschnitt zur Welt kam, sagt, dass sie in Konfliktsituationen immer versucht, ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen, das Handeln anderen zu überlassen und sich nicht in der Lage fühlt für sich selbst einzustehen. Eine Frau, die Menschen mit Geburtstraumata therapiert, hat selbst zwei Kinder: das eine Kind hat sie per Kaiserschnitt bekommen und zu diesem hat sie leider auch eine weniger intensive Beziehung.

Es manifestierte sich also für mich: Alleine gebären. Bevor dieser Gedanke aufkam, hatte ich bereits keine Lust zu so einem Geburtsvorbereitungskurs zu gehen. Ich hatte bereits genug über Geburten, deren Ablauf (Phasen) und Geburtspositionen gelesen. Bereits zu Schulzeiten mochte ich es nicht, wenn man sich über die Inhalte einer Klassenarbeit austauschte oder im Studium später, wenn die bereits Masterstudenten den Dozenten fragten, wie sie denn das Referat gestalten sollen … Ich möchte Niemandem vor den Kopf stoßen, der anders tickt: Ich wusste schon immer selbst ziemlich genau, was für mich richtig war. Seit ich schwanger war noch viel mehr. Wobei hier einiges tatsächlich von meinem Baby kam und nicht von mir J. Ich habe ein großes Ur-Vertrauen. Ich glaube daran, dass alles, was passiert, passieren muss und sei es noch so unangenehm oder ungewünscht: es ist eben so. Ich habe so einige „krasse Sachen“ erlebt und ein paar „abenteuerliche Erfahrungen“ in meiner Kindheit mitgemacht. Niemals habe ich Erlebtes als „schlecht“ oder „Pech“ empfunden. Mitmenschen äußerten, ich hatte in der ein oder anderen Lebenssituation „ganz schön viel Pech“. Ich empfand es immer anders: „Es hätte schlimmer kommen können.“, „Es hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich jetzt bin und ich möchte kein anderer sein.“ und „Ich lebe doch noch.“ Das reicht hoffentlich als kurzer Abriss über meine Person für alle, die mich nicht kennen. Es sind übrigens nur sehr wenige Menschen, die mich „kennen“. Ich rede gerne und hab auch immer etwas zu sagen, doch oft bin ich am liebsten alleine und möchte nicht reden müssen. Dem sehr geselligen und offenherzigen Menschen Fanny steht ein Einsiedlermädchen gegenüber. Früher wollte ich immer die Welt verbessern. Jetzt habe ich die Ruhe in mir, dass alles kommt wie es kommt und ich den Menschen begegne, denen ich begegnen muss oder ich die Informationen erhalte, die ich brauche. Genauso hier beim Schreiben: Die Stimmen der anderen, meiner lieben Mitmenschen, bewegen mich, diesen Bericht zu schreiben. Ich wünsche uns Menschen, dass wir wieder zu unseren Wurzeln zurück finden.

Zurück zum Geburtsvorbereitungskurs, den ich tatsächlich nicht gemacht habe. Atmen muss man immer, das wird man auch in so einer Situation – Geburt –  noch können. Da macht man sicher instinktiv das Richtige. Ich war mir von Tag zu Tag sicherer und Leila meldete auch nichts Gegenteiliges an. Wir waren uns einig. Wir wollten gerne diesen intimen Moment zusammen bestreiten. Was einige Frauen zu Alleingeburten bewegt, ist zum Beispiel, dass sie eine Geburt als so intim empfinden, wie den Moment der Zeugung des Kindes. Das konnte ich gut nachvollziehen. Wer kann sich gut entspannen, wenn fremde Menschen um einen herum sind? Wer wird gerne beim Sex beobachtet? Okay, sei es nur die Hebamme und der Kindsvater: auch diese können mitunter mit ihren eigenen Gefühlen so beeinflussen … Ich hatte ein Hebammenteam gefunden, dass sich zur Geburt (Es wäre nur eine der beiden da gewesen: sie wechselten nur alle paar Tage ihre Rufbereitschaft, dass sie auch immer gut ausgeschlafen waren.) schön zurück gehalten hätte. Also ich hätte tatsächlich mein Baby alleine bekommen können ohne „Mach dies, mach das.“ Mit so einer lieben betreuenden Hebamme, kann man unter der Geburt auch mal massiert werden oder einen kalten Waschlappen auf die Stirn bekommen. Ich las auch von Frauen, die ihren Partner bei der Geburt dabei hatten und darüber total glücklich waren. Manche konnten sich allerdings nicht einmal mehr anfassen lassen. Jede Berührung durch andere Menschen war ihnen „zu viel“. Ich wusste ja noch nicht aus Erfahrung, wie es bei mir werden würde. Ich konnte allerdings so viel sagen: ich packe vieles lieber alleine an, weiß was ich will und entgegen meinem oftmals sehr losen Mundwerk manchmal doch ganz schön „scheu“.  Sex mit Publikum lehne ich bis hierher erst einmal ab. So bezog ich das auf die anstehende Geburt. Alleine ist schöner. Was mich auch ganz fröhlich stimmte: kein anderer Mensch als ich selbst wird das kleine Menschlein als erstes in den Händen halten.

Ich erzählte meiner Mama von meinen Plänen. Das hätte ich lassen sollen. Ihre Ängste verunsicherten mich nicht. Die Diskussion über Leilas geplante Geburt hätte ich mir aber sparen können. Ich gab also nach außen hin weiter vor, mit Hebamme und zu Hause zu gebären. Leilas Papa fand das alles ganz gut so. Ich glaube, solange er nicht „in die Pflicht gerufen wurde“, war ihm alles Recht. Ich war mir mittlerweile so sicher, dass er ein Störfaktor für mich zur Geburt gewesen wäre: zu unruhig. Außerdem geht es vielen Männern so: sie fühlen sich nutzlos. Am allerschlimmsten ist es dann, wenn sie sehen, wie ihre Geliebte leidet und unter Schmerzen schreit und weint und sie NICHTS tun können. Händchen halten … Ganz ehrlich. Das ist meines Erachtens nicht so befriedigend. Es mögen viele Männer und Frauen schön finden, gemeinsam dieses Erlebnis zu begehen. Ich schließe es auch nicht aus, doch ist das keine Selbstverständlichkeit.

Man ist im fortgeschrittenen Stadium der Geburt sicherlich nicht mehr so durch äußere Faktoren abzulenken: dann, wenn Frau zum wilden Tier wird und alle Kraft dieser Welt aufbringt, um das kleine Menschlein heraus zu manövrieren. Doch bis es soweit ist, kann man die Geburt so schön wie möglich gestalten und das in meinem Fall ohne Publikum.

Ich war bereits 12 Tage über dem errechneten Termin. Wehentee und Wehentampons verschönerten die Tage des Wartens. Alle zwei Tage hat meine Hebamme ein CTG gemacht. Baby war fit. Bei der Frauenärztin gab es eine Woche nach errechneten Termin einen Ultraschall und da sah auch alles gut aus: noch genügend Fruchtwasser, Baby aktiv und nur die Plazenta schon leichte Kalkablagerungen. Das ist übrigens die natürliche Einrichtung: das Baby wird zunehmend schlechter versorgt, damit es sich dann mal auf den Weg macht. Früher kamen ja auch alle Kinder irgendwann raus. Da gab es nur noch keinen Termin, bei dem man pünktlich oder unpünktlich sein konnte …

Insgesamt dreimal hatte ich vor der Geburt richtig heftige Wehen und Durchfall. In der 35. SSW und zweimal in der 39. SSW. Durchfall ist die Einrichtung des Körpers, um Platz fürs Baby zu schaffen.  Beim ersten Mal Übungswehen besuchte ich gerade eine gute Freundin in London. Es war übrigens am Geburtstag meines bereits verstorbenen Opas. Wer weiß, was Leila da bewog. J Schließlich kam sie aber doch nicht eher, sondern eben ganze 12 Tage später.

Wir hatten leider kaum Sex in der Schwangerschaft. Doch am 8.6. musste der Papa dringend mal ran: ein gutes geburtseinleitendes Mittel sei das Prostaglandin im männlichen Sperma. Das solle wohl den Muttermund reifen lassen. J. Ich sage mal so: er hat somit seinen Beitrag zur Geburt geleistet. Ich hatte an diesem Montag so circa sechs Stunden lang immer mal wieder Wehen. Gegen frühen Abend war erst einmal Ruhe. Uff. Na ja, wäre ja zu schön gewesen, wenn es endlich losginge. Ich hatte mir übrigens bis zum Schluss vorbehalten, den Papa und die Hebamme zu rufen. Beide wussten, dass ich sie wohl erst später rufen würde, so in Richtung Nachgeburt. Denn für die geplante Lotusgeburt (hier mehr dazu) würde ich dann doch ein paar Hände brauchen und außerdem wollte ich dann schon gerne den Papa dabei haben. Damit er als erstes seine kleine Tochter bestaunen kann. J. Hätte ich unter der Geburt das Bedürfnis gehabt, jemanden dabei zu haben, hätte ich sie gleich gerufen. Ebenso wäre ich ins Krankenhaus gefahren, wenn sich irgendetwas nicht gut anfühlt. Soweit kann ich mir vertrauen. Wer das anders sieht, sollte nicht von sich auf andere schließen und seine Ängste gerne mit sich ausmachen. Ich habe mir mit meinem angeeigneten Wissen zu eventuellen (und statistischen) Komplikationen selbst restlos die Erlaubnis erteilt, unsere Leila alleine heraus zu drücken J.

Es war also wieder ruhig … Mh. Alleine zu Hause sitzen (wir haben getrennte Wohnungen) kommt nicht in Frage. Ich ging also eine Freundin besuchen. Es waren noch zwei andere Freunde da und bis ich mich abends halb elf auf den Heimweg machte, blieb auch weiterhin alles ruhig. Ich hatte Hunger. Im Kühlschrank hatte ich noch einen großen Blumenkohl … Hm. Irgendwie langweilig. Ich wurde übrigens ab dem Aussteigen aus der Straßenbahn von einem tunesischen Mann „verfolgt“. Aus Höflichkeit ließ ich mich auf ein Gespräch ein.  Es kam nicht viel zu Stande, die Sprache ermöglichte es nicht. Er lief mir also wohlwollend hinterher … Ich wollte ihn unbedingt noch vor zu Hause abschütteln. Angst hatte ich nicht, aber belästigt fühlte ich mich schon. Ich finde es auch sehr komisch, eine sichtlich Schwangere anzuquatschen. Ohne Hintergedanken war das für mich nicht. Ich konnte ihn also abwimmeln und bog dann nicht in Richtung Wohnung, sondern in Richtung Späti (in Leipzig bezeichnen wir einen Spätverkauf so) ein, um Soße für meinen Blumenkohl zu finden. Der Blumenkohl dient nicht nur zur Unterhaltung, er spielt noch eine entscheidende Rolle J. In diesem Späti wurde ich auf die andere Filiale des Spätis hingewiesen, die ungefähr 150 Meter weiter von meiner Wohnung weg ist. Diese 150 Meter sind in meinem Fall des nur-unter-immensen-Schmerzen-Laufen-Könnens echt viel. Jeder Schritt mehr war eine Qual. Hunger hatte ich trotzdem und ich schmeiße nicht gerne Essen weg: der im Bioladen bereits vergünstigte Blumenkohl, der schon ein paar Tage in meinem Kühlschrank schlummerte, war heute noch fällig! Im zweiten Späti kaufte ich dann gesunde Fertig-Tomatensauce. Etwas später aß ich Blumenkohl mit Chiasamen, Sesam und Tomatensauce. Es reichte ein wenig und ich war satt. Na ja, vielleicht hab ich ja später noch einmal Hunger. Ich ging dann wie gewohnt in die Badewanne. Es dauerte nicht lange und es ereilten mich starke Winde. Der Blumenkohl fetzte so richtig los in meinem Bauch. Ein großes Konzert in meinem kleinen Bad. Es war 1 Uhr und 10 Minuten als ich einen vorher noch nie erlebten Bauchwind erlebte: Es war der Blasensprung J und ich war in der Badewanne. Es knallte regelrecht in meinem Bauch. Der Wecker und das Handy standen immer in Reichweite. Ich spare hier ein paar Zeichen und setze meine Gedanken nicht extra in „Gänsefüßchen“. Okay. Fruchtblase war geplatzt. Das heißt, dass innerhalb von 90 Minuten oder spätestens 48 Stunden regelmäßig Wehen kommen und das Baby sich auf den Weg macht. In Krankenhäusern dulden sie übrigens maximal 24 Stunden, dann wird eingeleitet L. Das Fruchtwasser erneuert sich, das Baby schwimmt nicht im Trockenen J. Ich hab mich in der Wanne dann hingestellt und den Geschmackstest gemacht … Also was da unten raus läuft, soll süß sein. Ich war ja nass, also war es nicht gleich eindeutig zu spüren, aber doch, da lief etwas und so süß fand ich es nicht. Ich habe mich sehr gefreut, war nach wie vor gelassen und habe alles kommentiert. Ich habe also selbst erlebt und darüber gesprochen (leise in meinem Kopf), was passiert und was kommen kann oder soll. Na dann legen wir mal los. Ich fange dann mal an, alles vorzubereiten. Ich habe im Wohnzimmer auf dem Teppich diese Unterlagen, die man für Hausgeburten bekommt, hingelegt und die Laken, die mir meine Mama gegeben hat, darüber gelegt. Ich habe Kerzen angemacht: eine neue große Kerze – die an diesem Tag von mir deklarierte Geburtskerze und die Leila-Schildkröte (ein Porzellan-Windlicht in Schildkrötenform, welches ich in Mexiko für Leila bemalt habe)  und ein paar Teelichter. Ich stand dann vor meinem vorbereiteten Geburtsplatz im Wohnzimmer und sagte: Nee, ich rufe niemanden an. Hier kann mir eh keiner helfen. Was wollen die denn? Die Wohnung ist klein und ich brauche auch meinen Raum …

In meinem Bad ist zwischen Wanne und Toilette nicht viel Platz, doch da hielt ich mich später länger auf. Ich stellte im Wohnzimmer und Schlafzimmer etwas zu trinken hin. Überall waren Handtücher, Laken, Unterlagen … Ich habe Fotos von meinem wunderschönen Geburts-Wohnzimmer gemacht. Es sah wirklich alles richtig gemütlich und festlich aus. Ich ging dann mit einem Glas Rotwein und einem Buch auf den Balkon. Den Wecker hatte ich dabei, das Telefon natürlich auch. Die Wehen setzen wirklich 90 Minuten nach dem Blasensprung ein. Ach, ganz erträglich. Okay, entleeren musste ich mich auch. Ich hatte Stuhlgang. Mensch, dieser Blumenkohl. Wie clever von mir, so etwas Blähendes zu essen. Davon rate ich gerne ab, wenn man bald ein Kind bekommen möchte. Ich habe echt lange durchgehalten mit dem Lesen. Na ja, als als dann die Wehen alle 4-5 Minuten kamen, bin ich rein gegangen. Zum Stuhlgang haben selbstverständlich auch. Ich weiß ehrlich gesagt nicht mehr genau, wie oft und in welcher Konsistenz. Ist ja auch sch*egal. (Diese kleine Passage ist besonders für die Lieben, die mich kennen gedacht J). Im Wohnzimmer lag ich nackt, immer ein Handtuch zwischen den Schenkeln, weil ja kontinuierlich das Fruchtwasser plätscherte, auf meinem babyblauen Schaffell. Ich habe sogar noch ein Selfie gemacht. Etwas schmerzverzerrt hab ich schon geguckt. Zu diesem Zeitpunkt schrieb ich via Whatsapp mit Leilas Papa. Er war nachts wach geworden (siebter Sinn J) und las, dass der Blasensprung war. Er fragte, ob er kommen soll. Ich meinte, ich käme soweit ganz gut zurecht. Er hatte auch keine Ahnung, wie der Stand der Geburt war. Ich wanderte dann auf die Toilette, sehnte mich regelrecht nach einer aufrechten Haltung. Vielleicht rutscht sie dann einfach raus … Zu dem Zeitpunkt hatte ich alle 2-3 Minuten Wehen und schrieb ihm: Es wird jetzt zu anstrengend, in den Wehenpausen noch zu schreiben. Bis später.

Er hatte keine Ahnung, was es heißt, so kurz hintereinander Wehen zu haben. Ich glaube es war so gegen 4 Uhr. Ich wechselte ein paar Mal vom Wohnzimmerboden auf die Toilette. Das war dann aber zu anstrengend und im stolzen Besitz einer Kindermatratze legte ich diese zwischen Toilette und Badewanne. Ein Paar Handtücher drauf und fertig war die neue Spielwiese. Uuiuiuiuiui. Aua. Mensch, das tut aber wirklich weh. Da kommt sie, so eine Welle … Boar. Ehrlich?! Ich hab das nicht so schmerzhaft erwartet. AUAAAAAAAAA! Ich saß also auf Toilette (manche Frauen bekommen ihre Kinder auch darauf, ich fand die Vorstellung nicht so ästhetisch, aber wie es kommen würde, wusste ich auch nicht) … Ich schrie … wie ein wildes Tier, richtig laut. So habe ich auch noch nie geschrien. Im Haus wussten alle, außer die Nachbarin direkt über mir, dass ich eine Hausgeburt haben würde. Ich hab schon mal kurz gedacht: Mensch, nicht, dass die Kreher jetzt nach Hilfe kräht. Also benommen vom Schmerz und echt ganz schön erschöpft legte ich mich zwischen den Wehen auf die Matratze. Vielleicht kann ich ein paar Sekunden schlafen? Haha. Na ja, also wirklich, das war einfach nicht drin. Ich habe geflucht über die Schmerzen. Ich wusste: kurz bevor das Pressen losgeht, kommt so ein Tief. Da sagen Frauen so etwas wie: Ich will nicht mehr. Gib mir eine PDA! Mach einen Kaiserschnitt!

Ich dachte ziemlich lange: Mensch, jetzt müsste es doch endlich mal losgehen hier … Also lange mach ich das nicht mehr mit. Ach nee, ich hab echt keine Lust mehr. So ein Mist. Zum Glück hab ich keine andere Wahl als weiterzumachen. AUAAAAAAAA. Ich presste das erste Mal. Es kam viel Blut. Ich saß ja idealerweise auf dem Klo. Mist, zu früh pressen ist ja nicht physiologisch. Wenn der Muttermund noch nicht ganz auf ist, ist das sicher schlecht. Ein kurzer Moment der Unruhe. Ein Tasten meinerseits … Wow, da ist nicht nur ihr Kopf (den konnte ich ja schon wochenlang durch die Scheide tasten), da sind jetzt sogar Haare?! Ahh, mein Baby … Okay … also … Der Muttermund ist weit auf, wie weit, keine Ahnung. Aber ich mache einfach, was ich machen muss. Also locker bleiben. Entspannen. Witzig. Irgendwie unvorstellbar jetzt … Es sei denn … Na, ich lass mir einfach eine neue Wanne ein! Mal gucken was dann passiert. Noch mal kurz angemerkt: Die Damm-schonendsten Geburtspositionen sind die aufrechten: also in der Hocke, im Stehen oder auf allen vieren. Stehen war für mich unvorstellbar. Viel zu erschöpft immer wieder … Ich lag dann erst einmal in der Wanne und entspannte etwas. Also ein klitzekleines Bisschen. Ich versuchte dann in meiner für Geburten eigentlich viel zu kleinen Badewanne zu hocken. Also für quer, Gesicht zur langen Wannenseite. Denn es folgten Presswehen … Heiliger Bimbam. Nee, das wird nichts. Viel zu unbequem. Also begab ich mich in die letzte der Damm-schonenden Positionen: Seitenlage. Ich hab sogar gelesen, dass man die Beine zusammenlassen kann, der Kopf des Babys würde sich dann schon seinen Weg bahnen. So hinten zwischen den Pobacken heraus. Ich habe dennoch mein linkes Bein ab und zu angehoben. Ich dachte kurz, mir platzt vielleicht der Kopf. Oder mein Unterleib könnte explodieren. Das Bild, um einen Mann zu beschreiben, wie sich eine Geburt anfühlt: wie das Kacken einer großen Wassermelone, finde ich ganz passend. Ich bin jetzt nicht mehr so genau: doch es waren so in etwa 8-9 Presswehen bis Leilas Köpfchen rausguckte. Das Pressen war nicht so übel wie die Wehen davor. Hier passierte wirklich etwas Großes … Okay … Kopf draußen, juhu, bald hab ich sie in meinen Armen! Endlich! Ich war bereits erleichtert: denn nach dem Kopf geht ja alles ganz schnell. Ich griff nach ihrem Kopf. Was ist da so weich? Ach, das ist ihr Gesicht. Na wie lustig. Erster Handkontakt: schön ins Gesicht gegriffen. Hoffentlich ist sie nicht erschrocken. Was mache ich jetzt? Dran ziehen wäre das letzte. Da hätte ich auch gleich ins Krankenhaus gehen können … Also abwarten. In meiner blutigen Wanne … Aber ich musste nicht lange warten. Die nächste Presswehe galt ihrem kleinen Körper. Wie im Buch: eine Drehung mit den Schultern und – flutsch – da war sie. AHHHHHH mein Baby ist daaaaaa … jaaaaaa … Wie bei 30 Prozent der Kinder, war ihre Nabelschnur einmal um ihren Hals gewickelt. Kein Grund zur Sorge. Ich musste Leila, um ihre Schnur zu entwickeln, noch einmal kurz untertauchen. Sicherheitshalber habe ich sie dann abgesaugt: mit meinem Mund ihre Nase und ihren Mund ausgesaugt. Da war aber nichts. Sie hat mich mit ihren riesigen Augen angesehen und geatmet. Ich hielt sie dann soweit die Nabelschnur das ermöglichte in die Luft und sie schrie kurz. Dann hab ich sie mir wieder auf den Bauch gelegt und ein Handtuch drauf gepackt. Ich habe geweint. Ich war so gerührt. Aber hier gehen mir die Worte aus … Unfassbar. Unglaublich. Das Größte. Bedingungslose und unendliche Liebe. Stille. Adrenalin. Endorphine. Der Sinn des Lebens. WOW.

Es war 7:18. Ich machte ein paar Fotos von uns und schickte sie in der extra für Leila eröffneten Whatsapp-Gruppe. Ihr Papa hatte seinen Sohnemann gerade in den Kindergarten gebracht. Ich rief die Hebamme. Leider hatte der Papa den Schlüssel für meine Wohnung nicht dabei. Also mussten wir insgesamt fast noch eine Stunde in der Wanne verharren. War auch okay. Wir hatten ja uns. Die Hebamme stand also vor der Tür bis der Papa endlich kam. Sie sagte mir dann, dass sie bis zum Schluss nicht wusste, ob ich sie nun zur Geburt rufen würde. Das Rätsel war gelöst. Ich hatte das Kindchen alleine geschaukelt.

Papa war stolz und staunte über unser kleines Wunder. Die Hebi half mir aus der Wanne. Das Bett hatte sie bereits präpariert. Die Nachgeburt stand noch aus. Ich habe Leila nicht direkt angelegt. Dabei hat sie bereits in der Wanne jeden einzelnen ihrer kleinen Fingerchen schmatzend in den Mund genommen. Da hab ich nicht geschalten. Dass sie bereits die Brust sucht. Na ja, sei mir verziehen. Ging später auch noch. J Beim Anlegen wird besonders viel Oxytocin ausgeschüttet, was die Nachgeburt beschleunigt. Ich hab mich etwas feiern lassen mit der Plazenta. Ich war so entspannt, dass ich nicht mehr so Lust hatte, noch etwas rauszudrücken. Wobei es ja nicht mehr so schlimm sein konnte … Also ich glaube es war so um die zwei Stunden nach der Geburt, als ich mal so eine Nachwehe nutzte und presste. Die Hebi sagte mir, dass die Plazenta gelöst sei. Ich müsste sie also quasi nur noch raus schieben … Also hab ich mich überreden lassen. Und da war ja der Papa dabei. Er lag neben mir und Leila im Bett. Da hab ich auch noch mal geschrien. Ich war froh, dass ich bei dem ganzen anderen Geschreie und Geheule alleine war. Ehrlich. Hab ich selber kaum ausgehalten. Wie ist das dann für den, der dich liebt und dein Bestes will? Ich fand es so wie es gelaufen ist traumhaft! Meine erste Geburt. 6 Stunden. Alleine. Geborgen zu Hause. Manche sagen verrückt. Manche mutig. Ich sage: so bin ich. Das war ich. Das waren wir. Leila hat mich dazu ermutigt. Sie hat sich das ausgewählt. Meine beste Freundin, mein Papa und meine Mama kamen noch am selben Tag. Wir aßen Kuchen. Auf Fotos sieht Leilas Papa erschöpfter aus als ich. Ich war noch so geladen. Die Erschöpfung kam später.  Leila hat sich am vierten Tag nach ihrer Geburt selbst abgenabelt. Ihr Nabel ist wunderschön. Ihre Plazenta haben wir noch immer zu Hause. Getrocknet und gekräutert. Ihr erster Freund und Partner. Mal sehen was wir damit machen. Dazu liste ich auch noch ein spannendes Buch auf.

Heute ist sie zwölf Wochen alt. Ich stille voll, sie ist ruhig, lacht sehr viel, schreit nie. Weint mal, wenn sie müde ist. Sie kackt und pullert seit Geburt ins Töpfchen. Natürlich nicht immer, aber so oft wie möglich (hier). Ich habe keinen Kinderwagen. Sie wird nur getragen. Jean Liedloffs Buch könnte die Welt retten. Wir Menschen sind Traglinge.

Erstes Kind: Alleingeburt (wobei ich selbstbestimmte Geburt schöner finde). Lotusgeburt. Vollstillen. Tragen. Windelfrei. Ich bin sehr dankbar für die Zeit, die ich hatte, um mich so intensiv mit den Themen auseinander zu setzen. Dankbar für jeden Hinweis und jedes Buch, das mir empfohlen wurde. Dankbar, dass so viele an mich glauben und mich im Herzen immer unterstützen. Dankbar für dieses größte aller Wunder: Unsere gesunde, fröhliche und wunderschöne Leila Elia Eliza …

Bücher:

Ingeborg Stadelmann „Die Hebammensprechstunde“,

Sarah Schmid „Alleingeburt“,

Laura Kaplan Shanley „Unassisted Childbirth“,

Michel Odent „Geburt und Stillen“,

Ina May Gaskin „Die selbstbestimmte Geburt“,

Ingrid Bauer „Es geht auch ohne Windeln!“

Jean Liedloff „Auf der Suche nach dem verlorenen Glück“,

Cornelia Enning „Heilmittel aus Plazenta“

Internet:

http://www.hebammenblog.de/geburtsbericht-alleingeburt-indien/

http://www.babyglueck.ch/geburt/alleingeburt.php

http://orgasmicbirth.com/

https://www.sein.de/orgasmische-geburt-das-bestgehuetete-geheimnis/

http://www.babyglueck.ch/geburt/lotusgeburt.php

http://www.ohne-windeln.de/

http://continuum-concept.de/jean-liedloff.html

 

7 Gedanken zu „Leilas Geburt“

  1. Erst mal herzlichen Glückwunsch zur glücklichen Geburt deiner Tochter!

    Bin selbst keine Anhängerin von Alleingeburten. Wobei ich aber wirklich gestutzt habe: Du schreibst so ganz selbstverständlich, dass du „mit einem Glas Rotwein“ auf den Balkon gegangen bist. Alkohol in der Schwangerschaft und gar unter der Geburt ist meines Erachtens nicht zur Nachahmung empfohlen.

  2. Danke für deinen Bericht – es tat so gut das zu lesen. Vor allem der Teil wo du über das Urvertrauen schreibst und dass du daran glaubst, dass alles, was passiert, einen Sinn hat. Das sagen meine Mama und meine Oma auch immer. Und meine Oma hat 9 Kinder natürlich zur Welt gebracht. Dieses Vertrauen ist so wichtig und ist in unserer Gesellschaft irgendwie einem Kontrollwahn gewichen. Ich glaube wir brauchen immer mehr starke Menschen wie dich, die uns wieder bewusst machen was im Leben eigentlich wichtig ist. Und auch wenn ich dich nicht kenne bin ich stolz auf deine Entscheidung und deine Leistung!

  3. Danke für diesen Bericht!

    Tut gut zu lesen das es Frauen gibt, die so sehr auf sich & ihr Baby vertrauen. Die nicht dramatisieren aber auch nicht beschönigen. Zu lesen das es genau das richtige ist : auf sich selbst zu hören. Und mein Respekt für die Windelfreie Variante. Ich habe kurzzeitig damit geliebäugelt, mich dann aber aus unterschiedlichen Gründen dagegen entschieden.

    Schade nur, das hier gleich wieder die Moralkeule von anderen Frauen geschwungen wird weil man es sich erlaubt ein (!) Glas Wein zu trinken.

    1. Ich fand die Kritik an dem Rotwein sehr zurückhaltend und sachlich formuliert und mich hat das beim Lesen auch gestört. Viele Frauen verharmlosen den Konsum von Alkohol, Nikotin etc. in der Schwangerschaft, da sollten es mMn gerade gebildete Frauen besser machen.

  4. Ich fand deinen Bericht auch wunderschön und berührend. Ich habe meine ersten beiden Kinder im Krankenhaus bekommen( 2. Geburt ambulant) und dann noch 2 Hausgeburten. Vor meiner letzten Geburt habe ich mich auch intensiv mit dem Thema Alleingeburt beschäftigt und war mir auch sicher, dass ich es allein schaffen kann. Ich hatte keine Angst vor der Geburt.
    Bei dieser meiner letzten Hausgeburt habe ich die Hebamme in der letzten Stunde der Geburt gebraucht,wie bei noch keiner vorhergehenden Geburt( es war die längste und schwerste Geburt von allen 4) und das obwohl das meine erste wirklich selbst bestimmte Geburt war.
    Ich habe schon viel darüber nachgedacht, warum das so war. Das letzte Kind war mein schwerstes und am Tag vor der Geburt hatte ich nicht genügend Zeit mich auszuruhen und zu erholen. Aber warum hat sich dann mein Jüngster nicht erst 1oder 2 Tage später auf den Weg gemacht?

  5. Ganz großes Kino! Vielen lieben dank für deinen Bericht und yes!!!! Eine Meisterin der Geburt 😀 Musste echt zwischendurch schmunzeln über deinen Text. Wirklich erfrischend und vor allem die Zwiesprache von dir und Töchterchen! Klasse!!! Ist auch ein besonderes Thema für mich. Sie mein Blog <3
    Wünsch dir eine schöne Zeit! Herzensgrüße

  6. Echt ein toller Bericht. Man fühlt sich, als wenn man dabei wäre. Ich wusste gar nicht, dass der Körper aufhört eigene Geburtshormone zu erzeugen, wenn man wahnverstärkende Mittel bekommt. Man lernt nie aus. Danke dir dafür! Liebe Grüsse Maria

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