Ungeplante Alleingeburt mit HypnoBirthing

Die Mama im folgenden Bericht bekommt ihr zweites Kind. Sie hat sich nach ihrer ersten Geburt zur Hypnobirthing-Kursleiterin ausbilden lassen und ist jetzt mit HypnoBirthing gut vorbereitet. Da die Wehen – sie glaubt, es sind Vorwehen – so gut zu beatmen sind, entgeht ihr, dass die Geburt schon in vollem Gange ist. So kommt es, dass Mann und Hebamme (geplant war eine Hausgeburt) das große Ereignis verpassen.

Der Meilenstein wurde in der Schwangerschaft 2014 von unserem ersten Wunder Quirin gelegt. Er hat Wunderbares in Bewegung gesetzt. Geburtshorrorgeschichten, wie „wenn du dein Kind im Arm hältst, wirst du vergessen, wie schrecklich die Geburt war“ usw. – damit konnte und wollte ich mich nicht zufrieden geben. Ich wusste, Geburt kann anders sein. Ichwollte positive Erinnerungen an einen der schönsten Momente im Leben haben, der für unser Kind die erste Erfahrung ist und sein ganzes Leben prägt. Nach längerer Recherche bin ich auf HypnoBirthing gestoßen – damit habe ich mich alleine ohne Kurs auf die Geburt vorbereitet. Ich hatte eine schöne, natürliche und selbstbestimmte Krankenhausgeburt. Ich habe 2015 die Ausbildung zur HypnoBirthing Kursleiterin gemacht, damit mehr Frauen von dieser wundervollen Methode erfahren. Ich bin unendlich dankbar für alle Paare, die mich bisher ein Stück auf ihrem Weg mitgenommen haben – die Kurse, die Kursteilnehmer und ihre Geburtsgeschichten/Rückmeldungen haben mich reifen lassen, inspiriert und gefesselt.

Bereits vor der zweiten Schwangerschaft wusste ich genau, wie die Schwangerschaft und die gynäkologische Begleitung ausschauen werden. Ich bin erst in der 13. Schwangerschaftswoche zum Arzt gegangen, ich wollte auf unnötige Untersuchungen verzichten. Da mein Gynäkologe mich nicht nach meinen Vorstellungen begleiten wollte, habe ich zu einer Gynäkologin gewechselt. Es war eine unglaublich entspannte Schwangerschaft – ich wusste, was ich will, ich war so sicher und dieser Weg fühlte sich so richtig an. Gleich zu Beginn der Schwangerschaft machte ich mich auf die Suche nach einer Hebamme. Ich wollte unser Kind zuhause bekommen, in angenehmer Atmosphäre, ohne die medizinische Überwachung. Mein Körper sollte die Zeit bekommen, die er benötigte und er sollte seinem Rhythmus und Tempo folgen dürfen. Ab der 28. SSW habe ich mich intensiv mit HypnoBirthing vorbereitet.

Die Hebamme war ca. 3 Wochen vor errechneten Termin noch einmal bei uns. Wir haben über unsere Geburtswünsche gesprochen, Ängste angesprochen, die meinen Ehemann beschäftigt haben und sie hat uns ihren Dienstplan mitgeteilt, da sie auch noch im KH tätig ist. Ich habe täglich mit dem Bauchbewohner gesprochen, wann ein guter Zeitpunkt für die Geburt ist und wann es weniger günstig aufgrund der Arbeitszeiten der Hebamme ist. Auf Wunsch der Hebamme und meines Ehemannes habe ich eine Krankenhaustasche gepackt, denn sollte es anders kommen als geplant, dann sind wir vorbereitet (trotz innerer Stimme, die mir sagte, dass es nicht notwendig ist).

Am 24.4. verspürte ich einen leichten Druck nach unten und ein leichtes Ziehen im Rücken (Kreuzbeinbereich), ich dachte sofort an Übungswellen (Vor-/Senkwehen), unregelmäßig und sie folgten keinem bestimmten Muster. An diesem Tag habe ich auch Jin Shin Jyutsu (besser bekannt als Strömen) angewendet, um mit der großen Lebensquelle in Verbindung zu treten, damit der Beckenboden weich wird und sich für die Geburt öffnet. Das hilft loszulassen und es gibt tiefes Vertrauen und hilft dem Kind mit Urvertrauen auf die Welt zu kommen. In der Nacht spürte ich nichts.

Am 25.4. spürte ich immer wieder ein leichtes Ziehen im Kreuzbeinbereich und einen leichten Druck nach unten. Das mag jetzt seltsam klingen, aber der Geruch der Geburt war in meiner Nase. Ich habe immer wieder meine Traumgeburt visualisiert und wie so oft an diesem Abend auch vor dem Einschlafen positive Geburtsberichte, hauptsächlich Alleingeburten gelesen  – sie haben mein Vertrauen in mich, meinen Körper und unser Kind gestärkt. Von 25.4. auf 26.4. haben wir alle wunderbar geschlafen.

Am 26.4. hatte ich einen letzten Kontrolltermin bei der Gynäkologin, den ich aber nicht mehr wahrnehmen wollte und so sprach ich in den frühen Morgenstunden mit dem Bauchbewohner, dass ich er sich bitte etwas einfallen lässt. Es sollte zum Wohlergehen aller Beteiligten sein.

Gesagt, getan – morgens beim Toilettengang, sichtbarer leichter, schleimig-blutiger Ausfluss – hab den Termin bei der Gynäkologin abgesagt. Ich hab die Hebamme informiert, dass ich glaube, dass sie sich für den nächsten Tag bereithalten kann, denn heute wird die Geburt nicht sein, da sie Nachtdienst hat und mein Ehemann auf ein Metallica Konzert geht. Am Vormittag bin ich mit unserem Sohn zum Reifenwechsel in die Werkstatt gefahren, am Nachmittag waren wir am Spielplatz und beim Nachbarn auf dem Bauernhof, das neugeborene Fohlen anschauen. Ich war den ganzen Tag in Bewegung, ich spürte selten Übungswellen und wenn dann nur ganz leicht. Um 17:00 ist mein Ehemann nach Hause gekommen. Ich hab ihn beruhigt, dass alles unverändert ist und er ruhig zum Konzert fahren kann. Mein Vater hat mich gegen 19:00 angerufen und gescherzt, ob ich denn schon in den Wehen liege. Ich habe gelacht und gesagt, dass ich da sicherlich Zeit hätte zu telefonieren. Nach dem Telefonat hab ich Quirin noch eine Geschichte vorgelesen und ihn ins Bett gebracht. Mein Mann hat um 20:00 vor Konzertbeginn noch einmal angerufen, ob sich etwas verändert hat. Ich konnte ihn beruhigen, dass ich ab und zu Wellen spüre, nicht aufregend. Anschließend habe ich mich mit der Regenbogenentspannung (HypnoBirthing Meditation) in die Badewanne gelegt. Das Ziehen im Kreuzbeinbereich wurde weniger und ich dachte, gut, dass ich die Übungswellen habe. Denn so kann ich die Wellenatmung gut üben und unser Kind bewegt sich tiefer nach unten. Die Geburt wird sicher sehr einfach werden. Gegen 21:00 wollte Quirin noch ein Wasser trinken. Ich hab mich kurz zu ihm ins Bett gelegt und überlegt, was ich machen würde, wenn dies der Geburtsbeginn wäre – Ich habe den Gedanken gleich wieder verworfen, da ich dachte, unser Schatz kommt sicher nicht an diesem Abend.

Um ca. 21:15 verspürte ich plötzlich ein Ziehen im Kreuzbeinbereich/Wellen ohne Pausen dazwischen. Ich bin meinem Bauchgefühl/meiner Intuition gefolgt und habe mich während ich die Wellenatmung anwendete kurz an den Türrahmen und die Türe gehängt. So konnte ich mich oben anspannen und unten loslassen. Ich ging kurz auf die Toilette und danach ins Bad, wo wieder Wellen ohne Pausen folgten. Ich lehnte mich auf das Waschbecken und plötzlich hatte ich den Schleimpfropf in der Hand. Ich dachte, ich könnte jetzt davon ein Foto machen, doch dazu kam es nicht mehr, denn es folgte eine erneute Welle. Ich drehte mich um, kniete mich auf den Boden vor der Badewanne, links an der Türe der Halter mit den Handtüchern. Ich hielt mich daran fest und veratmete die Wellen und es machte Platsch. Die Fruchtblase hat sich geöffnet und ein kleiner Schwall kam. Diese Kraft, die sogenannte Urkraft kam zum Vorschein. Bereits in der Vorbereitung habe ich mir immer wieder gesagt, dass die Wellen mein Körper produziert, dass ich die Kraft zulasse, die Energie einfach frei durch meinen Körper fließen lasse, jeder Welle positiv begegne … jede Welle bringt mich näher zu meinem Kind. Bis zu diesem Zeitpunkt war mir noch immer nicht bewusst, dass ich mitten im Geburtsverlauf bin, dass ich bereits in der sogenannten Übergangsphase bin. Die Eröffnungsphase hab ich mehr oder weniger komplett übersehen. Es ging mir der Satz von der Regenbogenentspannung durch den Kopf „du weißt, dass Geburt ein natürlicher Vorgang ist“ und mit der nächsten Welle spürte ich, dass der Kopf sich nach unten bewegt und einen Druck nach unten/Pressdrang. Erst jetzt war mir klar, dass ich gleich unser Baby im Arm halten werde. Der Kopf kam mit der Welle. Ich habe ihn mit der Hand noch ein bisschen zurückgehalten, gedacht: „Nur nicht pressen, warte auf die nächste Welle! Der Körper macht das von ganz allein.“ Und mit der nächsten Welle kam der Kopf. Ich spürte deutlich, wie das Baby sich leicht drehte und kurz darauf mit der nächsten Welle kam der restliche Körper mit Fruchtwasser. Ich hielt das Wunder im Arm – ein magischer Moment, welch unglaubliche Erfahrung. Es war so einfach, ich war absolut entspannt, in Trance und doch total klar. Die Geburtsphase war absolut schmerzfrei, ich war in einer anderen Welt, aber doch hier, dieses Vertrauen in mich und meinen Körper, unfassbar. Unser Sohn wurde um 21:40 geboren.

Ich hab mich auf den Boden gesetzt, unseren Schatz angeschaut und gesagt, dass dies so nicht ausgemacht war (oder haben wir es uns doch so ausgemacht?). Ich war so berührt und so dankbar. Ich kam vom Staunen nicht mehr raus. Er sah so perfekt und so entspannt aus. Welch ein Moment voller Liebe, Gefühle, die man nicht beschreiben kann. Der kleine Mann hat gleich problemlos an der Brust getrunken. Ich saß 20 Minuten auf dem Boden, bevor ich zum Telefon griff und die Hebamme anrief. Ich sagte ihr, dass sie es sicher nicht glauben kann, was mir jetzt passiert ist – ich halte unser Kind bereits im Arm. Sie hat mir gratuliert und gefragt, ob alles gut gegangen ist. Sie müsste mir jetzt die Rettung schicken. Ich habe dankend abgelehnt, da ich sowieso nicht einsteigen würde. Ich habe mit ihr vereinbart, dass ich mich erneut melde, wenn die Plazenta geboren ist. Die Nabelschnur wurde noch nicht durchtrennt, denn einer unserer Geburtswünsche war, die Nabelschnur erst nach der Plazentageburt zu durchtrennen. Die Hebamme meinte, wir können die Nabelschnur auch belassen, bis sie kommt oder bis sie von alleine abfällt (Lotusgeburt). Nach dem Telefonat mit der Hebamme sah ich, dass mein Ehemann mir geschrieben hat, dass das Konzert der Hammer ist. Ich habe ihm dann ein Bild gesendet und ihn gebeten nicht umzufallen, wenn er das jetzt liest. Er hat sich gleich auf den Heimweg gemacht – wir haben die ganze Autofahrt miteinander telefoniert. Eine Stunde nach der Geburt wurde die Plazenta problemlos geboren. Ich hab sie auf Vollständigkeit, soweit ich es beurteilen konnte, überprüft und die Hebamme erneut angerufen. Um ca. 0:00 kam mein Mann. Er machte das Bad sauber und wir legten die Plazenta in eine Schüssel. Wir wollten mit dem Durchtrennen der Nabelschnur auf die Hebamme warten, doch es war nicht einfach – Baby und Plazenta tragen – so haben wir beschlossen, die Nabelschnur zu durchtrennen. Sie war längst auspulsiert. Unser Baby hat alles erhalten, was ihm zusteht. Mein Ehemann durchschnitt die Nabelschnur mit der Schere aus der Küche. Er nahm den Kleinen auf den Arm, ich duschte und um 0:30 kam Quirin ins Bad und fragte ganz erstaunt, ob dies sein Vincent ist und wo denn der dicke Bauch von Mama jetzt ist. Mein Ehemann hat eine Jause vorbereitet und anschließend haben wir noch fest weiter gekuschelt und alles auf uns wirken lassen. Am Vormittag kam die Hebamme.

Es war eine unglaubliche Erfahrung. Unser Schatz kam entspannt in positiver Atmosphäre auf die Welt. Ich habe ihn mit meinen Händen empfangen. Ich hatte keine Geburtsverletzung. Der Wochenfluss ist minimal, denn der Körper konnte nach seinem Rhythmus und Tempo arbeiten. Es wurde nicht eingegriffen und interveniert. Ich fühlte mich nach der Geburt so voller Vertrauen. Es war unser Weg.

Liebe werdende Mamas, habt Vertrauen in euch und euren Körper und in die Fähigkeit ein Kind zu gebären. Übernehmt Eigenverantwortung und geht selbstbestimmt durch Schwangerschaft und Geburt. Es ist eure Schwangerschaft, eure Geburt. Ihr könnt es gestalten, so wie ihr es euch wünscht. Es wird euch verändern – auf vielen Ebenen.

Ein riesengroßes DANKE:

Ich bin so unendlich dankbar für meinen Ehemann, ohne ihn wäre vieles nicht möglich (gewesen) und unsere 2 Söhne, die mich/uns wachsen haben lassen. Sie sind das wunderbarste Geschenk.

Sarah Schmid für das Buch Alleingeburt, und Nina Winner von „Geburt und Mama sein“ für die schön gesprochene Regenbogenentspannung und die vielen Inspirationen.

Eine freie Geburt mit Hebamme

Die Mama im folgenden Bericht bekommt ihr zweites Kind. Aufgrund von Interventionen bei ihrer ersten Geburt im Krankenhaus entscheidet sie sich für eine Hausgeburt. Und dafür hat sie das Glück, eine tolle Hebamme gefunden zu haben. Die ist einfach nur da, lässt sie machen und ermöglicht ihr so ihre Traumgeburt.

Ich bin eine Frau und der Körper einer Frau ist perfekt dafür geschaffen, neues Leben entstehen zu lassen, ein Baby im Bauch heranreifen zu lassen und dieses Baby zum richtigen Zeitpunkt zu gebären. Schon als ich mit meiner nun bald schon vierjährigen Tochter schwanger war, wollte ich nichts anderes, als mein Baby selbstbestimmt und natürlich gebären. Denn dafür bin ich ja schließlich geschaffen! Da Krankenhäuser bekanntermaßen eine sehr hohe Interventionsrate haben, dachte ich, mit einer Beleghebamme und einer genauen Wunschliste, die wir im Vorfeld mit der Hebamme ausführlich besprochen haben, könnte ich all den Interventionen entgehen. Tja, Pustekuchen! Erste Aktion meiner damaligen Hebamme nach Ankunft im Krankenhaus war, mir einen Venflon-Zugang zu legen! Dann ein CTG in Rückenlage, Muttermundskontrollen, irgendwann wahrscheinlich eine für mich sehr unangenehme, schmerzhafte Eipollösung, Wehenhemmer, PDA, Wehenmittel, Vakuum. Die Wunschliste hätte ich mir auch sparen können! Natürlich wurde das alles mit mir „besprochen“ und begründet, aber unter der Geburt hat doch keine Frau die Kraft und vor allem Konzentration, zu diskutieren und sich gegen ausgebildetes Fachpersonal zu widersetzen. Und wie hätte ich mich denn mit einer Nadel im Handrücken, auf dem Rücken liegend, mit fremden Fingern in mir,… auf das Geburtsgeschehen einlassen können? Mich gehen lassen können? Für mich so keine Chance auf eine natürliche Geburt!

Also war schon vor der nächsten Schwangerschaft klar: Da geh ich nicht mehr hin! Das nächste Mal bleibe ich daheim. Mein Schatz fand den Gedanken anfangs befremdlich und vielleicht auch beängstigend (für ihn war Töchterleins Geburt auch alles andere als ein Spaziergang, es ging sehr lange, er hat mir so gar nicht helfen können und ich glaube, er hat es gar nicht ertragen, mich so leiden zu sehen). Aber nach ausführlichen Gesprächen, in denen ich ihm meine Beweggründe dargestellt habe und ihm vor allem erklärt habe, dass Hausgeburten statistisch genauso sicher sind wie Krankenhausgeburten, aber deutlich geringere Interventionsraten aufweisen, hat er mich verstanden und wollte diesen Weg mit mir gemeinsam gehen.

Also habe ich mir ziemlich schnell nach dem positiven Schwangerschaftstest eine Hausgeburtshebamme gesucht. Das war gar nicht so einfach, denn obwohl ich schon so früh dran war, haben mir einige absagen müssen, weil sie schon ausgelastet waren. Zum Glück sind wir dann bei unserer wundervollen Hebamme gelandet. Das erste Kennenlernen war sehr schön und hat Schatz‘ letzte Zweifel ausgeräumt. Ab da war auch klar, dass unsere Hebamme die Vorsorge übernehmen wird. Ich war nur zweimal bei der Frauenärztin. In der Frühschwangerschaft und zum Organscreening.

Die gesamte Schwangerschaft über ging es mir sehr gut und ich stimmte mich mit Büchern von Gaskin (Die selbstbestimmte Geburt), Mongan (Hypnobirthing), Leboyer (Atmen, Singen, Gebären) und Schmid (Alleingeburt) positiv auf die bevorstehende Geburt ein. Leider fingen wir uns fünf Wochen vor dem erratenen Termin alle drei eine fiese Grippe ein. Schatz und Töchterchen waren recht bald wieder fit, bei mir blieb ein hartnäckiger Husten und eine verstopfte Nase. Die Hustenkrämpfe waren teilweise so stark, dass ich richtig Schmerzen im Unterbauch hatte. Und eigentlich wollte ich zu dem Zeitpunkt intensiver meine persönliche Entspannungsübung, angelehnt an die Mongansche Regenbogenentspannung mit der tiefen Bauchatmung, üben, was aber mit verstopfter Nase unmöglich war. Mein Gemütszustand war verständlicher Weise nicht mehr ganz so berauschend, aber ich sagte mir, dass ich ja noch genügend Zeit zur Genesung habe.

Um mich wieder auf positivere Gedankenbahnen zu lenken, las ich so viel schöne Geburtsberichte wie möglich. Sämtliche Alleingeburtsberichte auf Sarah’s Blog verschlang ich geradezu. Gleichzeitig begann ich damit, mir meine eigene Geburt zu visualisieren, was mir aber nicht gelang, weil ich ja nicht wissen konnte, ob ich zum Beispiel im Pool sein würde, ob es mit Blasensprung beginnen würde,… Was aber super gut klappte, war mir zu visualisieren, wie ich an Sarah schreiben würde, um ihr von meiner wundervollen Geburt zu berichten. „Liebe Sarah, ich freue mich, dir heute von meiner perfekten, selbstbestimmten Traumgeburt zu schreiben …“ Das hat mein Unterbewusstsein ganz stark umprogrammiert!

Trotzdem gab es 10 Tage vor dem errechneten Termin noch einmal so einen richtigen Tiefpunkt. Durch das dauernde Husten hatte ich schon länger starke Schmerzen im linken Rippenbogen und eines Abends, nach einer ungünstigen Bewegung, ist es mir so richtig in die Rippe gefahren. Ich vermute, dass sie angeknackst ist. Konnte mich kaum bewegen und hatte Schmerzen beim Atmen! Wie sollte ich so gebären? Leider war Schatz an dem Abend nicht zuhause und so fiel ich in ein tiefes Loch und sah mich schon auf dem OP-Tisch für einen Kaiserschnitt. Ein Telefonat mit Schatz hat mich wieder ein bisschen beruhigt, so dass ich wenigstens einigermaßen zur Ruhe kommen konnte und die nächste Kontrolle bei unserer Hebamme am nächsten Tag abwarten konnte. Diese gab mir diverse Tipps und Hausmittelchen um endlich den Husten in den Griff zu bekommen, fühlte ein bisschen mit mir mit, hegte aber keinerlei Zweifel an der bevorstehenden Geburt. Dieses Vertrauen in mich hat mich wieder auf Kurs gebracht und ich habe ab da dankbar jeden weiteren Tag mit Baby im Bauch angenommen und zur weiteren Genesung genutzt und war gar nicht ungeduldig was den Geburtsbeginn anging.

Tatsächlich angefangen hat es dann in der Nacht von Ostersonntag auf Ostermontag, als wir ins Bett gegangen sind. Mit meiner, schon bei der ersten Geburt verwendeten und selbst aufgenommenen Entspannungsübung und der tiefen Bauchatmung konnte ich die Wehen sehr gut bearbeiten. Schlafen war jedoch, wie auch schon die Nacht vorher, nicht mehr drin. Die Wellen kommen unregelmäßig und in unregelmäßigen Abständen, aber es ist ein großer Unterschied zu den Übungswehen der vorherigen Nacht zu erkennen und langsam dämmert es mir, dass es nun ernst werden könnte. Durch den sanften und langsamen Beginn habe ich genug Zeit zu lernen, dass es für mich am besten funktioniert, wenn ich beim Einatmen zum Bauchaufblasen visualisiere, dass ich meiner Gebärmutter den nötigen Platz für ihre Arbeit gebe und beim langsamen nach unten Ausatmen den Luftstrom direkt durch den Muttermund lenke und ihn so bei der Öffnung unterstütze. Körper und Geist arbeiten Hand in Hand. Ganz erstaunlich ist auch, dass ich zwischen den Wehen durch den Mund atmen muss (wegen der verschnupften Nase), sich aber bei der Wehe wenigstens ein Nasenloch soweit „entstopft“, dass ich spätestens zum Ausatmen schön durch die Nase atmen kann. Wow!

5:30 Ich bin nun so richtig wach und habe keine Lust mehr im Bett zu liegen. Duschen tut gut. Die Wehen scheinen deutlich häufiger zu kommen, aber viel weniger stark zu sein. Bei jeder Wehe hänge ich mich an die Duschwand, lasse mir das angenehm warme Wasser über den unteren Rücken laufen und lerne, dass die tiefe Bauchatmung im Stehen nicht funktioniert. Stattdessen schaue ich den Bauch von oben an und gebe ihm beim Ausatmen einen Impuls nach unten. Ich lege mich wieder zum schlafenden Schatz ins Bett und habe kaum mehr Wehen bis Töchterchen mit ihrem üblichen „Hallo, ich bin da!“ zu uns ins Bett kommt und uns ihre Kuscheltiere zuteilt. Dann gehe ich aufs WC. Juhu, ein weiteres Anzeichen, dass es doch los geht: Ich habe richtig schön weichen Stuhlgang. Töchterchen kommt ins Badezimmer und ich erzähle ihr, dass sich das Baby auf den Weg gemacht hat. Sie ist begeistert und erzählt es gleich freudestrahlend dem Papa. Der freut sich und bleibt erstmal die Ruhe in Person.

Wir tauschen: Töchterchen aufs WC, ich wieder zu Schatz ins Bett.

8:45 Einmal bitte Prostaglandine zum Anstupsen: „Schatz, das war jetzt vielleicht das letzte Mal für ein paar Wochen. Und danach sind wieder Kondome angesagt.“

9:23 SMS an unsere Hebamme, dass sie sich heute vielleicht nicht allzu viel vornehmen soll.

9:30 Wir frühstücken gemeinsam. Als ich auf’s WC muss, freue ich mich über das nächste deutliche Geburtsanzeichen: der Anstupser von vorhin hat tatsächlich Wirkung gezeigt, denn ich habe den Schleimpfropf auf dem Klopapier. Irgendwie voll schön den zu sehen! Die Wehen kommen immer noch sehr unregelmäßig, aber manche möchte ich schon besingen. Und ich lerne, dass es ganz wunderbar ist, die Wellen stehend, mit den Händen auf der Wickelkommode abgestützt zu tönen und dabei den Bauch im gestreiften T-Shirt ganz bewusst anzusehen und ihm (bzw. der Gebärmutter und dem Baby) meine volle Aufmerksamkeit zu schenken. Töchterchen kann das Singen nicht so recht einordnen und ich befinde, dass es nun Zeit wird, die Großeltern zu bitten, sie abzuholen. Mein lieber, aufmerksamer Schatz fragt nach, ob er ihnen Töchterchen auf der Treppe übergeben soll oder ob sie noch rein kommen dürfen. Ich kann zwischen den Wellen noch sehr gut kommunizieren und freue mich, beide Schwiegereltern noch kurz zu sehen und nehme dankbar ihre guten Wünsche an.

Ruhe kehrt ein. Schatz macht alles geburtsbereit. Fixiert das Bettsofa im Wohnzimmer, legt die Matratze darauf, bezieht diese, hängt mir das Tragetuch auf, … Nur den Pool lässt er in der Abstellkammer. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich ihn brauchen werde. Ich räume Spielsachen auf, veratme diverse Wehen an unterschiedlichen Orten in unterschiedlichen Positionen und lerne, dass mir am wohlsten an der Wickelkommode oder am Waschbecken ist. Reden geht noch wunderbar. Ich fühle mich fit und wohl, von der angeknacksten Rippe merke ich nicht mehr viel (bin auch nicht, wie noch vor zwei Tagen, in meinen Bewegungen eingeschränkt). Nur die Schnupfennase nervt!

11:39 Ich liege (in Seitenlage) auf dem geburtsbereiten Bettsofa im Wohnzimmer und versetze mich mit meiner eigenen Entspannungsübung als mp3 noch einmal in eine Tiefenentspannung. Jedoch merke ich am Ende des Tracks, dass Liegen nun unangenehm wird. Also tigere ich wieder meine Runden zwischen Esszimmertisch, Wickelkommode und WC mit meiner Geburtsplaylist auf Dauerschleife im Hintergrund. Allerdings in einem komplett anderen mentalen Zustand wie noch davor. War ganz fest bei mir, meinem Körper und dem Baby, war aber überhaupt nicht so weggebeamt, wie während den Entspannungsübungen. Aber das wäre auch nicht gut gewesen, denn wie hätte ich denn sonst auf meine Intuition hören können … Augen während des Tigerns fast geschlossen, Schatz und alles andere ausgeblendet, während der Wehen auf die Wickelkommode abgestützt, die Welle willkommen geheißen und ganz bewusst den gestreiften Bauch angeschaut. Schatz‘ gelegentliche Nachfragen konnte ich ganz bewusst erfassen, habe aber bewusst knappe Antworten gegeben. Er hat sich mit Buch und Notebook im Wohnzimmer in eine Ecke außerhalb meines Sichtfeldes verzogen. Warmes Kirschkernkissen auf dem unteren Rücken ist eine Wohltat. Irgendwann zerre ich Töchterchens super weichen Spielteppich hinter mir her und Schatz hilft mir, ihn doppelt gefaltet vor die Wickelkommode in den Gang zu legen. Da hab ich wohl schon geahnt, dass das mein Platz zum gebären sein wird. Hin und wieder schmeiße ich mich zwischen zwei Wehen auf einen Kissenberg oder hänge mich ins Tragetuch um Kräfte zu sparen, aber spätestens zur Welle will ich mich stehend irgendwo abstützen können.

15:37 Mein Tönen wird kräftiger und mit meinem OK ruft Schatz unsere Hebamme an. Während der 30 minütigen Anfahrtszeit habe ich kurz gehofft, vorher noch so schwupp di wupp eine Alleingeburt hinlegen zu können (hahaha, ich denke ich war gerade mal gegen Ende der Eröffnungsphase). Dann habe ich mich aber darauf konzentriert, dass nur ich es bin, die das Baby gebären kann und wird und ich die Geburt nicht abgeben werde, nur weil eine Fachperson da sein wird. Ich glaube nämlich, dass mir das damals im Krankenhaus passiert ist. Irgendwann nach den ersten Diskussionen habe ich wohl unbewusst die Verantwortung abgegeben. So nach dem Motto: „Ihr wisst es besser als ich, ihr habt die Erfahrung. Also sagt mir, was ich machen soll.“ Und das kann meiner Meinung nach nicht funktionieren.

Nach Ankunft unserer Hebamme Unruhe. Beide queren meinen Weg, es wird geredet, telefoniert (mit der zweiten Hebamme, die informiert wird, dass sie in ca. 2 Stunden da sein sollte, um gegen Ende der Geburt da zu sein) und im Blickfeld gesessen. Natürlich alles sehr dezent, leise und zurückhaltend, aber ich konnte es nicht ertragen. Nur, dass die Hebamme nur noch mit zwei verbleibenden Stunden rechnet, hat mich dann doch irgendwie motiviert (kleine Anmerkung am Rande, die zweite Hebamme kam dann erst nach der Geburt dazu und von ihr habe ich gar nichts gemerkt!). Es hat mich enorm Überwindung gekostet, aber ich habe es geschafft ihnen mit einem kurz zugeworfenen „Bitte psst!“ klar zu machen, dass ich nichts von ihnen hören und sehen möchte, so dass wieder Ruhe einkehren konnte. Zum Glück habe ich mit beiden im Vorfeld besprochen, dass das so sein könnte und dass sie mir diese „Unfreundlichkeit“ bitte nicht übel nehmen sollen, sonst hätte ich es nicht geschafft, meine Bedürfnisse zu kommunizieren.

Während einer Wehe läuft mir Flüssigkeit zwischen den Beinen auf den Spielteppich. Ich vermute Fruchtwasser und ziehe mir die Hose auf dem WC ab. Wie gut, dass ich schon vor einiger Zeit Kniestrümpfe und Stulpen unter die Hose gezogen habe. Nur der kalte Popo stört mich. Darum bitte ich meinen Schatz nun um ein Feuer im Kamin. Der Fruchtwasserabgang ist der Aufmerksamkeit der Hebamme nicht entgangen und sie fragt, ob sie kurz die Herztöne hören darf. Sie darf, obwohl ich das Baby spüre und weiß, dass alles gut ist. Das war die einzige Interaktion von ihr. Kein Muttermund getastet, keine Positionen vorgeschlagen, kein Anfeuern … Perfekt für mich!

Danach „next level shit“: Die Wehen sind deutlich stärker und wollen lauter besungen werden. Zum Glück wissen unsere unter uns wohnenden Vermieter über die Hausgeburt Bescheid. Langsam zwingen mich die Wehen immer mehr in die Knie. Aber das ist nicht negativ gemeint. Ich spüre, wie es mich dehnt und der Kopf durchs Becken geht. Das tief und breitbeinig in die Hockegehen scheint den Vorgang zu unterstützen und fühlt sich wie das einzig Richtige an. Es ist unglaublich anstrengend! Ich bin laut! Ich sage Dinge wie: „ich mag nicht mehr“, „Baby du darfst jetzt kommen, es ist alles bereit.“ „Wir freuen uns auf dich“, „Ich kann nicht mehr!“ und rufe sogar nach meiner Mama!?? Und gleichzeitig fühle ich mich wie eine starke, wilde Löwin. Eindeutig die Übergangsphase!

Dann endlich Presswehen. In der tiefen Hocke! Unglaublich diese Kraft!!! Unbeschreiblich! Es geschieht einfach. Ich gehe mit, lasse meinen Körper machen. Schatz und die Hebamme sind nun näher bei mir. Hin und wieder bestätigen sie mich. Jedoch kein Anfeuern, keine Berührung! Ich blende sie aus und bleibe bei mir, meinem Körper und dem Baby. Immer wieder spüre ich nach dem weichen Köpfchen. Ein unglaubliches Gefühl! Nun ist es bald soweit. Trotzdem fühlt es sich wie eine Ewigkeit an. Ich schwitze unglaublich. Das Brennen wird stärker. Nach jeder Wehe rutscht das Köpfchen wieder etwas zurück und ich rufe dem Baby „Bleib bei mir!“ zu und weiß doch eigentlich genau, dass es genauso sein muss und gut ist. Noch ein paar mal presst mein Körper mit dieser Urgewalt, ich bekomme einen fiesen Krampf in den Fuß und das Bein, schiebe ein letztes Mal mit, gehe über das Brennen hinaus und halte plötzlich das unglaublich weiche, seidige, runde Köpfchen in meiner Hand. Und schon flutscht der Rest des Babys hinterher und ich nehme es in meine Arme. So warm, so weich, so wunderbar. Ich würde diesen Moment gerne schriftlich festhalten, aber es ist nicht möglich dafür Worte zu finden. Das kann man nur spüren …

Da sind wir nun beide, ich kniend und verschwitzt mit Krampf im Bein, er glitschig und blau in meinen Armen, lautstark über diese Ungeheuerlichkeit des In-die-Welt-geboren-werdens protestierend und dürfen uns nun voll und ganz auf die Unterstützung von Schatz und Hebamme verlassen. Vier starke Arme stützen uns und führen uns auf das Wochenbett. Fast unsichtbar agierende Hände legen alles mit Unterlagen aus, setzen uns auf’s Sofa, decken uns drei mit kuschelig vorgewärmten Handtüchern zu, räumen die „Sauerei“ weg … Schatz, Baby und ich sind happy und kuscheln erst einmal ausgiebig. Die Tränen in Schatz‘ Augen werde ich nie mehr vergessen.

Irgendwann hilft die Hebamme mir noch mit der Plazenta, schaut ob ich gerissen bin (nein, nur eine leichte Schürfung), hilft mir beim Duschen, durchtrennt die Nabelschnur und so weiter. Diese Unterstützung war perfekt für mich! Unter der Geburt fast unsichtbar, das Baby wurde in meine eigenen Hände geboren, und danach durfte ich die Königin sein und mich voll und ganz auf das Baby konzentrieren.

Einfach perfekt!

Ich bin meinem Schatz und der Hebamme so dankbar für alles was sie nicht gemacht und gemacht haben. Ich wünsche jeder schwangeren Mama, dass sie erspürt, was sie braucht und dies unter der Geburt auch bekommt und sie die für sie und ihr Baby perfekte Geburt hat, egal wo, wie und mit welchen Geburtshelfern.