Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt – Alleingeburt beim zweiten Kind

Die Mama im folgenden Bericht bekommt ihr zweites Kind. Sie hat sich gut auf eine Alleingeburt vorbereitet, aber dann läuft es doch nicht ganz so schmerzfrei wie erwartet. Dafür geht alles schnell und unkompliziert.

Am 6.1. um 20:51 Uhr ist innerhalb von 3 Stunden und 51 Minuten unser viertes Familienmitglied in einer unkomplizierten und komplikationsfreien Alleingeburt im heimischen Wohnzimmer auf die Welt gekommen.

Vorbereitet habe ich mich mit der Louwen-Ernährung, Mentaltraining (Hypnobirthing, autogene Geburt, die friedliche Geburt…), Malen, Osteopathie, ganz viel Literatur über natürliche und selbstbestimmte (Allein-)Geburten, Schwangerenyoga, Schwangerenschwimmen, Spinning Babys und ausreichend Bewegung an der frischen Luft.

Am Morgen des 6.1. war noch alles ruhig – bis auf die unfassbaren Beckenschmerzen, die mich seit zwei/drei Tagen plagten. Deswegen hatten ich mich dazu entschieden, Spinning Babys auszuprobieren – vielleicht lag der Kopf ja noch nicht optimal? Wir machten also den ersten Schritt der Übung*. Während des zweiten Schrittes wurde ich quasi nur seitlich gelagert und konnte mir während dessen den Podcast der friedlichen Geburt anhören.
(Am Rande: am Morgen hatte ich noch einen Post in der Alleingeburtsgruppe über Zweifel an der Alleingeburt gemacht. Hauptsächlich wegen den Schmerzen im Becken, die einfach für mich schwer einzuordnen waren.)
Sehr passend kam ich zufällig auf die Folge „Seelische Entwicklung in der Schwangerschaft“. Die sprach genau das an, worüber ich mir so den ganzen Tag den Kopf zerbrach … Und es wurde auf die Folge 25 verwiesen – Auflösen von Ängsten. Ich hörte also beide Folgen und hatte das Gefühl, dass sie mir richtig was gebracht hätten – so mental…
Anschließend stieg ich im Treppenhaus die Stufen seitlich hoch. Nach vier Mal bis in den fünften Stock juckeln ging ich auf den Pezziball und die Übung war nach 15 min beendet (Gott sei Dank! 😆).
Tatsächlich hatte ich das Gefühl, dass es mir richtig was gebracht hätte. Meine Beckenschmerzen waren immerhin etwas weniger im Rücken zu spüren.
Meine Männer gingen dann einkaufen und ich hatte nochmal richtig schön Ruhe … Ich hörte meine Mentaltrainings-CD und schlief zwischendurch ein. Als meine Männer wiederkamen, machten wir das Abendessen. Gegen kurz vor 17:00 Uhr stand dieses dann auch auf dem Tisch.
Mein Mann und ich hatten zuvor noch über den besagten „ET + 3“ philosophiert, der ja nun bald anzustehen drohte (oder auch nicht). Wir waren noch dabei, zu überlegen, ob wir diesen Termin beim Frauenarzt wahrnehmen oder nicht … Da wir sowieso keine Hebamme für die Geburt hatten, entschieden wir uns erstmal dagegen.
Jedenfalls kam dann das erste sanfte Ziehen und ich sagte: „Ja, so kannst du weiter machen, das ist nett!“, und lächelte noch zufrieden…
Wir überlegten beim Essen, ob mein Mann später noch zur Fahrschule fährt, beschlossen aber, erstmal spazieren zu gehen und dann weiter zu schauen. Wir witzelten darüber, dass bis dahin das Kind bestimmt schon da ist, gingen aber eher von einem falschen Alarm oder einem langsamen Geburtsbeginn aus.
Für den Spaziergang ging ich dann schon Mal vor. Ich sehnte mich nach Dunkelheit und Ruhe.
Während ich voraus gegangen war, blieb ich zwischenzeitlich stehen, wenn eine Welle kam.
Sie kam sanft und war leicht zu verarbeiten. Ich freute mich! Ich kreiste also mein Becken und war voll mit mir im Einklang. Ich sprach mit meinem Kind. Dass wir das alles sehr gut meistern werden, dass ich Vertrauen in uns habe und wir unsere Geburt gut schaffen werden.
Nach einer guten halben Stunde hatte mich mein Klan eingeholt 😄. Ich empfand ihre Anwesenheit leider als etwas störend, aber es war für mich okay. Ich sagte noch zu meinem Kind und meinem Mann, dass es heute doch eine wundervolle Nacht wäre, um geboren zu werden. Wunderschön, kalt und sternenklar. Ein wunderschöner Abend im Januar.
Kurz bevor wir Zuhause waren, wurde es schon etwas intensiver. Zuhause ging es dann richtig los, aber ganz sicher über den Geburtsbeginn war ich noch nicht. Aber scheinbar war ich leidlich genug, als dass mein Mann nicht zur Fahrschule ging.
Stattdessen machte ich es mir im Schlafzimmer, welches mein Mann für mich vorbereitet hatte, gemütlich und hörte meine Entspannungs-CD.
Allerdings hielt ich es dort keine zwei Wellen im Bett aus, weil das seitliche Liegen einfach nur extrem schmerzhaft war. Ich ging also aus dem Schlafzimmer wieder ins Wohnzimmer. Ich tönte auch schon teilweise gut mit und das Klo war beim bester Freund in der gesamten Zeit.
Ich kniete am Sofa im abgewandelten Vierfüßler und bat meinen Mann, unseren Sohn ins Bett zu bringen.
(In meinen Mentalübungen stellte ich mich immer so vor dem Sofa vor, fand es aber in der Umsetzung dann recht unbequem.)
Da war es dann mittlerweile kurz vor 19:00 Uhr. Zwischenzeitlich wechselte ich auch in den Türrahmen und testete das von der Decke hängende Tragetuch. Mein Mann machte unseren Sohn fertig und ich fühlte mich … Ja, verzweifelt.
Ich rief eine Freundin an und jammerte. Schließlich hatte ich eine schmerzarme/-freie Geburt erwartet … Wofür hatte ich den ganzen Kram denn gemacht? Dafür, dass ich es auch jetzt nicht wirklich aushielt? Und das war ja erst der Anfang!
Sie unterstützte mich mit lieben Worten, die wirklich gut taten in diesem Moment. Ich rief noch die Hebamme an, der wir ja abgesagt hatten, einfach für ein paar aufbauende Worte.
Das Gespräch war okay, aber nicht so, wie ich es erhofft hatte.

Mein Mann kam dann auch irgendwann von unserem Sohn und zurück, der im Schlafzimmer PawPatrol schauen durfte. Laut eigener Aussage räumte er dann das Wohnzimmer auf und versuchte es gemütlich zu machen. Ich selbst weiß davon nur, dass er irgendwie irgendwo rumgewurschtelt hat und mir zwischendurch immer wieder frisches Wasser gab. Etwas zu trinken tat mir wahnsinnig gut. Ich hatte wirklich viel Durst. Ich legte meine Ketten um, und dass das Ganze ernst war hatten wir dann auch verstanden. Ich vertönte die Wellen im Sitzen auf der Couch, manchmal im Stehen und kam dann endlich auch ein bisschen mit und ganz gut klar. Dennoch war ich verstört von der Heftigkeit. Ich hatte einfach nicht damit gerechnet. Ich hatte eine sanfte Geburt erwartet!
Gegen 20:00 Uhr ging ich aufs Klo und tastete Mal… Ich bin ehrlich: keine Ahnung. Es fühlte sich einfach nur alles matschig an. 😂 Ich dachte, dass mein Muttermund vielleicht 4 cm auf sei. Hatte dann aber den Schleimpfropf teilweise in der Hand und war dadurch wirklich extrem motiviert. Ja ich wurde fast euphorisch! Diese Info gab mir extrem viel Energie!

Gegen 20:30 Uhr rief ich noch eine andere Freundin an um die Betreuung für meinen Sohn zu gewährleisten, da mir unsere eigentliche Betreuung netterweise einfach abgesagt hatte, falls ich doch ins Krankenhaus muss/möchte und informierte ebenfalls meine Eltern als Notfallbetreuung. Wir gingen davon aus, dass es noch Stunden dauert.
Mein Mann baute in der Zeit den Pool auf. Gefühlt verging eine Ewigkeit, dabei war er sogar schon aufgeblasen. Ich saß weiter auf der Couch und schob ein bisschen mit, fand aber nicht, dass der Kopf dadurch großartig weiter runter rutscht. Dennoch war ein wenig Druck da. Dieses Gefühl fand ich richtig … Eklig. Sehr schwer zu beschreiben.
Um 20:40 Uhr stieg ich also endlich in den Pool.

Es wurde kurz still und eine wahnsinnge Ruhe kehrte in mich ein. Ich lehnte über der Poolwand, quasi tiefer Vierfüßler. Bei der nächsten Welle überkam mich dieser enorme, alles überwältigende Druck nach unten. Die Fruchtblase sprang und der Kopf rutschte sofort in den Geburtskanal. Ich tastete und sagte nur zu meinen Mann, der neben mir war, etwas hektisch: „Das Kind kommt!!!“
Er glaubte mir wohl nicht ganz, denn es kam ein verwirrter Blick und irgendwas in Richtung: „Warten wir erstmal ab …“
Ich spürte schon die Haare im Wasser. Mit der nächsten Welle wurde der Kopf geboren und dieses Gefühl an meiner Hand, von meinem ganzen Körper werde ich wohl nie vergessen. Einfach magisch. Ich sagte nur: „Mach laaaangsam … Ganz vorsichtig“, denn ich wollte nicht reißen. Ich spürte einen Arm aus mir raus flutschen und die berühmt berüchtigte Drehung. Das fand ich extrem cool. Mit der nächsten Welle gebar ich dann mein Kind.
Zehn Minuten nachdem ich in den Pool gestiegen war und quasi vier Stunden von der ersten Welle bis es mir entgegen schwamm.
Entgegen meiner Erwartung, fiel es mir unglaublich leicht, mein Kind aus dem Wasser zu fischen. Es passierte einfach automatisch, ganz natürlich und ich machte mir in dem Moment gar keine Gedanken darüber. Ich hob also mein Kind aus dem Wasser und lehnte mich zurück. Mein Kind war richtig rosig und sauber, die Nabelschnur quasi sofort weiß. Ich sagte ganz oft zu meinem Mann, der neben mir kniete: „Ich hab’s geschafft!“. Es war wahnsinnig überwältigend.

Mein Mann gab uns Handtücher und wir schauten nach dem Geschlecht. Ich hatte einen Sohn geboren! Wir holten meinen Großen dazu.
Er fand das Ganze aber uninteressant und spielte lieber mit seiner neuen Feuerwehr. Dann wurde es langsam hektisch. Der Kleine fing an zu schreien und ich wurde nervös, weil das Anlegen nicht klappte. Mit größter Mühe bekamen wir uns aus dem Pool, die Nabelschnur war so kurz und die Plazenta noch nicht geboren. Ich lehnte mich auf die Couch und wir warteten auf die Plazenta und beobachteten die Blutung. Diese war zum Glück minimal.

Nachdem die Plazenta nach fast zwei Stunden noch nicht geboren war, bin ich dann aufs Klo gegangen. Es heißt ja, dass die Plazenta nicht gut geboren werden kann, wenn die Blase voll ist … Es kam wie es kommen musste – die Plazenta landete im Klo. Dabei wollten wir eigentlich eine Lotusgeburt.

Die anschließenden Blutungen hielten sich in Grenzen. Gegen 12 Uhr brachte ich dann meinen Großen ins Bett. Wir hatten alle noch eine Kleinigkeit gesnackt und es uns gemütlich gemacht. Um die Zeit wurde Papa dann das erste Mal angekackt. Wir blieben noch bis halb drei wach. Mein Mann versuchte, den Pool mit dem Schlauch zu leeren – und schleppte dann Eimer. 😆
Ich kämpfte noch mit den Nachwehen, wie auch noch die ganze Nacht. Es war wirklich heftig.

Am nächsten Tag kam dann die Hebamme und machte die üblichen Untersuchungen, die man auch für die normale U1 macht. Die Maße sind fast genau gleich, wie die meines ersten Kindes. Dabei hätte ich darauf schwören können, dass dieses Kind größer und schwerer ist.
3660g, 35cm KU, 53cm lang.

Ich selbst habe trotz der schnellen Geburt keine Verletzungen, außer einer leichten Schürfung an der alten Narbe davon getragen – so wie ich es mir gewünscht habe! 💪😁

Generell war die Geburt für mich heftig. Sie hat mich einfach überrumpelt. Ich konnte meine Atemtechniken und Entspannungsübungen zum größten Teil nicht anwenden. Wie ich in der Geburtsphase geatmet habe, weiß ich gar nicht mehr. 🤷 Zumal ich wegen meiner jammernden Anrufe nicht das Gefühl hatte, dass meine Vorbereitung etwas gebracht hat.
Ich fühlte mich also nach der Geburt nicht die erhofften drei Meter größer… 🤷 Es nervt mich, dass ich gerne mehr Unterstützung von außerhalb gehabt hätte. Und dass ich die Entscheidung, der Hebamme abzusagen während der Geburt so betreut habe.
Aber: geschafft habe ich es auch so und die Schmerzen hätten mir auch nicht abgenommen werden können. Dass die Schmerzen so stark waren… das wundert mich nach wie vor.
Ich denke, Dank Louwen wurde den Wellen wenigstens die Spitzen raus genommen und es war nicht so großflächig. Sowieso ein ganz anderer Schmerz als bei meinem Großen.

Dennoch bin ich mittlerweile wahnsinnig stolz auf mich. Ich habe mein Kind alleine geboren – gefühlt wirklich alleine. Denn mein Mann war irgendwie zwar da, aber massieren oder so war einfach nicht drin. Es ging auch wahnsinnig schnell, wenn man bedenkt, dass wir gegen 6 Zuhause waren und das Kind um 9 quasi da.

Meine Hebamme meinte noch, dass es vielen Frauen, die so schnell gebären so geht, dass sie einfach überfordert sind. Sie meinte, dass sie sowas hier in der Gegend noch nie erlebt hat, wir alles richtig gemacht haben und ich wahnsinnig stolz sein kann. Und das bin ich auch! Auch wenn ich letztendlich nicht die war, die ich bei der Geburt gerne gewesen wäre.

Ich danke an dieser Stelle noch all meinen Freunden und Begleitern meines Planes für ihre Verbundenheit und ihr Vertrauen in mich.
Und ganz besonders meinem Mann, der niemals Zweifel in mich hatte und mich bei unserem Weg so sehr unterstützt (und am Ende Einer geschleppt) hat. Das ist ein wirklich ganz besonderes Geschenk. Und ich danke meinem Körper, der so unglaubliches geleistet hat. Ich kann nun wieder im mich selbst Vertrauen.

9.1.2020
Mit ein paar Tagen Abstand kann ich diese Geburt wirklich besser reflektieren. Es ist nicht mehr viel da von dem Gefühl, zu viel gejammert zu haben. Es ging einfach sehr schnell und war wohl doch etwas unerwartet. Ich bin wahnsinnig stolz und auch endlich die drei gewünschten Meter gewachsen. 😊
Diese wunderbare Erinnerung wird mich mein Leben lang bereichern und ist, mit der Geburt meines Großen, das Spannendste und Wertvollste was ich in meinem Leben bislang erleben durfte.

*) Es handelte sich hier um die drei Übungen des Miles Circuit, der speziell dafür da ist, ein Baby aus Sternenguckerlage in eine vordere Lage zu bringen. www.milescircuit.com