Alleingeburt beim zweiten Kind

Der folgende Geburtsbericht stammt von einer Frau, die ihr zweites Kind bekommt. Die Geburt verläuft schön, einzigartig und ganz unspektakulär, wie ungestörte Geburten in der Regel so sind. Ihr erstes Kind kam übrigens als Hausgeburt, also in Hebammenbegleitung. Den Bericht dazu (und mehr) könnt ihr auf ihrer Seite nachlesen. Aber jetzt genug der Vorrede und viel Spaß beim Lesen!

Kurz nach der Geburt meiner Tochter wurde ich erneut schwanger.
Ohweh, dachte ich. Die Erfahrung der ersten Geburt lag mir noch zu gut in Erinnerung. Und mir blieb jetzt eigentlich nicht viel Zeit zu überlegen, wie ich es diesmal besser machen könnte. Gefordert mit meiner kleinen Tochter und der erneuten Schwangerschaft blieb nicht viel Raum für entspannte Momente, so wie in der ersten Schwangerschaft. Der Alltag war geprägt von meiner Tochter und forderte 24 Stunden am Tag meine Energien.
Doch die Idee der Allein-Geburt rückte wieder ins Licht. Diesmal noch stärker als schon in meiner ersten Schwangerschaft. Diesmal – so war ich überzeugt – wusste ich in etwa was auf mich zukommt; ich wusste, wie sich eine Geburt anfühlt und ich fing an, mich immer mehr an den Gedanken des Alleine-Gebärens zu gewöhnen.
Dennoch hatte ich zu viel „Respekt“ (Angst) vor unseren „Gesetzen“, die da ja sagen, dass eine Alleingeburt in Österreich verboten sei. So suchte ich erneut meine Hebamme auf, die uns auch schon bei der ersten Haus-Geburt begleitet hatte.
Da wir jedoch umgezogen waren, war der Weg von meiner Hebamme bis zu unserem neuen Zuhause nun etwas länger. Die Anfahrtszeit betrug in etwa 2,5 Stunden. Meine Hebamme wies mich deshalb darauf hin, dass es diesmal sowieso eine „Alleingeburt“ werden könne, falls sie es nicht schaffen würde, rechtzeitig da zu sein. Mir machte dies überhaupt nichts aus. Ganz im Gegenteil. Ich war sehr freudig mit dieser Tatsache, dass ich offiziell nichts „Verbotenes“ machte (da ich mit der Hebamme abgesichert war), aber dennoch eine Alleingeburt möglich wäre. Jetzt hatte ich ja – in diesem Rahmen – die besten Voraussetzungen.
Die zweite Schwangerschaft verlief wider tadellos und ohne Probleme. Ich machte jedoch diesmal keine geburtsvorbereitenden Kurse, so wie ein Jahr zuvor für die Geburt meiner Tochter den HypnoBirthing-Kurs. Ich ließ einfach alles auf mich zukommen. Ich besorgte auch nicht viele Dinge für die geplante Hausgeburt. Wäre mein Sohn „pünktlich“ gekommen, hätten wir nicht einmal mehr unseren „Geburts-Raum“ mit der Wanne vorbereiten können. Dies taten wir dann vermutlich auch nur aus „Langeweile“, um uns zu beschäftigen. Wir haben diesen Raum schließlich auch gar nicht benutzt/gebraucht. Denn es kam wieder ganz anders.

Los geht’s.
Am 22. September 2014 um circa 2 Uhr morgens wachte ich auf und spürte die ersten Anzeichen der Wehen. Ich freute mich. Endlich ging es los und bald würde ich mein zweites Baby im Arm halten können. Wir lagen im Familienbett – die Tochter in der Mitte gebettet zwischen Mama und Papa. Sie schlief unruhig, denn seit zwei Tagen hatte sie in den Nächten hohes Fieber. Vermutlich spürte sie schon die Ankunft der Veränderung mit dem neuen Baby. Ich schlich mich aus dem Zimmer, ging eine kleine Runde, um mich dann erneut ins Bett zu legen. Diesmal wollte ich so viel Schlaf wie möglich tanken, um genug Energie für die Geburt zu haben.
Um circa 4 Uhr früh wachte ich erneut durch die Wehen auf. Sie waren nun schon recht spürbar und fingen, an mich auf Trab zu halten. Ich konnte nicht mehr ruhig liegen und hatte einen innerlichen Drang aufzustehen. Die Unruhe, die sich breit gemacht hatte, weckte schließlich auch meinen Partner und meine Tochter auf. Ich sagte ihnen, dass sich das Baby gerade auf den Weg macht, wir dachten jedoch, dass es bestimmt (so wie bei der ersten Geburt) noch länger dauern würde.
So verschwand ich im Badezimmer und ließ mir instinktiv ein heißes Bad ein. Dort verblieb ich schätzungsweise 30-50 Minuten. Genauer kann ich es nicht mehr sagen, da mein Zeitgefühl zu diesem Zeitpunkt sehr taub war. In dieser Zeit wurden die Wellen (ich schreibe jetzt auch manchmal Wellen statt Wehen) immer stärker und ich veratmete sie schon recht laut. Doch diese 30-50 Minuten in der Wanne waren sehr angenehm. Ich konnte echt gut entspannen und konzentrierte mich auf meine Atmung, vor allem während den Wellen.
Meine Tochter war inzwischen wieder eingeschlafen.

Ohne jegliches Zeitgefühl.
Nachdem ich es in der Wanne nicht mehr ausgehalten hatte, wechselte ich ins Wohnzimmer. Instinktiv blieb ich aber auf den Beinen und ging die ganze Zeit in schnellem Tempo Kreise auf dem Wohnzimmer-Teppich, veratmete die Wellen und ich wurde dabei immer lauter.
Es tat sehr gut laut zu veratmen und richtig in die Wellen reinzugehen. So ging das eine Weile. Ich hatte kein Zeitgefühl und war ständig im „Jetzt“, ließ mich total auf diesen Prozess ein.
Mein Partner war inzwischen wieder sehr beschäftigt mit unserer Tochter, da sie sehr unruhig schlief, ständig trinken wollte und herumjammerte.

Endspurt.
Um circa 6:20 wusste ich, dass es jetzt eindeutig bald so weit sein würde und befahl meinem Partner, er müsse jetzt unbedingt meine Mutter anrufen. Es war geplant, dass sie auf unsere Tochter aufpassen würde, sobald es losginge – sodass mein Partner mich während der Geburt unterstützen könnte. Ich brauchte jetzt seine volle Unterstützung (dachte ich), die Wellen waren kräftig und es waren kaum noch Abstände zu spüren.

Perfektes Timing.
Doch es kam alles wieder ganz anders. Gerade jetzt musste sich meine Tochter im Bett übergeben und hielt somit meinen Partner auf Trab, der mit der kleinen schreienden Maus und dem Wegwischen nun vollauf beschäftigt war. So griff ich selber zum Hörer und wählte die Nummer meiner Mutter. Das Telefon läutete. Sie hob ab und ich versuchte in meinen sehr kurzen Wellen-Pausen zu sprechen. Mit zitternder und bebender Stimme erklärte ich ihr, dass sie jetzt sofort kommen müsse. Und sie machte sich auf den Weg.

Die nächsten 10 Minuten: Eine halbe Ewigkeit.
Obwohl meine Mutter nur 3-5 Gehminuten von uns wegwohnt, dauerte es eine halbe Ewigkeit bis sie endlich hier war.
„Wo bleibt sie nur?“, dachte ich ständig – fixiert auf den Gedanken, dass ich meinen Partner zur Geburt brauchen würde.
Dieser lief bereits ständig mit unserer fiebrigen Tochter vor die Haustüre, um zu sehen, wo denn die Oma steckte. Ich lief instinktiv die ganze Zeit immer noch meine Kreise im Wohnzimmer und veratmete meine Wellen sehr heftig.

Dann blieb ich stehen. Eine ganz starke Welle war zu spüren. Die erste Presswehe. Ich schrie „Schaaatz“, in der Hoffnung, dass meine Mutter schon da wäre, und er endlich kommen könnte. Doch er kam nicht alleine, sondern mit unserer Tochter auf dem Arm hereingelaufen.

Diesen Moment hatte ich gebraucht, um zu realisieren, dass mir jetzt niemand helfen kann und ich das ganz alleine schaffen werde. Genau diese Situation, dass mein Partner, in den ich alle Hoffnungen gesteckt hatte, keine Zeit für mich hatte und mich jetzt nicht unterstützen konnte. So lief ich an meinem Partner und meiner Tochter vorbei – Hinein in die Toilette.

Die kommenden 5-7 Minuten meines Partners:
Meine Mutter erreichte endlich unser Zuhause und nahm ihm unsere Tochter ab. Da mein Partner jetzt endlich Zeit hatte und merkte, dass es schon sehr heftig für mich war, wählte er die Nummer der Hebamme, um ihr zu sagen, dass es losgehe. Unsere Hebamme machte sich nun auf den Weg.

Die kommenden 5-7 Minuten bei mir:
Hier stand ich also nun. Auf diesen circa 2 Quadratmetern in unserem Toiletten-Raum. Ich wusste bereits von der ersten Geburt, dass die Toilette für mich einfach ein Ort des Los-Lassens war. Die Fliesen waren angenehm kühl und ich konnte mich im Stehen sehr gut an der Wand abstützen. Und alles verlief dann auch ruckizucki.

Ich spürte die nächste Presswehe und presste instinktiv. Nichts passierte. Ich atmete ruhig und wartete auf die nächste. Ich wusste, sie würde nicht lange auf sich warten lassen. Da war sie. Presswehe.
Und plötzlich spürte ich, wie sich der Kopf meines Sohnes ganz einfach aus mir herausdrückte. Und ich sagte zu meinem Kind „Komm!“. Ich griff mit meinen Händen nach unten, ertastete seinen Kopf und hoffte in diesem Moment, dass es auch wirklich sein Kopf war. Ich wartete erneut auf die nächste Presswehe. Sie kam. Und ich hielt meinen Sohn in meinen Armen.
Ganz überwältigt von dem Gefühls-Schwall der auf mich hereinprasselte.
Um 6:50 Uhr am 22. September 2014 war ein gesunder, starker Knabe geboren.

Ich war so stolz. Ich war so glücklich. Ich war so ruhig und in meiner völligen Mitte.

So öffnete ich, mit meinem Kind im Arme, die Türe. Und mein Partner – der gerade daran vorbeilaufen wollte – blieb mit einem göttlich schockierten überraschten Blick stehen und rief zu meiner Mutter „Das Baby ist schon da!“.

Nach der Geburt.
Mein Partner rief die Hebamme an uns sagte ihr, dass sie nicht mehr kommen brauche. Da seine zwei Telefonate mit der Hebamme nur etwa 5-10 Minuten auseinander lagen, war sie auch erst gerade losgefahren und ersparte sich somit den weiten Weg zu uns.

Wir machten alles ganz alleine. Es wurde nichts gemessen, gewogen, ertastet … Ich legte mich einfach mit ihm ins Bett und wir kuschelten. Wir ließen unseren Sohn ganz in Ruhe in meinen Armen – auf meiner Brust – ankommen. Nachdem die Nabelschnur schon lange auspulsiert war, wurde sie erst irgendwann am Nachmittag von meinem Partner durchtrennt. (Er hatte per Telefon die Hebamme gefragt, wie er dies am besten machen könne und es war ganz einfach …)

Ich war voller Energie und hatte keine Wochenbett-Beschwerden. Keine Spur von Erschöpfung oder Müdigkeit.

Rückblickend.
Vielleicht denkt ihr euch nach diesem Bericht: „Naja, so toll war die Geburt auch wieder nicht“.
Da habt ihr Recht. Ich hatte trotzdem Wehen-Schmerzen, und ich hatte trotzdem gewisse Ängste bzw. war die Ausgangssituation mit meiner fiebrigen kleinen Tochter nicht ideal und das war im ersten Moment ein Stress-Faktor für alle.
Aber dies habe ich alles gebraucht – denn nur dadurch, dass mein Partner so mit unserer Tochter gefordert war und keine Zeit für mich hatte, wurde mir während der Geburt plötzlich schlagartig bewusst, dass ich das jetzt alles alleine machen muss und konnte somit endlich in die Eigenverantwortung gehen. Hätte mein Partner Zeit für mich gehabt, wäre alles anders verlaufen und ich hätte mich auf ihn verlassen wollen und somit vermutlich viel mehr Unsicherheiten geschürt, was zu Verspannungen und zum Nicht-Loslassen führen hätte können.

Also ganz wichtig: Mach dich nicht abhängig von einer Hebamme, einem Arzt und auch nicht von deinem Partner! Du musst dir bewusst werden, dass du das alleine schaffst und auch alles ganz alleine machst. Dann kommt die volle Kraft zu dir und du bist stark genug für diese Geburt.
Sei einfach All-Ein. 

(Für die Meisten von uns ist dieser Zustand eben nur ganz alleine zu erfahren.)
Rückblickend ist auch zu sagen, dass da einige Dinge waren, die ich instinktiv gemacht hatte, um die Geburt zu unterstützen:
1. Ich nahm ein heißes Bad und konnte dort sehr gut veratmen und entspannen. Ein heißes Bad ist Wellen-fördernd und das Entspannen und Los-Lassen ist sowieso das Wichtigste bei einer Geburt.
2. Ich lief die ganze Zeit im Kreis. Ständige Bewegung und Schwerkraft waren hier die Helfer für den Geburtsprozess.
3. Ich STAND während der Geburt (die Knie leicht abgewinkelt), sodass auch hier alles durch die Schwerkraft erleichtert wurde.

Das alles habe ich wohl nur so gemacht, da ich „alleine“ (ohne Hebamme und co) war und einfach das machte, was ich gerade spürte und wollte ohne Rücksicht auf jemanden zu nehmen oder mir viele Gedanken zu machen.

Ich bin sehr dankbar für diese Erfahrung und stehe mit voller Überzeugung hinter dieser neuen alten Art zu Gebären. Die Allein-Geburt ist die Zukunft für starke, weibliche Frauen, die sich ihrer Kraft wieder bewusst werden und sich mit der Natur und ihrer eigenen Weiblichkeit wieder verbunden fühlen. Werde auch du so eine starke Frau. 

Geburt ist auch Sex …

Für alle Männer, die Schwierigkeiten haben, sich vorzustellen, warum eine Frau ihr Kind nicht gern im Krankenhaus bekommen will und warum viele Geburten dort nur mittels Kaiserschnitt oder anderen Interventionen beendet werden können. Dieses Video zeigt es anschaulich und auch für den gemeinen Mann nachvollziehbar.

… die Nabelschnur war um den Hals

Wie oft habe ich diesen Satz schon gehört! Damit werden Geburtsstillstände und Kaiserschnitte am laufenden Band gerechtfertigt. Es wird großzügig ignoriert, dass dieselbe Geburt meist einfach „nur“ von Anfang an gestört wurde. Die Frau konnte während der Eröffnungsphase nicht genug entspannend, ihr wurde Angst gemacht: um schlechte Herztöne, einen vorzeitigen Blasensprung etc. Sie schüttete mehr Stresshormone aus, als für einen reibungslosen Geburtsablauf gut sind. Und zu wenig Geburtshormone, um eine normale Geburt in dem Zeitrahmen, den die Geburtshelfer ihr zugestanden, normal zu gebären.  Folglich fand man dann auch keine Ursache für den Geburtsstillstand … außer eben: die Nabelschnurumschlingung! Die darf dann als Sündenbock herhalten.

Was man den Eltern nicht erzählt: Ein Drittel aller Babys hat bei der Geburt die Nabelschnur um den Hals. Einmal oder mehrmals. Solche Babys werden in der Regel ganz normal geboren. Wer zählt mit, wie oft im folgenden Video die Nabelschnur um den Hals gewickelt war?