Alleingeburt trotz Diabetes Typ 1 und B-Streptokokken

Dieser Geburtsbericht hat es in sich. Eine Mama bekommt ihr viertes Kind. Sie hat Typ-1-Diabetes und dann werden während der Schwangerschaft auch noch B-Streptokokken festgestellt. Das Aus für den lange gehegten Traum von der freien Geburt? Drei Geburten musste sie wegen ihrer Zuckerkrankheit schon im Krankenhaus haben, weil keine Hebamme sich eine Begleitung zutraute. Jetzt hat sie beschlossen, die Sache in die eigene Hand zu nehmen. Gut vorbereitet und mit Vertrauen in ihren Schöpfer packt sie das Vorhaben an.

Meine 4. Schwangerschaft war genauso mit Komplikationen behaftet wie die anderen drei auch – nur noch mehr. Ich musste monatelang wöchentlich zu Ärzten und alle meine Hoffnungen und Pläne schienen umsonst – es kann leider doch keine Geburt zu Hause werden – oder?!

2.-4. Monat: Spucken, spucken, spucken – den ganzen Tag. Hält der Stoffwechsel das aus? Und nimmt das Baby bei den wechselnden Blutzuckerwerten keinen Schaden?

23. SSW: Placenta Praevia part.: Also Kaiserschnitt??? Nein Gott, dass muss sich noch verwachsen! – tat es dann auch bis zur 30. SSW! Umsonst gesorgt!

25. SSW: Polyhydramnion = zu viel Fruchtwasser, Gefahr einer Frühgeburt: Sorgen über Sorgen. Meine Blutzuckerwerte sind doch eigentlich überwiegend gut wie in den anderen SS auch! – Ab der 28. SSW war die Fruchtwassermenge wieder normal!

7.-9. Monat: wahnsinnige, wochenlange Rückenschmerzen in Höhe BWS: Nierenstau und 4 ausgerenkte Wirbel: Zähne zusammenbeißen, Schmerzmittel schlucken, Physio und durchhalten!

32. SSW: „Sie haben B-Streptokokken! (Und als Kinderkrankenschwester wissen Sie ja, was das heißt!) Aber in der Klinik bekommen Sie dann ja Antibiose zur Geburt.“ …

36.SSW: Meine Gyn: „Sollen wir das Kind holen? Oder halten Sie noch aus???“ …
„Nein! Ich spiel nicht Gott! Ich bestimme nicht über den Geburtstermin!“ (Und außerdem will ich nicht ins Krankenhaus! Ich will den ganzen Überwachungsschnickschnack nicht mehr. Ich will das Kind allein bekommen, zu Hause bei meiner Familie und zwar so wie ich es will, ohne Fremde, die mir sagen, was ich wann wie zu tun habe! Ich bin die Mama!!! Und ich weiß, was am besten ist für mich und mein Baby!)

Der von der FÄ errechnete Termin war der 18.3. Ich wusste aber, dass es früher sein musste, der 18.3. war eigentlich nicht möglich.

Die letzten Tage im Februar hatte ich immer wieder Wehen, nichts regelmäßiges. Beim nächsten Routine-Check-up am 2.3. saß Babys Köpfchen dann fest :).

Das war mein letzter Arztbesuch. Natürlich wusste keiner meiner Ärzte etwas von meinen Alleingeburtsplänen. Das können Schulmediziner natürlich auch nicht gut heißen. Gegen eine Hebamme hätte ich prinzipiell gar nichts gehabt, aber ich wusste, dass keine Hausgeburtshebamme Risikopatienten übernehmen darf und wahrscheinlich hätte ich gar keine gefunden, die mir sympathisch gewesen wäre und mich hätte machen lassen.

Ich wusste nun auch nach schon drei spontanen Geburten, dass ich gebären kann und wie Gebären bei mir funktioniert – nämlich schnell und leistbar. Also war nun alles startklar für mein „verrücktes Vorhaben“! (Mittlerweile wussten leider zu viele von meinen Plänen, hatten nachgefragt – und eine Alleingeburt stieß fast ausschließlich auf Unverständnis, v.a. in der eigenen Familie. Man wurde direkt verurteilt – ohne Nachfragen! Die Angst ist eben stärker als der Verstand! Da mir das in der eh angespannten (Hormon-)Lage zu viel war, igelte ich mich in den letzten Tagen ein und legte alle Kontakte auf Eis. Alles andere war zu kräfteraubend.)

Mein Mann hat sich im Laufe der Schwangerschaft an meine Idee gewöhnt und war nun ganz entspannt und ohne Einwände. Es tat mir gut, zu wissen und zu spüren, dass er mir vertraute und mich unterstützte.

Die letzten Wochen waren geprägt von meinen Schwangerschaftsbeschwerden. Fast jeden Abend badete ich heiß und malte mir meine Geburt aus. Hier in diesem – meinem Lieblingszimmer: Zur Entspannung in die Wanne und zur Geburt dann davor an meinem Gebärseil (unser umfunktioniertes Tragetuch). In der Badewanne entbinden wollt ich nicht. Zum einen, weil es zu eng war und zum anderen für den unwahrscheinlichen Fall, dass ich trotz wochenlanger Milchsäurezäpfchen und Knoblauchkur (wirkt antibiotisch) doch noch B-Streptokokken haben sollte. Mein Gebet war, dass die Fruchtblase möglichst lange intakt bleibt, damit sich unser Baby gar nicht erst anstecken konnte.

Am Mittwoch dann merkte ich deutlich, dass mein Insulinbedarf nun drastisch abnahm. 50% weniger in der Basalrate.
Das 1. Zeichen für eine bevorstehende Geburt! 🙂 – Wie freute ich mich!

Am Donnerstag, den 5.3. war Vollmond! Das purzeln ja bekanntlich die Babys und so lag ich nachts wach mit Eröffnungswehen alle 15 Minuten. Aber immer wieder schlief ich auch ein und stufte die Wehen als harmlos ein. Morgens gingen die Wehen wieder weg aber viel milchiger Schleim ging ab (also ein gesundes – kein krankes Schleimhautmilieu!). Das 2. Zeichen! 🙂

Am Freitag, den 6.3. hatte ich dann einiges vor. Immer wieder gingen Schleim und Durchfall ab und ich hatte immer wieder leichte Wehen, teilweise sogar in regelmäßigen Abständen, aber dann auch immer wieder lange Intervalle ohne Wehenarbeit. Mittags ließen mich die Kinder schlafen – zum Kräfte sammeln :). Abends kam Papa von der Arbeit und ich ließ ihn und die Jungs auf den Spielplatz, holte noch meine Tochter von ihrer Freundin und ging allein zur Kinderbörse/Basar. „Mit diesen Pillepalle-Wehen bekommt man eh keine Kinder!“

Ich genoss es sehr – ohne Kinder – auf der Börse, kaufte noch dieses und jenes und auf einmal wurden die Wehen heftiger. So, dass ich inne halten musste! ENDLICH! Grinsend und im Herzen dankend, dass die Ungewissheit nun endlich ein Ende hat, machte ich mich bei einem 5-Minuten- Abstand auf den Heimweg. Rief noch zwei Freundinnen an zum Sturm-Beten und war dann 19:30 Uhr daheim, wo alle noch am Abendbrotstisch saßen. Ich sagte meinem Mann: „Heute kommt unser Baby!“ Aber so ganz wollte er es mir wohl nicht glauben.

Schnell noch was essen und dann die Kinder ins Bett bringen. Gegen 20:00 Uhr kamen die Wehen 3-minütlich und ich bereitete im Bad alles vor. Mein Schatz machte noch ein paar Bauch-Fotos und ich ging dann in meine Lavendelbadewanne. Ich freute mich wie ein Honigkuchenpferd!
Endlich darf ich mein Kind gebären! Endlich meinen Traum einer Hausgeburt verwirklichen.
Die Insulinpumpe legte ich ab, meine anderen drei Geburten waren immer so schnell, dass ich kein Insulin gebraucht hatte.

In der Wanne nun wurden die Wehen stärker und ich massierte zwischendurch meine Füße mit einem da rumliegenden Massageball. Ab 20:50 Uhr mussten die Wehen dann kräftig veratmet werden. Mein Mann kommt ins Bad und meinte nur: „Und, ist das Baby schon da!?“ Aber wie er dann mitbekam, dass ich schon am Veratmen – langsam auch schon Vertönen war, merkte auch er, dass es nun ernst wurde!

Ich redete mit meinem Baby und meinem Körper und versuchte, mich mit allen Sinnen zu öffnen. Die ganze Zeit über war mir ein Kinderlied („Der Frieden ist gekommen“) im Ohr und das summte ich zwischen den Wehen und spürte wirklich einen ganz tiefen Frieden in mir. Keinerlei Sorge, keinerlei Angst – wie sonst im Kreißsaal oft. Ich sang und betete mich durch die Wehen und war dankbar für meine Freiheit, freute mich, zu gebären!

Mein Mittlerer kommt ins Bad, meinte, er hätte so „komische Geräusche gehört wie eine Rakete draußen“ 🙂 und hatte nun Angst einzuschlafen. Ich erklärte ihm, dass Mama die Geräusche macht und dass das Baby nun bald kommt und mein Mann brachte ihn wieder ins Bett.

Irgendwann zwischen 21:30 Uhr und 22:00 Uhr hielt ich es in der Wanne nicht mehr aus. Jede Wehe musste ich nun am Seil hängend vertönen und hatte auf einmal einen riesen Druck auf den Damm. Auf Toilette kam aber nichts und so kniete ich vor der Wanne, immer mal wieder auch im Vierfüßler, aber kniend und am Seil hängend konnte ich die Geburtsarbeit am besten bewältigen. Ich spürte, wie das Baby tiefer und tiefer kam. Und auch wenn ich von diesem Visualisierungsschnickschnack nichts halte, so kam ich durch meine „AAUUUF“-Rufe und mein „AAUUUF“-Getöne in eine Art Trance-Zustand. Eine absolute neue Erfahrung für mich! Ich war völlig ohne Zeitgefühl und blendete alles aus – nichts war mehr wichtig, nur noch ich und die Geburt meines Babys!

Plötzlich kam mir bei meinem konzentrierten Vertönen eine Kindheitserinnerung hoch. Das sich nach beiden Seiten öffnende, riesige Scheunentor vom Pferdestall! Dieses sich öffnende Holztor und meine AAUUUF-Töne halfen mir wirklich ganz immens, mich spürbar zu öffnen. Eine unglaubliche Erfahrung für mich.

Mein Mann fragte, ob mir nicht kalt sei, aber ich schwitze wahnsinnig und konnte gar nicht so viel Trinken, wie ich „verschwitze“. In welchen Abständen die Wehen jetzt kamen, kann ich nicht sagen. Wie gesagt, hatte ich kein Zeitgefühl mehr. Ich spürte in mir nur eine so gewaltige Kraft, eine solch enorme Anspannung – schwer zu beschreiben. Es ist, wie eine der Frauen aus Sarahs Buch schrieb: Entdecke die brüllende Löwin in dir!
Und dann plötzlich ein enormer Druck! Die ganze Zeit wartete ich auf Pressdrang, wie sonst bei den Geburten – aber der blieb völlig aus diesmal.
Ich rief meinem Mann zu: „Der Kopf kommt!“ Und er meinte nur: „Was, jetzt schon!?! O ja, da kommt was!“ Und in dem Moment platze die Fruchtblase und das Köpfchen ward geboren!

„Danke, Herr Jesus! Danke, Herr Jesus!“

Puh! Einmal tief durchatmen! Jetzt ist es gleich geschafft! Ich spürte, wie das Baby ein letztes Mal in mir strampelte, die Schultern sich drehten und dann wurde er geboren in die Hände meines Mannes! Ohne Pressen, ohne Reißen, mit ganz viel Fruchtwasser. Da war er, unser dritter Sohn, und schrie gleich!

Unfassbar!!! Ein wahrhaft magischer, gewaltiger, kaum glaubhafter Moment! Das schönste Gefühl auf Erden!

Ich sagte voll Staunen und Lachen und Freude wohl zehn Mal: „Er ist da!!! Er ist da!!!“

Ja, und da war er! 10 Finger, 10 Zehen, kaum noch Käseschmiere dran – da war unser Baby! (Der Kleine war topfit, keinerlei Nebenwirkungen vom Diabetes seiner Mutter!) Unglaublich schöne Glücksminuten voller Unfassbarkeit folgten. Wir hatten gedämpftes Licht (schlecht für Fotos), Wärme, rotes Handtuch, alles ganz ruhig, nur Liebe und Dank waren spürbar, unsere Gebete hörbar.

Irgendwann fragte ich meinen Mann nach der Uhrzeit: 22:25 Uhr! Unglaublich! Das war genau die Uhrzeit, die ich in die schon provisorisch vorbereitete Rundmail geschrieben hatte! Ist Gott nicht ein Gott, der Wunder tut??!!

Zum Anlegen fand ich erst keine gute Position. Der Boden war mir auf einmal zu hart und unbequem und die Nabelschnur im Weg. Die schnitt mein Mann dann durch und dann konnte ich unser Baby stillen. Mir war es wichtig, dass er gleich gut vom Kolostrum trank (da hab ich immer reichlich), damit sein Blutzucker nicht zu stark abfällt (was möglich war, da meine Werte bei dieser Entbindung doch zu hoch waren) – aber das tat er auch. Und dann machte es auf einmal „Platsch“ und die Plazenta war geboren! Schmerzfrei. Auch ein ganz neues Gefühl für mich, da sie sonst immer mit Hormongaben und Drücken und Ziehen rausgeholt wurde. Es war 23:00 Uhr.

Unser „Raketenjunge“ kam wieder ins Bad und konnte kaum glauben, was er sah! Da war sein Brüderchen und er war hin und weg, für die nächsten zwei Stunden noch. Wir kuschelten uns nach dem Waschen und Wiegen (3500g – 600 g mehr als von der FÄ geschätzt) ins große Bett und die Männer schliefen alle schnell ein. Ich kontrollierte noch den Blutzucker unseres Sohnes (prima Werte!) – untersuchte auch sonst, ob es ihm gut geht (Probleme mit der Atmung? (RDS), Calciummangel? …), legte ihn noch mal an – alles in Ordnung!

Schlafen kann ich nach Entbindungen nie und so schwebte ich reflektierend und staunend auf Wolke 7. Wir hatten es geschafft! Und es war gar nicht schwer! Ich will nicht sagen, dass die Geburt schmerzfrei war, aber es war alles viel schöner, einfacher und relaxter als im Krankenhaus, und ein Wochenbett daheim, mit der Familie (das wäre mir wieder verwehrt geblieben, wenn ich in die Klinik gegangen wäre), was kann es Schöneres geben? Was für ein Geschenk! So eine schöne – in meinen Augen perfekte – Geburt heilt alte Geburtserlebniswunden und glättet manche Narbe des Versagens und der Enttäuschung. Von diesem Erlebnis werde ich noch lange zehren! 🙂

Lob und Dank sei Gott, der allein Wunder tut!

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