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Ein Baby zum 11. Jahrestag

Im Folgenden habe ich die Ehre, euch den Bericht einer weiteren schönen, unspekatulären Geburt zu präsentieren. (Es ist nicht mein Geburtsbericht, sondern der einer Frau, die bereit ist, ihn mit euch zu teilen.) Viel Spaß beim Lesen! 🙂

Die Haus-Wasser-Alleingeburt unseres dritten Kindes

Dienstag, 30.04.2013 (SSW. 38+5)

Hebamme A. kommt zur Vorsorge. Baby hat guten Bezug zum Becken, wohl aber noch abschiebbar. Herztöne sind bilderbuchmäßig, nichts deutet auf baldige Geburt hin, was mich nicht wundert. Ich hatte eh immer geglaubt, es bis in den Mai zu schaffen. Zu einer Gewichtsprognose lässt sie sich nicht hinreißen. „Wenn 4,5kg drin sind, dann müssen 4,5kg raus.“, sage ich. Das Wissen übers Gewicht würde ja an der Situation nichts ändern. Weiter brüten und abwarten.
Nachmittags kommen mein Bruder und Freundin vorbei, zeigen ein US-Bild auf dem Handy. Ich werde Tante, wie geil. ET ist der 20.12. – der gleiche Tag, wie damals in meiner ersten Schwangerschaft, die in der 7. Woche endete. Man sieht sich immer zwei Mal im Leben, denke ich.
Abends ab 21 Uhr hab ich wieder Senkwehen, oder doch Wehen? 10-Minuten Abstände. Schmerzloses Rumgewehe bis 0 Uhr. Ich gehe schlafen, wer weiß, was kommt. Wenn, dann möchte ich wenigstens ausgeruht sein.

Mittwoch, 01.05.2013 (SSW. 38+6)

Um 4:41 die erste spürbare Wehe, wie kräftige Regelschmerzen. Ich gehe aufs Klo und finde keine Ruhe mehr. Putze oben das Badezimmer. Leichte Wehen, noch unregelmäßig, aber nicht mehr zu missachten. Ich glaube, es kommt in Gang. Inzwischen ist es 5:45. C. (mein Mann) und die Kinder pennen.
Nach einem Toilettengang kommt mir Sohni entgegen. Er fragt, warum heute kein Kindergarten ist. „Weil heute der 01. Mai ist und da ist der Kindergarten zu.“
M.: „Mai? Dann kommt heute unser Baby.“
Ich hatte immer gesagt, dass im Mai das Baby kommt. „Ja, vielleicht kommt heute unser Baby – also wahrscheinlich kommt heute unser Baby! Die Chancen stehen gut.“
„Heut kommt unser Baby, darum feiern wir, alle meine Freunde freuen sich mit mir“, singt er und auch unsere Mittlere freut sich diebisch.
Ich schicke C. runter, um meine Eltern anzurufen. So können sie in Ruhe die Kinder holen und gemeinsam frühstücken. Um halb 8 sind sie da. Ich wehe unregelmäßig in unterschiedlicher Intensität, kann mich dabei unterhalten und auch noch sitzen.

Wir frühstücken. Es ist so leise ohne Kinder. Heute ist unser 11. Jahrestag. Wir beginnen den Pool aufzubauen, räumen noch ein bisschen auf. Ich stelle eine gefüllte gelbe Tulpe in Sichtweite auf die Fensterbank und denke an Ina May Gaskin und den Strauss sich öffnender Blumen.
Ich gehe noch kurz durch den Garten und staune, dass dieses Jahr wirklich alles zur gleichen Zeit blüht. Alle Nachbarn schlafen offenbar noch ihren Rausch vom Tanz in den Mai aus. Es ist so still. Dann wird mir die Frühlingsluft zu kühl. Wir haben Zeit und beschließen, dass wir auf natürlichem Wege etwas zur Zervixreifung unternehmen könnten – Sperma enthält doch Prostaglandine.
Jetzt ist es 9:15, ich wehe mit mal kürzeren, mal längeren Abständen, aber sie tun weh.
10:30: Ich lege mich aufs Sofa, schlafe auch noch mal ein und hab dabei eine größere Wehenpause bzw. nur 3 mäßig schmerzhafte Wehen, bis etwa 12 Uhr.
Ich koche schnell Nudeln mit Tomatensauce. Wir essen auf der Terrasse – bei Sonnenschein und leichter Brise. Jetzt fehlt nur noch der Meerblick.
Wir beschließen, spazieren zu gehen, um wieder Bewegung in die Sache zu bringen. Eine Runde durchs Dorf, Nachbars Magnolie blüht traumhaft schön. Einige Dörfler wundern sich, dass wir ohne Kinder unterwegs sind. Die Sonne scheint und wir überlegen uns, den Spaziergang noch auszudehnen. In den Wald.
Dort kommen die Wehen dann in Gang, regelmäßig, alle 5-6 Minuten. Ich kann noch gut laufen, aber bepusten muss ich die Wehen schon.

Um 14:30 kommen wir zurück nach Hause, mit 5-Minuten Abständen. Ich bin guter Dinge. Kaum drinnen, wieder längere Pausen. Ich frage mich, woran es liegt, befinde den Gedanken dann aber für blöd und verwerfe ihn. Ich schmiere meinen Bauch mit Geburtsöl ein, der Geruch erinnert mich an irgendwas aus der Veterinärmedizin oder doch eher Straßenbau?
Um 14:50 ne fiese Wehe – wir lassen Wasser in den Pool.
Um 15:15 bin ich im Wasser und beobachte, wie sich das Meersalz im Kissenbezug flott auflöst und bereue es, mir vor kurzem die Achseln rasiert zu haben.
Ich schaff es, in keiner Position auch nur ansatzweise, den Muttermund zu tasten. Ich kann mich verrenken wie ich will, ich komm nicht ran. Genauso wenig hab ich den Schleimpfropf zu Gesicht bekommen bzw. ne Zeichnungsblutung gehabt. Ich hab den Gedanken, dass da noch nicht viel Eröffnung geschafft sein könnte. Obwohl ich nicht recht dran glauben mag und denke trotzdem, dass es eine gute Idee ist, sich im warmen Wasser zu entspannen.
C. reicht mir ein Handtuch, was ich über die Körperstellen lege, die nicht von Wasser bedeckt sind.
Ich bin etwa 2 Stunden drin und „ziehe meine Bahnen“. Linke Seite, rechte Seite, Hocke, Vierfüßler, immer im Wechsel. Die Wehen kommen regelmäßig mit gut aushaltbarer Intensität. C. sitzt einen halben Meter vor mir, im Schaukelstuhl, strahlt Ruhe und Gelassenheit aus. Zwischendrin fallen ihm die Augen zu, er legt sich auf das Sofa, schläft auch noch mal. Eine Zeit lang läuft noch eine Doku über Wildtierschutz in Afrika im TV, was ganz gut ablenkt. Die Duftlampe beduftet das Wohnzimmer angenehm mit Entbindungsduft, die Tulpe auf der Fensterbank zeigt sich in voller Pracht. Was mein Muttermund macht, weiß ich immer noch nicht, auch jetzt komm ich nicht ran. Das einzige was passiert, ist, dass ich mit der Fummelei die nächste Wehe auslöse. Ich hab die Uhr im Blick, 4 Minuten, 4 Minuten, 5 Minuten, 3 Minuten, 8 Minuten,…
Das Telefon klingelt, Sohni ist dran. Er ist nervös, hat so oft gefragt, ob das Baby schon da ist. C. kann ihn beruhigen. Abends wird er noch Fieber bekommen und früh ins Bett gehen. Ich merke ein bisschen Anspannung, weil alle mit einem schnelleren Fortschritt zu rechnen scheinen, ich selbst nehme mich da nicht raus.
Um 16 Uhr marschiert Frau K., unsere Nachbarin, durch ihren Garten und sieht meinen aus dem Geburtspool ragenden Kopf hinterm Wohnzimmerfenster. Den Blick werde ich nicht vergessen. Ihr Kopf blieb quasi stehen, während ihr Körper weiter lief und man ihr ansah, wie sie sich fragte, was wir dort tun. Großartig.
C. massiert meinen Rücken, was mir sehr gut tut. Die Intensität der Wehen nimmt zu, ich bitte Männe, A. anzurufen. Sie hört mich im Hintergrund eine Wehe veratmen. Fragt, ob ich Kindsbewegungen fühle, was ich bejahe. Wir bleiben entspannt, beschließen, dass wir uns melden, wenn mir danach ist.
Das eigentlich für nachmittags bei Schwiegers geplante Waffelessen hat C. morgens abgesagt. Somit waren die informiert und prompt klingelt um 17:23 das Telefon. Schwiemu dran. Sie wolle mal hören, weil sie ja so nervös sei, ob die Hebamme schon da sei etc. C. teilt ihr, wie schon morgens, mit, dass ich Wehen hab und er sich wie bereits vereinbart melden wird, sobald es was zu vermelden gibt und ist stinksauer, dass man nicht mal mehr in Ruhe gebären darf. Ich hab daraufhin eine 20-minütige Wehenpause.
C. kippt mit dem Wasserkocher zwischendurch heißes Wasser nach.
Die nächste Wehe gegen 17:45 ist heftig. Ich will einen Muttermundsbefund – jetzt. Männe soll A. anrufen. Sie muss noch schnell was organisieren und will sich dann auf den Weg machen.
Ich bin ganz klar in der Übergangsphase angekommen. Es zieht bis zu den Knien, im Rücken, im Bauch. Ich muss ständig aufstoßen, was ich bei allen Kindern so hatte, und ich bin irgendwie in einer anderen Welt, weiß nicht mehr so recht, wohin mit mir.
Es kommt eine Hammerwehe. Ich liege gerade auf der rechten Seite im Pool. Ich jammere nicht, ich schreie auch nicht, aber ich atme so laut, dass C. sich beeindruckt zeigt. Eigentlich will ich: „Oh weia, die Wehen tun echt weh und ich weiß nicht, ob der Muttermund vollständig ist und ich weiß auch nicht, warum ich keinen Pressdrang habe und ich will auch nicht sinnlos gegen einen unvollständigen Muttermund pressen und überhaupt, ich will jetzt einen Muttermundsbefund“, sagen. Ein Bruchteil dessen kommt mit leichtem Unterton der Verzweiflung raus. In C. Gesicht sehe ich einen Hauch Hilflosigkeit.
Ich knie, liege, und mache und tue im Pool, die Wehen sind heftig. Ich spüre nach jeder Wehe Kindsbewegungen, merke, wie die Maus sich hin- und her dreht und versucht, sich richtig einzustellen. Ich stehe auf, weil ich wissen will, was passiert, wenn die Schwerkraft mehr wirken kann, hocke mich aber ganz schnell wieder hin. Im Wasser ist’s angenehmer. Ich knie im Wasser, lehne mich mit dem Oberkörper über den Rand, und beschließe, dass ich jetzt das tue, wonach mir ist, dass ich jetzt mitdrücke und bin mir in meinem Entschluss unheimlich sicher und völlig ohne Angst.
Nächste Wehe. „Jetzt rutsch endlich rein!“ Ich kann diese Wehen nicht mehr veratmen und tolerieren. Nächste Wehe, ich drücke mit. Vorsichtig, nur ein oder zwei Mal je Wehe. Der Kopf überwindet irgendwas im oberen Beckenbereich. C. guckt im Flur rum, ob A. kommt…
Nächste Wehe, ich veratme, will ihr Zeit lassen. Nächste Wehe, ich bin in halbaufrechter Rückenlage, C. ist im Flur, ich drücke, die Fruchtblase springt. Es fühlt sich an, als würde sich ein kleiner Wasserballon innerlich vorwölben und dann aufplatzen. „C., ich glaub die Fruchtblase ist gesprungen.“ Er kommt und guckt. Käseschmiereflöckchen im Poolwasser, er sieht das Fruchtwasser auch noch ausströmen. „Ja, das war die Fruchtblase.“
Nächste Wehe, ich drücke. Ich merke, wie sich mein Becken mit Kind füllt. Sie rutscht quasi von allein rein. „C., das Baby kommt. Kamera an und Handtuch her!“
Mein armes Männlein muss springen. Jetzt geht alles ganz schnell. Nächste Wehe, ich sitze halb aufrecht im Pool. Der Kopf kommt, ich merke ein minimales Brennen innerlich. Ich fasse hin. So weich! Der Kopf ist so wahnsinnig weich, ich fühle weiche Babyhaare.
Als C. am Poolrand steht und auch fühlt, ist der Kopf zur Hälfte geboren. Ich versuche langsam zu machen, lege meinen Kopf nach hinten auf den Poolrand, aber mein Körper macht ganz von alleine. Der Kopf kommt. Nächste Wehe. Ich drücke ein bisschen mit, die Schultern drehen sich und J. taucht auf. Mit offenen Augen und Mund sehe ich sie der Wasseroberfläche entgegen schwimmen. Die Welt steht still und es ist, als würde Mutter Natur auf uns herab blicken, wohlwollend mit dem Kopf nicken und „Gut gemacht, Tochter“, sagen. Ich hebe J. zügig aus dem Wasser. Sie ist bildhübsch und irgendwie ist mir klar, dass sie ein Mädchen ist, ein absolutes Mädchengesicht. „Hallo Baby, hey Baby.“ Wir heulen und reden wirres Zeug und staunen und freuen uns. C. guckt auf die Uhr: 18:33 Uhr. Wir decken sie mit Handtüchern zu, ich hebe ein Beinchen an, um nachzugucken. Tatsächlich ein Mädchen! Wir freuen uns riesig, unser Gefühl hat uns nicht getrügt. Sie schrie sofort, wurde schnell rosig und guckt mich mit großen Augen an. Willkommen in unserer Mitte J.! Interessehalber fühle ich an der Nabelschnur. Sie pulsiert kräftig.
C. ruft A. an. Sie kann sich Zeit lassen. Nach einer Weile wird’s dann doch etwas kalt im Pool. Ich steige aus, C. drapiert einige Handtücher aufs Sofa und ich setze mich mit der Maus hin. Nach ner Weile wird’s aber doch ungemütlich, wir legen uns. Die Nabelschnur reicht gerade so, dass sie an die Brust kommt. Sie saugt kräftig und beschert mir die ersten Nachwehen. Jede Bewegung an der Nabelschnur löst ebenfalls eine Nachwehe aus. Eine ganze Stunde nach der Geburt merke ich, dass die Plazenta raus möchte. C. holt eine Schüssel. Hintern hoch, sie kommt quasi von selbst. Wir stellen die Schüssel neben mir ab und C. guckt, ob ich irgendwelche Rissverletzungen habe. Nichts zu sehen. 5 Minuten später trifft A. ein. Sie hört sich erstmal unsere Story an und lässt sich anstecken von unserer Begeisterung. Sie beguckt J. und wir sind uns einig, dass sie etwas mehr wiegen wird, als ihre Geschwister. Wir entscheiden uns, die Nabelschnur am Kind möglichst lang zu lassen, damit Sohni am Tag drauf noch mal abnabeln kann. Er hatte sich das so gewünscht. C. nabelt ab. Wir begutachten die Plazenta. Etwas über 60cm lange Nabelschnur, die Plazenta hat einen Durchmesser von 17-18 cm und ist relativ dick. Keine Verkalkungen, keine Fetteinlagerungen, aber eine recht große Einblutung zwischen Chorion- und Amnionhülle. A. vermutet erst eine Nebenplazenta, unter Umständen vielleicht eine frühere Zwillingsschwangerschaft. Wir schneiden rein, aber es ist lediglich Blut drin zu finden, was auch recht frisch zu sein scheint. Also entweder kurz vor oder aber während der Geburt entstanden. Gefährlich hätte die wohl nicht werden können, weil es zwischen die Fruchthüllen blutete und nicht hinter die Plazenta, also keine Ablösegefahr. Mein Blutverlust ist so gering, dass A. nicht so recht weiß, was sie da überhaupt dokumentieren soll. Sie zupft ein winziges Stück von der Plazenta ab, was ich mit einem großen Schluck Wasser zu mir nehme.
Auch A. findet an mir keine Geburtsverletzungen. Ich ziehe mir was an, währenddessen kuschelt die Maus auf Papas Brust. Wir wiegen und messen sie. 3730g, 52cm, 34,5 KU.
Wir schauen uns gemeinsam das Geburtsvideo an. A. verkündet, dass sie eh nur dagestanden und „Machst du gut.“ gesagt hätte, wäre sie denn da gewesen und schenkt mir spontan den Geburtsort unserer J. – den Geburtspool.
So um 22 Uhr fährt A. nach Hause und wir gehen ins Bett. Die Kleine hat noch ein bisschen Mühe mit der Temperatur und ich ziehe ihr entgegen meiner Planungen was an. Die Nacht verbringt sie auf mir schlafend.

Vergleiche ich meine Geburten, kann ich nicht sagen, welche die einfachste war. Diese Geburt war nicht einfacher, als die anderen zwei, aber ganz anders. Ich bin daran gewachsen. Ich habe keine Verantwortung abgegeben, ich war die ganze Zeit voll da und konzentriert. Nie wieder würde ich freiwillig einen Teil der Geburt in die Hände anderer legen.
C. hat mich sehr überrascht. Er war total souverän und ruhig. Ich wusste, dass ich mich zu jeder Zeit auf ihn verlassen kann und so haben wir 11 Jahre nach dem ersten Kuss zusammen ein Kind geboren.

Mikas Geburt oder : Wie ein Traum zum Albtraum wurde… Teil 3

Im Folgenden der dritte und letzte Teil von Nancys Geburtsbericht:

Da liegt er: grün und blau gestochen, angeschlossen an Geräte, zig Schläuche an seinem kleinen Körper, 4 Tröpfe, die alle in mein Kind führen. Und eine MAGENSONDE! Ich bin schockiert. Ich fühle mich hintergangen und betrogen. Ich frage Sven, ob er irgendetwas unterschrieben hat. „Nein! Nur, dass sie ihn mitnehmen dürfen!“ Ich habe Schmerzen, muss mich setzen. Die Schwester bringt 2 Stühle. Dann kommt die Ärztin. Sie erklärt uns, dass Mika Blut abgenommen bekommen hätte und dass sie auf die Werte wartet, dass er vorsorglich Antibiotika bekommt. („Er ist ja sehr kalt geworden und außerdem sind bei so Hausgeburten ja immer sehr viele Keime im Spiel. Das wird solange gemacht, bis bewiesen ist, das keine Infektion vorliegt.“) Dass er Kochsalz und Zuckerlösung bekomme, um seinen Kreislauf zu stabilisieren und dass viele Babys das brauchen, um „einen Anschubs“ zu kriegen und in Gang zu kommen. Die Magensonde kann sie nicht wirklich erklären. Sie sagt, dass es zur Kontrolle ist, ob er Fruchtwasser geschluckt habe. Wenn das sehr viel wäre, müsste man es raussaugen. Ich sitze da und nicke. Ich bin bestürzt, lasse mir das aber nicht anmerken. Dann frage ich, warum mein Kind denn nun so blau ist, denn das ist der einzige Grund, warum er hier ist. „Das ist nur eine Stauung, harmlos und ungefährlich. Man muss das nur überwachen, um Hirnblutungen auszuschließen.“

Die Ärztin fragt mich, ob ich schon ein Zimmer hätte. Ich verneine und sage ihr, dass ich den Kleinen gern mit nach Hause nehmen möchte. Sie sieht mich entgeistert an, sagt erstmal nichts und meint dann, dass sie jetzt aber erstmal zutun hätte und erst später Zeit hätte für die Untersuchungen, die noch gemacht werden müssen. „Wir müssen ja noch den Ultraschall vom Kopf machen, das ist sehr wichtig. Und auf die Blutwerte müssen Sie eh erstmal warten.“

Ich stimme zu und frage meinen Mann, ob er Mittag essen gehen will. Er bejaht und wir beschließen, gemeinsam etwas essen zu gehen. Es muss etwa 14 oder 15 Uhr gewesen sein. Der Weg von der Station zur Kantine ist weit. Wir essen Mittag, essen Eis und sitzen in der Sonne. Es sind heiße 37° an diesem Tag. Ich merke, wie das ganze Gerenne mir zu schaffen macht. Ich habe Schmerzen … Aber ich muss zu meinem Kind. In der Lobby fällt mir ein, dass Sven die Babyschale holen muss. Er geht zum Auto und holt die Klamotten und den Sitz. Ich bleibe währenddessen in der Lobby und warte. Ich setze mich auf eine Bank, als es mich wie ein Blitz durchfährt. SCHMERZ! Aua … ich krümme mich, stehe auf, setze mich wieder. Aua aua aua… Wo bleibt nur Sven? Stechende Schmerzen. Ich versuche, mich zusammen zu reißen.

Endlich kommt Sven wieder. Ich lasse mir nichts anmerken. Er hat Babyschale und Sachen. Wir gehen zurück auf die Station. Ich suche eine Toilette, beeile mich. Ich will zu Mika. Im Bad nehme ich die Riesen-Vorlage bei Seite. Alles ist dunkelrot, voller Blut. Ich setze mich und versuche, während des Schmerzes loszulassen. Eine riesen Lache Blut fließt aus mir ins Toilettenbecken. Es tut weh. Ich bleibe mit geschlossenen Augen sitzen und versuche, den Schmerz zu veratmen. Es gelingt mir nur bedingt. Endlich ist es vorbei. Ich will aufstehen, blute dabei das ganze Bad voll. Meine Vorlage ist dunkelrot. Ich werfe sie eingepackt in den Müll und lege meinen Slip mit dicken Lagen Toilettenpapier aus. Wir hatten ja an alles gedacht, nur nicht an mich, nicht an Vorlagen für die frisch entbundene Mutter. Traurig eigentlich …

Zurück auf der Station gehen wir zu Mika. Es ist niemand im Zimmer. Ich streichle mein Baby durch die Klappe des Inkubators und rede mit ihm. Ich sage ihm, dass ich ihn mit nach Hause nehmen werde. Doch nach einer Weile muss ich mich wieder setzen. Die Schmerzen kommen wieder. Es vergehen Stunden. Bei Mika im Zimmer liegt ein sehr sehr kleines Frühchen, um das sich die Schwester sehr engagiert kümmert. Es weint und es zerreißt mich, das zu hören. Mika will in der Zeit, in der wir einfach sitzen und warten, mehrmals anfangen zu weinen. Jedes Mal stehe ich schnell auf, streichle über seine Wange und rede mit ihm. Er lauscht und schläft jedes Mal rasch wieder ein. Das war für mich der Beweis, dass er sehr genau gemerkt hat, dass ich da bin, dass es sehr wohl hilft, mit seinem Baby zu sprechen und es zu liebkosen, auch wenn die Ärzte meinen, dass Ruhe am besten wäre.

Als die Schwester aus dem Zimmer geht, lese ich Mika’s Kranken-Kurve. Alles normal. Super Temperatur, keinerlei Krankheitszeichen. Wieso auch? Dann sehe ich seine Werte! WOW! 57cm, 4698g, Kopfumfang 37cm … Ich kann es nicht fassen! So groß kam er mir gar nicht vor! Ich zeige es Sven, der stolz wie Bolle die Brust schwellt und sagt, dass der kleine große Mann ganz der Papa ist. Er bekommt das Lächeln nicht mehr aus dem Gesicht.

Mika - gesund und verkabelt

Ich sage nun auch Sven, dass ich Mika mitnehmen werde. Er schaut mich an und sagt: „Du wirst das Richtige tun! Wäre es gefährlich, würdest du es ja bestimmt nicht riskieren, ihn dieser Gefahr auszusetzen. Außerdem hat die Ärztin ja ganz locker reagiert, also wird es nicht so schlimm sein.“ Er vertraute mir. Er wusste, dass ich viel gelesen hab und er weiß auch, dass ich nicht auf den Kopf gefallen bin. Ich würde unser Kind nie absichtlich in Gefahr bringen. Gutes Gefühl! Ich erklärte ihm, dass uns die Ärztin ganz sicher noch über möglich Komplikationen aufklären wird und dass er darauf gefasst sein soll. Ich werde Mika trotzdem mitnehmen, auch wenn sie die Horror-Geschichten auspacken. Ich hoffte sehr, dass Sven mir beisteht, wenn das Gespräch mit der Ärztin losginge …

Wir warten. Es kommt mir ewig vor. Zwischendurch versuchen Sanitäter und Pfleger, eine Fledermaus zu fangen, die auf der Station umher fliegt. Sie lachen und sind froh. Wir warten. Irgendwann, etwa gegen 16Uhr, kommt die Ärztin. Sie fragt: „Und sie wollen ihren Sohn wirklich mitnehmen, ja?“ Ich nicke: „Sie haben gesagt, die Stauung ist nicht gefährlich und die Verfärbung ist harmlos. Deswegen sollte er kontrolliert werden.“ Sie beginnt, wie ich es ahnte, mit den Horrorgeschichten. Wiederholt fällt das Wort Hirnblutung. „Auch eine Infektion ist seeeeehr wahrscheinlich. Bis Sie das als Mutter merken, kann es zu spät sein! Was machen Sie, wenn es ihm schlechter geht?“ Ich antworte, dass eine Hebamme zur Kontrolle kommen wird und dass ich, sollte irgendetwas sein, sofort wieder in die Klinik gehen werde. „Ja, aber Sie wissen ja, das Schwedt keine Kinderklinik hat und wir sind nun schon einmal wegen Ihnen diesen Weg gefahren! Erwarten Sie wirklich, dass wir wegen ihres Leichtsinns nochmals kommen? Ich finde, dass Sie äußerst unverantwortlich sind, wenn sie ihr Kind jetzt mitnehmen.“ Ich schaue zu Boden … ich fühle mich elend. Sven sagt kein Wort. Ich sehe die Ärztin wieder an und betone, dass ich Mika trotzdem mitnehmen werde. „Und dann dieses Wetter! Es ist so warm da draußen und da wollen sie mit einem frisch geborenem Säugling in der Hitze Auto fahren?“ Sie schüttelt mit dem Kopf. Ich kann nicht klar denken, bekomme ein schlechtes Gewissen. Erst Wochen später fällt mir auf, dass Mika auf der Station in einem Wärmebettchen lag, dass auf konstant 37° gehalten wurde. Als wir losfuhren, waren es noch 30° …
Eine Horror-Geschichte verfolgt die nächste. „So dicke Kinder bekommen auch schnell mal eine Gelbsucht! Das muss kontrolliert werden!“ Ich wiederhole, dass ich eine Hebamme habe und auch zur U2 den Arzt aufsuchen werde. „Da kann es schon zu spät sein! Ich weiß ja, dass Sie sich wohl alles etwas anders vorgestellt haben, aber jetzt ihren Kopf hier durchzudrücken, ist sehr verantwortungslos!“ Da war es wieder, dieses Wort. Sven muss gedacht haben, ich bin bescheuert, aber er sagt nichts. Hört sich nur alles an.

Irgendwann sagt die Ärztin: „Gut, ich muss noch mal kurz weg. Ich komme aber wieder, dann machen wir den Ultraschall am Kopf. Ich sage Ihnen aber gleich, dass wir, wenn wir Sie gehen lassen, noch einen Bluttest machen müssen! Ohne den darf ich Sie hier nicht rauslassen! Der wird zwar eigentlich nach 3 Tagen erst gemacht, aber da Sie ja gehen wollen, machen wir ihn gleich. Auswertbar wird er dann nicht sein und die Hebamme muss ihn nach 3 Tagen wiederholen.“ Ich bin verwundert, aber eingeschüchtert und wie gelähmt. Sie hält mir einen Zettel vor: „Das müssen Sie unterschreiben, wenn Sie gehen wollen.“ Ich unterschreibe. „Warum wollen Sie ihn denn unbedingt mitnehmen?“ Ich antworte mit gesenktem Kopf: „Weil ich finde, das ein Baby zur Mama gehört und nicht allein in einen Brutkasten!“

Die Ärztin geht. Wir sind allein. Ich beruhige Sven. „Sie müssen das alles sagen, um sich abzusichern.“ Er vertraut mir. Kurze Zeit später kommt die Schwester mit einer Milchflasche ins Zimmer und geht zu Mika. Sie geht an die Magensonde, zieht mit einer Spritze daran. Es erscheint klare Flüssigkeit. Sie erklärt mir, dass das ok sei und spritzt die Flüssigkeit zurück. Ich sitze wie gelähmt, als sie zu Mika geht und ihm die Flasche in den Mund steckt. Ich sehe Sven an und sage: „Nein, oh nein…“ Mehr schaffe ich nicht. Ich wehre mich nicht mehr. Ich lasse es geschehen. Ich kann nicht mehr kämpfen. Das Gespräch mit der Ärztin hat viel Kraft gekostet. Ich bin kein Mensch, der gut gegenhalten kann. Ich bin eher wie ein angeschossenes Reh und gehe Diskussionen aus dem Weg. Erstaunlich, dass ich es bei der Ärztin geschafft habe, standhaft zu bleiben.
So bekommt Mika als erste Nahrung in seinem Leben nicht meine gute Muttermilch, sondern Flaschenmilch. Ich bin traurig, halte aber die Tränen zurück. Die Schwester freut sich. „Er hat alles ausgetrunken! Die ganzen 70ml!“ Ich bin fassungslos! 70ml? In den kleinen Magen? Wie soll er dann demnächst von meiner Vormilch satt werden? Ich drehe den Kopf zu Seite, als sie mich ansieht. Warum tut man so etwas? Die Mutter sitzt stundenlang neben ihrem Baby, voll gefüllt mit Hormonen. Nichts hätte ich lieber getan, als Mika zu stillen. Meine Brüste waren prall gefüllt. Ich hatte schon seit Wochen Vormilch, das so wertvolle Kolostrum. Stattdessen muss ich mit ansehen, wie mein Kind eine Flasche bekommt. Aber er hatte noch die Schläuche überall. Es wäre wohl zuviel Aufwand gewesen, ihn mir zu geben. Sein Hunger nach Nahrung war gestillt, der nach Nähe noch immer nicht. Die Schwester fragt, wo unser Zimmer ist. Ich antworte, dass wir nur noch auf die Ärztin warten und Mika dann mitnehmen. Sie ist erstaunt, aber weiterhin freundlich und freut sich sogar irgendwie für uns. Zumindest fühlt es sich so an. Sie geht kurz, kommt dann wieder und sagt, dass sie ihm dann schon mal die Magensonde zieht und die Zugänge entfernt. Das freut mich. Endlich geht es vorwärts.

Sie zieht die Nadeln, zieht die Sonde. Mika weint, lässt sich aber schnell beruhigen. Die Schwester ist sehr liebevoll mit ihm, streichelt über die Fontanelle. Die Ärztin kommt und ordnet die Schwester an, den besagten Bluttest zu machen. Die Schwester ist verdutzt. „Den kann man erst nach 3 Tagen machen. Sonst ist er eh nicht auswertbar und wir bekommen nur den roten Zettel!“ „Der Test wird trotzdem gemacht. Ich muss mich hier auch ein wenig absichern!“, entgegnet die Ärztin und geht wieder. Die Schwester schaut traurig und schüttelt den Kopf. „Tja, kleiner Mann … dann muss ich dich jetzt noch mal stechen..“ Ich gehe näher heran und rede mit meinem Kind. Sie sticht in den bereits lila-blauen Fuß. Mika schreit. Die Schwester drückt und drückt. Es will nichts kommen. Mika’s Stimme beginnt zu zittern. Er schreit aus voller Kraft und die Tränen laufen sein Gesicht herunter. Ich fange wieder an zu weinen, gehe zu Mika und streichle ihn, sage immer: „Ist gut, mein Schatz, gleich ist es vorbei.“ Meine Tränen fallen auf den Wickeltisch und auch auf mein Kind. Ich sehe nichts mehr, höre ihn nur schreien, verzweifelt schreien. Es kommt nicht genug Blut. „Die Schwester schaut traurig, sagt leise: „So ein Schwachsinn…“ und sticht in den anderen kleinen Fuß. Mika versucht zu zappeln, er schreit verzweifelt. Es bringt mich fast um. Mein Herz tut mir weh! Im wahrsten Sinne. Ich kann kaum Luft holen. Mein armes Baby schreit um Hilfe –
laut, wimmernd, verzweifelt – und ich darf ihm nicht helfen. Einer der vielen Momente, die mir als die schrecklichsten in Erinnerung bleiben.

Irgendwann ist sie endlich fertig. „Sie können ihn jetzt anziehen.“ Ich hole seine Sachen, kann kaum etwas sehen. Mika weint noch immer, während ich ihn behutsam anziehe und mit ihm rede. Ich überlege, ob ich ihm einen Body unterziehe oder nur den dünnen Pullover+Strampler. Die Schwester meint richtiger Weise, dass ein Body nicht nötig wäre. Ich stimme zu und ziehe Mika langsam an, während ich ihn immer wieder liebkose und sage: „Mama ist ja da.“ Er wimmert. Als ich fertig bin, schlägt die Schwester vor, ihn zu stillen. Eine phantastische Idee. Ich gehe zum Stuhl und stille, zwischen all diesen Geräten, zum ersten Mal mein Baby. Er saugt sofort kräftig, beruhigt sich endlich und schläft sanft auf meinem Arm ein.

Die Ärztin kommt wieder, als die meisten Tränen getrocknet sind. Sie will den Ultraschall machen. Ich setze mich mit Mika auf die Liege. Sie schickt mich weg und beginnt zu schallen. Große Stille und Angespanntheit füllen den Raum. Nach etwa 10 Minuten beginnt sie zu reden. „Ja, also ich hab hier was gefunden. Das KÖNNTE eine Blutung sein.“ Ich bitte sie, mir diese „Blutung“ zu zeigen. In meiner Ausbildung habe ich gelernt, dass sich Flüssigkeiten im Ultraschall immer als schwarze Flächen darstellen. Was sie mir zeigt, sieht anders aus. „Ich zeige ihnen mal die eine Seite des Hirns. Da sehen sie diese weiße Linie. Auf dieser Seite ist die Aussackung dieser Linie so, wie sie sein muss. Wenn ich nun auf der anderen Seite schaue, sehe sie, dass die Linie weiter ausgestülpt ist. Sie geht also etwas weiter nach außen. Sehen Sie das?“ Ich sehe es. Es ist minimal, was sie mir auch bestätigt. Sofort geht mir durch den Kopf, das 2 Hälften eines Menschen NIE gleich groß sind. Seien es Arme, Beine, Brüste oder Augen – es ist immer unterschiedlich. Wieso sollte das beim Hirn anders sein? Ich frage, was denn getan wird, wenn es eine Blutung wäre. Sie druckst umher, antwortet schließlich, dass es engmaschig überwacht würde. Ich höre heraus, dass aktiv nichts getan werden würde, bis sich Komplikationen äußern. Sie fragt, ob wir immer noch gehen wollen. Ich bejahe das. Sie weißt mich nochmals darauf hin, dass Krampfanfälle, schnell steigendes Fieber, schlimme Gelbsucht usw. zu erwarten wären und dass ich reagieren müsse, wenn mir etwas davon auffällt. Ich nicke.

Sie geht, um endlich die Entlassungspapiere fertig zu machen. Wir warten – wieder einmal! Nach etwa einer 3/4h kommt sie wieder, gibt uns den Brief und wünscht uns „trotzdem“ alles Gute. Die Schwester kommt auch, um sich zu verabschieden, und wünscht ebenfalls alles Gute „für den kleinen Dicken“.

Ich packe Mika behutsam in die Babyschale. Er schläft friedlich. Wir verlassen die Station. Ich fühle mich, als würde ich einen Krieg hinter mir lassen. Es fällt eine Last und so viel Anspannung von mir ab, dass ich mich einfach nur erleichtert fühle, als wir beim Auto ankommen. Wir schnallen Mika an. Ich bleibe hinten bei ihm sitzen. Wir fahren nach Hause. Endlich! Unterwegs rufe ich meine Hebamme an. Es meldet sich der Anrufbeantworter. Ich schildere kurz, was geschehen ist und bitte um Rückruf. Sven telefoniert danach noch mit meinen und seinen Eltern. Sie möchten den Kleinen noch kurz sehen und fragen, ob sie, nur ganz kurz, gucken kommen dürfen. Ich stimme zu. Mir ist alles egal! Ich bin einfach nur froh, wenn wir zuhause sind – in Sicherheit!

Zuhause angekommen, gehe ich mit Mika auf die Couch. Hier, wo am Morgen der Horror begann, erinnert nur ein kleiner Blutfleck auf der Decke daran, welch psychische Folter hier für mich stattgefunden hat. Sven ist wie von Sinnen. Kaum zuhause angekommen, räumt er alle Kerzen, alle Unterlagen, alles, was an die Geburt erinnert, sofort weg. Das Bad, der Ort an dem ich mein Kind bekommen hab, ich hätte es gern in Ruhe nochmals betrachtet, so wie es war. Doch Sven war wie fremdgesteuert. Alle Unterlagen, jeder kleine Blutfleck, alles wurde sofort, zusammen mit meinem rosa Krankenhaus-Leibchen entsorgt. Sogar die Bad-Matte mit den kleinen, ausgestanzten Löchern flog umgehend nach draußen. „Die ist auch schmutzig, die kann weg!“ Ich verneine. „Die wird sauber gemacht und kommt wieder hier ins Bad!“ „Ja??“ – „JA!!!“ So zieht die Matte dann doch nach ein paar Tagen wieder ins Bad. Grundgereinigt. Was mir bleibt, ist ein winzig kleiner Blut-Fleck am Rande des Teppichs, der an den magischen Moment der Geburt erinnert.

Svens Eltern treffen mit der großen Schwester ein. Ich sitze im Wohnzimmer. Felia ist stolz wie verrückt. Sie küsst und streichelt ihren kleinen Bruder. Die Eltern meines Mannes schießen Fotos und freuen sich, dass es uns „gut“ geht. Die erste Freude, die erste Regung von ihrer Seite seit der gesamten Schwangerschaft. Ich freue mich darüber sehr. Dann treffen auch meine Eltern ein. Meine Mutter fällt mir um den Hals und weint. „Ich bin so stolz auf dich, Nancy! Das hast du gut gemacht!“ Ich erzähle, dass die Krankenhausnummer nicht hätte sein müssen. Doch alle sind einstimmig der Meinung: „Ist doch gut, dass alles kontrolliert wurde und er gesund ist!“ Ich sage nichts weiter, bin nur traurig. Erst später, als sie alle Teile der Geschichte kennt, ändert meine Mutter ihre Meinung und kann es, wie ich, überhaupt nicht verstehen, warum all das mit uns gemacht wurde. Am Abend ruft meine Hebamme an. Ich erzähle ihr alles. Sie fragt, warum nicht angerufen wurde. Mir fehlt die Erklärung. Ich weiß es nicht. Sie meint, dass sie soweit für Nachbetreuungen nicht fährt – eigentlich. Ich sage ihr, dass ich hier niemand anderes mehr haben will und biete an, einen Teil der Fahrtkosten zu übernehmen. Sie stimmt erstmal für den nächsten Tag zu … und betreut mich dann doch, bis das frühe Wochenbett vorüber ist.

Der Tag neigt sich dem Ende. Ich stille Mika und wir gehen geschafft ins Bett. Als es zuhause still wird, wird Mika unruhig. Die ersten Nächte waren furchtbar. Er schrie aus dem Schlaf heraus sehr oft auf und weinte fürchterlich. Er muss schlimme Albträume gehabt haben. Auch entwickelte er sich nach einigen Wochen zum Schrei-Baby. Ich telefonierte mit der Vorsitzenden von Greenbirth.e.V., die mir erklärte, dass auch er, der noch nicht sprechen kann, seine Gefühle und Ängste mitteilen will. Das leuchtete ein. Ich solle ihm sagen, dass es mir leid tut, dass er alleine solche Dinge durchstehen musste und dann solle ich es zulassen, dass er schreit, ihm zuhören. Das tat ich und jedes Mal versicherte ich ihm, dass ich ihn nie wieder so allein lassen werde. Es wurde besser bei ihm, bei mir wurde es schlimmer! Jeden Abend, wenn er schlief und ich ihn ansah, bekam ich das große Heulen. Ich konnte nicht an mich halten! Jeden, wirklich jeden Abend lag ich weinend im Bett neben meinem Kind und flüsterte ihm zu, wie leid mir alles tut.
Bis er 4 Monate alt war, schlief Mika nur auf meinem Arm ein. Bis heute, 9 Monate später, ist er sehr viel anhänglicher, als meine beiden Töchter es waren. Ich darf den Raum nicht ohne ihn verlassen, sonst weint er sofort dicke Tränen. Ich stille ihn jeden Abend in den Schlaf. Er braucht das.

Wäre er ein anderes Kind, wenn alles etwas anders verlaufen wäre? Ich weiß es nicht! Ich weiß aber, dass es mich verändert hat! Als meine Hebamme ihn zum ersten Mal sah, sagte sie sofort, dass er ein gesundes Kind ist. Er bekam weder Gelbsucht, noch Krampfanfälle oder eine Infektion. Hätte er eine bekommen, dann ganz sicher nicht durch die „Hausgeburts-Keime“, sondern weil man ihn auskühlen lassen hat und alle 4 Gliedmaßen zerstochen hat, bis sie grün-blau-lila leuchteten.

Folgend noch der versprochene Entlassungsbrief, mit dem ich nach Hause fuhr. Er lässt nur erahnen, was für eine egoistische Rabenmutter ich war und bin. Die U2 war ein Spießrutenlauf sondergleichen und nochmals schwer und sehr erniedrigend für mich. Danach waren wir nicht mehr beim Arzt und es geht uns blendend … endlich geht es uns blendend!

Hauptdiagnose: Hypertrophes, reifes Neugeborenes
Respiratorische Anpassungsstörung
V.a. (Verdacht auf) NG-Infektion
V.a. IVH I-II rechts (intraventrikuläre Hirnblutung rechts)

Anamnese:

Um 7 Uhr Ungeplante Hausgeburt (LÜGE!!). Rasche Entwicklung des hypertrophen Kindes in 20 Min. FW klar. Kind postnatal wenig geschrien und schlaff, Schaum vorm Mund (??? Ich erzählte, das Fruchtwasser schaumig aus dem Mund trat) Nach Stimulation unregelmäßiges Schreien und livide Verfärbung. Ruf des Notarztes. Abnabelung nach 20 Minuten durch den Sanitäter. Bei Eintreffen des Notarztes schlappes, livide verfärbtes Kind, nach Stimulation jedoch kräftiges Schreien bei weiter anhaltender zyanotischer Hautverfärbung. Sättigung nicht ableitbar wegen mangelndem Kindersensor. Unbefriedigende Beatmung mit Beutel (???) mit O2 Zufuhr. Kontaktaufnahme mit unserem neonatologischen Team. Vereinbarung Anlage eines Rachen-CPAP und ggf. Bebeutelung über CPAP, Transport ins naheliegende Krankenhaus Schwedt zur weiteren Versorgung, sowie dortige Übernahme durch uns.
Bei Aufnahme in der Klinik gestresstes Kind mit kühler Peripherie. Temperatur 35,4° ( :'( ) Blutentnahme, dabei pH 7,13, pCO2 82,7, BE – 7,3 , BZ 4,1, Sao2

Mikas Geburt oder : Wie ein Traum zum Albtraum wurde… Teil 2

Im Folgenden Teil 2 von Nancys Geburtsbericht:

Keiner sieht nach mir … alle sind bereits im Rettungswagen. Ich eile hinterher, soweit mir das eben möglich ist. Ich bin blutverschmiert an den Beinen und ich blute natürlich noch immer. Ich greife mir eine Unterlage und benutze sie als Vorlage. Die Nabelschnur hängt aus mir heraus … sie hängt zwischen meinen Beinen. Ich gehe vor die Tür. Wie ich in meinen Bademantel gekommen bin, weiß ich nicht mehr. Ich wollte nur noch meinem Baby hinterher. Also schleppte ich mich mit aus mir hängender Nabelschnur allein zum Rettungswagen. Die Nachbarn standen am Fenster. Das Blut lief meine Beine runter und ich versuchte krampfhaft, meine Vorlage festzuhalten, den Bademantel zuzuhalten. Es war so demütigend, mich so da hinterher hinken zu lassen. Endlich komme ich an. Ich steige mühsam ein, keiner hilft mir, und erhalte die Anweisung, mich auf die Trage zu legen. Ich brülle Sven zu, dass er zusehen soll, dass er in den Rettungswagen kommt, damit er mitfahren kann. Dann versuche ich, auf die Trage zu kommen. Der Fahrer hilft mir dann – kein Sani oder Arzt – der Fahrer!

Sie schnallen mich fest. Der Arzt hantiert mit meinem nackten Mika umher. Ich erlebe alles, als würde ein ganz schlechter Film vor mir ablaufen. Ich versuche, mein immer kälter werdendes Baby mit dem Moltontuch, das an seinem Rücken liegt, zuzudecken. Der Arzt dreht sich weiter weg. Ich komme nicht mehr dran. Wir fahren los. Im Fenster des Sani-Wagens sehe ich meine gesamte Nachbarschaft an den Fenstern und Türen stehen. Meine Gedanken spielen verrückt: „Wie demütigend … sie haben mich halbnackt … mit Nabelschnur zwischen den Beinen … egal! Hauptsache Mika geht’s gut … Sie werden dafür sorgen, dass es ihm gut geht!“ Ich versuche, mir das einzureden. Wieder und wieder versuche ich, an mein Kind zu kommen. Der Arzt telefoniert mit dem Kinderarzt aus Eberswalde. In Schwedt hatte die Kinderklinik gerade geschlossen, so musste ein „Spezialist“ von woanders anrücken. Der Arzt ordert also Hilfe an. Ich bekomme mit, dass sich die Ärztin auf den Weg macht.

Der Arzt benötigt dann wohl beide Hände. Endlich gibt er mir meinen Sohn. Er ist erschreckend kalt! Ich lege ihn auf meine Brust unter meinen Bademantel und umfasse seine eiskalten Füße mit meinen Händen. Er liegt ganz ruhig … kein Mucks, nur seine Füße kreisen in meinen Händen. Der Arzt telefoniert noch immer. Die Sanitäterin deckt uns endlich mit der Silber-Decke zu. Mein armes Kind … ich will ihn wärmen. Der Arzt sagt mir, ich müsse ihn ruckeln und animieren. Ich sage ihm, dass ich doch die Bewegungen spüre und dass ich merke, das mein Sohn da ist. Er sieht mich an und ermahnt mich, sofort Bescheid zu geben, wenn er sich nicht mehr rührt. Dann telefoniert er weiter. Ich soll Mika Sauerstoff vor die Nase halten. Ich tue es … in meinem Kopf rattert es. Sauerstoff – das ist doch eigentlich nicht gut, wenn jemand selbstständig atmet?! Aber mein Kopf schaltet erneut ab. Ich tue, was mir gesagt wird – mit einem miserablen Gefühl, verurteilt zu werden, wenn ich es nicht tue. Es wird weiter telefoniert. Ich konzentriere mich aber auf Mika. Nur beiläufig höre ich Worte wie „levide Verfärbungen im Gesicht und an den Gliedmaßen“ und plötzlich fällt das Wort TUBUS! Ich erschrecke, sehe den Arzt an. Er sucht den von der Ärztin beschriebenen Kindertubus. Ich halte Mika fest … ganz fest! Der Arzt sieht mich an und sagt: „Ich werde ihr Kind NICHT intubieren! Der Tubus ist aber kleiner und wir können ihn direkter in die Nase halten. Hören Sie, ich werde ihr Kind nicht intubieren!“ Ich bin erleichtert … wenn mir auch dieser Sauerstoff nicht geheuer ist.

Wir fahren eine Strecke von 20km. Ich habe Schmerzen, immer mal wieder. Es werden die Nachwehen sein. Keiner fragt nach mir. Kurz vor Schwedt werden die Schmerzen sehr sehr heftig. Ich muss mich zusammen reißen! Ich darf nicht jammern! Ich will doch nicht, dass sie mir Mika wieder weg nehmen. Ich versuche, mich unauffällig zu krümmen, presse die Lippen zusammen. Es tut so weh. Ich kann nicht anders, ich muss es rauslassen. Mein leises, unterdrücktes Schmerzstöhnen überhört der Arzt (zum Glück?!). Er ist mit dem Telefon beschäftigt.

Wir kommen in der Klinik an. Der Rettungswagen öffnet sich. Wir werden mit der Trage rausgezogen und in die Rettungsstelle gefahren. Ich sehe viele Gesichter. Haufenweise Klinikpersonal hat sich versammelt. Sie entreißen mir mein Baby. Ich versuche, ihn festzuhalten, aber sie nehmen ihn mit Gewalt an sich. Sofort werde ich weiter geschoben, erhalte während dessen die Info, dass ich auf die Gyn muss und mein Baby gleich hier unten versorgt würde. Auch die Eberswalder werden gleich da sein. Ich suche Sven in den Menschenmassen. Ich brülle ihm zu, dass er bei Mika bleiben soll! „Egal, was passiert – du bleibt bei ihm! Pass auf ihn auf!“ Dann fahren sie mich weg. Ich höre beim Wegschieben „Och, der is doch nur’n bissl gestaut!“ Und die Kinderärztin, die brüllt, dass sie einen Inkubator haben will … SOFORT!

Twei männliche Ärzte schieben mich auf die Gyn in den Kreißsaal. Sie reißen die Decke weg und fummeln zwischen meinen Beinen umher. „Wann war die Geburt?“ „Um Sieben“, antworte ich. „Legen sie sich bitte auf das Bett.“ Ich tue, was sie sagen. Das Liegen ist sehr unangenehm. Ich möchte nicht liegen, ich möchte aufstehen, hocken … irgendwas. Ich darf nicht. Ein Arzt drückt auf meinen Bauch, der andere zieht an der Nabelschnur. Sie entreißen mir die Plazenta. Es tut höllisch weh! Ich weine. So kannte ich das nicht … das war doch immer schmerzlos?! Anschließend stecken beide Ärzte ihre Finger in mich. Ich weine, schreie laut „AUUAAA!“ Es interessiert keinen. Ich fühle mich ausgeliefert, hilflos.

Plötzlich habe ich eine Spritze im Arm. „Was ist das?“, frage ich. „Das ist, damit sich die Gebärmutter ordentlich zurückbildet.“ Ich sehe auf den Boden und sage: „Das tut sie aber auch ohne das Zeug…“ Nochmals werde ich, ohne Einwilligung, vaginal untersucht. Sie wischen an meiner Scheide umher. Es brennt, es tut höllisch weh. Dann, nochmals, stecken sie Finger und „Werkzeuge“ in mich. Ich kneife die Augen zu … es hilft nicht. Ich schreie. „Auuuuahahahaha…“ „Wir müssen schauen, ob Sie Verletzungen haben!“ Ich weine, drehe den Kopf zur Seite. Resignation. Ich merke, wie mein Körper versucht, dem zu entgehen, er „schaltet ab“. Ich bekomme nicht mehr viel mit bis es vorbei ist. Sie geben mir ein rosa Krankenhaushemdchen. Ich ziehe es über und falle zurück ins Bett.

Die Hebamme, die mit bei Mika war als wir ankamen, kommt in den Kreißsaal. Ich frage, wie es dem Kleinen geht. Sie sieht mich an und sagt: „Wie soll’s ihm schon gehen? Soweit erstmal ganz gut.“ Sie sagt mir, dass sie jetzt mit mir den Papierkram ausfüllen muss. Sie stellt mir Fragen, viele Fragen. Ich antworte. Dann fragt sie, ob ich eine Hebamme hätte. Ich sage ihr den Namen. Da sieht sie mich vorwurfsvoll an und sagte: „Eine geplante Hausgeburt?“ „Ja!“ „Na ja … ich sag dazu nichts! Das hätte die Kollegin ja wissen müssen, dass bei einer Drittgebährenden die Sache schneller gehen kann!“ Ich erwidere: „Ja, das wusste sie auch! Deswegen gab sie mir gute Anweisungen, was wann zutun ist und wie ich mein Kind sicher bekommen kann. Wir hätten nur nicht den Notarzt rufen dürfen…“ Sie schüttelte den Kopf.

Einer der Ärzte kommt wieder. Er sagt mir, dass ich nun einen Zugang gelegt bekomme, weil die Plazenta „so lange“ nicht gekommen ist. Ich lehne ab. „Sie möchten das also nicht?“ Ich schüttele den Kopf. „Gut, dann notiere ich das so!“ Er geht zu der Hebamme und sagt: „Sie möchte das nicht – notieren Sie das bitte. Ich übernehme dafür keine Verantwortung!“ Der andere Arzt rennt umher. Ich sage ihm, dass ich die Plazenta mitnehmen möchte. Er schaut mich verdutzt an. Dann sieht er zur Hebamme. Die nickt und sagt in abwertendem Ton: „Ja, kann se mitnehmen!“

Dann werde ich allein gelassen. Lange kümmert sich keiner um mich. Ich bin allein – gefühlt eine Ewigkeit. Ich will zu meinem Baby! Ich weine und sehe auf die Uhr. Es ist fast Neun! Ich fange an, wie ein Kind zu heulen und wiederhole immer wieder den Satz: „Das ist nur ein Traum, Nancy, das ist nur ein Traum. Ein ganz schrecklicher Traum!“ Doch es ist keiner. Eine Schwesternschülerin, die auch bei meiner Aufnahme dabei war, kommt herein und fragt, wie es mir geht. „Ich will zu meinem Baby!“ Sie sagt nichts, versichert mir nur, dass sich um Mika gekümmert wird und geht wieder.

Ich sitze auf dem Kreisbett. Ich kann nicht liegen. Ich sehe meine Beine an. All das Blut ist fest angetrocknet. Ich sehe aus, wie einer dieser Zombies aus den Hollywood-Filmen. Tränen laufen, es folgt weiteres Warten … allein.

Die Kinderärztin kommt! Ich kenne Sie. Gott sei Dank, ein vertrautes Gesicht. Ich frage sie, wie es Mika geht. Sie sagt, dass er erstmal wohlauf ist. Sie fragt mich nach der Geburt. Ich schildere ihr alles und sie notiert. Kurzer Smalltalk, weil wir uns von früher kennen. Dann zurück zum Thema. Sie sagt, dass die Werte erstmal stabil sind und dass nun das Team aus Eberwalde da ist und übernommen hat. Sie wollen den Kleinen mitnehmen und seine Werte kontrollieren. Ich löchere sie, wie denn die Werte sind. Sie druckst umher: „Na ja, eigentlich ganz gut, aber eine Überwachung wäre wohl angebracht!“ Dann erzählt sie mir, dass der Kleine, bevor er nach Eberswalde gebracht wird, noch mal hoch kommt zu mir. Die Ärztin aus EW wolle das so. Ich bin überglücklich und warte ab da sehnsüchtig darauf, dass man mir mein Baby bringt.

Dann kommt Sven. Er wirkt erleichtert. Er erzählt mir, dass die Ärztin aus Eberswalde gleich gesagt hat, dass er sich keine Sorgen machen braucht. Das der Kleine nur gestaut sei und das sie ihn nur zu Überwachung und Kontrolle mitnehmen wollen. Ich verstumme. Ich will das nicht! Mir ist übel und mein Mund ist so trocken. Ich bitte Sven, mir Wasser zu holen. Er schaut erstaunt, als ich ihm mitteile, dass ich noch keines bekommen habe. Also holt er Wasser, erzählt mir, dass der Kleine ganz kräftig geschrien hat und das ihn das sehr beruhigte. Mich beruhigt das überhaupt nicht. In meinem Kopf versuche ich, mir nicht vorzustellen, was sie mit ihm gemacht haben, dass er so losgebrüllt hat. Dann regt sich Sven über andere Patienten in der Rettungsstelle auf, die sich beschwerten, dass sie nicht vor uns dran gekommen sind … und er erzählt freudestrahlend, dass er die Nabelschnur noch mal ordentlich abschneiden durfte. Ich kann mich kaum konzentrieren, will zu meinem Kind.

Die Hebamme kommt und fragt, wie wir es machen wollen. Es wäre kein Platz, mich gleich mitzunehmen. Ich müsste entweder warten, bis die nächste Fahrt geht, oder ich entlasse mich selbst und fahre privat hinterher. Ich entscheide mich selbstverständlich für Zweiteres!

Sven telefoniert mit meinem Dad. Er erklärt kurz, was passiert ist. Er müsse ihn abholen, damit Sven ein Auto holen kann. Er ist ja schließlich mit dem Rettungswagen mitgefahren. „Alles geklärt, Dirk kommt und holt mich ab!“

Wir warten. Die Hebamme kommt mit der Plazenta – eingepackt in mein Moltontuch, in dem Mika eingewickelt war. Sie knallt sie vor uns auf den Tisch. „Hier! Das ist dann noch Eure!“, sagt sie und geht wieder. Ich frage, wann meine Entlassungspapiere fertig sind. „Tja, das kann dauern!“

Es klingelt am Kreißsaal. Die Hebi kommt und fragt: “ Da steht ein Mann und will zu dir! Kennst du den?“ Ich antworte, dass es wohl mein Papa sein wird, der uns ja abholen muss. Dann lässt sie ihn rein. Als er mich sieht, wirkt er sichtlich schockiert. Wen wundert’s, bin ich doch blutverschmiert. Er versucht aber, es mit Lockerheit zu überspielen.

Wir beschließen, dass wir alle zusammen nach Hause fahren und Sven und ich dann eben von dort aus nach Eberswalde starten. So sagen wir es auch der Hebamme. Ich sage meinem Dad, dass der Kleine gleich noch hochgeschoben wird. Er freut sich und ist gespannt.

Endlich ist es soweit! Es ist mittlerweile nach 10Uhr. Sie schieben mein Baby im Inkubator in den Kreißsaal. Ich beginne lauthals zu weinen. „Mein Baby! Es tut mir so leid … es tut mir sooo leid“, sage ich und schaue ihn durch die Glasscheiben an. Er ist gewaschen, ganz sauber! Er öffnet sein linkes Auge und sieht mich an – es ist rot um die Pupille – dann schließt er es wieder. Ich weine und heule und schluchze vor mich in. Die Sanitäter haben mitleid mit mir, öffnen den Deckel vom Inkubator und erlauben mir, mein Baby zu streicheln. Ich sehe nichts mehr. Tränen trüben meine Sicht. Sie tropfen auf dieses schreckliche Krankenhaus-Hemdchen. Es ist ein Albtraum!

Mein Dad und Sven schießen Fotos und geben Schätzungen ab, wie groß der Kleine wohl ist. „Der hat aber bestimmt 54cm!“ Mir ist alles egal. Ich höre nur beiläufig zu und betrachte mein Kind. Er liegt ganz ruhig, angeschlossen an die Überwachung. Sonst aber nichts weiter. Die Kinderärztin kommt, erklärt mir, dass sie nur noch mal kontrollieren wollen, ob es ihm auch wirklich gut geht, aber dass ich mir keine Sorgen machen muss.

Dann fahren sie mit meinem Kind los. Ich bleibe zurück. Noch immer keine fertigen Entlassungspapiere. Ich realisiere gar nicht, dass die kein Mensch braucht. Die Schwester meint, wenn ich in Eberswalde bei Mika bleiben möchte, dann brauche ich den Papierkram. Ich höre es, ich nicke, ich grübel, warum er da bleiben müsse … reagieren tue ich nicht! Warum nicht? Ich weiß es nicht. Ich glaube, ich hatte „dicht“ gemacht.

Irgendwann ist es dann doch soweit und ich kann entlassen werden. Keiner kümmert sich um mich. Mein Dad fragt, ob ich denn nicht gewaschen werde. Ich sage, ich könne es selbst und will zum Waschbecken. Plötzlich werde ich angeschrien. Die Hebamme fährt mich an: „Du bleibst da! Du saust mir hier sonst alles voll!!!“ Ich bin perplex. Dann sagt sie, ich müsse mich nochmals hinlegen. Ich tue es. Dann drückt sie, mit wirklich all ihrer Kraft, auf meine Gebärmutter! Ich schreie, sage, dass sie weggehen soll. Sie hört nicht auf mich. Stattdessen bekomme ich gesagt, ich solle mich nicht so haben. „Vertraust du mir gar nicht?“ Nein, das tue ich nicht! Sie will nochmals drücken. Ich schreie „Nein!“, halte ihren Arm fest und versuche, sie beiseite zu drücken. Es gelingt mir nicht. Sie stemmt sich auf mich und ich erleide die schlimmsten Schmerzen, die ich je in meinem Leben erlebt habe. Meine Tränen habe ich nicht mehr unter Kontrolle. Sie laufen von allein. Ich schreie und schaue zu meinem Mann und meinem Vater, die an der Tür standen und alles mit ansahen. Ich weine, fühle mich hilflos … erniedrigt … vergewaltigt! (Warum mir keiner geholfen hat, ist mir bis heute unerklärlich. Ich schätze aber, dass meine Männer dem Fachpersonal vertrauten und dachten, dass es so sein müsse.)

Als ich mich davon erholt habe, schleppe ich mich zum Waschbecken. Mein Papa kommt, um mich zu stützen. Am Waschbecken angekommen, versuche ich mich zu waschen. Es geht schwer, das Blut ist schon so angetrocknet. Ich muss schrubben. Erst als mein Dad ihm die Anweisung gibt, kommt mein Mann, um mir zu helfen. Er probiert, so gut er kann, mich sauber zu bekommen. Die Hebamme fragt, ob ich Sachen dabei habe. Außer meinem Bademantel habe ich nichts. Ich erbettele mir das Krankenhaus-Hemdchen, eine Fleece-Unterlage und ziehe den Bademantel über. Dann laufen wir zum Auto. Die Nachwehen lasse ich mir nicht anmerken. Im Auto breiten wir das Fleece aus und fahren nach Hause.

Dort angekommen schlägt Sven vor, ich solle schnell duschen und essen, dann fahren wir. Mittlerweile muss es wohl gegen 12 gewesen sein. Hunger habe ich kaum, aber ich schlinge eine Banane herunter. Dann ziehe ich mich um und gehe wieder heraus zu Sven. Er fragt erstaunt, ob ich schon fertig sei. „Ja, ich will jetzt los! Waschen tu ich mich heute Abend!“
Ich packe Babysachen, die Papiere und die Babyschale ins Auto. Sven sieht mich verdutzt an. Ich sage ihm, dass ich den Kleinen mitnehme, wenn alles in Ordnung ist. Da dachte ich tatsächlich noch, dass mein Kind nur Kontrollen per Ultraschall bekommen würde, um Blutungen im Kopf auszuschließen.
Wir fahren los. Die Fahrt kommt mir ewig vor. Wie genau wir fuhren und über was wir redeten – ich weiß es nicht mehr. Als wir endlich da sind, folgt ein Marsch durch einen Irrgarten von langen Fluren, Treppen und Fahrstühlen. Auf der Neo angekommen, erkläre ich, wer ich bin, und werde zu dem Zimmer gebracht, in dem mein Sohn liegt.

Was ich dann sah, zog mir den Boden komplett unter den Füssen weg…

Mikas Geburt oder : Wie ein Traum zum Albtraum wurde… Teil 1

Auch Alleingeburten sind nicht ohne Risiken, wenn auch Risiken ganz anderer Art, als die meisten ahnen. Im Folgenden möchte ich einen Geburtsbericht mit euch teilen, der es in sich hat. Er ist aufgrund der Ereignisse recht lang, weshalb ich ihn euch in drei Teilen zu lesen gebe. Trotzdem lohnt es sich ganz besonders, ihn zu lesen und aus ihm zu lernen. Dabei möchte ich, um Missverständnisse zu umgehen, klarstellen, dass es sich nicht um meine Geburt handelt, sondern die einer Frau, die den Mut hat, dieses Erlebnis mit euch zu teilen. An dieser Stelle noch einmal vielen Dank an Nancy!

Endlich habe ich es geschafft. Nach über 9 Monaten habe ich den Geburtsbericht von Mika geschrieben. Es hat 4 Tage gedauert. Ich brauchte mehrere Pausen und es hat mich erneut viele Tränen gekostet. Aber: Es hat mir wieder ein Stück mehr geholfen, unser Trauma zu verarbeiten. Das Niederschreiben, während es in meinem Kopf ablief, war absolut therapeutisch wertvoll und eine Wohltat für meine Seele. Lange wollte ich es tun … lange konnte ich es einfach nicht. Zu schmerzvoll sind die Erinnerungen, zu hart die nochmalige Auseinandersetzung mit all den Fehlern, die geschehen sind. Heute ist es geschafft.

Gleich voran will ich sagen, dass es ein äußerst langer, sehr detaillierter Bericht ist. Vielleicht für manch Einen zu detailliert. Für mich war es wichtig, jedes Detail festzuhalten, es mir von der Seele zu schreiben. Schreibfehler bitte ich, zu entschuldigen. Am Ende hänge ich noch den Entlassungsbrief, der noch heute wie Hohn für mich klingt, mit an. So, dann wollen wir mal:

Am Abend des 18.08.2012 war alles normal. Laut erratenem Geburtstermin bin ich 40+1. Alles ist super. Mein Baby bewegt sich, ich fühle mich den Umständen entsprechend wohl. Wie die Abende vorher wehe ich leicht vor mich hin. Teilweise schon stärker, aber nichts, was mich nervös machen würde. Meine kleine Tochter schläft diese Nacht bei mir im Schlafzimmer, weil die große Schwester bei Oma schläft. Sie mag nicht allein sein. Irgendwann gegen 22 Uhr gehe ich ins Bett. Alle Wehen sind verschwunden. Mein Mann liegt wegen seiner nächtlichen Hustenanfälle im Wohnzimmer.

19.08.2012

04.28Uhr – Ich werde wach … Wow, was war denn das jetzt? Nicht wie üblich reißt mich der nächtliche Harndrang aus dem Schlaf, sondern eine Wehe. Und was für eine!!! Ich denke mir, dass es vielleicht ja nur eine der üblichen, kräftigeren Übungswehen war und versuche wieder einzuschlafen. Ich wage nicht zu hoffen, dass es doch losgehen könnte. Zu oft hat mein Körper mir mit Übungswehen Streiche gespielt. Ich versuche zu schlafen. Meine Tochter schläft seelenruhig neben mir. 4.35 Uhr … die nächste Wehe rollt an. Sie ist mächtig! Ich gehe aus meiner liegenden Position in den Vierfüßler. Liegend ist die Wehe schon jetzt nicht auszuhalten. Da meine Tochter neben mir schlummert, versuche ich, das tönen zu unterdrücken. Es fällt mir sehr schwer, doch ich schaffe es. Die Wehe ist vorüber. Langsam dämmert mir, dass es ernst werden könnte. Trotzdem lege ich mich aus dem Vierfüßler wieder hin. Ich will keinen falschen Alarm. Also bleibe ich misstrauisch. 4.40 Uhr … WOW! Schnell wieder in den Vierfüßler. Die Wehe ist kräftig, lang und ich schaffe es kaum noch, leise zu bleiben. Ich stöhne deutlich hörbar. Mein Mäuschen bekommt nichts mit … schlummert friedlich weiter. Nach dieser Wehe beschließe ich aufzustehen.

Ich gehe ins Wohnzimmer, habe mir bereits mein rotes Geburts-Shirt /Kleid übergeworfen. Mein Mann schläft im Halbsitzen auf der Couch. Als ich die Türe schließe, wird er wach. Er schaut mich zerknautscht an. „Watt denn nu?“ fragt er. Ich antworte: „Es geht los!“ Sofort ist er hellwach und freut sich wie ein Schneekönig. 40+2 – Mein Baby möchte zu uns kommen. Ich rede mit ihm, sage ihm, als ich allein im Zimmer bin, dass er ruhig kommen kann. „Wir freuen uns auf dich, kleiner Mann! Endlich können wir dich bekuscheln…“ Wie sehr ich bereuen werde, ihm das gesagt zu haben, wird sich erst später zeigen.

Sven ist wieder im Zimmer. Er glaubt noch nicht so recht, dass es losgeht. Die nächste Wehe kommt. Ich kann nicht mehr leise sein … muss tönen … schon ziemlich laut. Sven versucht mit mir zu Scherzen und sagt: „Ey, sei nich so laut! Kiara wird wach!“ Mir ist nicht nach dieser Art von Spaß! Ich will mich auf mich und mein Baby konzentrieren und kann diese Art Scherz nicht vertragen. Ich sage ihm, er soll seine Klappe halten. Ich muss mich ziemlich biestig angehört haben, denn nach einem kurzen Grinsen sagt er: „Ok, ich wollte nur wissen, obs ernst is diesmal…und es IST ernst!“

Ich habe eine „To-Do-List“ für die Geburt vorbereitet. Alles soll perfekt werden! Sven sucht sie sich sofort, während ich am Schrank stehend im Wohnzimmer meine Wehen veratme. Er legt meine Entspannungsmusik auf und zündet Kerzen an. Er legt die Moltontücher, Handtücher und Stoffwindeln bei 60Grad in den Ofen, damit sie für unser Würmchen schön vorgewärmt sind. Mein Baby soll es warm und kuschelig haben, wenn er da ist. Sven legt die ausgezogene Couch und den Boden davor mit Vorlagen aus Fleece aus. Diese hatte ich in ausreichender Menge extra besorgt. Er legt die Kuscheldecken und die weichen Kissen auf der Couch aus. Er bereitet uns ein warmes Nest vor. Zum Schluss zieht er die Rollläden zu. Es ist wunderschön … im Kerzenschein und Kuschelatmosphäre hat unser Wohnzimmer etwas Magisches an sich.

Ich habe schon sehr mit den Wehen zutun. Meine Tochter ist noch immer nicht aufgewacht. Da ich irgendwie nichts mehr an meinem Körper haben will, ziehe ich mein Kleid aus. Die Wehen sind heftig. Ich bin ganz bei mir. Ich versuche, mich etwas hinzulegen, in der Hoffnung, die Wehen ließen sich so besser aushalten. Dem ist nicht so! Schnell wieder hoch…am besten geht’s mir im Stehen. Plötzlich Toilettendrang. Oh Gott, wie soll ich den Weg ins Bad bloß schaffen? Es tut sooo weh … Dennoch mache ich mich in halbgebückter Haltung, meinen Bauch festhaltend, auf den Weg. Eine Pause in der Küche … dann schnell weiter. Mein Mann ist derweil auf dem Hof und raucht. Er ist wahnsinnig nervös … läuft auf und ab. Ich kann mir ein kleines Grinsen nicht verkneifen. Auf der Toilette angekommen, habe ich das Gefühl, dass es mich zerreißen würde. Mein Darm entleert sich … ganz auf natürlichem Wege. Wo ich schon mal im Bad bin, lasse ich mir Wasser in die Wanne. Ich will probieren, ob es hilft. Es ist so angenehm kühl im Bad … hier will ich erstmal bleiben. Die Wärme der Kerzen im Wohnzimmer halte ich nur schlecht aus.

Das Wasser plätschert. Ich glaube, Sven ist wieder im Haus. Genau mitbekommen habe ich jedoch nichts. Ich stehe auf den Wannenrand gestützt im Bad. Ich taste meinen Muttermund. Genau identifizieren kann ich nicht, wie weit ich wohl eröffnet bin. Aber es fühlt sich anders an als die letzten Tage … und: Das Köpfchen liegt ganz tief! Ich berühre ihn … bald ist er da. Es hat begonnen … die letzten Zweifel sind verflogen. An meinen Fingern hängt viel zäher Schleim – der Rest vom Schleimpfropf. Ich freue mich …

Ich steige in die Wanne. Es ist, entgegen meiner Erwartungen, sehr angenehm im Wasser. Ich beriesele meinen Bauch mit dem warmen Wasser, veratme Wehen – wie viele weiß ich nicht. Plötzlich wieder der Drang, auf Toilette zu gehen. Zu Spät! Das Maleur ist ohne Kontrolle meinerseits ins Wasser gegangen. Peinlich! Ich beschließe, die Wanne zu verlassen und das Missgeschick zu beseitigen. Es war nicht viel … nur minimal. Dennoch wollte ich raus.

Ich bekomme beiläufig mit, dass meine Tochter aufgewacht ist und mich verschlafen und misstrauisch anschaut. Sven kommt und sagt zu mir, dass er sie nun schnell zu meinen Eltern bringt. Zum Antworten bin ich nicht in der Lage. Es tropft aus mir heraus, schleimig … zähflüssig. Der Rest vom Schleimpfropf verabschiedet sich gerade. Die Wehen werden heftig. Ich gehe in den Vierfüßler auf den Boden und starre auf die kleinen, viereckigen Löcher, die in unserer Badmatte eingestanzt sind. Ich bin wie in Trance … bei jeder Wehe töne ich laut. Wie befreiend es sich anfühlte, dass nun gerade NIEMAND da war. Ich ließ mich vollends gehen. War laut, ungehemmt, ganz bei mir! Der Schmerz war da … aber es war auszuhalten, dadurch, dass ich mich mit dieser Badmatte selbst in Trance versetzte.

Einige Wehen später war Sven wieder da. Ich sah seine Füße und dachte noch: Bitte, quatsch mich jetzt nicht an!!! Aber er tat es! „Ich bin wieder da, Nancy … soll ich irgendwas machen?“ Ich war zum sprechen nicht in der Lage. Ich reagierte einfach gar nicht. „Willst du nicht lieber ins Wohnzimmer?“ Wieder reagierte ich nicht, schüttelte den Kopf nur leicht und dachte: „Ich gehe nirgends mehr hin! Hier bleib ich, hier ist es so schön kühl!“ Es funktionierte. Er ließ mich in Ruhe. Aber er blieb bei mir. Irgendwann stand ich wieder auf … der Schmerz war unerträglich und ich hoffte, dass nun bald die Übergangsphase einsetzt. Ich ahnte nicht, dass ich bereits mittendrin war! Zwischen Waschbecken und Badewanne stützte ich mich ab. Bei jeder Wehe stand ich auf den äußersten Zehenspitzen und drückte mich hoch. In den Wehenpausen instinktives Beckenkreisen. Es tropft immer mehr aus mir heraus. Sven legt das Bad mit Unterlagen aus. Braver Kerl! Und angenehm unter den Füßen. Die nächste Wehe … ich drücke mich hoch … aua… Und plötzlich am Ende der Wehe: PRESSDRANG! Nur leicht, aber doch spürbar! Nein, das kann nicht sein! Noch nicht!!!

Pause … diesmal gefühlt etwas länger. Ich kann Sven ansehen. Hatte ich doch sonst nur den Fußboden fixiert! Die nächste Wehe … oh man. Ich drücke mich hoch … Gut, das ein Waschbecken keinen Schmerz empfinden kann!!! Und da kommt er wieder der Pressrang am Ende der Wehe: leichtes Mitdrücken … PLATSCH!!!!! Die Fruchtblase springt. Erleichtert und erschöpft schaue ich Sven an. Dem steht der Schreck ins Gesicht geschrieben. „Soll ich jetzt die Hebamme rufen?“ Ich bin nicht in der Lage zu sprechen, denke nur: „Is der blöd? Ich hab ihm doch gesagt, wir rufen sie spät dazu!“ Keine Reaktion meinerseits. Er ruft auch nicht an. Hätte er es nur getan! Hätte er es doch nur getan…!!!

Zwei weitere Wehen vergehen. Beide mit dem Gefühl, etwas mitschieben zu müssen. Aber immer erst eher zum Ende der Wehe hin. Plötzlich ein urgewaltiges Gefühl! Ich spüre klar und deutlich, wie mein Körper sich öffnet. Ich werde weit untenherum. Sven steht im Flur und meint ganz erschrocken: „Er kommt, Nancy, er kommt!“ Ich sage erschöpft und vielleicht etwas schnippisch: „Ja Sven … ich merke es!“ Die nächste Wehe … das Köpfchen drückt enorm, aber ich schiebe, ganz instinktiv, nur leicht mit. Ich bin ganz ruhig! Während ich in den Eröffnungswehen laut tönen musste, war ich nun ganz still. Auch in den Pausen … kein lautes Stöhnen oder Hecheln mehr so wie bisher. Alles war still. Ich gehe in die Hocke und fasse mit der rechten Hand zwischen meine Beine. Der Kopf will nun raus. Ich stoße einen lauten, langen, kraftvollen Schrei aus und gebäre das Köpfchen. Dann folgt eine gefühlt etwas länger Pause. Ich atme ruhig. Meine Hebi hatte mir erklärt, dass nach der Geburt des Kopfes eine Pause normal ist. Auch dass diese dann etwas länger ist. Ich spüre deutlich, wie sich die Schultern einstellen. Die nächste Wehe. Ich gehe in die Knie. Ruhig und fast ohne Laut gebäre ich meinen Sohn in meine Hände.

Ich halte ihn. Er hat die Nabelschnur einmal um den Körper und halb um den Hals. Ich entwirre ihn und schließe ihn in meine Arme. Während dessen steht mein Mann im Flur, filmt und sagt die ganze Zeit: „Schrei Kleiner! Komm, schrei … schrei … schrei…!“ Ich versuche, dieses kleine Menschlein irgendwie in meine Arme zu legen, aber er ist so glitschig. Ich halte ihn vor mir. Er versucht, den ersten Schrei von sich zu geben. Dabei höre ich, dass er viel Fruchtwasser in den Atemwegen haben muss. Ich sauge ihm, ohne zu überlegen, die Nase frei. Ich freue mich kurz über meinen Sohn … sage, das er doch gar nicht groß ist. Mein Mann widerspricht mir. Mika wirkt komisch. Am Körper bläulich-blass. Ein paar mal streckt er die Arme wild in die Luft und reißt dabei die Augen weit auf. Er ist blau … sehr blau! Wirklich fast Lila im Gesicht. Plötzlich sackt er in sich zusammen, die Augen verdrehen sich nach hinten. Keinerlei Spannung oder Muskeltonus mehr in dem kleinen Körper. Ich sage zu meinem Mann, dass er anrufen soll. Ich meine die Hebamme. Er ruft den Rettungsdienst!

Während er telefoniert (anfangs ruft er die Polizei an, weil er die 110 wählt) folge ich meinem Instinkt. Ich rubbele Mika die Käseschmiere aus dem Gesicht, animiere ihn um Mund und Nase. Ich fühle die Nabelschnur. Sie pulsiert noch! Sehr gut … kein Grund zu Panik! Dennoch öffne ich den Wasserhahn, nehme einen Schluck kaltes Wasser und gieße es über seinen Rücken. Da ist er wieder!!! Die Spannung kehrt zurück in den kleinen Körper, jedoch nicht lange. Ich beginne erneut ihn abzusaugen. Auch durch den Mund. Es kommt nicht viel. Mein Mann kommt ins Bad, sieht das reglose Wesen in meinem Arm, das so lila-blau verfärbt ist. Er bricht in Tränen aus, heult wie ein kleines Kind und übergibt sich ins Waschbecken in der Küche. Er bricht zusammen. Ich bekomme das alles nur in Trance mit, kümmere mich um mein Kind. Ich beginne mit der Beatmung. Mika immer noch schlaff … Es tritt weißer Schaum aus der Nase aus. Sehr gut! Das Fruchtwasser wird von meiner Beatmung verdrängt und tritt durch die Nase aus. 2 weitere Mal beatme ich den Kleinen … Und da ist er! Endlich! Und diesmal bleibt er bei mir. Das Telefon klingelt. Der Rettungsdienst gibt Anweisungen, was ich mit dem Kind machen soll. Ich reagiere nicht. Mein Kind ist da! Sven heult noch immer. Ich schleppe mich, das Kind immer noch mit der Nabelschnur verbunden, mit Mika ins Wohnzimmer auf unsere Kuschelcouch. Ich decke uns zu. Sven holt die vorgewärmten Tücher. Ich wickle Mika ein und halte ihn dicht bei mir. Er weint nicht, er bewegt sich nicht, aber er ist da! Sein Körper wird rosig, der Kopf ist noch immer dunkelblau. Ich merke die Muskelspannung. Ich halte ihn in Wiegenhaltung auf meinem Arm, bis die Sanitäter eintreffen. Meine Unruhe ist völlig verschwunden. Ich bin ganz ruhig, ganz bei mir und meinem Kind.

Der Rettungswagen ist da. Es sind gerade 10 Minuten seit der Geburt vergangen … 10 Minuten! Sven eilt zur Tür. Ein Mann und eine Frau kommen mit großem Koffer bepackt ins Wohnzimmer. Sie fragen, was passiert sei. Ich schildere kurz die Lage. Die erste Frage: „Wurde schon abgenabelt?“ Ich antworte ruhig und mit leichtem Lächeln: „Nein, ich möchte gern warten, bis die Plazenta geboren ist.“ Verdutzte Blicke auf mich und mein Baby. „Na, wir nabeln jetzt erstmal ab!“ Und das taten sie … mit einem Skalpell wurde unser Band lieblos durchtrennt.

(Warum? Das wüsste ich heute noch gern! Sie gehen von Sauerstoffmangel-Situation aus und durchtrennen das, was das Baby noch mitversorgen würde, als Erstes! Das lässt doch schon die Unfähigkeit erahnen!)

Ich war sehr traurig, spürte aber, dass die Nabelschnur bereits auspulsiert war. Das nahm mir in dem ersten Moment die Enttäuschung ein wenig, auch wenn der Wunsch, selbst abzunabeln zerstört war. Ich konnte ja nicht ahnen, dass das meine geringste Sorge sein würde! Nachdem abgenabelt war, nahm ich Mika wieder zu mir. Sein Körper war schön rosig, sein Kopf noch immer blau.

Ich teilte mit, dass ich auf meine Hebamme warten will und nicht mitfahren möchte. Wieder schauten mich die Beiden ganz verdutzt an. Sie fragten, ob sie ihn denn mal absaugen sollen. Ich bejahte dies und dachte mir, dass es ja nicht schaden kann. So versuchten sie, etwas abzusaugen. Es gab jedoch nichts mehr. Die Atemwege waren schön frei. Ich wiederholte meinen Wunsch, zu warten. Die Sanitäter warteten auf den Notarzt, der auch sogleich eintraf und teilten ihm mit, dass ich nicht mit in die Klinik möchte.

Er sah mich entgeistert und vorwurfsvoll an. Er wirkt sehr sehr nervös, dennoch bevormundend. Ich kannte ihn noch aus meiner Ausbildung. Ich habe Krankenschwester gelernt. Er ist Chirurg … hat also ganz bestimmt keine große Ahnung von Geburten, Geburtskomplikationen, und von dem, was eben normal ist oder nicht. Sicher hatte ich in den vergangenen Monaten/Jahren mehr Bücher über Geburten gelesen, Filme gesehen, Clips studiert, als er in seiner gesamten Ausbildung … Er fragte mich, ob dies mein erstes Kind wäre. Ich verneinte. Er sah Mika an, dann mich und sagte, dass ich doch wissen müsse, dass das gefährlich ist! „Sie sind doch Krankenschwester!! Das ist verantwortungslos! Ich warte hier auf Niemanden!!“ Dieses Wort … verantwortungslos … sollte an diesem Tag nicht zum letzten Mal gefallen sein! Er fragte, wer meine Hebamme ist und von wo sie kommt. Ich beantworte seine Frage. Er wird laut, fragt warum nicht Frau P. meine Hebi ist. Ich bin verdutzt … und erstmals eingeschüchtert vom Tonfall des Arztes. Ich erkläre ihm, dass Frau P. nicht mehr als Hebamme arbeitet. Er wiederholt, dass ER hier auf Niemanden warten wird!

Der Notarzt versucht, Mika nochmals abzusaugen. Es kommt nichts. Danach reibt er den kleinen Babyrücken feste … sehr feste. Mika schreit … zum ersten Mal richtig laut! Ich freue mich und will mein armes, nacktes Baby wieder haben. Er gibt es mir nicht. Ich betone nochmals, dass ich auf meine Hebamme warten werde. Der Arzt zottelt an Mika umher … er gibt ihn mir nicht. Mika ist nackt … und mittlerweile beginnt er auszukühlen. Seine Hände und Füße werden blau. Er hält ihm aus einem Gerät Sauerstoff vor die Nase und versucht, mit einem Oximeter für Erwachsene! (Kinderkoffer nicht dabei!) Mikas Sauerstoffsättigung zu messen. Das funktioniert natürlich nicht. Er brubbelt etwas von 88% O2-Sättigung und das ihm das zu wenig sei! (Man beachte: Mika war vor knapp 20 Minuten geboren und das Oximeter saß nicht richtig! Es war ja für Erwachsene!) „ICH NEHME IHR BABY JETZT MIT!“

Ich schaue Sven verzweifelt an und wiederhole immer wieder, dass er bloß nicht hätte anrufen dürfen. Tränen füllen meine Augen … Ich merke, dass ich aus dieser Situation nicht mehr heraus komme und es beginnt der Albtraum. Ich resigniere … nicht zum letzten Mal an diesem Tag! Ab da lief alles wie ein schlechter Film ab und ich sah die Situationen, als stünde ich neben mir.

Arzt und Sanitäter beraten sich, meinen einstimmig, dass der Kleine sehr schlecht aussieht, dass da bestimmt bleibende Schäden entstanden sind. Die Sanitäterin schlägt vor, Mika doch mal an den Füßen kopfüber zu halten. Ich bin schockiert, beginne zu zittern. Der Arzt verneint. So viel Unwissen!! Ich war fassungslos! Ich kann es nicht glauben. Wie im Film läuft alles vor mir ab und ich fühle mich völlig unfähig, zu handeln … ich fühle mich gelähmt. Hilfesuchend sehe ich meinen Mann an, der in der Ecke des Zimmers steht, wie ein Haufen Elend. Sven kommt zu mir und meint: „Er sieht doch wirklich sehr blau aus! Willst du nicht zur Sicherheit mitfahren?“ Ich verneine … schüttele den Kopf.

Der Arzt ruft die Leitstelle an und sagt Ihnen, dass ich unkooperativ bin und nicht mit möchte. „Die Mutter weigert sich mitzugehen. Sie will auf die Hebamme warten!“ Die Leitstelle erwidert, dass der Arzt sich mal „durchsetzen“ müsse und dass ich keine Wahl habe.

Darauf hin wiederholt der Arzt seinen berühmten Satz: „Ich warte hier auf Niemanden und ich nehme ihr Kind jetzt mit!“

Ich war perplex! Darf er das denn überhaupt? (Heute weiß ich, er hätte es nicht gedurft.) Ich werde gemeinsam von Arzt und Sanitäter als verantwortungslos beschimpft. Sie nehmen mein Baby und verschwinden zur Tür raus. Mich lassen sie liegen!

Alfreds Geburt

Und hier noch eine sehr schöne Alleingeburt (nicht meine eigene, sondern die einer anderen Frau), die ich mit euch teilen darf.

Unser Viertes kündigte sich an. Ein Mädchen. Bestimmt.
Senkwehen hatte ich, aber gesenkt hatte sich nichts! Auch meine drei Großen hatten sich erst während der Geburt eingestellt. Neugierig, ob sich schon etwas tut, untersuchte ich meinen Muttermund alle paar Tage. „Lass mal lieber“, meinte E., meine Hebamme, „schiebst nur Keime hoch.“
Meine drei Großen kamen nach dem errechneten Termin, also stellte ich mich wieder darauf ein. Umso erstaunlicher, anderthalb Wochen vor errechnetem Termin, schien es loszugehen. Gegen Mitternacht. Vorfreude breitete sich aus. Ich wollte mich schlafend stellen, solange es geht. Wie bei den anderen Geburten auch, wehte ich von Anfang an 5 min. Die Intensität nahm nur langsam zu, an Schlaf war aber nicht mehr zu denken. Der nächste Gang zur Toilette bestätigte meine Vorahnung: Geburtszeichen. Gegen 3 Uhr, flaute es ab. „Wie jetzt?“ Ich war zu aufgewühlt um wieder einzuschlafen und döste so in den Sonntagmorgen.
Übermüdet und ungeduldig schlendere ich in den 1. warmen Frühlingsmorgen des Jahres. E. ruft an. Sie sei zu einem Picknick eingeladen, das sei aber eine dreiviertel Stunde Autofahrt entfernt.
Ich berichte vom Geburtsbeginn und dränge E. ihren Ausflug trotzdem zu machen. Ein selbst ertasteter Mm- Befund („erst 1 cm offen“ und „noch gar nix verstrichen“) überzeugt sie.
Doch das schöne Wetter schlägt mir aufs Gemüt. Ich will mich bewegen. Mein Mann sägt und schraubt auf dem Hof mit den Kindern um einen Verschlag für unsere Zwerghühner zu bauen. Er ist die Ruhe selbst und verbringt den Tag ohne „Kursänderung“. Leichte und unregelmäßige Wehen kommen und gehen, die Zeit zieht sich wie Kaugummi. Ich muss raus hier! Weg von neugierigen Nachbarsblicken. Raus ins Grüne. Ans kühle Wasser. Gegen Mittag ist der Stall fertig und ich verkünde: Wir fahren zum Opa. Der wohnt eine Stunde entfernt, auf halber Strecke picknickt E.
Mein Vater freut sich über den unangekündeten Besuch und macht, nichts ahnend, ein Boot flott mit dem wir sieben samt meinem Bruder auf den See fahren. Ich weihe meinen Vater in mein Geheimnis ein, er freut sich riesig und bleibt entspannt. Ich veratme ganz ruhig, was da immer wieder aufkommt und bin voll freudiger Erregung. Heute Abend wird es richtig losgehen, da bin ich sicher. Die Kinder haben ihr Tun. Sie steuern und plaudern und wir genießen das Wasser um uns. Am späten Nachmittag sind wir zurück an Land. Mein Vater erwartet ein Polizeiboot, dessen Wassertank befüllt werden muss. Die Kinder lassen sich an Bord alles genauestens beschreiben. Auf der Stelle zu stehen bekommt mir nicht, mein Vater stellt mir einige Bekannte vor. Ich bleibe einsilbig. Nun merkt es auch mein Bruder. „Ist das so anstrengend mit dem Bauch? Du schnaufst ja so.“ Zwischenzeitlich schreibe ich E. ein paar belanglose Zeilen, damit auch sie ruhig bleibt.
Die Wehen legen an Intensität zu. Am Wasser wird es gegen Abend feuchtkühl und ungemütlich. Schade, aber wir müssen aufbrechen. Ich gehe noch ein halbes Stündchen spazieren um „in Gang“ zu kommen, dann brechen wir auf. Zu Hause angekommen, mag ich weder reden noch sitzen und bin froh, dass K. mit den Kindern isst und sie zu Bett bringt. „Was hat Mama?“ Dass die Geburt begonnen hat, nehmen sie gleichgültig auf.
K. legt für mich ein paar Sachen bereit. Dann gehen wir gemeinsam in die Wanne. Als nun wirklich nichts mehr für ihn zu tun ist, schicke ich ihn zu Bett mit der Bitte mich alleine zu lassen bis ich rufe. Das Telefon legt er neben das Bett.
Ich weiß nicht so recht, wie ich sitzen, hocken oder stehen soll und laufe herum und verschnaufe die Wehen, die immer kräftiger werden. Ich habe das Haus für mich. Alles ist still, alles dunkel. Nun spüre ich auch die Müdigkeit zurückkommen. Von einer Wehe im Minutenschlaf überrascht zu werden ist grausam. Ich konzentriere mich auf innere Bilder, irgendwann geht es nicht mehr. Ich nehme mir kleine Dinge für die Wehenpausen vor: nach der nächsten Wehe hole ich mir Wasser, nach der nächsten zünde ich die Kerze an.
Es ist sooo intensiv, ich töne mit jeder Wehe, wechsle die Zimmer und hoffe, dass alles um mich schlafend bleibt. Ich hänge mir ein Tuch über die Balken im Bad und röhre wie ein Hirsch. So intensiv habe ich die anderen Geburten nicht in Erinnerung. Ich bin froh alleine zu sein, glaube allerdings dass K. mit seinem Ohr an der Wand hängt. Zumindest bleibt er dort.
Da mir in jeder Position nach ein paar Wehen die Kraft schwindet, wechsle ich wieder ins Wohnzimmer. Ob das Wasser mich stützt? Ich starte den Rechner. Wie war das noch bei einer Wassergeburt? Das Wasser muss warm bleiben um nicht den Atemreflex auszulösen und einmal an der Oberfläche muss der Kopf des Kleinen auch dort bleiben. Gut, das für alle Fälle zu wissen. Dann geht’s in die Wanne. Hier lässt es sich aushalten. Das Wasser trägt mich. Die Wehen bleiben enorm, die Pausen recht kurz. Ich schaue auf die Uhr, schon nach 2 Uhr morgens. Ich hoffe, ich schaffe es, bevor die Kinder wach werden. „Kann man das nicht irgendwie beschleunigen?“ In Gedanken sporne ich mich an. „Nun aber raus damit!“ Es wirkt.
Es geht also noch heftiger. Ich knie quer in der schmalen Wanne und lege meine Unterarme auf den Wannenrand. Es ist kaum auszuhalten. Ich spüre dumpfen Druck nach unten. Das Kleine stellt sich ein und löst strampelnd eine Wehe nach der anderen aus. Ich fühle die pralle Fruchtblase und drücke mit dem Finger dagegen. Das löst prompt die nächste Wehe aus. „Die Blase, die doofe Blase.“ Die ist im Weg. Die drückt und will nicht aufgehen. „Die muss doch aufzukriegen sein“. Ich beiße mir den Fingernagel auf und versuche in der nächsten Wehe sie aufzuratschen. Nix da. Ist die fest! Beim nächsten Mal greife ich mit den Fingern unter den Muttermundrand in die Vorwölbung der Blase. Endlich. Ein Schwall Fruchtwasser verschafft Erleichterung. Und Pressdrang, endlich! Ich bin hellwach. Greife zum Telefon und drücke die Wahlwiederholung. Verschlafen steht mein Mann in der Badtür. Wie weit es sei? „Weit. Kannst E. anrufen“. „Gut. Sie ist dran. Ich soll mal einen Lagebericht geben, wie weit Du bist.“ „Ich presse!“ Jetzt hat er verstanden und ist wach. Ich scheuche ihn raus, er soll warten bis ich rufe.
Das war zuviel Ablenkung aber jetzt bin ich wieder bei mir. Der Kopf kommt tiefer. Ich spüre lange weiche Wuschelhaare und eine so weiche Kopfhaut. Schön, das Köpfchen so in der Hand zu halten. Dafür hatte ich bei den Großen keine Kraft. Ich spüre die Dehnung, kann es geschehen lassen ohne zu schieben. Der Kopf ist da. Mein erster Gedanke: „Das will ich sehen.“ Ich rufe K. Er soll ein Foto machen. Jetzt könnte ich auf dem Marktplatz stehen. Alles ist egal. Ich fühle, wie das Köpfchen meinen rechten Schenkel anschaut und sich unter der nächsten Wehe ganz mühelos dreht. Gleich wird es da sein. Ich bitte K., das Kind unter meinen Beinen durchzutauchen. „Ich hab`s. Oh, der Fuß ist noch drin.“ Eine kleine Drehung und er lässt es in meine Arme gleiten. Ganz ruhig. Nun sitzt es auf meinem Schenkel. An mich geschmiegt. Ich fühle etwas Weiches auf meinem Bein. Ein Junge? Nein, es sitzt nur auf der Nabelschnur. Oh, doch ein Junge! Ein Junge. „Nanu? Wo kommst Du denn her?“ Und so blonde Haare. Ich nehme ihn auf meinen Unterarm um ihn mir anzuschauen. Er ist ganz rosig und ruhig und schaut: „Wo bin ich?“
Atmet er? Ein leises Anpusten lässt ihn zusammenfahren. „Ist schon gut, kleiner Mann“, denke ich und drücke ihn wieder an mich. Wir lassen warmes Wasser nach. „Sieht aus wie Alfred, oder?“, sage ich. „Ja“, meint K. So einfach war die Namenswahl noch nie.
Nach einigen Minuten trifft die Hebamme ein. Ganz außer Atem. „Mensch, Edda!“ Sie sagt immer nur das eine und: „Der Taxifahrer!“
Tja, der hat noch auf sich warten lassen und dafür bin ich ihm auch dankbar.
Ich steige aus der Wanne, beide helfen. Wir werden abgenabelt, ein Baumwollband dient als Klemme. Ich blase die Plazenta heraus und E. streicht das angesammelte Blut aus. K. hat inzwischen das Sofa bezogen. Wir ziehen ins Wohnzimmer um, wo wir uns in den Morgen schwatzen und den Kleinen bewundern. Gegen 6 Uhr weckt K. die Kinder, die überrascht und freudestrahlend vor uns stehen. Nur unser Vierjähriger meint verschlafen. „Das ist eine Puppe!“ „Schau doch, er bewegt sich!“ „Mit Batterie.“

Alleingeburt in der Dusche

Ein Baby ganz nach eigenem Gusto zu bekommen macht Spaß und nicht wenige von uns sind Wiederholungstäterinnen. Ich darf wieder einen schönen Geburtsbericht (nicht meinen eigenen, sondern den einer anderen Frau) mit euch teilen. Es ist ihre dritte Geburt und zweite Alleingeburt.

In meiner 3. Schwangerschaft hab ich beschlossen, ganz ohne Vorsorge, ohne Arzt, ohne Hebamme auszukommen. Ich habe mich auf mein Bauchgefühl verlassen und das war auch gut so.

Begonnen hat es am Morgen des 3. Septembers. Ich war in der 38. SSW und hatte leichte Wehen. Naja, es war eigentlich nur ein harter Bauch. Der Unterschied bestand darin, dass es auch einen leichten Druck nach unten gab. Die Sonne schien, es war warm und ich dachte: Heut ist ein schöner Tag zum gebären. Mein Mann war schon unterwegs in die Arbeit. Ich wollte keine Pferde scheu machen, also hab ich ihn noch nicht über mein Befinden informiert. Ich überlegte noch, ob ich meinen großen Sohn in die Vorschule bringen soll oder nicht. Ich hab ihm versprochen, dass er bei der Geburt daheim sein darf, und wenn die Wehen stärker werden, kann ich ihn ja nicht mehr selber abholen. Nach langem hin und her hab ich beschlossen, den geplanten Tagesablauf einfach beizubehalten.

Also den Großen in die Vorschule, dann mit dem Kleinen wieder heim zum Vormittagsschlaf. Diese Zeit nutzte ich auch gleich, endlich die Geburtskiste fertig zu packen. Da mich seit 4 Tagen der Ischias so quält, dass ich teilweise nur auf allen Vieren krabbeln konnte, bzw. nur unter starken Schmerzen humpelte, war es nicht so einfach, alles schnell zu erledigen. Die Wehen kamen mal öfter, mal weniger oft, aber immer in der gleichen Intensität also noch kaum wahrnehmbar.

Nach dem Mittagessen dann wieder mit dem Auto zur Vorschule, meinen Sohn abholen, und da ich jetzt nicht mehr an eine baldige Geburt glaubte, erledigte ich auch noch ein paar Einkäufe – immerhin war der Kühlschrank leer. Im Lebensmittelgeschäft wurde ich doch von mehreren Leuten angestarrt. Auf dem Einkaufswagen lehnend stöhnend (wegen dem Ischias, nicht wegen den Wehen), und 2 Kinder im Schlepptau. Mich hat sogar eine Frau angesprochen wie es mir geht, und wann es soweit ist. Ich meinte daraufhin, dass ich in 2-3 Wochen Termin, aber doch jetzt schon Wehen habe. Sie sagte mit einem Lächeln: „Ja, das sieht man. Fahren sie lieber schnell nach Hause!“. Daraufhin musste ich lächeln, denn sie sagte nicht, ich soll ins KH fahren, sondern heim. Und das hatte ich ja vor.

Daheim angelangt hab ich noch den Garten gegossen es war ja ein schöner, warmer Tag und die Pflanzen wollten ja auch versorgt werden. Und schließlich kam ein Anruf von meinem noch immer uninformierten Mann, dass ein Zug ausgefallen sei, und er jetzt am Bahnhof festsitzt, da er dadurch den Bus versäumt hatte. Also entweder 1 Stunde warten, oder ich hole ihn ab. Also gut, die Wehen sind sowieso so gut wie weg Kinder zusammenpacken und noch schnell 25 km zum Bahnhof fahren meinen Mann abholen.

Zu Hause angelangt gab es noch das verspätete Abendessen, und dann endlich die müden Kinder ins Bett. Ich erzählte meinen Mann von meiner Geburtsvermutung, woraufhin er sofort den Haltegriff von der Gästedusche abmontierte, um sie in unserer Dusche festzuschrauben. So, jetzt war auch der letzte Punkt auf der Geburtsliste erledigt. Da sich die Wehen jedoch verabschiedet hatten, ging ich müde gegen 22:30 Uhr ins Bett.

Um ca. 1 Uhr des 4. Septembers wurde ich von einer Wehe geweckt. So, dachte ich, mal ein anderer Schmerz als der lästige Ischias, der es mir unmöglich machte, mich im Bett zu drehen. Ich schlief aber weiter. Nicht lange, dann kam die nächste Wehe, dann wieder eine und noch eine. Gegen halb 3 beschoss ich aufzustehen und auch meinen Mann zu wecken.

Ich machte es mir im Badezimmer gemütlich, stellte die Geburtskiste bereit und bat meinen Mann, die Wärmeflasche herzurichten. Die Geburt war zwar wie beim letzten mal in der Dusche geplant, da wir aber nur heißes Wasser für ca. 15 Minuten haben, hab ich mich für eine Trockengeburt entschieden. D.h. ich hängte mir die Wärmeflasche an die Duschwand in der Höhe meines unteren Rückens, denn da wollte ich es auf jeden Fall warm haben. Der Heizstrahler wurde auch schon aufgedreht. Und so hängte ich mich bei jeder Wehe an den Haltegriff, mit der Wärmeflasche im Rücken und tönte noch eher leise auf aaaaaahhhhh. Zwischendurch, mein Ischias meldete sich ja doch noch regelmäßig, setzte ich mich auf den Klositz, oder hängte mich über die Waschmaschine. Mein Mann versorgte mich in der Zwischenzeit mit einem Butterbrot, denn ich war plötzlich sehr hungrig.

Um halb 4 war ich mir sicher, dass ich mich mitten in der Geburt befand, und da wachte auch mein großer Sohn auf. Wir wollten ihn überreden, nochmal weiterzuschlafen, und haben ihm versprochen, dass wir ihn wecken, wenn das Baby da ist. Außerdem glaubten wir, dass es noch bis Mittag dauern wird. Aber er wollte nicht. Also blieb er bei uns im Badezimmer. Zwischen den Wehen unterhielten wir uns, und wenn ich wieder laut tönte, waren die beiden ganz leise, um mich nicht zu stören.

Eine Stunde später wachte auch mein Kleiner auf. Der war ganz verzweifelt, da plötzlich Papa neben im im Bett lag, und nicht Mama, mit der er sein morgendliches (oft einstündiges) Brustnuckeln zelebrierte. Und da er sich auch nicht beruhigen ließ, bin ich schnell in einer Wehenpause ins Bett und hab ihn noch schnell stillen lassen. Nach 2 weiteren Wehen im Bett war er jetzt ganz wach, wieder gut gelaunt und ging mit seinem großen Bruder und Papa ins Kinderzimmer zum Spielen. Und ich konnte mich endlich wieder an meinem Haltegriff festklammern.

Ich merkte, dass ich schon lauter tönen musste, konnte aber trotzdem nicht einschätzen, wie weit die Geburt schon fortgeschritten war. Also fühlte ich mal nach und konnte den Kopf schon anfassen. Jetzt war mir klar, dass es nicht mehr so lange dauern kann. Ich erzählte meinem Mann davon und wir beschlossen, die Kinder samt Frühstück vor den Fernseher zu setzen, damit sie ihren Lieblingsfilm schauen können. So war uns zumindest eine halbe Stunde Ruhe sicher. Gesagt getan. Mein Mann kam wieder zu mir und bereitete die Kinderluftmatratze mit einer Unterlage versehen unter mir vor. Ich hatte diesmal vor, bis zum Schluss stehen zu bleiben und mich mit beiden Händen festzuhalten. Ich wusste, dass ich mein Baby so nicht selber auffangen konnte, und überließ diese Aufgabe meinem Mann. Für eine sichere und weiche Landung wollten wir aber trotzdem vorsorgen.

Mein Tönen änderte sich schon. Es wurde lauter, tiefer und zu einem aaaaauuuuuuufffffff. Später erzählte mir mein Sohn, dass er mich bis nach unten ins Wohnzimmer gehört hat. Da dachte er schon, dass das Baby bald da sein wird. Ich ließ einerseits locker, verstärkte den Druck nach unten aber ganz leicht. Und dann kam bei einer Wehe auch etwas Stuhl mit. Mein Mann reichte mir WC-Papier, und ich bat ihn, die Unterlage zu wechseln. Er meinte aber, dass es sich nicht mehr ausgehen wird. Ich war ganz verblüfft und glaubte ihm nicht, doch dann kam wieder eine Wehe und der Kopf war geboren. Ich spürte, wie sich die Schultern durchdrehten und dann war unser Mäuschen geboren. Mein Mann fing sie auf und legte sie behutsam auf die Luftmatratze. Ich konnte es noch kaum glauben. Es war gerade mal 6:33 Uhr, und da es bereits hell wurde hatte mein Mann vorsorglich im Bad das Licht noch ausgemacht. Ich kniete mich zu meinem Baby runter, bestaunte es, und hob es hoch. Und jetzt sahen wir auch, dass wir ein Mädchen bekommen haben. Ich war etwas erstaunt, denn ich rechnete mit einem 3. Sohn, aber somit wurde ich auch sehr überrascht. Die Kleine atmete sofort, war auch gleich rosig und protestierte etwas über die Kälte. Also sofort in ein Handtuch einwickeln und den Heizstrahler näher rücken. Die Plazenta kam auch sofort hinterher, fast unbemerkt. Ich fühlte nur was warmes, nasses zwischen meinen Beinen.

Jetzt durften auch die Kinder dazukommen. Beide staunten über ihre kleine Schwester und strahlten über das ganze Gesicht. Endlich ist das Baby da! Und es saugt auch schon kräftig an der Brust, was zu etwas Verwirrung meines Kleinen sorgte. Immerhin gehörte ihm die vor noch nicht einmal 2 Stunden noch ganz alleine.

Ich sah mir dann noch gemeinsam mit meinem Mann die Plazenta an, wobei ich der Meinung war, dass sie vollständig ist. Anschließend legte sie mein Mann in eine vorbereitete Schüssel. Nach ca. 1 Stunde schnitten mein Mann und mein großer Sohn die Nabelschnur durch. Ich rechnete mit ein paar Tropfen Blut. Vom Gefühl her war es mir aber etwas zu viel, deswegen schnürten wir sie dann doch noch mit einem Band zu.

Kurz noch duschen (endlich heißes Wasser genießen), während unsere Tochter mit Papa kuscheln durfte, und dann ab ins Bett. Ich war schon sehr müde. Mir fehlte die halbe Nacht und die Geburt war schon anstrengend wenn auch relativ schmerzarm. Mein Mann meinte später zu mir, dass ich die ganze Geburt nicht so aussah, als hätte ich Schmerzen gehabt.

Gewogen und gemessen haben wir unsere Schönheit erst am nächsten Tag. Laut Personenwaage (wir haben ja sonst nichts anderes) hätte sie 2,5 kg. Aber ich schätze sie auf etwas mehr. Also sagen wir irgendwas zw. 2,5 und 3 kg wird sie schon wiegen. 52 cm lang ist sie, mit einem zarten Köpfchen von 32,5 cm.

Ich blieb komplett verletzungsfrei. Nicht mal eine Schürfwunde hab ich davongetragen. Aber der Ischias zwingt mich trotzdem ins Bett und zur Ruhe (und ein fieser Muskelkater im Hintern!), was ja nicht soooo schlecht ist, sonst würde ich mein Wochenbett ja auch nicht einhalten.

Was es zur Alleingeburt noch zu berichten gibt ist die Anmeldung beim Amt. Ich hatte weder einen Nachweis über meine SS, noch über die Geburt, wodurch die Anmeldung unserer Tochter nicht möglich war. Daraufhin haben wir eine HG-Hebamme kontaktiert, die 2 Tage nach der Geburt zu uns kam und den Papierkram erledigte. Eine sehr nette, zurückhaltende Frau, die Alleingeburten gegenüber sehr aufgeschlossen ist.

Alleingeburt bei Beckenendlage?

Ich verlinke euch hier eine informative Seite zum Thema Beckenendlage und Alleingeburt. Die Betreiberin der Seite hat nach ausführlicher Recherche ihr drittes Kind im heimischen Pool im Alleingang und mit dem Popo zuerst zur Welt gebracht. Auf ihrer Seite findet ihr nicht nur den Geburtsbericht, sondern viele nützliche Links zum Thema.

http://alleingeburt.jimdo.com/dritte-geburt/

Alleingeburt im Pool

Ich darf wieder einen schönen Geburtsbericht mit euch teilen! 
(Damit keine Verwirrung aufkommt: Dies ist nicht mein Bericht, sondern ich veröffentliche hier neben meinen eigenen auch die Geburtsfreudenfeste anderer Frauen, die damit natürlich einverstanden sind.)

Die perfekte Geburt unseres Sohnes (Töchter sind 5 und 2) im März 2013
Geplante Alleingeburt im Pool
Dauer: 5 Stunden

Vorab, das Erstaunlichste an der Geburt unseres dritten Kindes war, dass die Wehen gänzlich anders waren, als ich sie kannte, nämlich von Anfang an sehr schmerzhaft. Es war wie zum ersten mal Gebären, aber trotz der stärkeren Schmerzen war es die schönste Geburt – kraftvoll, selbstbestimmt, spirituell. Auch erstaunlich: Nach 5 Std war der Muttermund erst bei 4 cm, dann öffnete er sich innerhalb von 10 Min auf 10 cm!! Aber lest selbst …

Die Vorsorgen machte unsere Hebamme. Ich war nicht beim Gyn, wollte keinen Ultraschall und ließ mich auch nicht vaginal untersuchen, statt dessen spürte ich intensiv in meinen Körper und kommunizierte sehr stark mit meinem Kind. Schon vor der Schwangerschaft konnte ich mein Kind „sehen“ und wissen, dass es ein Junge ist.

Wir hatten uns intensiv auf eine Alleingeburt vorbereitet, sprich: medizinisches Fachwissen angeeignet (v.a. über Dr. Rockenschaub), „Unassisted Childbirth“ gelesen sowie „Luxus Privatgeburt“ und Bücher von Odent und anderen Autoren, Geburtsvideos auf You Tube angesehen, die Wunschgeburt visualisiert, Selbst- und Gottvertrauen gestärkt, Umgang mit Menschen reduziert, die uns nicht gut tun, ausreichend Bewegung usw.

Am 26.03., eine Woche vor ET, beschloss ich, zu einer Freundin zu fahren, um mir die Wartezeit zu verkürzen. Während die Kinder im Garten spielten, bei eisigen Temperaturen, tranken die Freundin und ich unseren Kaffee. Ich spürte 4 bis 5 Wehen, die nicht schmerzten, aber meine Aufmerksamkeit erregten, da in den letzten Tagen Stille herrschte und ich mich schon fragte, geht denn hier nie was los. Okay, werden wohl Senkwehen sein, dachte ich mir.

Als die Kinder im Bett waren, ging ich duschen und stellte fest, dass der Bauch merklich tiefer gerutscht war. Unter der Dusche stellte ich einen Schleimabgang fest, der nur der Schleimpfropf sein konnte, da er aussah und sich anfühlte wie Leim.
Kurz darauf im Bett wurde plötzlich mein Laken nass und das machte mich stutzig. Da dämmerte mir, dass die Fruchtblase geplatzt war! Männlein und ich freuten uns, dass die Geburt losging. Ich war so voller Glückshormone, dass ich vor Freude hätte springen können.

Nach etwa einer halben Stunde Schlaf schreckte ich auf, geweckt durch eine Hammerwehe. Sie rollte so schmerzhaft an, dass ich aufstöhnte und mich gleichzeitig freute: Jetzt geht es wirklich los! Die Uhr zeigte 00.00 Uhr an. Ich weckte meinen Mann. Bis halb eins blieben wir noch liegen, in der Zeit hatte ich schon fünf Wehen. Also bereiteten wir die Geburtsräume vor. Stellten in Schlaf- und Wohnzimmer Kerzen auf, schützten Boden und Bett teilweise mit Wickelunterlagen, Männlein pumpte den Pool mitten im Wohnzimmer auf und befüllte ihn. Die Wehen waren von Anfang an so schmerzhaft wie bei den anderen Geburten in der Übergangsphase! Daher war mir recht schnell klar, dass unser Kind im Wohnzimmer kommen wird, wo der Pool war, der Erleichterung versprach.

Nach der ersten halben Stunde kamen die Wehen mit einer Minute Pause dazwischen bis keine Pause! Also bis zur eigentlichen Geburt insgesamt viereinhalb Stunden Hammerwehen von einer unglaublichen Schmerzintensität. Zum Glück konnte ich in den Pool steigen (ca. 01.35 Uhr), wo es halbwegs auszuhalten war. Ich schaute ins Kerzenlicht und lauschte der Gitarre meines Mannes. Es war so schön, im eigenen Haus zu sein, die Kinder und den Hund in der Nähe zu wissen, das warme Kerzenlicht, die Stille…

Ich bin mit Wehen immer super klargekommen, hab sie veratmet und war ziemlich ruhig dabei. Aber diese Geburt sollte anders werden. Ich konnte die Wehen nur mit lautem Tönen auf A und O ertragen. Kaum Pausen zu haben machte mir zu schaffen. Der Muttermund öffnete sich nur langsam, was mich verwunderte angesichts der Wehenstärke. Die Wehen strahlten vom Kreuzbein bis in die Beine, Bewegen war nur eingeschränkt möglich, und die Wehen dauerten teils fast 2 Minuten. Wenige Male habe ich den Versuch gewagt, aus dem Wasser zu steigen und mich zu bewegen. Aber Vierfüßer ging gar nicht, am Seil hängen auch nur kurz, Umherlaufen ebenso. Ohne das warme Wasser hätte ich die Wehen nicht ausgehalten.

Um 04.50 Uhr tastete ich, wieder im Pool liegend, wieder nach dem Muttermund. Er war noch immer sehr weit oben und hinten und erst 4 cm geöffnet. Ich war frustriert, obwohl ich wusste, dass es auf einen Schlag schneller gehen kann. Es kamen aber Gedanken wie: Was, wenn die Kinder bald wach werden? Kommt unser Kind evt. erst mittags zur Welt? Jetzt wäre es doch perfekt! So eine Ruhe! Und was, wenn ich diese Wehen noch stundenlang aushalten muss?

Also rief ich die Hebamme an (04.55 Uhr). Sie sollte kommen und eine Vermutung äußern, wie lange es wohl noch dauern wird. Übergangsphase. Aber das wusste ich in dem Moment nicht, denn die Wehen waren die ganze Zeit so heftig, dass ich die Eröffnungs- und die Übergangsphase nicht trennen konnte. Die Hebamme sagte, sie fährt bald los. Kaum hatte ich aufgelegt, verstärkte sich der Druck im Becken. Ich spürte schon seit 2 Stunden einen Pressdrang, der schwer zu ertragen war, aber jetzt wurde er übermächtig. Ich saß in der hohen Hocke am Beckenrand und legte die Arme über den Rand, Männlein saß mit einem Stuhl rechts neben mir. Ich wollte den Muttermund wieder tasten, da stellte ich fest, dass er vollständig eröffnet war! Und ich spürte den Kopf meines Babys und sagte meinem Mann, dass das Baby kurze, aber viele Haare hat!

Ich konnte es einfach nicht glauben, innerhalb von etwa 10 Minuten war der Muttermund von 4 auf 10 cm aufgegangen und ich hatte Presswehen!

Mit der nächsten Wehe spürte ich, wie der Kopf sehr tief ins Becken rutschte. Es war so befreiend! Ich redete und redete irgendwas von „Gleich kommt der Kopf! Komm, Kind, komm! Komm!“ und mit der nächsten Wehe war der Kopf am Ausgang. Ich hielt die ganze Zeit meine Hand hin und drückte bei der nächsten Wehe mit. Erst leicht, dann einmal unter einem Schrei kräftig, und ich spürte, wie der Kopf meines Kindes geboren wurde. Ich hielt meine Hand immer noch am Kopf und sagte „Er ist da, der Kopf ist da!“. Ich fühlte, ob die Nabelschnur um den Hals ist, aber was ich ertastete, was nur Halsspeck von meinem Kind:-) Und mit der nächsten Presswehe kam mit einem weiteren Schrei der Körper hinterher. 05.10 Uhr. Vor 15 Minuten hatte ich die Hebamme angerufen, nicht ahnend, dass ich bereits kurz vor der Geburt war.

Ich nahm mein Kind sofort hoch, drehte mich im Wasser um, setzte mich hin und legte mein Kind auf meine Brust. Ich war die ganze Zeit in einem vollbewussten, gar nicht tranceartigen Zustand, und überglücklich und stolz. Von 4 cm bis zur Geburt waren vielleicht 15 Minuten vergangen, unser Sohn war mit zwei Presswehen geboren. Der Durchtritt war im Vergleich zu den Wehen vorher ein Leichtes. Ich spürte, dass ich nicht verletzt war. Mein Sohn ist wirklich fast rausgefallen. Er schrie, sobald ich ihn aus dem Wasser gehoben hatte, und hörte lange nicht auf. Er röchelte ein wenig, atmete aber gut und ich streichelte ihm den Rücken, der als einziges noch Käseschmiere hatte.

Ich stand nach einigen Minuten auf, wir wickelten Babylein in ein rotes, dickes Handtuch, und dann stieg ich aus der Wanne. Ich legte mich in mein Bett, mein Kind dauernd bei mir, und kaum 10 Minuten nach der Geburt saugte er kräftig an meiner Brust. So herrlich! So ein hübscher kleiner Mann, so ein süßer Saugmund, so dicke Backen!

Um 05.35 Uhr, also noch keine halbe Stunde nach der Geburt, wurden die Kinder wach. Was für ein Glück, dass sie durchgeschlafen hatten und nun, im genau richtigen Moment, aufwachten! Sie bestaunten ihr Brüderchen bei mir im Bett, waren voller Ehrfurcht. Schön war dieser Moment, aber gleichzeitig hatten bei mir die Presswehen noch nicht so richtig aufgehört. Die Plazenta wollte kommen, aber ich hatte solche Schmerzen im Kreuzbein, dass ich mich kaum bewegen konnte. Ich fühlte mich wie gelähmt in den Beinen und konnte, mit Baby auf dem Arm, dessen Nabelschnur auch noch so kurz war, dass es gerade zum Stillen reichte, der Plazenta nicht helfen.

Als die Nabelschnur auspulsiert hatte, durchtrennte ich sie um 05.45 Uhr mit einer sterilen Schere und war froh, meinen Sohn seinem Papa auf den Arm geben zu können, als kurz darauf die Hebamme vorbeikam. Die Geburt war bereits 1 Stunde vorbei. Alle gingen ins Wohnzimmer und die Hebamme half mir bei der Nachgeburt. Natürlich hätte ich die Plazenta gerne einfach kommen lassen, von mir aus hätte sie auch stundenlang auf sich warten lassen können, aber ich wollte die Schmerzen endlich los sein. Ich kannte nur Nachgeburten binnen 15 Minuten, ohne große Schmerzen, aber das hier war etwas völlig Anderes. Ich spürte einen lähmenden Schmerz aus dem Kreuzbein bis in die Beine, gab mir aber alle Mühe, in unterschiedlichsten Positionen die Plazenta zu gebären. Es half nichts, also ließ ich mich akupunktieren mit zwei Nadeln auf dem Bauch. Ich erlaubte der Hebamme auch, an der Nabelschnur zu ziehen, denn ich hatte selbst durch leichtes Ziehen festgestellt, dass die Plazenta sich gelöst hatte. Gleichzeitig drückte sie sanft auf den Bauch. Ein paar mal pressen, was sehr schmerzhaft war, und da kam sie endlich. Es war ca. 06.15 Uhr, also mehr als eine Stunde nach der eigentlichen Geburt.
Später machte ich noch einen Plazentaabdruck auf ein Papier und trank mit meinem Schatzemann einen Plazenta-Shake.

Unser Baby durfte stundenlang in seinem roten Handtuch mit mir kuscheln und wurde erst am Vormittag von mir angezogen. Mein Mann und ich haben ihn auch selbst gewogen und gemessen, so kamen wir auf 4000-4100 g und ca. 51 cm, der Kopfumfang war 37 cm (der bisher dickste Kopf kam am leichtesten durch!).

Die Hebamme kam dann am 3. Tag wieder, untersucht wurde unser Kind aber nicht und mich auch nicht.

Nicht nur bei der Geburt, auch im Wochenbett herrschten Ruhe und Frieden. Die heilige Stimmung in den Wochen vor der Geburt gipfelte während der Geburt in einem völligen Gottvertrauen, in dem Wissen, dass es richtig ist, was wir tun, und keine Sekunde waren wir uns unsicher – es war selbstverständlich, dass wir unser Kind alleine bekommen, und wunderschön trotz der Schmerzen. Insgeheim hatte ich nach der schmerzarmen Geburt meines zweiten Kindes auf eine fast schmerzlose Geburt gehofft, aber so war es auch gut, denn es hat mir gezeigt, was ich zu leisten in der Lage bin. Ich hoffe, unser Kind hat genau die Geburt bekommen, die er sich gewünscht hat. Und ich fühle mich als Frau noch einmal mehr bestätigt und bin unendlich stolz darauf, empfangen, gebären und nähren zu können.

frisch geschlüpft

Was wenn … die Hebamme abspringt?

Hausgeburt geplant, die Hebamme steht in den Startlöchern … und dann kommt das Baby einfach nicht! Über den errechneten Geburtstermin zu gehen ist in Deutschland für eine Schwangere mit einigem Stress verbunden. Bis 10 Tage über den errechneten Termin dürfen Hausgeburtshebammen begleiten, dann greift ihre Versicherung nicht mehr. Der Traum von der Hausgeburt platzt, Frau muss ins Krankenhaus. – Oder muss sie?

Im Folgenden der Bericht einer Mama, die es ausprobiert hat.

Die Vorgeschichte

Schwangerschaft durch Test festgestellt. Dr. H. aufgesucht, ihm gesagt, dass letzte Periode völlig unklar sei. Etwa Mai 2012. Eintrag 6. März 2013 als ET (Entbindungstermin), mit Ungefährzeichen davor.
Weitere Termine bei Dr. H., er sehr lieb, auch einverstanden mit dem Vorhaben der Hausgeburt (nicht wie Dr. Z. bei unserer Tochter damals „mit so etwas Abartigem wie einer Hausgeburt möchte ich nichts zu tun haben“).

Allerdings Praxispersonal äußerst unfreundlich, grob und nicht sehr verständnisvoll, dass ich keinen Eisenwert im Finger messen und kein Blutabnehmen mag. Verständigung von Hebamme C., die schon die Geburt unserer Tochter begleitet hatte. C. teilt mit, dass sie Ende März zu ihrer Tochter nach Südafrika fliegen werde. Ich selbst bin überzeugt, dass das Kind eher Ende Februar kommt. (So irrt man!).

Wechsel von Dr. H. zu Frau Dr. S., da sie Frauenärztin und Homöopathin ist. Sehr angenehme Praxis, etwas tuddelig die Frau, aber entspannt und nervt nicht 🙂 Liebes Personal. Dennoch Unwohlsein, da am liebsten von Hebi daheim untersucht. C. ist auch bereit dazu. Prüfungstermin (Bibelkunde) rückt näher. Schwangerschaft geprägt von viel Stress, auch Tränen, aber nicht so schlimm wie bei unserer Tochter damals.

Als der Prüfungstermin (18. Februar) vorüber ist, weitere Untersuchungen von Hebi. Sie ist auch der Meinung, dass das Kind sich gut vorbereitet. Tritt die Rufbereitschaft an, alles im Haus für Hausgeburt gerichtet. Doch der Februar geht zu Ende. N., eine Doula, plant, vom 01. bis 06. März mit Kindern und Mann zu kommen. Hebi meint bei Besuch, dass das Kind schon unten liege. Muttermund zu. Kopf noch etwas unfertig vom Gefühl her. Kind warte vielleicht, bis die Doula aus Brandenburg dabei sei. Zunächst war Hebi kritisch, dass eine mir bis dato nur über Facebook Bekannte mit Familie kommen würde. Ob ich so gebären könne? Besuch sehr schön, wunderbare Kinder. Dennoch Gefühl in mir tatsächlich, dass in dieser Woche das Kind nicht kommt. Sehr starke Senkwehen am Dienstag (05.03.). Anscheinend hat sich der Kopf noch tiefer gesetzt. Mittwochabend regelmäßige Wehen, die aber wieder gehen. Doch lieber mit Hebamme, Mann und erstem Kind allein gebären – Doula und Familie reisen ab. Ganze Wohnung auf Vordermann gebracht, meiner Nachhilfeschülerin abgesagt, Bad genommen. Kind darf kommen 🙂

Nichts tut sich. Hebamme wollte Mittwoch kommen, war aber sehr krank. Daher Besuch auf kommende Woche verschoben. Hebamme meint, ob Besuch beim Frauenarzt sinnvoll wäre. Ich verneine, möchte Vorsorge bei ihr, wenn sie gesund ist. Samstag dann Telefonat, sie sagt, wir könnten auch zu ihr zu einer Vorsorge kommen. Ich Freitag und Samstag sehr traurig, weil ich eben nicht Vorsorge mit CTG etc. in der Praxis machen wollte, sondern bei Hebi, daher erleichtert und dorthin. Alles super, Kind startbereit, meint sie, aber Muttermund zu und Kind noch schwerer geworden. Sagt nun aber, wir sollen doch zur Frauenärztin, noch einen Ultraschall machen und messen, wie schwer Kind in etwa ist, da es viel kräftiger als unsere Tochter sei und sie für sich gerne wissen mag, was sie in etwa erwartet. In der Praxis bei Dr. S. dann nur Ultraschall gemacht und kein CTG :). Hebamme C. fragt kritischer, wie es gehe, wie das Gefühl sei. Nervosität steigt, da C. nur bis ET +10, also 10 Tage über den errechneten Geburtstermin, begleitet. Und dann? Krankenhaus.

Mittwoch, 13. März. Ich frage C., was genau dann sei, wenn es über +10 gehe. Sie sagt, ich solle noch keine Gedanken daran verschwenden. Man könne Donnerstag nochmal einen Cocktail probieren. Bis Freitag begleite sie, da sei ja noch viel Zeit. Dann rede man und vielleicht komme das Kind ja nachts.
Inzwischen auf Facebook im Forum meine Lage beschrieben, liebe und bemühte Unterstützung durch die anderen, vom Cocktail abgeraten. D, mein Mann, besorgt dennoch den Schnaps und Saft im Rewe. Hebamme C. kommt Donnerstag. Sitzt mit uns am Tisch. Erklärt, dass sie, seit es über den Entbindungstermin geht, ein seltsames Gefühl habe. Da gäbe es etwas, dass sie nicht einordnen könne. Da ja auch bei unserer Tochter damals alles so gut verlaufen sei. Aber etwas, was sie vielleicht nicht bewältigen könne. Da sei es gut, in sicheren Händen zu sein. Ihre Devise sei nicht die von anderen Hausgeburtshebammen, auf Biegen und Brechen zu Hause zu begleiten. Ich weine und weine. Die Angst vor dem Krankenhaus. Die Hilflosigkeit. Pistole auf die Brust – sie begleitet bis Freitag. Dabei ist Samstag ET +10. Ich nehme Cocktail nicht! Angst in mir, dass am Gefühl der Hebamme was dran sein könnte. D. redet von Besorgnis vielen Blutens nach Geburt.

Blutdruck 130 zu 100 – wen wundert es? Hebamme dennoch besorgt!

Durch das Forum immer stärkerer Gedanke an Alleingeburt, aber Angst so groß. Freitag verstreicht. Hebamme kommt, sagt, sie wird die Nacht noch mitbegleiten. Außer, es sei das schlechte Gefühl dann auch da. Da würde sie uns dann auch ins Krankenhaus schicken. Sie rät und legt ans Herz, dass wir uns im Krankenhaus vorstellen. Vorab klären, was uns wichtig ist für die U1 etc. (Da ich Kind nicht aus den Händen geben will, Plazenta gebären will etc.) – Illusorisch für ein Krankenhaus. Unterstützung im Forum wächst. Tolles Angebot von S. aus Ingolstadt, dorthin zu kommen. 🙂 Hat ein Geburtshaus.
Der Samstag beginnt. Nun bin ich ohne Hebamme. Sage meinen Eltern nichts davon, würden sterben vor Angst. Wen man trifft beim Spazierengehen mit den Hunde, wer anruft und Eltern, immer wieder fragt jeder, was da los sei, man sei ja schon über der Zeit. Nicht gut fürs Kind etc.

Entschluss steht immer mal, Geburt allein zu machen und im Notfall ins Krankenhaus zu fahren. Viele Tränen, Herzklopfen, Verzweiflung. N. warnt vor Komplikationen wie starke Blutung etc., was man dann mache – S. rät zum Vertrauen in einen selbst. Montag bricht an. Mein Mann an der Uni, ich telefoniere mit einer Hebamme in München auf Anraten von F. R. aus dem Forum. Sagt, dass es auch allein möglich sei. Oder ich mal eine andere Hebamme kontaktieren solle. Gibt mir die Nummer. Hebamme O. und ich telefonieren eine Stunde lang. Sie macht keine Hausgeburten mehr, sagt aber auch, wenn, würde sie nicht einfach dazukommen, da sie eine Frau begleitet haben will, um den Prozess nicht zu stören als Fremde. Ich solle ein Krankenhaus besuchen, unbedingt hin und mir alles ansehen und mich drauf einlassen als den nun neuen Ort für die Geburt. Rät mir noch eine Klinik ins Auge zu fassen, da sehr babyfreundlich (mit Auszeichnung) … naja.

Inzwischen habe ich mit J., meiner Freundin, vereinbart, dass ich die Geburt alleine mache. Sie rät auch dringend vom Krankenhaus ab solange es mir gut geht. Sagt, dass im Notfall sie ja auch in sieben Minuten mich ins KH gefahren hat, schneller als auf Krankenwagen zu warten und dann zu fahren. Sie ist bereit, bei der Geburt dabei zu sein. Ich fühle mich neben mir selbst stehend. Kann es nicht glauben, dass ich keine Hebamme habe und nicht weiß, was passiert. Im Forum Sabine F., fast selben Geburtstermin, ist auch auf dem Weg zur Geburt ohne Hebi :-/ Sie wird wohl ins KH fahren müssen, da Fruchtblase geplatzt.
Ich rufe in der von der Hebamme empfohlenen Klinik an. Sage, ET plus 10. Hebamme am Telefon sagt, da werde dann eingeleitet. Ich frage warum, Muttermund zu und mir geht es gut. Sie sagt, ich würde keine Krankenhaus finden, wo man nach ET +10 nicht einleite. Ich sage ihr, dass ich dann auch nicht zu kommen brauche.

Mein Mann kommt von der Uni, legt sich hin, meine Freundin J. noch kurz da. Dann fahren wir in die Klinik, unsere Tochter schläft im Auto. Verfahren uns aber.

Das Verfahren an jenem Montagabend (18.03.2013) war wohl der größte Segen. Als wir in der Klinik schon völlig fertig ankamen, war natürlich keiner mehr auf der Geburtsstation zu sehen. Wir gingen ein-zweimal den Gang auf und ab und standen vor den verschlossenen Kreissaaltüren. Auch sonst herrschte Totenstille. Als unsere Tochter anfing zu weinen und raus wollte, schloss jemand noch vehement die Tür zu den Empfangsräumen. Mir war klar, absolut klar, hier nicht ein Kind zur Welt bringen zu können.
Wir fuhren heim.

Der Geburtstag

19.03.2013 – der beste Tag :):):) begann damit, dass ich ab ca. 4.30 Uhr regelmäßige, deutliche Wehen spürte und ein sehr entspanntes Gefühl hatte. Ich teilte es meine Mann mit und schrieb meiner Freundin J. eine SMS, dass es wohl an diesem Tag so weit sei und sie, sobald sie wach sind, gerne kommen mögen.
Die Wehen hielten den Vormittag über an, J. kam mit ihrer Tochter und sie spielten mit unserer Tochter. Mein Mann ging nicht zur Uni und unser Hund, war unglaublich nervös, unendlich oft musste er raus. Ich trank viel und teilte mein Befinden den lieben Damen auf Facebook mit, die mich so unterstützt hatten.
Unsere Tochter guckte immer mal kritisch, wenn ich ob der Wehen tief atmete. Ich war sehr guter Laune und räumte hier und da auf, ging gegen Mittag nochmal selbst mit jeweils einem der Hunde, da die Wehen nun, wie ich für mich feststellte, wohl Phase 2 erreichten.

Etwas beunruhigend fand ich, dass ich völlig bei mir, Herr meiner Sinne war! Auch waren die Abstände nicht soo kurz, aber die Vehemenz zeigte mir, dass sich der Muttermund öffnete. Im Wald beim Spazierengehen musste ich schon richtig in die Knie gehen, da es so intensiv war.

Meine Freundin J. holte mittags etwas von McDonalds, um die hungrigen Kinder – und den besonders hungrigen Magen meines lieben Mannes zu füllen.

Mir war zu übel, um das zu essen. Am Nachmittag ging mein Mann mit unserer Tochter und J.s Tochter in den Sandkasten. Ich war aufs Bett gegangen, wo ich die seltenen aber extrem starken Wehen auf vier Beinen empfing und mich dann aber hinlegte, weil ich so müde war. Plötzlich riss mich eine kommende Wehe aus dem Schlaf und unter mir tropfte Fruchtwasser auf der Bettseite von meinem Mann. Ich freute mich unbeschreiblich und musste sehr viel lachen. Meine Freundin war etwas entsetzt, nicht wegen des Fruchtwassers, sondern dass ich trotz der deutlichen Schmerzen so lachen musste. Es kam so unglaublich viel Fruchtwasser im Verlauf der nächsten Viertel- halben Stunde! Meine Freundin notierte Uhrzeit und dass es klar sei. Also keinerlei Indikation für zu wenig oder gar grünes Wasser …

S., der wir dies am Telefon mitteilten, meinte, dass ich nun wohl eine Pause haben würde und das Kind bald kommen werde. Ich spürte sehr viel Freude in mir und konnte noch gar nicht fassen, dass ich wirklich vorhatte, allein zu gebären. Etwas später, ich war nur noch im T-Shirt gekleidet mittlerweile, übergab ich mich einmal im Waschbecken. Die Wehen wurden extrem stark. Ich ließ mir Wasser in der Badewanne ein. Ging mit T-Shirt hinein und empfing die Wehen im warmen Wasser im Sitzen. Allerdings überkam mich nun ein Gefühl der Unsicherheit. Die Schmerzen dieser Wehen waren so intensiv, so überwältigend. Ich wünschte mir nun doch, dass C., meine Hebamme, hier wäre, aber es gab ja kein zurück. Irgendwann hockte ich mich und drehte mich, dann stand ich, aber die Wehen waren so heftig. Unsere Tochter kam ins Badezimmer und ich bot ihr an, mit in die Wanne zu kommen. Sie war dabei sich auszuziehen, aber als ich ob einer sehr starken Presswehe stöhnte, weinte sie bitterlich nach Papa und er ging mit ihr und dem sehr(!)nervösen Hund eine Gassirunde.

Blut war im Wasser (Schleim!) und ich hatte nur noch den Gedanken, dass ich jetzt Angst hatte, zugleich aber auch nicht anders wollte als hier und jetzt. Ich bat meine Freundin J., S. anzurufen, ihr das Blut zu beschreiben. J. telefonierte zwischen Schlaf- und Badezimmer und beschrieb Konsistenz und Menge des Blutes, mich überkam bereits die nächste Wehe. J. rief, sie sehe den Kopf, aber ich spürte, dass ich jetzt nicht pressen oder dem Drang zu drücken nachgeben durfte, da ich nicht bereit war und mein Körper unten wohl komplett aufgerissen wäre. Ich war etwas verzweifelt, da ich bei vollem Bewusstsein nach wie vor war und den Schmerz enorm intensiv wahrnahm. Wieder eine Wehe, ich stand mit dem Gesicht zum Badezimmer in der Wanne, halb hockend, ließ die Welle zu, spürte diesen enormen unbeschreiblichen Schmerz, stöhnte ein lautes tiefes und annehmendes Jaaaaa, jaaaaaaaaaa, jaaaaaaaaa und der Kopf war draußen, im Moment des Schmerzes zugleich so ein überwältigendes Glücksgefühl, kurz bevor der Kopf nach außen trat. Dann war er da, ich schrie J. an, sie solle halten, doch nicht, dann drehte ich mich schräg hin, wieder eine Schmerzenswelle, ich hielt den Kopf in meinen Händen und dachte, die Schultern sind drin. Ich drehte irgendwie leicht am Kopf und gebar mit der Welle und meinen selbst helfenden Händen das kleine Geschöpf. Ich ließ sie ins Wasser gleiten, um sie zu wärmen. Sie schaute mich mit großen Augen an! Es war 17.32 Uhr! Erst im Wasser schaute ich kurz nach ihrem Geschlecht und zog ganz ganz sachte an der Nabelschnur, ob diese lang genug, nicht wie bei unserer ersten Tochter so kurz, sei und rief J. zu, sie solle S. fragen, was ich machen solle? Ich war so perplex, so frisch, die Wanne voller Blut. Der Papa und unsere Tochter kamen völlig fertig von der Hunderunde, der Hund hatte wohl Rehe aufgescheucht, jener kam auch ins Bad, schaute nur in die Wanne, schnupperte und ging sich dann schlafen legen, wo er doch bisher den ganzen Tag so nervös gewesen war! Der Papa erzählte vom Spaziergang, ich noch immer in der Wanne hockend das Kind drin im Wasser halb auf mir, und er nahm es noch gar nicht richtig wahr. Ich stieg vorsichtig aus der Wanne, legte mich aufs Bett, 10 Minuten später wieder eine starke Wehe, die ich im Liegen annahm und die Plazenta, weich und groß, wurde warm geboren. Freundin und Mann legten sie in eine Schüssel. Zuvor, ich noch auf dem Bett liegend, hatte ich J. gebeten, den Rat von S., unsere Hebamme anzurufen, zu befolgen. Sie rief C. an. Gab sie mir. Ich erklärte halb, dass ich zu Hause geboren hatte. C. sagte, sie breche ihre Besuche ab und sei in 20-30 Minuten da. Als sie eintraf, lag ich noch immer auf dem Bett, hatte aber das Mäuslein in Handtücher und auch mich bedeckt. Das T-Shirt hatte ich wohl im letzten Geburtsstadium ausgezogen.

C. ließ sich von mir erzählen, wie es gewesen war, wobei ich eher dezent davon sprach, dass ich, als die starken Wehen dagewesen seien, erst gemerkt hätte, dass es mit der Geburt wirklich soweit sei und dann nicht mehr ins Krankenhaus wollte. Warum ich sie nicht angerufen hätte. Ich teilte ihr meine Sorge mit, dass sie vielleicht den Krankenwagen gerufen hätte oder so. Sie sagte, das hätte sie doch nicht gemacht! Sie habe ja ohnehin gespürt, dass wir nicht in festen neuen Händen seien, aber sie konnte dieses Gefühl noch nicht einordnen. Aber ich hätte ja meine Wunschgeburt gehabt mit den spielenden Kindern und den Hunden um mich herum. 🙂

Kind wurde von ihr untersucht und auch mich schaute sie an, ich zitterte sehr. Sie untersuchte die Plazenta mit meinem Mann zusammen und J. brachte sie dann meinen Eltern runter 😀

Mein Papa kam hoch zum Gucken.

C. sagte noch, ich müsse genäht werden, da ich einen deutlichen tiefen Vaginalriss hatte (von den Schultern? 😉 ) Sie betäubte die Stelle, wo die Spritze hinsollte ein wenig, spritzte und nähte dann  *jaul* aber sie machte es wirklich gut!

Dieser unvergessliche Moment, als unsere zweite Tochter in der Wanne in meinen Händen lag und mich mit Riesenraupenaugen anblickte!! Ohne zu schreien. Welch ein vollkommener Tag!!!