„Kraftvoll, intensiv und wunderschön“ – Alleingeburt beim dritten Kind

Die Mama im folgenden Bericht bekommt ihr drittes Kind – daheim im Pool, unterstützt nur von ihrem Mann. Die Hebammen treffen zur Plazentageburt ein.

ET+4… wow – dass wir über den Termin gehen, hätte ich nicht für möglich gehalten, wo doch schon lange alles geburtsreif ist und ich immer wieder Wehen habe.

Etwas genervt und unentspannt lege ich mich also am späten Abend des 3.11. ins Bett, diesen Tag gedanklich schon abgehakt. Mein Mann neben mir schläft sofort ein. Ich liege noch etwas wach, verbinde mich mit meinem Baby, höre in mich hinein. Alles ist gut, so wie es ist. Beruhigt und deutlich entspannter schlafe ich ein. Dann werde ich wach. Huch, war das eine Wehe? Naja, kenne ich ja schon. Bevor ich die Augen schließe, schaue ich einmal auf die Uhr: 2:44. Ich bin kurz davor wegzunicken, da kommt die nächste Wehe. Autsch, das hat jetzt aber weh getan. Noch unsicher, ob es tatsächlich los geht, aber voll innerer Unruhe wecke ich meinen Mann. „Schatz, ich glaube es könnte soweit sein“. Wir stehen auf, gehen nach unten ins Wohnzimmer, ich friere furchtbar. Mein Mann stocht den Kachelofen an, ich setze mich auf die Ofenbank und wärme mich auf. Langsam lässt das Frösteln nach. Die nächste Wehe. Okay, ich glaube es geht los. Ich verspüre den Drang mich zu bewegen, schleiche wie eine Löwin umher. Ich glaube ich muss zur Toilette. Mein Darm entleert sich und ich bemerke Zeichnungsbluten. Jetzt bin ich mir sicher, dass das kein Fehlalarm ist. Ich erzähle meinem Mann davon, er bereitet alles vor: der Geburtspool steht schon, Wasser muss her. Meine Wehen veratme ich auf der Yogamatte, über dem Stuhl, über der Arbeitsplatte,… zwischendurch tigere ich durchs Haus. Kalt ist mir nicht mehr. Zwischen den Wehen scherzen mein Mann und ich, dabei denke ich: „Verdammt, ich hatte vergessen, wie weh das tut. “ Im Hintergrund läuft meine ausgesuchte Geburtsmusik: Regenwaldmelodien, Delfingesang, Meeresrauschen. Das Licht ist warm und beruhigend. Mein Mann läuft umher und holt dies und jenes – mach mich nicht nervös mit deinem Rumgerenne! Da rollt die nächste Welle heran, ich knie mich auf die Yogamatte, stütze mich auf die Couch, konzentriere mich auf meine Atmung und die Musik – knack – ok, das war die Fruchtblase. Mit der nächsten Wehe tröpfelt es aufs Handtuch. Wann ist dieser verdammte Pool endlich voll? – 20 Minuten braucht er mindestens noch. Na toll. Die Wellen rollen mit stärker werdender Kraft heran. Ich habe Mühe, ihnen Stand zu halten. Ich versuche, mich ihnen hinzugeben. Nach einer gefühlten Ewigkeit (wie spät ist es eigentlich?), darf ich ins wohltuende Wasser steigen. Erinnerungen meiner letzten Geburt kommen mir in den Sinn. Die Intensität nimmt zu. Meinem Mann sage ich, er solle sich nun endlich zu mir setzen. Er bringt mir ein Schälchen mit aufgeschnittener Orange zum dran riechen gegen meine Übelkeit. Das tut gut. Ein paar mal muss ich würgen, jedoch nicht erbrechen. Mein Mann streichelt meinen Rücken, lässt Wasser über mich plätschern, massiert mich, gibt mir Kraft, die ich nicht habe. Zweimal fühle ich nach unten – ist da schon ein Köpfchen? Nein. Mein Mann fragt mich, ob er nun die Hebamme rufen soll und ich bejahe. Dann kommen sie, die unbarmherzigen Wellen, mit einer gewaltigen Urkraft. Ich kann nicht mehr, ich schaff das nicht mehr lange. Ich sage meinem Mann, dass ich das Gefühl habe, zur Toilette zu müssen. Er fragt mich unsicher, ob er mir heraushelfen soll. Ich verneine. Unaufhörlich kreise ich während und zwischen den Wehen mein Becken, anders kann ich es kaum aushalten. Mit der nächsten Wehe verspüre ich den Drang zu pressen. Mein Mann hält mich, hält meine Hand. Ich spüre das Köpfchen, es möchte nun geboren werden. Ich bitte meinen Mann, mich ganz fest zu halten. Mach ich, mein Schatz. Mit der nächsten Wehe, die mich unheimlich viel Kraft kostet (Kraft? Wo nehme ich die her?), ist der Kopf geboren. Gleich geschafft! Ich atme auf. Mein Mann schaut und sagt ganz begeistert: „Die Haare sind ja dunkel!“. Ich sage „Könnte auch Kacka sein“. Er lacht und ich auch, denn ich weiß, gleich halte ich mein Baby im Arm. Die nächste Wehe lässt auf sich warten. Es brennt stark, ich sehne die Wehe herbei. Da ist sie! Und da – da ist mein Sohn. Ich fische ihn aus dem Wasser und lege ihn mir auf die Brust. Er weint nicht, hat die Augen geschlossen, und mein Gott, ist der hübsch. Mein Mann legt uns ein Handtuch über, ich rubble ihn ab, streichle ihn. Rosig wird er, und nach einer Weile schreit er zaghaft. Mein Mann und ich sind selig, so glücklich. Wie spät ist eigentlich? Mein Mann schaut auf die Uhr und schätzt die Geburtszeit: 5:01 klingt gut, nehmen wir ?. Plötzlich klopft es an der Jalousie, die Hebammen sind da. Mein Mann lässt sie hinein, empfängt sie mit „Er ist schon da!“. Sie begrüßen uns, lachen mit uns und bestaunen unser Baby. Kurz darauf gebäre ich die Plazenta. Als die Nabelschnur auspulsiert, nabelt mein Mann unseren Felice ab und ich steige aus dem Pool. Ich fühle mich gleichzeitig so fit und so erschöpft. Dann ruft plötzlich jemand von oben „Maaaamaaaa, Paaaapaaaa!“ Unser Sohn ist erwacht und kommt gemeinsam mit seiner Schwester nach unten, um den kleinen Bruder zu begrüßen. Ganz ehrfürchtig sind sie. Irgendwann, nach dem Standardprozedere wie die U1, verkrümeln wir uns ins Bett. Schlafen wollen unsere beiden größeren Kinder doch nicht mehr, also steht mein Mann mit ihnen auf. Ich bleibe mit Felice im Bett, möchte so gern schlafen, aber kann doch nicht. Immer wieder muss ich ihn betrachten. 3800g pures Glück. Diese Geburt war so kraftvoll, so intensiv, aber doch so wunderschön. Ich bin unendlich dankbar für dieses Erlebnis. ❤️