Eine Hausgeburt – Plädoyer für gute Hebammen

Nicht jede Frau fühlt sich bei der Geburt völlig allein am wohlsten. Gerade beim ersten Kind oder nach einer traumatischen Geburt kann die ruhige Zuversicht und Erfahrung einer anwesenden Person einen gewaltigen Unterschied machen. Wo Hebammen primär in der Klinik ausgebildet werden und die dortige Angst und Interventionsfreude leicht übernehmen, sind Hebammen, die abwarten und vertrauen können rar. In Deutschland, wo die Hausgeburtshebammen langsam aber sicher mit den steigenden Haftpflichtprämien abgeschafft werden, noch mehr. Aber es gibt sie, die guten Hebammen, die eigentlich gar nichts groß tun als da zu sein und dann tätig zu werden, wenn sie gebraucht werden. Schöne Geburten und zufriedene Mütter sind die Folge.  Diese Mama bekam ihr viertes Kind zu Hause, ihre dritte Hausgeburt mit einer Hebamme, die auch kein Problem damit hatte, sich in einem anderen Raum aufzuhalten, wenn die Mama allein sein wollte.

Bei meiner Hausgeburt wurde ich von einer sehr einfühlsamen Hebamme betreut. Ich habe im Vorfeld mit zwei Hebammen Kontakt gehabt, sie haben die Vorsorgeuntersuchungen gemacht, meistens im Wechsel und immer bei mir Zuhause. Es gehört zum Prinzip dieses Geburtshauses, dass sich zwei Hebammen in die Betreuung teilen, dass man beide gut kennen lernt und dass diejenige Hebamme dann zur Geburt kommt, die gerade für eine Woche das Bereitschaftshandy hat. Die andere Hebamme hat dann Pause und kann auch mal ins Kino, ins Konzert, die Sauna oder wohin auch immer gehen, mit der Gewissheit, dass sie arbeitsmäßig nicht gestört wird. Die Hebamme Lara kannte ich vom Erzählen bereits recht lang, mehrere Freundinnen von mir haben mit ihr entbunden und waren sehr zufrieden. Also traf auch ich mich zuerst mit Lara, die mir erklärte, dass die Hebammen in ihrem Geburtshaus eben immer in Zweierteams arbeiten. Wir unterhielten uns und sie antwortete geduldig auf alles, was ich so wissen wollte. Auch Maria lernte ich in der nächsten Zeit gut kennen und gemeinsam bereiteten wir drei uns auf das Abenteuer Geburt vor. Auch unsere drei großen Mädels (alle schon Schulkinder) und mein Mann wurden einbezogen – schließlich sollte es ja eine Hausgeburt werden und ich wollte meine Lieben gern um mich haben. Obwohl es eine vierte Geburt war und ich schon zweimal mal außerklinisch entbunden habe, war alles spannend und aufregend – durch den größeren Abstand irgendwie auch wie beim ersten Mal. Wir freuten uns sehr auf den neuen kleinen Erdenbürger, der Zuhause den Weg zu uns finden sollte. Der vom Geburtshaus geliehene und aufgeblasene Geburtspool stand zwei Wochen vor dem Entbindungstermin im Wohnzimmer bereit. Es konnte also losgehen! Genau eine Woche vor dem Termin hatte ich nachts einen Blasensprung. Da ich noch keine Wehen hatte, weckte ich erstmal niemand und versuchte weiterzuschlafen. Gar nicht so leicht, die Aufregung wird ja nicht kleiner nach einem Blasensprung. Morgens sagte ich dann meinem Mann und den Kindern Bescheid und vormittags meldete ich mich dann auch bei Maria, die gerade „dran“ war. Sie kam vorbei und freute sich mit uns auf das bevorstehende Ereignis. Da ich aber noch immer keine Wehen hatte, ließ sie uns wieder in Ruhe und schaute nachmittags und abends noch mal vorbei. Um neun Uhr sangen wir alle zusammen einen Kanon, redeten dem Baby noch mal gut zu und gegen 10 brachte mein Mann die Kinder ins Bett. Endlich merkte ich, dass es nun richtig loszugehen schien. (Ob ich unterbewusst doch die Kinder lieber raushalten wollte?!) Dass es nun losging, freute meine Hebamme auch sehr, denn irgendwann sollte sich das Baby ja mal auf den Weg machen, wenn die Fruchtblase geplatzt ist. Ungeduldig wie ich bin, wollte ich dann auch recht bald von Maria wissen, ob und wenn ja wie weit der Muttermund schon aufgegangen ist. (Die Hebammen erklärten mir im Vorfeld, dass sie nicht so gern vaginal untersuchen, denn das diene eigentlich nur der Befriedigung der Neugier der Hebamme und man braucht es nicht wirklich …) Hebammenneugier hin oder her – ICH wollte wissen, wie weit ich schon gekommen bin und so fühlte Maria nach meinem Muttermund. Zwei Zentimeter, das konnte also noch dauern … Es war inzwischen schon kurz vor 11 und wir beschlossen zu zweit noch ein bisschen spazieren zu gehen. Das stellte sich aber als ganz schön anstrengend heraus und so waren wir halb 12 wieder Zuhause, wo ich nun laut tönend die Wehen veratmete und bald in meinen Pool wollte. Das tat gut und entspannte mich! In dem Moment, als mein Mann dachte, jetzt wäre er eigentlich auch ganz gern allein mit mir, sagte Maria, dass sie sich mal zurückzieht, wir kämen gut ohne sie zurecht, sie geht eine Etage nach oben ins Gästezimmer und wenn wir sie brauchen, ist sie natürlich da. Ich hatte im Vorfeld mit beiden Hebammen besprochen, dass ich gern für mich wäre, solange ich mich gut dabei fühle. Die nächste Stunde verbrachte ich im Pool und auf dem Klo, bzw. auf allen vieren auf dem Weg zum Klo. Es zog mich dauernd zum Klo, weiß auch nicht warum. Meinem Naturell entsprechend, jammerte ich zwischendurch immer mal. „Das geht nicht. Ich kann nicht mehr. Wie soll denn bitteschön ein Baby aus mir rauskommen?! Das ist doch absurd und GEHT JA GAR NICHT!“
Mein geduldiger Mann redete mir gut zu und behauptete, dass ich das schaffen werde. Etwa gegen ein Uhr nachts (ich war im Wohnzimmer vor meinem Pool) verspürte ich den Drang zu pressen. Da schaltete sich schlagartig mein Kopf ein und sagte: „Das kann nicht sein, so schnell kann das nicht gehen, hier stimmt was nicht!“
Ich bekam richtig Angst und mein Mann wollte Maria holen. Das steigerte meine Angst nur, ich krallte mich an ihn und rief, dass er bei mir bleiben soll, ich habe schließlich Angst! Es kam die nächste Presswehe und noch als ich sie „wegdrücken“ wollte (der Kopf behauptete schließlich, dass das noch nicht sein kann), stand Maria vor mir. Sie redete beruhigend auf mich ein und ich erklärte ihr, dass ich pressen müsste und so doll Angst habe, denn das KANN ja noch gar nicht soweit sein. Sie soll doch bitte noch mal nach meinem Muttermund tasten. Das tat sie und sagte lächelnd: „Dein Baby ist so gut wie da!“
Ich konnte es nicht fassen! Weil das Kind (wie die Schwestern) im Wasser geboren werden sollte, „hüpfte“ ich schnell in meinen Pool und freute mich.  Das Baby ist so gut wie da! Ich fühlte selbst in mir nach dem Kopf des Babys und spürte etwas Runzeliges. Das Ohr! Ich war wie elektrisiert! Bei der nächsten Wehe kam dann das Köpfchen und eine Wehe später war das Baby geboren!!! Ich konnte es kaum fassen – so schnell …
Die Hebamme schaute direkt nach der Geburt ins Kinderzimmer. Die Kinder haben die Aufregung gespürt (eins musste sogar dringend aufs Klo) und waren alle wach. Sie kamen natürlich sofort und gemeinsam schauten wir, wer da bei uns gelandet ist. Ein Mädchen!!! Wie schön. Ich blieb noch ein bisschen im Pool, kam dann irgendwann raus und auf dem Sofa wurde die Plazenta geboren. So ein bisschen Geburt haben die Kinder dann also doch noch mitbekommen.  Als die Nabelschnur nicht mehr pulsierte, hat eine der Schwestern sie durchtrennt. Wir feierten dann gemeinsam noch ein bisschen mit Sekt und Limo, schließlich war ja Geburtstag! Maria erledigte ihren Schreibkram. Füllte brav alles aus …
Geboren um 1. 13 Uhr. 3340g, 51 cm lang. Gesundes Mädchen …
Es war irgendwie alles toll auf einmal.
Noch immer bin ich dankbar und froh! Es ist ein Glück, dass es so einfühlsame, kompetente Hebammen gibt! Danke, liebe Maria!!!

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