Alleingeburt aus Beckenendlage nach Kaiserschnitt

Hallo liebe Leser,

ich darf heute eine ganz besondere Geburtsgeschichte mit euch teilen. Das dritte Baby einer Mama kam nach Kaiserschnitt und in Beckenendlage zur Welt. Weil niemand sie vertrauensvoll begleiten wollte, nahm sie die Sache selbst in die Hand.  Viel Spaß beim Lesen und vielen, vielen Dank an die Mama, die diese wertvolle Geschichte mit uns teilt!

Bereits vor Bekanntwerden der Schwangerschaft war für uns klar, dass auch unser drittes Kind im Geburtshaus zur Welt kommen soll. In der ersten Schwangerschaft hatte ich noch gar kein Gefühl für meinen Körper und habe keinen Gebrauch von meinem Selbstbestimmungsrecht gemacht. Diese endete in einem vorzeitigen Kaiserschnitt, da mein Sohn eine Fehlbildung hatte und eine spontane Geburt unter der Voraussetzung schlecht bis nicht möglich war. Leider verließ er seinen irdischen Körper nach zwei Monaten wieder. Dreieinhalb Jahre später wurde ich erneut schwanger und die schwere Schwangerschaft (Hyperemesis gravidarum, kaum Nahrungsaufnahme möglich, da permanente Übelkeit und Erbrechen) bewirkte, dass ich mich informierte und beschloss, dass ich im Geburtshaus gebären möchte. Zum ersten Mal hörte ich von Hypnobirthing und außerklinischen Geburten, dieser „alternativen Schiene“. Meine Tochter habe ich dann einen Tag nach Termin ohne Probleme im Geburtshaus bekommen. Knapp 1,5 Jahre später haben wir erfahren, dass ein weiteres Menschenkind zu uns kommen möchte. In der 31. SSW wurde uns mitgeteilt, dass unser Ungeborenes sich in Beckenendlage (BEL) gedreht hatte. Jedoch sollte ich mir keine Sorgen machen, das Baby hätte noch genug Zeit sich zu drehen. Da ich bis dahin noch gar keine Ahnung hatte, was es mit dieser Kindslage auf sich hatte, habe ich mich im Internet etwas erkundigt. Ich war mir sicher, unser Mäuschen würde sich noch drehen, also habe ich mir keine Panik gemacht. In der 36. Woche wurde ich langsam unruhig, habe meine Hebamme gefragt, ob man nicht versuchen könnte, das Kind zu „locken“. Langsam aber stetig häuften sich die Versuche, Mini zum Drehen zu animieren. Moxen, Becken hochlagern, Gespräche –  hat sie alles nicht beeindruckt und so näherten wir uns langsam dem errechneten Termin. Gleichzeitig wuselte ich im Internet herum und las alles, was ich bezüglich Geburten aus BEL in die Finger bekam. Da die Hebammen in unserer Umgebung keine BEL-Geburten begleiten, musste ich mich mit einer Klinikgeburt befassen. Ein unnötiger Kaiserschnitt kam für uns nicht in Frage. Mir war nicht wohl bei dem Gedanken, in ein Krankenhaus zu gehen, um mein Kind zu bekommen, aber ich dachte mir: Hey, sei nicht so voreingenommen, es gibt auch schöne KH-Geburten. Also suchte ich in der 38. SSW nach Kliniken, die erfahren sind und spontane BEL begleiten. Ich machte einen Termin zur Geburtsplanung in einem Krankenhaus knapp 30 km von uns entfernt in der Hoffnung, dass ich danach meine Ängste ablegen und ganz entspannt dort gebären kann. Leider riet mir der Oberarzt zu einem Kaiserschnitt. Laut ihm war das Risiko einer Uterusruptur zu hoch. Für mich war das wie ein Schlag. Ich empfand das Gesagte als überspitzt und fragte einige Hebammen, ob das Risiko einer Uterusruptur bei einer BEL wirklich so viel höher sei, da ich ja bereits eine vaginale Geburt hatte. Alle befragten Hebammen sagten, dass das totaler Blödsinn sei und dass das Risiko nicht wirklich höher sei als bei einer Geburt aus Schädellage. Die Klinik, die hier im Umkreis von 80 km die meisten BEL macht, fünf in den letzten zwei Wochen, rät mir zu einem Kaiserschnitt … Das konnte nicht sein und fühlte sich so falsch an. Ich setzte mich erneut ans Internet und suchte, suchte, suchte. Ich stieß auf Alleingeburtlerinnen, doch aufgrund dieser seltenen Geburtslage und der wenigen Berichte zu Alleingeburten aus BEL war das für mich noch nicht greifbar. In dieser Zeit war ich ein nervliches Wrack. Nach einem Termin mit der Hebamme vereinbarte ich einen Termin in einer etwas weiter entfernten Klinik. Optimistisch fuhr ich zum Termin. Auch dort riet man mir zum Kaiserschnitt. Laut der Oberärztin dieser Klinik lag das Risiko in unserem Fall weniger an der Narbe, sondern eher darin, dass unser Kind sehr zierlich war. Geschätzt wurde sie laut 2. uns 3. Ultraschall auf 2500 g und das Verhältnis von Kopf zu Abdomen sei etwas ungünstig für eine spontane BEL-Geburt – der Kopf wäre proportional größer als der Bauch. Ich bestand auf den Versuch und das veranlasste die Ärztin, mit dem Chef zu telefonieren. Jedenfalls wollte man mir wenigstens „die Chance geben, mein Kind spontan zu bekommen, doch bei der kleinsten Kleinigkeit wird eine Sectio gemacht. Und bei meiner Vorgeschichte äußerst großzügig“. Auf Nachfrage erfuhr ich jedoch, dass die Frauen dort nach Anweisung gebären – den Körper auf dem Rücken liegend, den Kopf im Vierfüßler. Für eine BEL nicht ideal. Ich wollte, wie auch bei meiner Tochter, zumindest versuchen, im Wasser zu gebären. Und auf jeden Fall aufrecht. Nach diesem Gespräch war mir klar: Ich bereite mich auf eine Alleingeburt vor, lasse mir aber die Option Klinik offen und fahre dorthin, falls ich das Bedürfnis haben sollte, Klinikpersonal um mich herum zu haben –  für den Fall. Jedoch hatten wir auch ein Klinikum in näherer Umgebung, ca. sieben Autominuten entfernt, falls wirklich eine Sectio notwendig werden sollte. Die letzten Tage vergingen in noch intensiverer Vorbereitung auf die Geburt. Am errechneten Termin wachte ich auf und hatte leichte Wehen im Zehn-Minuten-Takt. Für mich war das noch kein Anzeichen für eine unmittelbar bevorstehende Geburt. Dafür fand ich die Pausen zu lang. Liegen ging gar nicht und so verließ ich das Schlafzimmer, in dem mein Mann und meine Tochter noch selig schliefen. Ich begann, die immer intensiver werdenden Wellen zu vertönen und ließ Wasser in die Wanne laufen. Orientiert habe ich mich bei der Atemtechnik an Hypnobirthing. Immer wieder stieg ich ins Wasser und wieder raus und tigerte durch die Wohnung. Ich bekam kurz Zweifel: Sollen wir gleich losfahren? Was ist, wenn irgendwas schief läuft? Ich erinnerte mich daran, mich einfach nur auf mich zu konzentrieren, auf meinen Körper zu hören und zu vertrauen. Wenn es soweit ist, könnten wir immer noch fahren, dachte ich mir. Gegen 8:30 Uhr holte ich meinen Mann aus dem Bett, da der Schleimpropf sich zu lösen begann und bat ihn, Obst für’s Frühstück zu schneiden. Die Abstände waren immer noch dieselben, lediglich an Intensität nahmen sie zu. Ich bekam Hoffnung, dass es sich vielleicht doch nicht bis zum Abend ziehen könnte. Zwischendurch ließ ihn heißes Wasser nachlaufen, während ich hin und her lief. Als ich nach dem Muttermund tasten wollte, stellte ich fest, dass ich die Fruchtblase bereits spüren konnte. Das hatte ich mir für diese Geburt gewünscht – dass die Fruchtblase so lange wie möglich intakt bleibt. Unter der Welle lehnte ich mich etwas nach vorne, um mich irgendwo festzuhalten, während ich die Wehe vertönte. Dann fiel mir die Stelle aus „Meisterin der Geburt“ ein, in der die Autorin sich unter der Wehe in den Türrahmen stellt und ihr Kreuzbein gegen das andere Ende drückt. Gott, Wahnsinn. Die Wehen empfand ich nun als viel angenehmer. Als ich wieder in der Wanne saß, merkte ich, wie weit die Fruchtblase bereits herausragte und fragte mich, wie lange es denn noch dauern könnte. Die Wehenpausen waren immer noch ziemlich lang, doch die Fruchtblase war schon so weit. Dann plötzlich sprangen die Abstände auf alle fünf Minuten (circa) und zwischendurch spürte ich zum Abschluss einer Wehe das Bedürfnis zu drücken. Und dann begann plötzlich das, was ich unter Pressphase kenne. Mein Tönen würde energischer und mein Mann kam mit Töchterchen angerannt und nahm vor der Wanne Platz. Bei der zweiten Geburtswehe platzte die Blase, bei der nächsten kam der Po. Vorsichtig umfasste ich den Körper. Das war der kritische Moment bei BEL, dachte ich mir, und versuchte nach der Wehe weiterzudrücken – doch das war so erfolgreich wie der Versuch, auf das Gaspedal eines ausgenommenen Autos zu drücken. Also durchatmen, Kraft tanken und mit der nächsten Welle mitgehen. Mit der nächsten kam der Rumpf samt Füßchen, doch da der Rücken nach oben gewandt war, konnten wir nichts als diesen sehen. Danach die Arme und schließlich der Kopf. Um 9:54 Uhr war sie geboren. Ich spürte, wie sie sich bewegt, also alles gut, dachte ich mir. Ihr Körper war winzig und bläulich. Ich nahm sie aus dem Wasser und legte sie auf meine Brust, streichelte sie, sprach mit ihr und pustete sie an. Und dann endlich hörten wir sie. In dem Moment fiel alles von mir ab, die ganze Anspannung der letzten Wochen, die diese seltene Geburtslage in unserer Gesellschaft verbreitet. Ich wusste, dass alles gut läuft, wenn man uns nur lässt und genauso ist es gekommen.  Kurz drauf, und noch in der Wanne, trank sie zum ersten Mal. Dann rief mein Mann die Hebamme an, die nach einer Stunde eintraf und verständlicherweise sehr überrascht war. Wir sind unbeschreiblich stolz und dankbar, diese Erfahrung gemacht zu haben. Wenn ich eins von meinen Kindern gelernt habe, dann Folgendes: wie es ist zu kämpfen und zu verlieren, Vergangenes loszulassen und zu vertrauen.

Ein großer Dank geht an alle Frauen dieser Welt ❤

Insbesondere an dich, Sarah.

 

5 Gedanken zu „Alleingeburt aus Beckenendlage nach Kaiserschnitt“

  1. Wow, danke für den geburtsbericht! So eine starke, weise Frau! Die nächste Frau die nach der bel- nachricht zu lesen und das Internet zu durchforsten beginnt findet hoffentlich diese Geschichte und damit Unterstützung für eine ebenso selbstbestimmte Geburt. 🙂

  2. DANKE für diesen Bericht. Ich kann ichtig mitfühlen, herrlich. Ich wünsche euch eine lange wunderbare Zeit zusammen und deiner Tochter alles Glück.

    Herzlichst, Nanette

  3. Oh, wunderschön! Danke für’s Teilen! Wir brauchen mehr so ermutigende Berichte wie deinen! Eine wunderschöne Wochenbettkuschelzeit euch allen!

  4. Daaaaaanke :-*

    Mein Sohn liegt auch in BEL.SSW 31.! lt.der nichtvertrauensvollen Gyn sei er angeblich 3Wo.zu schwer&zu groß. LOL.Gute Ausrede, wenn man sich beim GT möglicherweise komplett verrechnet hat. Zumal anfangs bereits auf eine Woche später datiert wurde. ..
    Egal. Laut der letzten Synchronizitäten (6), kommt er eh eher. Ich kann mich schon mal auf bis zu 4 Wochen eher einstellen. .. ursprünglicher Termin war 10.11.&danach 17.11.! Mein Gefühl sagte mir bisher zw.7.&11.11…. wir werden sehen. Die ersten vorgeburtl.Wellen sind bereits spürbar. 🙂

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