Und wenn die Nabelschnur um den Hals gewickelt ist?

Original: What if the cord is around the baby’s neck? http://www.empoweredchildbirth.com/articles.html (Übersetzung von mir)

Bei vielen Geburten ist die Nabelschnur mindestens einmal um den Hals des Babys gewickelt, häufig genug um es als eine normale Erscheinung zu betrachten. Das größte Problem dabei scheint die Überreaktion der Geburtshelfer zu sein. Ab und zu behindert eine zu kurze Nabelschnur das Tiefertreten des Babys, aber das ist eher die Ausnahme als die Regel.
Wenn man die Nabelschnur sieht nachdem der Kopf geboren ist, kann man als erstes versuchen, die Nabelschnur über den Kopf des Kindes zu heben und es so davon zu befreien. Wenn sich das als schwierig herausstellt, kann man den Kopf des Babys mit der Stirn zum Oberschenkel der Frau halten und das Baby eine Art Purzelbaum (auch Somersault-Manöver genannt) heraus machen lassen.
Es mag vorkommen, daß die Nabelschnur zu kurz ist, um das Baby herauskommen zu lassen. Wenn die Mutter ein Problem damit bemerkt und die Nabelschnur sichtbar um den Hals des Kindes gewickelt ist, mag es notwenig sein, die Nabelschnur durchzuschneiden, um das Kind freizubekommen. Aber das ist eine Maßnahme, die in vielleicht 1 zu 1 Millionen Fälle notwendig wird als letzte Maßnahme in der Situation „Kind will nicht kommen und Mutter spürt, daß etwas nicht stimmt“. Die Nabelschnur versorgt das Baby, das bisher noch keine Erfahrung mit dem Atmen hat, mit Sauerstoff. Die Nabelschnur durchzuschneiden bedeutet, das Neugeborene zu zwingen mit dem Atmen zu beginnen und das ist nicht der Weg, der von der Natur vorgesehen ist, diese lebenswichtige Fähigkeit zu lernen. Die Nabelschnur durchzuschneiden, bevor die Plazenta geboren ist, beeinträchtigt ein schon beeinträchtigtes Neugeborenes weiter, deswegen sollte man eine herumgewickelte Nabelschnur nur durchscheiden, wenn man unbedingt MUSS.

"Du hast ja nur Glück gehabt!"

Im deutschen Raum sind Alleingeburten noch eine Seltenheit und von denen die stattfinden hört man meist nichts. Wer auf englischen Seiten nach „unassisted childbirth“ sucht, wird ganze Webseiten, auf youtube Filme zu dem Thema finden und auch jede Menge Geburtsberichte. Und man staune, die allerallerwenigsten Geburten endeten in einem Krankenhaustransfer (meist, weil die Plazenta nicht kommen wollte), sehr selten liest man von einem Kaiserschnitt. Von EINEM Baby, das im Zusammenhang mit der Geburt gestorben ist, hab ich gelesen. Die Mütter haben es alle überlebt, und zwar ohne CTG, Dammschnitt, Hebamme oder Arzt. In Alleingeburtlerkreisen wird jede Geburt sorgfältig ausgewertet und man versucht aus den eigenen, wie aus den Geburten und Fehlern der anderen zu lernen. Auf das vielbeschworene Glück verläßt sich da niemand.

Zur falschen Zeit am falschen Ort

oder: Was wir von den Katzen lernen können

Als ich klein war, hatten wir Katzen. Mindestens zwei auf einmal, von denen sich die weiblichen gern mindestens zweimal im Jahr vermehrten. Keine der Katzen ist dabei je zu schaden gekommen und auch die Jungen haben zum Leidwesen meiner Eltern immer überlebt. Sie waren auch stets gesund, kein Sauerstoffmangel etc.. Und das, obwohl Mama Katze ganz allein, ohne unser Zutun, ohne Zugang zu OP oder Katzenkinder-ITS und gern auch ohne Zeugen irgendwo ihre Jungen gebar. Wie ihr das gelang? Sie wählte den Ort der Geburt selbst und war dabei sehr wählerisch. Wenn wir Glück hatten und eine sehr zahme Katze, dann konnten wir schon mal zugucken, wie Mieze im Halbdunkel der Garderobe ihre Kleinen das erste Mal abschleckte. Waren wir Mieze nicht vertrauenswürdig genug, hieß es suchen. Am liebsten gebaren unsere Katzen nämlich im Heu auf dem Dachboden unserer kleinen Scheune. Und wehe, wir störten sie die ersten Tage nach der Geburt. Dann versteckte sie flugs ihre Jungen woanders und wir suchten sie wieder, da unsere Eltern so viele Katzen nicht am Leben lassen wollen. Warum unsere Katzen so viel Diskretion und Privatsphäre brauchten? Offensichtlich ging das Gebären so am besten.
Die moderne Frau, so sie regelmäßige Wehen bemerkt, handelt genau entgegengesetzt. Sie verläßt das Haus, ihre vertraute Umgebung, und begibt sich in die Öffentlichkeit. Sie unterwirft sich Vorschriften und Routinen fremder Leute und setzt ihre Intimsphäre grellem Licht, vielen Blicken und Händen aus. Anstatt dem Instinkt zu folgen, Ruhe und Dunkelheit zu suchen, folgt sie den Vorgaben der Gesellschaft, die ihren Instinkt so sehr überlagern, daß sie ihre eigentlichen Bedürfnisse kaum noch wahrnimmt. Sie sind aber weiterhin da und äußern sich auf vielfältige Weise. Wehenschwäche, ein Muttermund der sich nicht öffnet sind zwei häufige Anzeichen nicht für ein Versagen der Frau sondern für einen ungeeigneten Geburtsortes. Instintiv reagiert der Körper der Frau auf die Störungen von außen, das helle Licht, das Eindringen in die Intimsphäre durch Untersuchungen, das Fremdbestimmtsein durch die Anweisungen zur Geburtsposition etc.. Der Körper der Frau läßt sich nicht zivilisieren. Oxytocin, das Wehen- und Liebeshormon, braucht eine geschützte Umgebung zur Zeugung des Kindes wie zur Geburt. Sich fallen lassen können, nicht denken oder auf Fragen antworten müssen, keine Regeln oder Begrenzungen auferlegt kriegen, nicht beobachtet werden, kein unerlaubtes Eindringen in die Intimsphäre, all das trägt dazu bei, daß die Hormone und der Körper ihre Arbeit erfolgreich tun können.
Man stelle sich vor: In Kerzenlicht getauchtes Schlafzimmer, Zärtlichkeit und geflüsterte Liebesschwüre, Frau schwebt dem Höhepunkt entgegen und dann, Schritte draußen auf der Treppe, Klopfen an der Tür. Ach du Schreck! Die Schwiegermutter. Statt Oxytocin überschwemmt Adrenalin ihren Körper. Den Orgasmus kann Frau vergessen.
Bei der Geburt ist es nicht anders, auch wenn das von unserer Gesellschaft verdrängt wird.
Unsere Körper funktionieren. Auch die allermeisten derjenigen, die im Krankenhaus Komplikationen haben. Deswegen; lernen wir von den Katzen: Wählen wir den Geburtsort unserer Kinder sorgfältig aus.